(Die folgende Rezension enthält Spoiler, da das nötig ist, um meine Meinung zu begründen).
Die Idee zu "Dumplin´" finde ich super, nur leider hat mir die Umsetzung nicht gut gefallen. Das Problem an "Dumplin'" ist, dass das Buch nicht hält, was der Klappentext verspricht.
Zunächst einmal erwartet man, dass Willowdean selbstbewusst mit ihrem Körper umgeht und das tut sie in den ersten Seiten auch. So beschreibt sie zum Beispiel, dass sie kein Problem damit hat, sich im Badeanzug im Schwimmbad zu zeigen.
Doch nach diesem guten Start, verwandelt sich das Buch in ein Durcheinander, bei dem die Autorin anscheinend selbst nicht wusste, wie sie dieses lösen soll oder über was sie überhaupt schreiben möchte.
Willowdean ist seit einer Ewigkeit in Bo verliebt und als er die Gefühle zu erwidern scheint, sollte sie eigentlich glücklich sein. Stattdessen verwandelt sie sich plötzlich in ein unsicheres Mädchen, was für mich keinen Sinn ergab. Eigentlich sollte sie ja die Tatsache, dass er sie hübsch genug findet, bestärken. Und überhaupt erscheint es mir als unglaubwürdig, dass das Mädchen, das trotz einer Mutter, die sie seit ihrer Kindheit für ihr Gewicht verurteilt, selbstbewusst zu ihrem Körper steht, plötzlich in Unsicherheiten verfällt. Immerhin befindet sich Willowdean während dieser Geschichte nicht am Anfang ihrer Pubertät, sondern ist knapp 17.
Dabei ist es nicht einmal so, dass sie sich plötzlich für ihren Körper schämt. Manchmal ist sie stolz auf diesen und dann wieder nicht. Diese plötzlichen Stimmungsschwankungen machen das Verstehen von Willowdean anstrengend.
Noch eigenartiger wurde es für mich, als Julie Murphy Mitch einführte, einen Sportler, der plötzlich auch Interesse an Willowdean zeigt. Allein das sollte ihr zeigen, dass sie gut genug aussieht, aber sie fühlt sich trotzdem unwohl. Und überhaupt ruiniert diese Dreiecksgeschichte die Hauptbotschaft des Buchs für mich, weil plötzlich die erste Liebe an oberster Stelle steht und nicht die Themen Selbstliebe und Freundschaft.
Ich würde ja gerne sagen, dass dafür die Handlung spannend gewesen ist, aber das war sie nicht. Ehrlich gesagt ist fast nichts während der knapp 400 Seiten passiert. Erst als Willowdean sich für den Schönheitswettbewerb anmeldet, wird es aufregender. Nur geschieht das viel zu spät und nimmt weniger Raum in dem Buch ein, als der Klappentext verspricht.
Die Charaktere werden alle anschaulich beschrieben, aber waren mir leider zu oberflächlich und klischeehaft. Es gibt kaum Tiefe und das hat mich gestört, weil Julie Murphy perfekte Ansatzpunkte lieferte, um ihnen, sowie der ganzen Geschichte mehr Tiefe und Ernsthaftigkeit zu verleihen.
Mein Hauptproblem war jedoch Willowdean an sich, denn leider war sie mir alles andere als sympatisch. Sie erlaubt es sich nämlich andere für ihren Körper schlecht zu machen. Es hat mich schockiert, als sie das Aussehen einer Mitschülerin beschreibt und meint, dass es schlimmer sein könnte, wenn sie so aussehen würde wie sie. Auch anderen begegnet sie mit solch abwertender Haltung und natürlich erlaubt sie es sich auch über dünne Mädchen wie ihre beste Freundin herzuziehen. Solche Stellen haben in einem Buch, das angeblich über Body Positivity ist, nichts zu suchen.
Hierbei sieht man, dass das Buch voller Widersprüche steckt. Es soll über Selbstbewusstsein sein, endet aber in Unsicherheit. Es soll über Body Positivity sein, wertet jedoch trotzdem Menschen aufgrund ihres Aussehens ab.
Das Thema Freundschaft kann man hier auch vergessen, weil Willowdean keine gute Freundin ist. Sie ist eifersüchtig auf El und ihr Leben, obwohl sie immer hinter Willowdean steht und zeigt, dass auch sie kein perfektes Leben führt. Das Schlimmste war für mich jedoch, dass Willowdean El verbieten möchte, beim Schönheitswettbewerb mitzumachen und das aus egoistischen Gründen. Wer tut seiner besten Freundin so etwas an?
Fairerweise muss ich sagen, dass ich dafür deren Versöhnung am Ende gut gelungen finde und Willowdean dann auch endlich zur Vernunft kommt, was gut ist.
Ein weiterer positiver Punkt ist für mich die Schilderung des schwierigen Verhältnissen von Willowdean und ihrer Mutter, das glaubwürdig beschrieben wird.
Genauso wie die Autorin es auch geschafft hat eine tolle Atmosphäre zu erschaffen. Während der Seiten taucht man wirklich in die typisch amerikanische Kleinstadt - Welt ein.
Der lockere Schreibstil der Autorin passt ebenfalls zu Dumplin' und lässt das Buch schnell lesen.
Das Ende an sich hat mir nicht gut gefallen, weil die Autorin sich hier rausmogelte, um ja kein klares Ergebnis liefern zu müssen. Natürlich habe ich nicht erwartet, dass sie Willowdean mit einer tiefgründigen Rede gewinnen lässt, aber sie bewusst disqualifizieren zu lassen, ist viel zu einfach und enttäuschend, wenn man an die vorherigen Seiten denkt. Damit geht die Botschaft des Buchs komplett unter und führt leider zu keinem krönenden Abschluss. Julie Murphy hat sich für den einfachsten Weg entschieden, statt den bedeutungsvollen, den die Idee eigentlich verdient hat.
Abschließend muss ich also sagen, dass mir "Dumplin´" trotz der tollen Idee nicht gut gefallen hat, weil das Buch voller Widersprüche steckt, die Message nicht ankommt und es so wirkt, als ob die Autorin beim Schreiben selbst nicht wusste in welche Richtung sie Willowdeans Geschichte lenken möchte.
Fazit: "Dumplin´" soll ein Buch über Body Positivity sein, steckt aber voller Widersprüche und liefert auch keine spannende Handlung.