Ich hoffe, ich gebe in meiner Rezension nicht zu viel des Inhalts preis, denn dieses Buch ist eines, von dem man einfach schwärmen muss.
Wissen, woher man kommt. Für die meisten ist dieses Wissen so alltäglich, ...
Ich hoffe, ich gebe in meiner Rezension nicht zu viel des Inhalts preis, denn dieses Buch ist eines, von dem man einfach schwärmen muss.
Wissen, woher man kommt. Für die meisten ist dieses Wissen so alltäglich, dass es gar nicht als Privileg erachtet wird. Für wiederum andere scheint es unglaublich schwer, an dieses Wissen zu gelangen. Und es gibt wieder andere, die wissen, dass sie nichts wissen - und trotzdem glücklich sind, weil sie geborgen sind innerhalb einer Familie, von der sie geliebt werden wie das eigene Kind.
So geht es Maia, einer Frau, die, wie ihre fünf Geschwister von einem geheimnisvollen Mann adoptiert wurde, mit dessen Tod ein Buch beginnt, das mehr als lesenswert ist. Ich bin kein Freund davon, den Handlungsverlauf eines Buches - auch nur überblicksweise - zu schildern, weswegen ich an dieser Stelle bloß lächelnd abwinke und auf das wunderbare Buch Lucinda Rileys verweise.
Wunderbar, das ist es definitiv. Ich kannte die Autorin schon zuvor, bin über eines ihrer Bücher gestolpert, als ich die Bedenken, dass ich doch schon einen riesigen 'to read'-Stapel hatte, beiseitegeschoben habe. Mit 'Das Orchideenhaus' fing meine persönliche Lucinda-Riley-Reise an, und mit 'Die sieben Schwestern' fand sie ihren Fortgang. Der Stil der Autorin ist sehr angenehm zu lesen, für mich ist auf sprachlicher Ebene nichts Künstliches, Unangenehmes dabei. Die Autorin vermag es, sowohl Stimmungen und Gefühle, als auch landschaftliche Eindrücke perfekt in ihre Worte zu verpacken. Die an manchen Stellen etwas nüchterne Beschreibung der Orte, Situationen und Gegebenheiten trägt für mich zur Stimmung des Ganzen, insbesondere was den in der Vergangenheit spielenden Teil rund um Izabela Bonifacio angeht, bei und ist nichts, das ich wirklich kritisieren möchte.
Inhaltlich hätte ich mir manchmal mehr Tiefgang gewünscht, aber ich kenne mich und weiß, dass das absolut Geschmackssache ist. Manchmal fehlte ein Fünkchen mehr Hintergrundinformation, beziehungsweise Identifikationsmöglichkeit, was dem Buch im Gesamten aber keinen Abbruch tut. Es lädt zum Träumen ein, verzaubert, berührt und fesselt.
Das Buch soll Teil eins einer siebenteiligen Serie werden und ich kann mit Sicherheit davon sprechen, dass ich die nächsten Teile sehnsüchtig erwarten werde. In 'Die sieben Schwestern' wird man ins Rio de Janeiro der Gegenwart und Vergangenheit entführt. Und ich persönlich, ich wollte gar nicht mehr weg.
Ich wurde schon vor einigen Jahren in einem Buchladen auf dieses Buch aufmerksam, sodass es auf mein Regal wanderte - zu meiner Schande muss ich aber gestehen, dass ich es dann vergessen und erst durch ...
Ich wurde schon vor einigen Jahren in einem Buchladen auf dieses Buch aufmerksam, sodass es auf mein Regal wanderte - zu meiner Schande muss ich aber gestehen, dass ich es dann vergessen und erst durch Zufall wiederentdeckt habe. Und das war definitiv eine gute Entdeckung!
Kiera Cass entführt den Leser nach Illéa, einem Land, das auf dem heutigen Gebiet der USA existiert und auch etwas mit den Vereinigten Staaten zu tun hat. In der Königsfamilie des Landes gibt es Maxon, einen - um ein wenig ins Mittelalter, der typischen Märchenepoche zu schweifen - Kronprinzen im heiratsfähigen Alter. Um die Verbundenheit des Volkes mit der Königsfamilie zu stärken, ist es Tradition, dass ein bürgerliches Mädchen zur Prinzessin und späteren Königin wird. Verfolgt von tausenden Kameras und Bürgern Illéas an den Bildschirmen soll Maxon seine Erwählte während einer Castingshow finden, wozu jeweils ein Mädchen aus den 35 Provinzen des Landes ins Schloss eingeladen wird, um um die Gunst des Prinzen zu feilschen. Eines dieser Mädchen ist America Singer, die aus einer niedrigen Kaste stammt, für die Hunger immer schon ein Thema war und die sich aus vielen Gründen gezwungenermaßen für das Casting anmeldet und schließlich ausgewählt wird.
Was man schon vom Cover her vermuten könnte, bestätigt sich in den ersten Kapiteln des Buches: man befindet sich in einem Märchen, denn auch wenn die von Grimmschen Erzählungen bekannten Elemente wie die Düsterkeit des Mittelalters oder das 'Es war einmal' fehlen, ist da ein Mädchen von niederer Herkunft, das in Berührung mit einer Adelsfamilie gerät. Tatsächlich schafft es Kiera Cass, eine solche Welt zu erschaffen, ihr prägnanter Schreibstil aus Sicht Americas vermittelt in einer Art der Berichtform sehr schnell einen Eindruck davon, wie es sich in Illéa leben lässt.
Die Geschichte, die sich rund um America und Maxon entwickelt, ist schlüssig, wenn auch leider zweifelhaft oberflächlich beschrieben, womit ich zu den Punkten komme, die leider keinen fünften Stern zuließen: für mein Empfinden fehlt der wirkliche Tiefgang hinter dem Ganzen - und das ist nicht dem Genre geschuldet. Es werden, auch bedingt durch die gewählte Erzählperspektive, leider nur Gedanken und Beobachtungen Americas geschildert - Absätze, während derer erklärende Passagen eingeschoben werden, sucht man leider vergebens. So blieb mir oft nichts anderes übrig, als die fehlenden Details selbst festzulegen. Leider geht durch die oberflächliche Erzählweise der Spannungsbogen verloren, so richtig konnte ich nicht mitfiebern. Ich hätte mir ab und an tiefere, nähere Beschreibungen gewünscht, genauso wie ich es schön gefunden hätte, wären die Dialoge in der Übersetzung besser auf die deutsche Sprache abgestimmt worden, so manches Mal störten mich geschwollene Ausdrucksweisen, die niemals im Sprachgebrauch Einzug halten würden.
Allerdings hat man mit 'Selection' tatsächlich ein besonderes Buch vor sich, da es diese Art von Dystopie nicht häufig gibt. Alle, die gern träumen sollten sich nach Illéa entführen lassen!
Eigentlich sind Buchtitel nur und manchmal auch nie ein Bruchteil dessen, was man in einem Buch dann finden wird. Mit dem Titel dieses Buches verhielt es sich für mich aber anders. „Das Glück an Regentagen“ ...
Eigentlich sind Buchtitel nur und manchmal auch nie ein Bruchteil dessen, was man in einem Buch dann finden wird. Mit dem Titel dieses Buches verhielt es sich für mich aber anders. „Das Glück an Regentagen“ drückt etwas Melancholisches aus, dem gleichzeitig aber eine gewisse Sanftheit und Kostbarkeit beiwohnen. Ich hatte auf gewisse Weise eine Geschichte erwartet, wie ich sie zwischen dem Umschlag dann gefunden habe, auf eine andere Art fand ich aber auch nicht das, was ich gedacht hatte zu finden. Und dieser Umstand passt für mich perfekt in jenes von Marissa Stapley geschriebenes Buch. Da ist etwas, aber da ist eben auch nichts.
Mae steht vor einer dieser Wendungen, die einen manchmal für lange Zeit davon abhalten, das Leben als schön zu empfinden und es zu leben, weil man am Ende des Tages nun mal nur eines davon hat. Eine Trennung, die sie in ihren Grundfesten erschüttert hat, zwingt sie dazu, an den St.-Lorenz-Strom zurückzukehren, wo sie aufgewachsen ist und eine solche nicht nur ein-, sondern bereits zwei Mal hat erleben müssen. Bei ihren Großeltern aufgewachsen, regnete es schon früh in ihrem Leben und das Grau dieses Regens verschwand nie so ganz von ihrem Horizont. Wenn man die große Liebe verliert und dazu noch einen weiteren Schicksalsschlag erfahren hat, ist das womöglich nur logisch.
Die Geschichte, die sich schon auf den ersten Seiten des Buches mit voller Wucht entfaltet, ist genauso schwer, wie die Vorstellung an triste, graue, leise Regentage, an denen die Welt irgendwie stillzustehen scheint, weil sie unter denjenigen Dingen, auf die die Tropfen bei ihrem Auftreffen deuten, ächzt. Ächzt und schmerzt. Marissa Stapley schafft es mit einem sehr pointierten und vor allem eindrücklich-authentischen Schreibstil, den Leser sofort in die Geschehnisse eintauchen zu lassen. Nicht nur, weil die Autorin aus allen erdenklichen Tempi den Präsens ausgewählt hat, wirkt alles, als geschähe es direkt vor dem Auge des Lesenden, sondern auch, weil der Erzählstil in kurzen Sätzen gehalten ist, die nicht zu verschachtelt sind, nicht zu viele Informationen enthalten, die das Ganze zu sehr ins Erzählende abdriften lassen. Sie sind präzise. Eindrücklich. Einnehmend. Eine Gabe, die die Autorin hat, ist es, für diejenigen Personen, aus deren Sicht die Kapitel unregelmäßig wechselnde erzählt sind, einige Besonderheiten im Erzählstil zu verbauen. Lilly schwelgt in Melancholie und gleichzeitig dem Stolz auf ihr erlebtes Leben, Mae ist zweifelnd und Gabe schuldbeladen – ich bin mir sicher, dass man diese Eigenschaften der Charaktere auch erfassen könnte, würde man das Buch erst zur Mitte beginnen.
Die Handlung schiebt sich in einem gemächlich-schweren und gleichzeitig überrumpelnden Rhythmus weiter, in sich logisch und geschlossen, aber leider für mich unrund beendet. Das Buch endet, wie ich finde, typisch – mit einem Ende, das gut ist und einem Epilog, der vom noch Besseren erzählt – aber eigentlich, gerade aufgrund der Geschichte, die die Protagonisten verbindet, hätte ich mir gewünscht, den Prozess des Glücklichseins an Regentagen genauer beschrieben zu bekommen, ihn nachvollziehen und erleben zu können. Dieser ist mit dem Abschluss der Geschichte leider noch nicht abgeschlossen. Das Glück an Regentagen ist nun mal keine alltägliche Sache – man muss es erst finden.
Ein schönes Buch, das überrascht und nachdenklich stimmt – allemal fehlt mir allerdings jenes besondere Quäntchen, das es von anderen Büchern seiner Art unterscheidet. Das Buch enthält alles, was es braucht, um daraus eine besondere Geschichte zu spinnen – und gleichzeitig nichts, weil es manchmal in seiner Schwere zu versinken scheint. Vier Sterne und der Wunsch nach mehr!
Eleanor („Ellie“) ist seit ihrer Jugend leidenschaftliche Nanny, ihre Leidenschaft hat sie zum Beruf gemacht. Nach einem dieser „Das Kind kommt bald in die Schule, du verstehst doch sicher, dass wir deine ...
Eleanor („Ellie“) ist seit ihrer Jugend leidenschaftliche Nanny, ihre Leidenschaft hat sie zum Beruf gemacht. Nach einem dieser „Das Kind kommt bald in die Schule, du verstehst doch sicher, dass wir deine Arbeit dann nicht länger benötigen“-Gespräche und einer wie üblich ziemlich abrupten Entlassung wartet eine neue Stelle auf sie, die sie zurück in die Vergangenheit katapultiert. Zu Grey, ihrer ersten großen Liebe, der sie damals auffing, als sie in einen nie endenden Schlund der tiefen Trauer zu stürzen und dort zu ertrinken drohte. Es ist ausgerechnet Grey, der ihr neuer Arbeitgeber wird. Ausgerechnet Grey, zu dem das sich so wahnsinnig schnell verändernde Leben als junge Erwachsene die Verbindung kappte. Ausgerechnet Grey, der immer noch da, aber nicht wirklich hier ist. Denn nach dem Tod seiner Frau vor gut einem Jahr ist er nicht mehr der Grey, den Ellie kannte. Er ist kein Vater für seine beiden Töchter und er ist schon gar nicht der zutiefst optimistische Junge – jetzt Mann, mit pulsierenden Zukunftsträumen und den warmen grauen Augen, an den sie in den vergangenen 16 Jahren immer wieder denken musste.
Im Rahmen einer Leserunde durfte ich mit „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ mein allererstes Buch von Brittainy C. Cherry lesen. Was beim Stöbern im Buchladen des Vertrauens immer wieder auf den Buchrücken der Werke der Autorin zu lesen ist, stimmt tatsächlich: Kaum jemand schafft es, so wortgewaltig, authentisch und gedankenecht Emotionen zu erzeugen, die einen nicht nur fesseln, sondern auch prägen. Bei „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ galt das für mich allerdings nur für das erste Drittel des Buches, genauer: den ersten der beiden Teile, in die sie ihr Buch eingeteilt hat. In diesem ersten Teil wird beschrieben, wie sich die Teenager Eleanor Gable und Greyson East kennenlernen und wie eine besondere, tiefe Verbindung zwischen den beiden entsteht. Für Teil zwei geschieht ein Zeitsprung von gut 16 Jahren in die Gegenwart.
Um meine Meinung ein bisschen genauer zu erläutern, möchte ich zuerst auf den Schreibstil von Brittainy C. Cherry eingehen. Etwas, das mir immer wieder ein warmes Gefühl gezaubert und definitiv etwas ist, das mir von diesem Buch „hängenbleiben“ wird: Da sind sympathische Ticks und Bewegungen der beiden Protagonisten Grey und Ellie, die die Autorin ihnen von Beginn an zuordnet und ähnlich wie ein musikalisches Thema während des ganzen Buches immer wieder einfließen lässt – nicht nur in sehr bedeutungsvollen Situationen, sondern auch in den ruhigen Momenten. Diese Wiederholungen geben den Charakteren eine besondere Authentizität, man lächelt unwillkürlich, wenn man sie bemerkt, als würde man einen guten Freund beobachten. Ähnlich verhält sich das mit sich wiederholenden Phrasen, die zwischen Ellie und Grey sind, die einer von ihnen einmal gesagt hat und die eine besondere Bedeutung für sie haben. Speziell mit diesen Phrasen und Satzbruchstücken habe ich mich irgendwann allerdings schwergetan, weil sie nicht immer zur Situation, in der sie verwendet werden, passen, man in diesen Momenten über sie nachdenken muss und das irgendwie den Lesefluss stört. Alles in allem ist Brittainy C. Cherrys Schreibstil allerdings einer, in dem man sich sofort verlieren kann. Da ist nichts Gekünstelt-Beschreibendes, keine unnötigen aufklärenden Absätze aus Sicht eines Dritten. Stattdessen neigt sie zu kurzen Sätzen, in denen auch einmal ein Satzglied herausgelassen wird, um Wirkung und Präzision der sehr alltäglich gewählten Worte zu verstärken. Kennzeichnend sind für mich auch gelegentlich einfließende, unvermittelte Gedanken, die einmal mehr die „Gegenwärtigkeit“ der jeweiligen Szenen und dass man das Gefühl hat, mittendrin zu sein, verstärken. Raw, dieses kleine englische Wörtchen trifft es für mich am besten, mit welcher Art von Erzählstil man durchs Buch geführt wird.
Ehe ich mich den Figuren widmen möchte, noch einmal ein eher theoretischer Bereich: Derjenige der aufgeschlagenen Geschichte und wie sie konzipiert ist. In diesem Punkt wird für mich der Unterschied zwischen erstem und zweitem Teil am allerdeutlichsten. Im ersten Drittel des Buches kann man ein junges Paar kennenlernen, das sehr schnell und sehr intensiv eine besondere, tiefgründige emotionale Ebene miteinander erreicht. Begünstigt durch ein Ereignis, das Ellie und Grey miteinander er- und durchleben – aber davon gibt es im zweiten Teil eigentlich auch einige. Was im ersten Teil allerdings anders ist als im zweiten, in der Gegenwart spielenden Teil: die Geschwindigkeit der Entwicklung zwischen den beiden Protagonisten. Im ersten Teil scheint sie mir gut angepasst an das, was sie erleben. Es ist alles vollkommen nachvollziehbar und schlüssig, man erlebt in realistischer Geschwindigkeit und passenden „Alltagsausschnitten“ mit, wie sie zusammenwachsen.
Im zweiten Teil ist das leider anders für mich. Die Stellen, an denen die besondere Tiefe des ersten Teils zwischen den Charakteren wiederauflebt, fehlen mir im zweiten Teil. Obwohl sie faktisch da waren. Das beginnt mit dem Umstand, dass völlig offen bleibt, weshalb die beiden sich nach dem miteinander Erlebten aus den Augen verloren haben – so wie Grey als Jugendlicher war und so wie Ellie war, erscheint dieser, den Einstieg in die Gegenwart bildende Umstand als unverständlich, obwohl Brittainy C. Cherry davon schreibt, dass das Leben hektischer geworden sei und das ihre Verbindung letztlich gekappt habe.
Leider verkommt Teil zwei für mich zu einer Aneinanderreihung vermeintlich bedeutungsschwerer, tiefgründiger Dialoge oder innerer Monologe, die anders als im ersten Teil ihre gewaltige Wortkraft, die mich bis zum Verdrücken einiger Tränen geführt hat, nicht entfalten können. Ich finde, dass die bedeutungsvollen Szenen, weil sie nicht mehr alleine dastehen und eben keine Entwicklung dazu führt, dass sie geschehen, bedeutungslos werden. Sie nutzen sich ab. Man wird immer wieder, immer schneller aufeinanderfolgend unvermittelt in plötzliche tiefgründige Gespräche geführt, kaum dass der zu plötzliche Wendepunkt in der Beziehung zwischen Ellie und Grey eintritt. Abgesehen davon, dass mir hier vor allem die Gedanken der Protagonisten fehlen, um zu verstehen, weshalb sie sich dem jeweils anderen gegenüber plötzlich öffnen, kommen mir die vielen emotionalen Szenen ob der tiefen, immer wieder thematisierten Verschlossenheit, die in Bezug auf Grey beschrieben wird, als viel zu rasant, viel zu unlogisch und damit nicht mehr realistisch, nicht mehr echt vor. Hier fehlen, finde ich, immer wieder gedankliche Atempausen – ein Ereignis jagt das Nächste, eine emotionale Auseinandersetzung folgt der anderen.
Als jemand, der Harry Potter nie gelesen hat, ist es mir teilweise schwergefallen, den Verweisen zu der berühmten Buchreihe, die in „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ eine Rolle spielt, zu folgen. An einigen Stellen wären für mich eingestreute, erklärende Halbsätze notwendig gewesen. Ohne diese fühle zumindest ich mich ein wenig ausgeschlossen, weil ich die süffisanten Zuordnungen als Hufflepuff und andere Begriffe oft nicht ganz verstanden habe. Natürlich, an der einen oder anderen Stelle habe ich Google bemüht, allerdings, finde ich, wäre es an dieser Stelle nicht schwierig gewesen, die Fragezeichen im Kopf der Leser zu vermeiden.
Das ganze Buch betrachtet, lässt sich sagen, dass dem Ganzen leider immer ein wenig zu viel Vorhersehbarkeit anhaftet – man hat immer eine Ahnung davon, was als Nächstes passieren sollte, um (auf den verbleibenden Seiten) etwas Rundes „hinzubekommen“. Mir fehlten hier die Überraschungen, die einem das Herz stehen lassen und dafür sorgen, dass man verblüfft zurückbleibt. Das Buch folgt leider ein wenig zu sehr dem typischen Romance-Spannungsbogen.
In Bezug auf das Platonische, mehr: den Umstand, wie das Buch gestaltet ist, ist mir ebenfalls etwas aufgestoßen: Es finden sich, zumindest in der eBook-Datei für den Kindle, sehr viele Schreib- (im Sinne von vertauschten, fehlenden Buchstaben), Übersetzungs- (aus „Lorelai“ wurde oft „Lorelei“) und Satzzeichenfehler (Komma und Punkt, gar kein Satzzeichen). Das macht einen etwas dilettantischen, hastigen und schlampigen Eindruck bezüglich des Lektorats.
Auch bei den Figuren, die Brittainy C. Cherry in ihrem Roman zeichnet, muss ich zwischen den beiden Buchteilen unterscheiden – zumindest was Ellie und Grey, die beiden Hauptcharaktere, angeht. Im ersten Teil sind Ellie und Grey für mich eines der authentischsten, wenn nicht sogar das authentischste Teenager-Pärchen, von dem ich je gelesen habe. Dieses „Nur um sich kümmern, die Welt ist egal“, gleichzeitig eine unvergleichliche, für diesen Lebensabschnitt so typische Neugierde, Lebensfreude, Leichtigkeit. Brittainy C. Cherry gelingt hier etwas ganz Außergewöhnliches. Auch wenn ich das natürlich nicht mit Bestimmtheit sagen kann: Ich würde tatsächlich darum wetten, dass kaum ein Leser an dieser Stelle nicht von der einhüllenden, ausfüllenden Traurigkeit und Bedeutungsschwere zwischen den beiden, zwischen Ellie und Grey, erfasst wird, die sie aus dem Buch direkt ins Herz zu transportieren schafft.
Im zweiten Teil bekomme ich Ellie und Grey allerdings einfach nicht mit den Teenagercharakteren „zusammen“, von denen ich zuvor gelesen habe. Die Verknüpfung der beiden Teile ist viel zu dünn, korrigiere: kaum wirklich vorhanden. Gerade weil ein völlig anderer Grey auftaucht und eine erwachsene, von der Traurigkeit des ersten Teils viel, viel weiter entfernte Ellie. Wie sah Ellies Leben vor der Stelle im East-Haushalt aus? Wie war Grey als Familienvater, im Umgang mit seinen Töchtern, als seine Frau noch lebte? Viele Dinge werden zwar angerissen (z. B. in Form von Rückblenden aus Sicht von Grey), aber nie so dargestellt, dass es für mich befriedigend ist, dass sich diese Rückblenden zu einem schlüssigen Bild der Charaktere fügen würden. Dass die beiden einmal über ihre gemeinsame Vergangenheit reden, fehlt ebenfalls. Gerade bei Ellie gab es für mich nur die Teenager-Ellie und die Greys-Nanny-Ellie. Dazwischen konnte ich sie mir nicht vorstellen, was allerdings wichtig gewesen wäre, um zu verstehen, wie aus ihr die Erwachsene geworden war, die sie nun mal war. Es hätte für mein Dafürhalten einige Kapitel aus der Zeit gebraucht, bevor Ellie in Greys Leben trat und andersherum.
Mir scheint, dass es den Grey, den Ellie als Jugendliche kennengelernt hat, eigentlich auch mit seiner Frau nicht mehr gegeben hat und es insgesamt drei verschiedene Greys waren – eine Verknüpfung zu ihrem Früher wurde nie wirklich hergestellt – die im Buch vorkommen. Selbst an der Seite seiner verstorbenen Frau Nicole, wie das seine beiden Töchter immer mal wieder andeuten, scheint er mir anders als der Grey, den Ellie aus ihrer Jugendzeit kannte, gewesen zu sein. Ich bin mir unsicher, ob seine ihn so auszeichnenden Wünsche, Träume und die Unbekümmertheit damals noch bestanden haben – auch hier wurde allerdings nie etwas aufgeklärt.
In diesem Zug fehlt mir im zweiten Teil auch die Thematisierung von Greys Eltern, die im ersten Teil eine gewichtige Rolle spielen. Sie werden im zweiten Teil nicht einmal erwähnt. Dabei hängt mit ihnen und ihrem Verhalten ihrem heranwachsenden Sohn gegenüber für mich ein eigentlich logischer Grund zusammen, weshalb Grey das Elternsein (besonders alleinerziehend, als Witwer) so schwerfällt. Hier, finde ich, hat Brittainy Cherry gewaltiges Potential verschenkt.
Etwas schade finde ich auch, dass die physische Beschreibung der Protagonisten nicht konsequent durchgezogen wird. Insbesondere ein paar Merkmale zu Greys Gestalt und der seiner Töchter fehlen mir. Klar, das Aussehen der Charaktere eines Buches ist ein Stück weit immer der eigenen Imagination überlassen und ein bisschen was wurde auch angedeutet, aber da Ellie beschrieben wird – weshalb nicht er?
Was mir im Bereich Charakterkonzeption sehr positiv aufgefallen ist: Karla und Lorelai – die Szenen und Begebenheiten mit ihnen und um sie herum waren durchweg authentisch, wenngleich das kleine Sonnenschein-Mädchen ein wenig klischeehaft daherkam, genau wie Claire, die vor Liebe übersprudelnde ältere Frau (in dem Fall: Schwiegermutter).
Trotz meiner Kritik (auch bezüglich der Vorhersehbarkeit) finde ich, dass die Geschichte im Großen und Ganzen trotzdem nicht in dem grauen Meer der Bedeutungslosigkeit versinkt. Obwohl viele solcher „Back to you“-Stories existieren. Abzüge in Punkto Originalität möchte ich allerdings in Bezug auf das wiederkehrende Libellen-Thema, Ellies besonderes Faible, geben. Dass sie gerne Jacken trägt, die mit diesem zierlichen Tier verknüpft sind und sie an der einen oder anderen Stelle im Buch eine größere Rolle spielen, erinnert sie mich ein wenig zu sehr an Jojo Moyes‘ „Ein ganzes halbes Jahr“. Das finde ich schade.
Im Großen und Ganzen hat es durchaus Spaß gemacht, „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ zu lesen, wenngleich der zweite, größere Teil (zwei Drittel des Buches) durch die für die Erzählzeit und Seitenzahl viel zu wuchtig daherkommenden emotionalen Szenen anstrengend und teilweise nur häppchenweise zu lesen waren. Es überwiegt jedoch die Enttäuschung darüber, dass die Autorin es für mich nicht schaffte die beiden Teile miteinander zu verknüpfen und die Bedeutungsschwere herzustellen, die den ersten Teil so besonders gemacht hat.
Fazit: „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ ist ein Buch, das einen mitten in das pulsierende Zentrum des Sturms hineinzieht, nur um im zweiten Teil wieder ausgespuckt zu werden und an einen Ort zu gelangen, an dem die Geschichte neu begonnen und leider vom ersten Teil her nicht richtig verknüpft wird. Die Bilder, die Brittainy Cherry erzeugt, sind bedeutend, fesselnd und schaffen es, ins Herz zu gelangen. Das ändert sich allerdings im zweiten Teil, als die Entwicklung der Story die Emotionen überholt und unter der Geschwindigkeit, die sie mitbringt, leider auch verschwinden lässt.
Die Ostsee – auch wenn ich noch nie dort oben an der Küste war, verkörpert sie für mich gleichzeitig Freiheit, aber auch irgendwie Schwermut. Weil eigentlich nur die trüben Tage sind, wenn sie in den Nachrichten ...
Die Ostsee – auch wenn ich noch nie dort oben an der Küste war, verkörpert sie für mich gleichzeitig Freiheit, aber auch irgendwie Schwermut. Weil eigentlich nur die trüben Tage sind, wenn sie in den Nachrichten ist, weil man immer dann von ihr spricht, wenn sie von schweren Unwettern und Stürmen heimgesucht wird. Und weil sie an allen anderen Tagen als so unbescholten und friedlich gilt, dass sie manchmal ganz aus dem öffentlichen Interesse verschwindet.
Auch aus Nelas Interesse und ihrem Herzen ist eines der wohl schönsten Gebiete auf deutschem Boden verschwunden, obwohl sie im hohen Nordosten aufgewachsen ist und das Meer mit all seiner Wild- und Freiheit einst sehr geliebt hat. Dieser Umstand hat einen schwerwiegenden Grund, der in „Dein fremdes Herz“ von Katharina Seck aufgedeckt wird. Auf behutsame, gleichzeitig sehr intensive Art und Weise.
Nela Harolds ist eine junge Frau, die als Rechtsanwaltsgehilfin in einer Nürnberger Kanzlei arbeitet. Und leider auch für sie, nur für sie. Es erreichen sie, die als sehr unsicher zu beschreiben ist, zu Beginn des Buches Briefe einer Frau, die eng mit ihr und damit auch ihrer Vergangenheit verbunden ist. Briefe, die alles verändern werden. Briefe, die Nela zurück ans Meer, an die Ostsee katapultieren werden. Weil sie erfährt, dass das Herz ihres Vaters, der sie als kleines Mädchen verlassen hat, in einem anderen Menschen schlägt.
Es wird eine sehr liebenswürdige, gleichzeitig nachdenkliche und in sich gekehrte, einsame und stoische junge Frau vorgestellt, die in Bildern denkt und kaum lebt, weil ihr mit dem für sie unerklärlichen Verlust ihres Vaters etwas widerfahren ist, das zwar schon lange her ist, sie aber nie losgelassen hat. Sich mit Nela zu identifizieren fällt nicht schwer, wird doch schon bald ein Teil ihrer Familiengeschichte offengelegt, der trauriger und eindrücklicher nicht sein könnte. Gemeinsam mit ihr beginnt eine Reise in ihre Vergangenheit, die schon bald auch ihre Gegenwart wird. Aus dem fremden Meer wird wieder ein Vertrauter – auch wenn ihr Vater, mit dem sie die Liebe zu ihm teilte, nicht mehr da ist und Nela dieser Umstand nach Jahren des Verdrängens an der rauen Küste so richtig bewusst wird. Das Meer, das die Autorin als Kulisse für ihre Geschichte wählt, könnte dabei nicht passender sein. Es werden Geheimnisse gelüftet, Anstöße zur Heilung gegeben – und Nela lernt, wieder zu atmen.
Sowohl Nela, als auch die anderen beschriebenen Charaktere haben es leider nicht geschafft, dass ich ihre Handlungen vollkommen nachvollziehen konnte; dass sie schlüssig waren für mich und ich schon einige Zeilen vorher wusste, was sie tun oder sagen würden. Hier hat es meinem Empfinden nach leider vor allem an einer Beschreibung der Charaktere gefehlt, die nicht zu oberflächlich und themenbezogen bleibt und ein größeres Bild von ihnen zeichnet, als es im Buch geschieht. Gerade weil sie alle trotz ihrer Vergangenheit leben – oder es eben nicht tun – hätte es eine tiefergehende Beschreibung ihrer Lebensumstände, Meinungen und Lebensweisen gebraucht, die nicht nur auf ihre Verwicklung in das Thema des Buches abzielt. Weil Menschen nun mal nicht nur aufgrund eines Ereignisses, einer Geschichte in ihrem Leben so sind, wie sie sind. Ich tat mich sehr schwer damit, die wenigen „Fetzen“ in meinem Kopf zu schlüssigen Charakteren zu formen, deren Handlungen Sinn ergaben, obgleich ich mich gerade in den einführenden Kapiteln sehr mit Nela identifizieren konnte. Ebenso erging es mir infolgedessen mit den sich entspinnenden Beziehungen der Charaktere untereinander. Es mangelte für meinen Geschmack leider an der Einsicht in andere Charaktere, deren Handlungen und Überzeugungen ich allein durch die Beschreibungen, die in Bezug auf sie getroffen wurden, oft nicht verstanden habe. Für mich war die Verbindung der Charaktere untereinander ein wenig zu überhastet, erzwungen und gemessen an der Länge des Buches „zu viel des Guten“, weil sich ein wenig zu sehr bereits viel zu oft gelesenen Figuren bedient wurde und sämtliche der Charaktere gerade aufgrund mangelhafter Beschreibungen gedanklich in eine Rolle gedrängt werden konnten, die man bereits hier und da und manchmal auch oft gelesen, gehört oder gesehen hat und nicht wirklich zumindest der Versuch unternommen wurde, diese Rollen aufzubrechen. Jeder der Charaktere trägt gewisse Schatten der Vergangenheit mit sich – in der Handlungsgegenwart verschwanden für mich nicht alle, sodass ich leider finde, dass diese beiden Teile in manchen Beziehungen zu wenig miteinander verwoben wurden.
Die Handlung der Geschichte war an manchen Punkten – ähnlich wie die Charaktere selbst – ein wenig zu voraussehbar, als dass ich von mir behaupten könnte, vollkommen ans Buch gefesselt worden zu sein. Es sind bei dieser Einschätzung die vielzitierten Kleinigkeiten, die man gar nicht so ganz in Worte fassen kann. Eine der Kleinigkeiten, die ich allerdings benennen kann, ist etwas, das ich gleichzeitig in die Spalte meiner positiven Punkte packen möchte: der bildhafte Schreibstil. Leider empfand ich ihn, soviel sei gesagt, bevor ich einige weitere Gedanken dazu aufschreiben möchte, an manchen Stellen nicht der Dynamik der Situation angepasst. Wo schnelles Mitdenken gefordert war, weil gerade etwas Einschneidendes von einer gewissen Schnelligkeit passierte, wurde das leider hier und da durch zu langatmige, ausführliche Beschreibungen von Umgebung und Gedanken verhindert oder zumindest erschwert. Ebenso war da an manchen Stellen, an denen sich Nelas Denken und Handeln merklich veränderten, kein überspringender Funke bei mir - warum sich bestimmte Dynamiken veränderten, blieb mir des Öfteren verborgen, weil Dinge vom einen auf den anderen Moment anders beschrieben wurden – ohne jegliche Erklärung. Die Verwandlung, die gerade Nela an der Ostsee durchmacht, wurde zwar offensichtlich – das Warum jedoch oftmals nicht. Mir fielen während des Lesens leider darüber hinaus leider mehrere Logikfehler in der Handlung auf, die ich in den richtigen Kontext setzen und als das sehen kann, was sie sind: kleine Unebenheiten, über die man hinweglesen kann; nichtsdestotrotz stolperte ich leider mehrmals über sie, darunter beispielsweise, dass sich ein Protagonist ins Gras zu einem anderen setzte, dieser allerdings einige Zeilen zuvor als auf einer Bank sitzend beschrieben wurde.
Ich kannte, bevor ich „Dein fremdes Herz“ gelesen habe, kein Buch von Katharina Seck – und deshalb war ich auch nicht mit dem wunderschönen, behutsam-poetischen Schreibstil vertraut, zu dem ich mir schon in den ersten Kapiteln des Buches notiert hatte, dass die Autorin für mich die Meisterin des „Nichtschreibens“ ist. Sie erzählt in Bildern, sehr alltagsnahen Bildern, die Worte lebendig machen. Über ihre Sätze muss man manchmal einen Moment länger nachdenken, als man das vielleicht üblicherweise tut, weil man ihre vollkommene Bedeutung erst erfassen muss – lässt man sich allerdings auf das ein, was da steht; begreift man es, wird man mitten in die Geschehnisse hineinkatapultiert. Dann hat man die Chance, die Handlung aus nächster Nähe mitzuerleben, ein Teil von ihr zu sein. Katharina Secks Schreibstil ist in diesem Sinne gar kein Schreibstil, sondern ein Erzählstil. Auch, weil ihre Formulierungen nicht ins „Schriftdeutsche“ gehen, sondern stattdessen lebensnah sind und echt, situationsgetreu und authentisch. Daraus hervor gehen zahlreiche Sätze, die viel(e) Wahrheit(en) enthalten und leise, schöne Momente des Innehaltens hervorrufen. Das Innehalten – wer „Dein fremdes Herz“ liest, wird immer wieder sanft aber präzise dazu ermuntert.
Besonders schön fand ich die Briefe, die Nela erhält und liest. Sie unterscheiden sich deutlich von der Erzählweise der eigentlichen Handlungskapitel, die aus ihrer Sicht verfasst sind. Mit ihnen wurde parallel zur eigentlichen Handlung eine weitere Geschichte erzählt und das so intensiv, so präsent, dass der Bruch zwischen ihnen und der eigentlichen Haupthandlung nahezu körperlich schmerzte. Für mich ein äußerst gelungenes Mittel der Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart im Buch – gerade weil so viel Schmerz zwischen den Geschehnissen lag.
Weiterhin gefiel mir gut, wie wenig die Aspekte der Organspende beschönigt wurden. Man hätte „Dein fremdes Herz“ auch auf eine andere Weise schreiben können, aus einer anderen Sicht heraus. Das haben schon zu viele (Drehbuch-)Autoren getan. Da hätten die Fortschritte der Medizin gelobpreist werden können, dass man dank ihr Leben retten konnte. In „Dein fremdes Herz“ geht es allerdings um den Schmerz, der sich wie Fremde anfühlt, um das unmittelbare Davor und das Okay?, das immer in Verbindung mit der Entscheidung zur Organspende steht. Die Autorin schafft es, diesem für den Großteil der Bevölkerung surrealen Gefühl, dem Zwiespalt und der Dunkelheit Farben und Worte zu geben. Obwohl ich schon während des Buches nicht vollkommen überzeugt davon war, hatte ich an vielen Stellen einen dicken Kloß im Hals, der sich binnen weniger Sekunden immer wieder aufs Neue in pure Dankbarkeit wandelte, (noch) nicht in einer derartigen Situation gewesen zu sein.
Katharina Seck vermittelt mit ihrem Buch viele Botschaften, die sie in fast kostbare Sätze zu verpacken weiß – die wichtigste ist allerdings eine, die nahezu ins „Floskeltum“ übergegangen ist, die schon zu oft gehört wurde und trotzdem nicht oft genug gesagt werden kann: wir sollten dankbar sein. Für alles, aber gerade für unser Leben, das wild sein kann und manchmal so trügerisch friedlich ist. Wie das Meer, das uns vielleicht gerade deswegen so gut tut.
„Dein fremdes Herz“ ist ein leises, poetisches und gefühlvolles Buch, das die Brisanz, die emotionale Schmerzhaftigkeit und Tragik von Organspenden thematisiert und dabei aufrüttelt und gleichzeitig dankbar macht für das Leben, das jeder von uns nicht als ein sich selbst Fremder, sondern aus vollstem Herzen leben sollte. Leider gelingt es nicht, die schwierige Konstellation der Protagonisten zueinander so zu beschreiben und aufzulösen, dass die besondere Tiefe ihrer gemeinsamen Geschichte in der Vergangenheit ihren gegenwärtigen Fortgang findet und vollkommen rund wird. Nichtsdestotrotz kann man sich in Katharina Secks Schreibstil verlieren und Stunden „verlesen“. Und träumen. Und dankbar sein.
Ich durfte „Dein fremdes Herz“ innerhalb einer Leserunde lesen. :)