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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.01.2019

Mitfühlen und Handeln

Mitfühlen
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Das Buch „Mitfühlen“ von Melanie Mühl ist mit dem Untertitel „Über eine wichtige Fähigkeit in unruhigen Zeiten“ im Hanser Verlag erschienen.

Der Populismus blüht. Rund um den Globus erstarken Mächte, ...

Das Buch „Mitfühlen“ von Melanie Mühl ist mit dem Untertitel „Über eine wichtige Fähigkeit in unruhigen Zeiten“ im Hanser Verlag erschienen.

Der Populismus blüht. Rund um den Globus erstarken Mächte, die niemals stark werden dürften! Das gesellschaftliche Klima ist rau. Wir haben Angst vor Überfremdung und sozialem Abstieg und scheinen dabei Egoisten geworden zu sein, die nur an sich selbst denken. Jeder ist sich selbst am Nächsten! Melanie Mühl hält unserer Gesellschaft mit ihrem Buch einen Spiegel vor und ich habe mich teilweise erschreckt, hineinzublicken.

In einer Zeit, in der Rassismus kein Tabu mehr ist, muss das Mitgefühl, das im Gegensatz zur Empathie, zu Taten anregt, wiederaufleben! Die Autorin sieht aktives Mitfühlen als Kitt für den Riss in unserer Gesellschaft.

Melanie Mühl hat mit ihrem Sachbuch ein Plädoyer der Menschlichkeit geschaffen. „Mitfühlen“ hat mich auch selbst zum Nachdenken angeregt: Handle ich selbst richtig? Bin ich frei von Vorurteilen? Was muss geschehen, damit wir alle endlich wieder mit offenen Augen durch die Welt laufen und sehen, wann „unser Nächster“ Hilfe braucht.

Passend dazu fällt mir ein Songtext von Frank Turner ein, der mich seit dem Lesen des Buches als Ohrwurm begleitet: „In a world that has decided that it’s going to lose ist mind – be more kind, my friends, try to be more kind!“

Veröffentlicht am 26.12.2018

Geschlechterklischees sind Quatsch

Lotti und Otto (Band 1)
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Das Kinderbuch „Lotti und Otto: Eine Geschichte über Jungssachen und Mädchenkram“ von Collien Ulmen-Fernandes mit Illustrationen von Carola Sieverding ist im Edel:Kids Books Verlag erschienen.

Klappentext: ...

Das Kinderbuch „Lotti und Otto: Eine Geschichte über Jungssachen und Mädchenkram“ von Collien Ulmen-Fernandes mit Illustrationen von Carola Sieverding ist im Edel:Kids Books Verlag erschienen.

Klappentext: „Als sich Lotti und Otto im Ferienlager begegnen, ist das Erstaunen groß: Die beiden Otterkinder gleichen sich wie ein Ei dem anderen! Und doch sind sie ganz verschieden: Lotti ist ein Mädchen und Otto ein Junge. Otto backt und näht gerne, während Lotti am liebsten draußen herumtollt und Fische fängt. Aber Backen ist doch Mädchenkram und Fische fangen Jungssache – oder?“

Das Ferienlager, in dem die beiden Otterkinder unterkommen ist schrecklich: die Mädchen und die Jungs sind in unterschiedlichen Gruppen untergebracht und die einzelnen Aktivitäten sind entsprechend geschlechter-klischeehaft. Unweigerlich stellte sich mir beim Vorlesen die Frage, ob diese Art von Ferienlager wirklich noch existieren. Denn eins ist klar: In so ein Ferienlager würde ich meine Kinder niemals schicken. Zum Glück bringen Lotti und Otto die Erwachsenen zum Nachdenken und zeigen ihnen, in guter alter Doppeltes Lottchen Manier, das eine Einteilung in Jungs- und Mädchenaktivitäten Quatsch ist.

Das Bilderbuch vermittelt kleinen LeserInnen eine wichtige Botschaft: Egal, was als »typisch Mädchen« oder »typisch Junge« gilt – sei einfach du selbst! Eine Botschaft, die mir auch als Mama sehr wichtig ist, weshalb ich das Kinderbuch mit bestem Wissen und Gewissen weiterempfehlen kann. Auch wenn das Ferienlager etwas überspitzt gezeichnet ist, ist die Geschichte selbst sehr bildhaft erzählt und lehrt den jungen ZuhörerInnen, dass sie einfach nur sie selbst sein sollen und Mädchen auch mal mit Dinosauriern spielen dürfen und Jungs auch rosa Dinge toll finden können!

Veröffentlicht am 23.11.2018

"Linke" Literatur auf hohem Niveau

Und essen werden wir die Katze
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Das Buch "Und essen werden wir die Katze" von der österreichischen Autorin Nadine Kegele ist im Verlag Kremayr & Scheriau erschienen.
Das Buch besteht aus vielen Collagen und kurzen Textpassagen und ist ...

Das Buch "Und essen werden wir die Katze" von der österreichischen Autorin Nadine Kegele ist im Verlag Kremayr & Scheriau erschienen.
Das Buch besteht aus vielen Collagen und kurzen Textpassagen und ist literarisch ganz anders, als andere Bücher und für mich nur sehr schwer einordbar. Es geht hier um die Abstammung in einem Land und um die Behandlung bestimmter Gruppen. Die Geschichten von Flüchtlingen werden genau so thematisiert, wie das Leben eines „einfachen Bauarbeiters“ oder die ungleiche Behandlung von Männern und Frauen.
„Und essen werden wir die Katze“ ist ein gesellschaftskritisches Buch, das zum Nachdenken anregt und Platz für eigene Interpretationen bietet. Die aktuelle österreichische Regierung wird von Nadine Kegele mit einem stinkenden Fisch zu verglichen. Spätestens bei diesem Bild erkennen auch unpolitische LeserInnen, dass die Autorin sich keinesfalls von populistischen Parolen fangen lässt.
Fazit: Ein interessantes Buch, das keinesfalls als herkömmlicher Roman gesehen werden kann. Ein wahrer Schatz für Literaturliebhaber, die nicht aus dem rechten Lager kommen.

Veröffentlicht am 17.11.2018

Israelisch-palästinische Rezepte zum Verschenken

Ofirs Küche
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Das israelisch-palästinische Kochbuch „Ofirs Küche“ von Ofir Raul Graizer ist 2018 im Insel Verlag erschienen und umfasst 80 vegetarische Familienrezepte: vom traditionellen Pita-Brot bis hin zu Baklava.
Der ...

Das israelisch-palästinische Kochbuch „Ofirs Küche“ von Ofir Raul Graizer ist 2018 im Insel Verlag erschienen und umfasst 80 vegetarische Familienrezepte: vom traditionellen Pita-Brot bis hin zu Baklava.
Der Autor Ofir Raul Graizer gibt in seinem Buch, Einblick in die Geheimnisse der Küche seiner Mutter, Tante, Großmutter. Ob Shakshuka, Tahini oder Baba Ganush – mit wenigen Zutaten, Gewürzen und Kräutern kreiert Ofir Graizer raffinierte Gerichte, die nicht nur einfach und gesund, sondern auch leicht nachzukochen sind. Einziges Manko: Viele der verwendeten Gewürze kann man im ländlichen Raum nur sehr schwer kaufen.
Was mir am Kochbuch, neben den vielen Illustrationen gut gefallen hat, ist , das Ofir Raul Graizer seine Rezepte allesamt mit Geschichten über deren Herkunft, seine Familie und seine israelische Heimat verbunden hat.
Fazit: Ein tolles Kochbuch, das sich auch gut zum Verschenken eignet. Was möchte man, kurz vor Weihnachten, mehr!?

Veröffentlicht am 01.10.2018

"Wir hatten doch keine andere Wahl!"

Deutsches Haus
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Der Roman „Deutsches Haus“ von Annette Hess ist 2018 in der Ullstein Buchverlage GmbH erschienen.
Frankfurt 1963. Eva, gelernte Dolmetscherin und jüngste Tochter der Wirtsleute Bruhns, steht kurz vor ...

Der Roman „Deutsches Haus“ von Annette Hess ist 2018 in der Ullstein Buchverlage GmbH erschienen.
Frankfurt 1963. Eva, gelernte Dolmetscherin und jüngste Tochter der Wirtsleute Bruhns, steht kurz vor ihrer Verlobung. Eines Nachmittags wird sie gebeten, bei einem Prozess die Zeugenbefragung zu übersetzen. Doch die geschilderten Geschehnisse der Aussage kann sie nicht einordnen. Es ist der erste Auschwitz-Prozess, der in der Stadt gerade vorbereitet wird und alle Zeitungen scheinen darüber zu berichten. Eva, die noch nie etwas von diesem Ort gehört hat, folgt ihrem Gefühl und widersetzt sich ihrer Familie, die gegen ihr Mitwirken im Prozess ist. Sie nimmt die Herausforderung an, ohne zu ahnen, dass dieser Jahrhundertprozess nicht nur das Land, sondern auch ihr eigenes Leben unwiderruflich verändern wird. Denn Eva ist es, die nicht nur den Richtern und Anwälten eine Stimme gibt, sondern auch den ehemaligen Häftlingen und ihren Peinigern. Und schlussendlich stellt sich heraus, dass auch Evas Familie etwas mit dem Todeslager zu tun hat.
Meiner Meinung nach könnte das Buch auch ein Drehbuch für einen zukünftigen Film sein, der uns unsere „deutsche Geschichte“ vor Augen führt. Da wurde aus Führertreue plötzlich Opfertum. Ehemalige SS-Aufseher erlebten den Wirtschaftsaufschwung als angesehene Bürger. Aber „Deutsches Haus“ erzählt nicht nur die unglaubliche Geschichte der Auschwitz-Prozesse sondern auch Evas ganz eigene Geschichte aus dem traditionellem Rollenbild. Als ihr Verlobter, bei Evas Dienstherren interveniert, löst sie kurzerhand die Verlobung. Aufgedeckte, dunkle Familiengeheimnisse bringen sie auch zum Bruch mit ihren Eltern.
Annette Hess hat mit „Deutsches Haus“ ein lesenswertes Stück Zeitgeschichte geschaffen, dass aufzeigt wie wichtig das Aufarbeiten der eigenen Vergangenheit ist. Wir sollten niemals vergessen, dass Unrecht niemals wieder Recht werden darf.