Peter Becker, aufgewachsen im schönen nördlichen Saarland, genauer gesagt in Primstal, der Anfang der 90er Jahre ein Stipendium für Oxford in der Tasche hatte und einen Teil seines eigenen Studiums dort absolvierte, kehrt nach 20 Jahren an seinen Studienort zurück, da es ein Treffen der "Ehemaligengruppe" gibt. Doch seine Reise hat noch einen anderen Grund:
Damals verschwand Laureen Mills, eine Bibliothekarin im Univ College, spurlos - ihre Leiche wurde erst jetzt gefunden und die Beisetzung findet in der gleichen Zeit wie das Ehemaligentreffen statt. Obwohl niemand mehr mit der Aufklärung des Falles rechnet, der "Club der Romantiker", in dem damals auch Peter Becker war, längst Geschichte in der Reihe der Clubs und Societys der Studenten im altehrwürdigen Oxford ist, wird im Verlaufe des Romans - der einen sehr gelungenen Genremix zwischen spannendem Unterhaltungsroman und Kriminalroman darstellt - klar, weshalb der Protagonist von zunehmender Nervosität gepackt wird: Gelingt es DCI Osmer und seinem Sergeant Irvine, den Fall von damals doch noch zu lösen?
Meine Meinung:
Der Roman von Frank P. Meyer hat mich durch stilistische Raffinesse sehr beeindruckt und macht das Lesen wirklich zum Vergnügen: Der Protagonist Peter Becker beschreibt sehr detailreich seine Studienzeit in Oxford. Er soll sich wie alle Studenten um soziale Kontakte bemühen und tritt u.a. dem "Club der Romantiker" bei, eine Gruppe um Louise und Gareth, die englische Klassiker wie Burns, Shelley u.a. mögen und rezitieren. Um über diese Schriftsteller zu "referieren", begibt man sich stets in einen Pub - und auch alle anderen Beschreibungen des Studentenlebens erkennt man getrost wieder, wenn man sie einmal erleben konnte. Mit trockenem Humor wird da von Heilsaufen und Peepshows berichtet, aber auch politische Themen wie der Ausstieg Großbritanniens aus der EU werden (wenn auch am Rande) durchaus nicht ausgespart. Auch Laureen Mills interessiert sich anscheinend für Shelley - aber zugelassen werden nur Studenten, was auf sie nicht zutrifft, da sie Angestellte in der Bibliothek ist: Wird sie es dennoch schaffen, Zugang zum Club zu finden?
Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen, die genial miteinander verwoben wurden und somit große Spannung erzeugen: Zum einen gibt es die Rückblenden in die gemeinsame Studienzeit 1991, wo man Sergej (der Student, der ebenfalls zuweilen von Heimweh geplagt wird und mit Peter das "Heilsaufen" erfand), Gareth und Louise, ein illustres Pärchen, das kein Abenteuer auslassen mag und gefährlichen Expeditionen durchaus zugetan ist; Branwen Jones, Ed und George Bishop (genannt "die Bischöfe"), Alex und Simon kennenlernt: Sie alle mussten ihre Aufnahmeprüfung bestehen, um in den "Club der Romantiker" aufgenommen zu werden. Und zum anderen gibt es die Gegenwart, in der die "Ehemaligen" von damals sich wiedertreffen und alte Geschichten um den Club wieder "hochkochen" lassen, da der Inspector und sein Sgt. ihre Schnüfflernasen tiefer in den Fall hineinstecken als es dem "Club der Romantiker" lieb sein kann....
Die zeitlichen "Sprünge" sind durch kurze Kapitelabschnitte sehr gelungen und dem Leser gelingt es ohne Probleme, von der Vergangenheit in die Gegenwart und - auch wieder zurück zu springen: Der Roman ist in drei Teile gegliedert, die auch die Trimester umfassen: Michaelmas, Hilary und Trinity. Während der erste Teil des Trimesters vor allem von den Clubmitgliedern handeln, die uns Peter nach und nach vorstellt, wird es im zweiten Teil sehr spannend, bis sich nach zahlreichen ungeahnten Wendungen dann der Plot am Ende erschließt: Man ahnt, dass sowohl DCI Osmer (eine Namensumstellung von Inspector Morse, der nicht nur bei mir, sondern wohl bereits Anfang der 90er Jahre auch bei den Studenten in Oxford einen hohen Beliebtheitsgrad innehatte ;) als auch Sgt. Irvine nicht locker lassen und über genügend detektivisches Gespür verfügen, um eins und das andere zusammenzuzählen...
Ich mochte den Protagonisten, der sehr authentisch die studentische Szene und seine Kommilitonen in der Oxford-Zeit beschrieb und besonders Branwen, die (oftmals mit einer Flasche Brandy ausgestattet) stets eine gute Freundin war) sowie Sergej und natürlich "Schieferplatten-Bill", den kauzigen, aber herzerwärmenden Professor und Tutor von Peter Becker; weniger Sympathie empfand ich für eher manipulative Charaktere wie Gaz und Louise. Ganz besonders mochte ich aber den feinen (und trockenen, britischen) Humor des Autors, der mich zuweilen zum Lachen brachte - zumal die "Primstal-Geschichten", die Peter in Oxford zum Besten gab, sehr gut bei den Kommilitonen ankamen und für die Elite-Studenten sicher teilweise wie Storys von einem anderen Stern klangen.
Fazit:
Eine faszinierende, wirklich sehr vergnüglich zu lesende Roman- und zugleich eine spannende Krimireise ins altehrwürdige Oxford, die ich sehr gerne weiterempfehle. Die große Authentizität war sehr spürbar, da der Autor - wie auch der Protagonist hier - in Oxford einen Teil des Studiums absolvierte und jemand ist, der "weiß, wovon er schreibt". Ich hoffe, von Frank P. Meyer bald wieder Neues lesen zu dürfen! Von mir gibt es 5* und ein 'Jolly good'!! :)