Profilbild von Dreamworx

Dreamworx

Lesejury Star
offline

Dreamworx ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Dreamworx über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.12.2018

Unvergessener Held

Ein Held dunkler Zeit
0

Der Augenarzt Wilhelm Möckel trifft im Sommer 1932 auf seine große Liebe, die Medizinstudentin Annemarie, die er auf jeden Fall heiraten möchte, obwohl Annemarie halbjüdischer Abstammung ist, wie sich ...

Der Augenarzt Wilhelm Möckel trifft im Sommer 1932 auf seine große Liebe, die Medizinstudentin Annemarie, die er auf jeden Fall heiraten möchte, obwohl Annemarie halbjüdischer Abstammung ist, wie sich im Nachhinein herausstellt. Als Hitler 1933 an die Macht kommt und die Nürnberger Rassengesetze in Kraft treten, gelten diese auch für Annemarie, sie wird fortan vom sozialen Leben ausgeschlossen, was sich auch auf Wilhelms Praxis auswirkt: die Patienten bleiben weg und er muss sie aufgeben. Wilhelm sieht keinen anderen Ausweg und meldet sich freiwillig als Arzt bei der Wehrmacht, um seine Familie zu schützen. So hat er die Möglichkeit, für besondere Leistungen das Eiserne Kreuz 1. Klasse zu erhalten, bei dem Hitler die Gnade gewähren kann, dass Juden als Arier anerkannt werden. So zieht Wilhelm 1941 mit der 16. Panzer-Aufklärungsdivision in die Südukraine zusammen mit seinem Sanitätsgehilfen Friedrich Tönnies. Wird Wilhelm sein Ziel erreichen und seine Familie retten können?
Christian Hardinghaus hat mit seinem Buch „Ein Held dunkler Zeit“ einen sehr tiefgründigen, bewegenden und fesselnden Roman vorgelegt, der den Leser schon deshalb fasziniert, weil er auf einer wahren Begebenheit fußt und die Geschichte des Arztes Dr. Helmut Machemer zu Grunde liegt. Der Schreibstil ist flüssig und packend zugleich, der Leser wandert während der Lektüre zurück in die düsterste Zeit deutscher Geschichte und erlebt hautnah die Verzweiflung und die Kraftanstrengungen der Familie und vor allem von Wilhelm mit, die ihn immer wieder vorantreiben, um seine Lieben zu retten. Der Autor hat mit Hilfe des Sohnes von Dr. Machemer in alten Dokumenten recherchieren dürfen und hält sich sehr nah an den überlieferten Briefen und Zeitdokumenten, was seinem Roman viel Authentizität verleiht. Sehr schön auch die Idee, den ehemaligen Sanitätsgehilfen Friedrich Tönnis im hohen Alter von 95 Jahren aus seinen Erinnerungen in der Ich-Form erzählen zu lassen. Der Leser darf das harte Leben an der russischen Front miterleben, wo die Soldaten nicht nur extremen Wetterbedingungen ausgesetzt sind, sondern auch unerträglichem Leid und ständiger Angst. Gleichzeitig erhält der Leser Einblick in die familiäre Situation der Möckels, die sich im fernen Deutschland großen Repressalien ausgesetzt sehen und deren Umgang damit.
Die Charaktere sind sehr differenziert ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken sehr individuell und authentisch, wachsen dem Leser zum Teil ans Herz, was ihm mitfühlen, mitleiden und mitbangen sehr leicht macht und durch ein Wechselbad der Gefühle gejagt wird. Wilhelm ist ein offener und ehrlicher Mann, der seinen Beruf liebt, seine Familie aber noch mehr. Er tut alles nur Menschenmögliche und nimmt jedes Opfer auf sich, damit er sie in Sicherheit weiß. Sein Bruder Karl ist ein Charakter, den man immer mehr zu schätzen lernt, je mehr man vom ihm liest. Erst mag man Zweifel an seiner Loyalität haben, das ändert sich aber schnell, wenn man seine Anstrengungen sieht, seine Beziehungen zu nutzen, um Wilhelm und dessen Familie zu unterstützen. Annemarie ist eine bewundernswerte Frau, die sich mutig allem stellt und gleichzeitig ihre Familie beschützt. Friedrich Tönnies ist ein Held der besonderen Art. Er hält Wilhelm unabdingbar die Treue und bleibt ihm in jeder Situation ein wahrer Freund. Auch die weiteren Protagonisten verleihen der Handlung mit ihrem Erscheinen Spannung und Realität.
„Ein Held dunkler Zeit“ ist ein großartiger Roman, der vor allem von der Erzähl- und Recherchekunst seines Autors lebt. Christian Hardinghaus hat den Helden von damals eine Stimme gegeben und lässt sie dadurch wieder lebendig und unvergesslich werden. Absolute Leseempfehlung für ein besonderes Buch!

Veröffentlicht am 01.12.2018

Gegen jeden Widerstand

Eine unbeugsame Frau
0

Laura Scott ist Filmschauspielerin und über fünfzig Jahre alt, was ihr in der Filmbranche keine Perspektive mehr einbringt und sie kaum noch Rollenangebote bekommt, aufgrund dessen ihre Agentin sie fallen ...

Laura Scott ist Filmschauspielerin und über fünfzig Jahre alt, was ihr in der Filmbranche keine Perspektive mehr einbringt und sie kaum noch Rollenangebote bekommt, aufgrund dessen ihre Agentin sie fallen lässt. Im Nachhinein erweist sich das allerdings als Glücksfall, denn Laura erhält das Angebot ein Einpersonenstück, indem sie die alleinige Rolle spielen und Georgie Hepburn darstellen soll. Wie Laura war Georgie in den 20er Jahren Schauspielerin und ein Star des Stummfilmkinos, sie hat sich aber auch als Fotografin und Pilotin einen Namen gemacht. Um Georgie überzeugend darstellen zu können, setzt sich Laura mit Georgies Neffen Quentin in Verbindung und taucht bei der Sichtung von Georgies Nachlass in deren Leben ein. Dabei legt sie ein interessantes und selbstbestimmtes Leben einer starken Frau offen, die sich von nichts abhalten ließ, ihre Träume zu verwirklichen…
J. David Simons hat mit ihrem Buch „Eine unbeugsame Frau“ einen wunderbaren unterhaltsamen und tiefgründigen Roman vorgelegt, der den Leser ab der ersten Seite in seinen Bann schlägt und nicht mehr loslässt, bis das Ende gelesen ist. Der Schreibstil ist flüssig, bildgewaltig und fesselnd, der Leser taucht schnell in die Geschichte ein und lässt sich an der Seite von Laura nieder, um mit ihr das Leben von Georgie nach und nach frei zu legen, die Laura schon als junges Mädchen sehr verehrt hat. Dabei lernt er zwei sehr interessante Frauen kennen, die jede für sich in ihrer Zeit mit beiden Beinen im Leben steht und beide mutig und stark für die Menschen und Dinge einstehen, die ihnen wichtig sind und an die sie glauben. Auf wunderschöne Weise verknüpft der Autor die beiden Zeitebenen, lässt Georgie und ihr wildes aufregendes Leben wieder auferstehen, aber auch Laura und ihre Entwicklung vor den Augen des Lesers vorbeiziehen. Der Autor legt viel Wert auf Authentizität und hat seine Geschichte sehr schön mit dem historischen Hintergrund verflochten.
Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und liebevoll ausgestaltet worden. Sie wirken intensiv und voller Leben, kraftvoll und ungebrochen, sehr real und authentisch. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen, fiebern, hoffen und bangen. Laura ist eine starke Persönlichkeit, die in ihrer Karriere bereits in die verschiedensten Rollen geschlüpft ist und ihre Wandelbarkeit zeigen durfte. Sie ist eine offene und ehrliche Frau, die sich behauptet und auch bei Niederlagen nicht den Kopf in den Sand steckt. Sie schaut nach vorn und lässt sich nicht unterkriegen, hält an ihren Träumen fest und kämpft dafür. Georgie ist eine lebenslustige und –hungrige Frau, die für alles offen ist und das Leben in vollen Zügen auskostet. Sie probiert alles aus, stellt sich Herausforderungen, nimmt Schicksalsschläge als neue Chance, mutig weiter zu machen und die sich nicht den damaligen gesellschaftlichen Normen unterworfen hat, sondern ihrer Zeit weit voraus war, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
„Eine unbeugsame Frau“ ist ein wunderbarer Roman über starke Frauen zu unterschiedlichen Zeiten, die viele Gemeinsamkeiten haben, vor allem die, für das, woran sie glauben, zu kämpfen, ohne sich von der Gesellschaft verbiegen zu lassen. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Highlight!

Veröffentlicht am 25.11.2018

Frauenwahlrecht dank Suffragettenbewegung

Zeit des Mutes
0

1913 Braunschweig. Die unscheinbare Emma zu Sommerfeldt fällt bei ihrer gutsituierten Familie in Ungnade, als sie sich in den Musiklehrer verliebt, der sie fallen lässt und seinen Mund nicht halten kann. ...

1913 Braunschweig. Die unscheinbare Emma zu Sommerfeldt fällt bei ihrer gutsituierten Familie in Ungnade, als sie sich in den Musiklehrer verliebt, der sie fallen lässt und seinen Mund nicht halten kann. Schockiert über diese Tat und das verlorene Ansehen schickt ihre Familie sie nach England zu Verwandten auf den Landsitz Hazelwell Manor. Dort fühlt Emma sich einsam, doch als sie den Sohn des Hauses, Lord Percival, kennenlernt, ist es um ihr Herz geschehen. Allerdings würdigt Percival keines Blickes, zu sehr ist er doch mit eigenen Vergnügungen beschäftigt. Als er mit seinem Freund Reginald ein Unglück heraufbeschwört, dessen Opfer seine eigene jüngere Schwester wird, sieht Emma ihre Chance gekommen, denn sie hat alles beobachtet. Während das treue Dienstmädchen Lucy aufgrund der Vorkommnisse Hazelwell Manor verlassen und sich in London ein neues Leben aufbauen muss, erpresst Emma Percival, sie zu heiraten, andernfalls würde sie den Vorfall offen legen. Doch die Ehe mit Percy ist nicht das Glück, dass sich Emma erhofft hat. Als sie mit ihm nach London reist, trifft sie Lucy dort wieder. Die hat sich inzwischen den Suffragetten angeschlossen und kämpft mit vielen anderen Frauen für das Wahlrecht. Die Bekanntschaft mit Lady Eleonor lässt auch in Emma den Mut wachsen, sich der Frauenbewegung anzuschließen, was Percy gar nicht recht ist. Werden Emma und die Suffragetten erfolgreich sein?
Christiane Lind hat mit ihrem Buch „Zeit des Mutes“ einen wunderbaren historischen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur gut unterhält, sondern ihn während der Lektüre über den Kampf und den Erwerb des Frauenwahlrechts im letzten Jahrhundert bestens informiert. Der Schreibstil ist flüssig und nimmt den Leser direkt mit ins Geschehen hinein, um an der Seite von Emma in der damaligen Zeit zu wandeln, sie hautnah bei ihren Erlebnissen zu begleiten und mit Hilfe der vielen detaillierten Informationen der Autorin einen guten Einblick in die zeitgemäßen gesellschaftlichen Strukturen und Ansichten zu bekommen, die damals vorherrschten. Die akribische Recherchearbeit der Autorin zahlt sich aus, denn der historische Hintergrund ist wunderbar mit der Handlung verwachsen und lässt die vergangene Zeit vor dem inneren Auge des Lesers wiederauferstehen. Die Bewegung der Suffragetten, die 1903 in England von Emmeline Pankhurst gegründet wurde, führte die Frauen in den Kampf um das Wahlrecht für Frauen, für das wir heute, ein Jahrhundert später, alle dankbar sein dürfen. Welchen Gewalt- und Gräueltaten sowie Beschimpfungen die demonstrierenden Frauen ausgesetzt waren, wird von der Autorin ansatzweise beschrieben. Von Zwangsernährung bis hin zu körperlicher Gewalt und zwangsweise Einweisung war alles mit dabei, weil die damalige Männerwelt sich bedroht fühlte und Frauen das Recht und die Intelligenz absprach, Politik zu verstehen. Neben den historischen Schilderungen bezaubern auch die örtlichen Beschreibungen eines herrschaftlichen Gutes mit vielen Bediensteten, wo der Klassenunterschied einmal mehr deutlich wird zwischen Arm und Reich.
Die Charaktere sind liebevoll und detailliert ausgestaltet und mit Leben versehen worden. Sie wirken mit ihren Eigenschaften durchweg individuell und realitätsnah, so dass der Leser sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen kann. Emma ist eine Träumerin, die sich wünscht, für ihr Leben eigene Entscheidungen zu treffen. Sie ist allerdings zu Beginn sehr naiv und wirkt oftmals auch nicht gerade sympathisch, da sie sich unlauterer Mittel bedient, um ihren Willen zu erreichen. Doch sie wächst mit ihren Erlebnissen und wird mutiger und stärker, erhebt die Stimme und denkt nicht mehr nur an sich, sondern vor allem an andere. Lucy ist eine fleißige junge Frau, die es allen recht machen möchte, vor allem sorgt sie sich rührend um ihre Familie. Sie ist ehrlich, tapfer und hat ein gutes Herz. Percival ist ein widerlicher Mann, der nur an sich und sein eigenes Vergnügen denkt. Er ist feige, versteckt dies aber hinter einer arroganten Maske. Eleonor ist eine Kämpferin für die gute Sache. Sie nimmt Gleichgesinnte und verlorene Geschöpfe in ihrem Haus auf und besitzt eine Menge Mut. Emmas Eltern sind kaltherzig und nur auf ihr Ansehen bedacht. Lady Ashworth ist eine kluge Frau, die sich allerdings ihrer Gesellschaftsschicht unterwirft.
„Zeit des Mutes“ ist ein durchweg überzeugender historischer Roman, der den Leser mit seiner spannenden Erzählweise gut unterhält und mutige, starke Frauen sehr gut in Szene setzt. Ein tolles Buch über die Suffragetten, die uns die Wahl erkämpft haben. Verdiente absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 25.11.2018

Der Muttertagsmörder

Muttertag (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 9)
0

Der Zeitungszusteller muss eine schreckliche Entdeckung machen, denn er findet den 84-jährigen Theodor Reifenrath tot in dessen Haus, wo er anscheinend schon einige Tage liegt, da er sehr zurückgezogen ...

Der Zeitungszusteller muss eine schreckliche Entdeckung machen, denn er findet den 84-jährigen Theodor Reifenrath tot in dessen Haus, wo er anscheinend schon einige Tage liegt, da er sehr zurückgezogen lebte und ihn niemand vermisste. Als Kriminalhauptkommissarin Pia Sander mit ihrem Chef Oliver von Bodenstein am Tatort eintrifft, müssen sie eine weitere schreckliche Entdeckung machen, denn im Hundezwinger liegt nicht nur ein fast toter Hund, sondern es finden sich dort auch menschliche Knochen. Unter der darunter eingelassenen Bodenplatte werden zudem drei Frauenleichen gefunden. Schnell findet Pia heraus, dass Reifenraths Frau Rita vor 20 Jahren Selbstmord beging, und das Ehepaar über einen langen Zeitraum schwer vermittelbare Pflegekinder aufgenommen hat, nachdem ihre eigene Tochter an einer Überdosis Heroin gestorben ist. Was hat es mit den toten Frauen auf sich, von wem sind die menschlichen Überreste im Zwinger? Was hat hinter den Mauern der gutbürgerlichen Fassade stattgefunden? Als noch mehr Leichen gefunden werdne, hat das Team um Bodenstein und Sander alle Hände voll zu tun, den Fall aufzuklären…
Nele Neuhaus hat mit ihrem Buch „Muttertag“ den 9. Fall um ihr Ermittlerteam Bodenstein und Sander vorgelegt, der von der ersten bis zur letzten Seite mit viel Spannung zu fesseln weiß und sehr komplex ist. Der Schreibstil ist flüssig, packend und diesmal vor allem atmosphärisch düster, der Leser kann sich einer dauerhaften Gänsehaut fast nicht erwehren immer mit dem Gedanken daran, dass die Autorin sich für ihre Geschichte einen authentischen deutschen Kriminalfall als Inspiration herangezogen hat. Die Handlung erstreckt sich über einen Zeitraum von fast 40 Jahren und lässt den Leser schon im Prolog am ersten Mord teilhaben. Der Leser begleitet während der Lektüre nicht nur Sander und Bodenstein bei ihren Ermittlungen, bei denen sie von einem amerikanischen Profiler unterstützt werden, sondern bekommt auch die Sichtweise des Mörders exklusiv geliefert durch kursiv gedruckte Einschübe. Ebenfalls lernt der Leser die verschiedenen ehemaligen Pflegekinder kennen, die bei den Reifenraths untergebracht waren und aufgrund ihrer Erlebnisse alle irgendwie verdächtig erscheinen. Ein weiterer Erzählstrang handelt von Fiona und gibt zusätzliche Rätsel auf. Der Leser hat also alle Hände voll zu tun, unter Zeitdruck mit dem Ermittlerduo die Spuren zu verfolgen und dem Täter auf die Schliche zu kommen. Geschickte Wendungen der Autorin geben immer wieder Anlass, die Situationen neu zu überdenken und eine weitere Richtung zu verfolgen.
Wer die Serie um Sander und Bodenstein konstant mitverfolgt hat, wird sich freuen, altbekannten Charakteren wieder zu begegnen. Sowohl Pia als auch Bodenstein sind seit Jahren ein gutes eingespieltes Team, kennen die Stärken und Schwächen des anderen. Sie wirken lebensnah und authentisch, weshalb der Leser sich mit ihnen sofort wohl fühlt. In diesem Band gibt sich auch Pias Schwester, die Psychologin Dr. Nicola Engel, wieder die Ehre und sorgt für einigen Unterhaltungswert. Auch Pias Ex-Mann Henning Kirchhoff ist wieder mit von der Partie sowie der amerikanische Profiler Dr. Harding.
„Muttertag“ ist ein rundum gelungener spannender Roman, der den Leser an den Seiten kleben und die Nacht durchlesen lässt. Menschliche Abgründe, Miträtseln sowie eine schlüssige Auflösung lassen dieses Buch wieder zu einem Pageturner werden und den Leser mitreißen. Absolute Leseempfehlung für einen der besten Neuhaus-Romane!

Veröffentlicht am 24.11.2018

Die mit dem Wolfskind tanzt

Das Mädchen mit dem Schmetterling
0

Kinderpsychologin Julia Cates ist beruflich ruiniert, als publik wird, dass eine ihrer Patientinnen Selbstmord begeht und dabei auch andere mit in den Tod reißt. Obwohl sie von Gerichts wegen keine Schuld ...

Kinderpsychologin Julia Cates ist beruflich ruiniert, als publik wird, dass eine ihrer Patientinnen Selbstmord begeht und dabei auch andere mit in den Tod reißt. Obwohl sie von Gerichts wegen keine Schuld an der Tat hat, plagen Julia doch große Schuldgefühle, die sie nicht verdrängen kann. Als ihre Schwester Ellie, die als Polizeichefin in ihrem Heimatort Rain Valley am Mystik Lake arbeitet, Julia anruft und bezüglich eines aufgefundenen verwahrlosten Kindes um ihre Hilfe bittet, kehrt Julia Los Angeles den Rücken und fährt zu Ellie, mit der sie nicht gerade ein enges Verhältnis hat. Julia soll sich um das kleine Mädchen kümmern, dass anscheinend schwer misshandelt wurde und gewinnt schnell dessen Vertrauen. Leider stürzen sich auch die Medien auf die Geschichte, will man doch herausfinden, zu wem die Kleine gehört. Das macht Julia schwer zu schaffen, erinnert es sie doch an immer wieder an ihre Schuldgefühle und die Schlagzeilen, wegen derer sie aus Los Angeles geflohen ist. Gemeinsam mit dem Dorfarzt Max versucht Julia alles, das kleine Mädchen aus der Reserve zu locken und herauszufinden, was mit ihr passiert ist…
Kristin Hannah hat mit ihrem Buch „Das Mädchen mit dem Schmetterling“ einen sehr berührenden, gefühlvollen und tiefgründigen Roman vorgelegt, der bereits im Jahr 2008 unter dem Titel „Wohin das Herz uns trägt“ veröffentlicht und nun im neuen Kleid neu aufgelegt wurde. Der Schreibstil ist flüssig, emotional und bildhaft, der den Leser mitreißt und sofort mitten in die Handlung hineinwirft um dort die Möglichkeit zu erhalten, aus verschiedenen Perspektiven die Geschichte mitzuerleben. So bekommt man Einblick in die Sichtweisen von Julia, Ellie, Max und dem kleinen Mädchen und bekommt aufgrund derer Gedanken- und Gefühlswelt einen wunderbaren Rundumblick über die Gesamtsituation. Aufgrund der Perspektivwechsel wird nicht nur die Spannung und Dichte innerhalb der Geschichte gesteuert, sondern lässt den Leser wie ein Puzzlespiel Steinchen für Steinchen zusammenfügen, um am Ende ein Gesamtbild zu erhalten. Sehr schön lässt die Autorin den Leser teilhaben an der psychologischen Arbeit Julias, zu dem Kind Vertrauen aufzubauen und behutsam die benötigten Informationen zu erhalten, um ihm wirklich helfen zu können.
Die Charaktere wurden sehr liebevoll und individuell erschaffen, wirken durchweg authentisch und sehr lebendig. Der Leser kann sich in sie hineinversetzen und erlebt mit ihnen so einige sehr emotionale Momente, die kein Auge trocken lassen. Julia ist eine Frau, die beruflich erfolgreich war und sich einen gewissen Bekanntheitsgrad erworben hat. Doch durch den Selbstmord einer Patientin hadert sie mit ihren Fähigkeiten, fühlt sich schuldig, die Anzeichen nicht rechtzeitig erkannt zu haben. Sie kann sich selbst nicht verzeihen. Doch sie ist keine Frau, die aufgibt, sondern sich für die Schwächsten einsetzt und nicht aufgibt, bis sie ihnen helfen kann. Sehr schön zu beobachten ist ihre eigene Entwicklung, während sie sich um das kleine Mädchen kümmert. Dabei arbeitet sie ihre eigene Vergangenheit auf und tritt gestärkt daraus hervor. Ellie ist eine etwas herbe Frau, die ihren Beruf bei der Polizei sehr ernst nimmt. Das Verhältnis zu Julia ist schon lange gespannt, die beiden Frauen sind einfach zu gegensätzlich, als dass sie etwas gemeinsam hätten. Max hat den Ruf eines Schürzenjägers, er will sich einfach nicht binden. Auch er hat seine Geheimnisse, und die müssen erst einmal herauskommen, um ihn besser zu verstehen.
„Das Mädchen mit dem Schmetterling“ ist ein fesselnder und gefühlvoller Roman, der den Leser völlig in den Bann zieht! Ein Pageturner, der seine absolute Leseempfehlung in jeder Hinsicht verdient!