Einfach nur wunderschön...
Was man von hier aus sehen kannOffensichtlich gibt es bei Büchern auch die „Liebe auf den ersten Blick“ - Pardon: „Liebe auf der ersten Seite“... So ging es mir jedenfalls mit „Was man von hier aus sehen kann“ von Mariana Leky. Für ...
Offensichtlich gibt es bei Büchern auch die „Liebe auf den ersten Blick“ - Pardon: „Liebe auf der ersten Seite“... So ging es mir jedenfalls mit „Was man von hier aus sehen kann“ von Mariana Leky. Für mich war dieses Buch büchertechnisch gesehen mein absolutes Highlight im Jahr 2018 und es hat gute Chancen, einen Platz auf meiner „ewigen Liste“ der Lieblingsbücher zu finden!
Es beginnt am 18.April 1983, als Selma nachts von einem Okapi träumt, d.h. Jemand aus dem Dorf wird sterben... Selma ist die Großmutter der 10-jährigen Luise, der Hauptprotagonistin, die wir auf ihrem weiteren Lebensweg ein Stück begleiten dürfen. Wichtige Personen sind außer Selma und Luise deren Schulkamerad und Freund Martin, der Optiker (wir erfahren nur einmal seinen Namen), Elsbeth, Marlies, Frederick und weitere Personen in einem kleinen Dorf im Westerwald. Und natürlich Luises Eltern: ihre Mutter kann sich nicht entscheiden, ob sie ihren Mann verlassen soll und ihr Vater geht nach einer Psychoanalyse bei Dr. Maschke auf Weltreise. Aber durch diese Konstellation wächst Luise mehr oder weniger bei Selma auf, sie und der Optiker vermitteln Luise und Martin alles Wichtige, was man so zum Leben braucht („Der Optiker war fast jeden Tag da, von Anfang an. Er war aus meiner Sicht fast so steinalt wir Selma, und also auch hatte er die Welt mit erfunden.“ - S.27): Schleifen binden, Schwimmen, Fahrrad fahren, die Uhr („als wir die Uhr verstanden hatten, erklärte der Optiker die Zeitverschiebung gleich hinterher,...“- S.28) und Lesen wurde im Eiscafé der Kreisstadt gelernt: „‘Eisbecher Heimliche Liebe‘ war das erste, was ich lesen konnte. Wenig später las ich die Horoskope auf den Zuckertütchen vor,…“- S. 29).
Ich habe quasi zeitweise ebenfalls in diesem kleinen Westerwälder Ort gelebt, so vertraut waren mir die Personen. Ich habe mit ihnen gefühlt, gelacht, gehofft, getrauert, ich habe mich gemeinsam mit ihnen geängstigt und war verzagt über ihre Sorgen.
Der Schreibstil von Mariana Leky ist leicht und flüssig, sie beschreibt Alltagssituationen lakonisch - liebevoll und immer spürt man ein leichtes Augenzwinkern. Häufig musste ich schmunzeln, einmal sogar heftig lachen... Die Personen werden respektvoll und so detailliert beschrieben, dass sie mir deutlich vor Augen waren. Nach Beendigung des Buches regten „die großen Worte, die gelassen ausgesprochen“ wurden noch längere Zeit zum Nachdenken an, so auch über den Satz „Von der unbedingten Anwesenheitspflicht im eigenen Leben“, wie es hinten auf dem Buch steht.
Die letzten 50 Seiten habe ich gaaanz langsam gelesen, ich wollte einfach noch keine Trennung von den liebgewordenen Personen... Ich könne hier wahrscheinlich noch seitenweise Zitate von meinen ganzen Lieblingsstellen schreiben, das würde aber den Rahmen einer Rezension sprengen: Deshalb sage ich: lest es / lesen Sie es selbst – meine Leseempfehlung für das Jahr 2018!