Drei authentische Kriminalfälle
Die Jawa-Bande„...Für Freddi gab es da nichts zu überlegen. Natürlich wollte er die Große mit dem fetten Klang. Rot waren sie alle, eine andere Farbe kennt man beider Jawa in der CSSR nicht. Die Jawa ist seit Jahren ...
„...Für Freddi gab es da nichts zu überlegen. Natürlich wollte er die Große mit dem fetten Klang. Rot waren sie alle, eine andere Farbe kennt man beider Jawa in der CSSR nicht. Die Jawa ist seit Jahren der Renner hierzulande, fast jeder jugendliche träumt davon, eine zu besitzen...“
Das Buch enthält drei authentische Kriminalfälle aus der DDR, speziell aus Görlitz.
In der ersten Geschichte, dem das Eingangszitat entstammt, geht es um eine Bande Jugendliche, die von Görlitz aus mit ihrer Jawa durch die Gegend zieht. In jeder Zeile ist spürbar, dass die Autorin sich nicht nur in der Gegend auskennt,sondern auch das Leben in der DDR entweder selbst kennengelernt oder exakt recherchiert hat.
Wir schreiben das Jahr 1961. Die Jugendlichen wollen sich vom Leben ihrer Eltern klar abgrenzen. Allerdings spielt dabei Ethik und Moral für sie keine Rolle. Mädchen sind Freiwild. Für die Fahrt auf der Jawa haben sie einen entsprechenden Preis zu zahlen.
Der Schreibstil ist weitgehend sachlich. Deutlich wird die Emotionslosigkeit der jugendlichen Täter herausgearbeitet. Sie glauben, dass die Mädchen den Mund halten und ihnen nichts nachzuweisen ist. Dann aber kommen sie an die Falsche.
„...Außerdem ist offenbar die „Buschzulage“ nicht hoch genug, dass sich viele Kriminalisten aus dem Westen freiwillig an Polens Grenze melden. Görlitz: Das ist fast wie Sibirien. Spricht man dort überhaupt Deutsch?...“
Kurz nach der Wende wird in einem Bauernhof in einer Sickergrube ein Toter gefunden. Der Fall landet bei Kriminalhauptkommissar Mende, der schon zu DDR-Zeiten Polizist war, und Kriminaloberkommissar Fastnacht, zugezogen aus dem Westen. Beide arbeiten erfreulich gut zusammen. Auch der mögliche Täter steht schnell fest. Er hat schon eine lange kriminelle Karriere hinter sich, sieht sich aber selbst als politischer Häftling der DDR. Als schwierig allerdings erweist es sich, ihm den Mord nachzuweisen. Dafür allerdings spricht sein hohes Gewaltpotential.
Mir gefällt, dass thematisiert wird, wie sich nach der Wende manche Begrifflichkeiten geändert haben. Auch der wirtschaftliche Niedergang der Stadt und dessen Folgen bleiben nicht außen vor.
Der kontinuierlichen Arbeit von Mende und Fastnacht ist letztendlich Erfolg beschieden.
„...Das Obst im OGS beschränkt sich in der Regel auf Äpfel aus einheimischer Produktion und einige Saisonartikel wie Pflaumen und Stachelbeeren, im Frühjahr gab es Rhabarber, im Sommer Wassermelonen aus Bulgarien und manchmal sogar Pfirsiche...“
Die letzte Geschichte führt mich in die Welt des OGS, des Großhandels für Obst und Gemüse, oder genauer auf die Fahrtrouten ihrer Fernfahrer. Wir schreiben das Jahr 1967. Während Siggi an jeder Station eine kleine Freundin hat, hält sich Rainer bewusst zurück, nachdem er einer Verurteilung wegen versuchter Vergewaltigung knapp entkommen war. Doch dann soll er auf Wunsch der Mutter die 16jährige Rita mit ihrem Fahrrad nach Hause bringen. Wird er der Versuchung widerstehen?
Die Geschichten haben mir sehr gut gefallen, weil sie authentisch sind und sich angenehm lesen lassen.