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Veröffentlicht am 25.09.2016

Innviertler Anekdoten

Der Onkel Franz
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Klaus Ranzenberger macht sich hier daran, das Wesen und die Eigenheiten, vor allem des männlichen, Innviertlers zu ergründen.
Er erzählt von Familienzusammenkünften, von Wirtshäusern und vor allem deren ...

Klaus Ranzenberger macht sich hier daran, das Wesen und die Eigenheiten, vor allem des männlichen, Innviertlers zu ergründen.
Er erzählt von Familienzusammenkünften, von Wirtshäusern und vor allem deren Gästen, von für Fremde oft schwer deutbaren Redewendungen und einigem mehr.
In diesen meist im Bezirk Braunau, gelegentlich auch im Bezirk Ried angesiedelten Episoden, treten eine Reihe interessanter Charaktere auf, am häufigsten die fiktive Figur des Onkel Franz, der wohl das Idealbild des typischen Innviertlers darstellen soll.
Bei einigen der in diesem Buch verwendeten Pointen hat mich allerdings der Verdacht beschlichen, dass mir diese bereits aus anderen Anekdotensammlungen (die nichts mit dem Innviertel zu tun haben) oder aus Witzbüchern bekannt sind.
Dennoch eine unterhaltsame Lektüre, die zum Schmunzeln, bisweilen aber auch zum Nachdenken anregt – unter anderem darüber, welche „Onkel Franze“ man selbst kennt.

Veröffentlicht am 25.09.2016

Zwei Frauenschicksale in Norwegen

Das Geheimnis der Mittsommernacht
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1895 in der Norwegischen Bergbaustadt Roros: Sofie, Tochter des einflussreichen Bergwerksbesitzers Ivar Svartstein leidet nach dem Tod ihrer Mutter zunehmend unter der Strenge ihres Vaters und der Gefühlskälte ...

1895 in der Norwegischen Bergbaustadt Roros: Sofie, Tochter des einflussreichen Bergwerksbesitzers Ivar Svartstein leidet nach dem Tod ihrer Mutter zunehmend unter der Strenge ihres Vaters und der Gefühlskälte ihrer Schwester. Sie träumt von einem freien, selbstbestimmten Leben, das sie auch als Frau nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten möchte.
Die junge Deutsche Clara Ordal ist inzwischen nach dem ebenso unerwarteten wie tragischen Tod ihres aus Norwegen stammenden Mannes gemeinsam mit ihrem sechsjährigen Sohn Paul in Roros gestrandet. Die meisten Bewohner, darunter auch ihre Schwiegereltern, treten ihr ablehnend gegenüber, mit der Zeit findet sie aber auch einige Verbündete.

Diese Geschichte wird abwechselnd aus Sofies und Claras Perspektive erzählt, sodass man sich gut in die beiden hineinversetzen und mit ihnen mitfühlen kann. Es ist schön, sie auf ihrem Weg zu begleiten.
Daneben werden auch immer wieder interessante Informationen über Land und Leute eingeflochten, beispielsweise zur damaligen politischen Situation oder zum Leben der Bergleute.
Da die einzelnen Kapitel meistens mit einem kleinen Cliffhanger enden, wird außerdem einige Spannung erzeugt. Dennoch ist der Erzählstil eher ruhig, aber nichtsdestotrotz mitreißend.
Es treten eine Reihe von Protagonisten auf, die großteils nachvollziehbar gezeichnet sind. Ein paar davon sind aber fast ein bisschen zu nett und freundlich.

Außerdem ist die Handlung für meinen Geschmack zu sehr auf Happy End getrimmt. Für manche Probleme findet sich eine zu einfache Lösung und einiges wirkt übertrieben oder unrealistisch. Auch die Auflösung, worum es sich bei dem „Geheimnis der Mittsommernacht“ handelt, konnte nicht ganz überzeugen. Sie geht zu schnell und viele Fragen und Zusammenhänge bleiben offen.

Dennoch ermöglicht es dieser Roman wunderbar, in eine fesselnde Geschichte in einem faszinierenden Land einzutauchen.

Veröffentlicht am 19.09.2016

Panorama eines Untergangs

Der Sturz des Doppeladlers
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Dieser Roman beleuchtet die letzten Jahre der Habsburgermonarchie sowie die erste Zeit der österreichischen Republik, also den Zeitraum von 1916 (Tod Kaiser Franz Josefs) bis 1921.
Die diversen Protagonisten ...

Dieser Roman beleuchtet die letzten Jahre der Habsburgermonarchie sowie die erste Zeit der österreichischen Republik, also den Zeitraum von 1916 (Tod Kaiser Franz Josefs) bis 1921.
Die diversen Protagonisten entstammen unterschiedlichen Gegenden und sozialen Schichten und nehmen die Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven wahr. Auf diese Weise kann man die Leiden der Soldaten an der Front oder in den Gefangenenlagern ebenso mitfühlen wie die Nöte von Zivilisten, die sich um ihre Angehörigen sorgen bzw um die Gefallenen trauern und mit der immer schlechteren Versorgungslage zurechtkommen müssen.
Sie alle schwanken zwischen Hoffnung und Verzweiflung und müssen mit Entsetzen miterleben, wie die ihnen bekannte Welt zusammenbricht und fremde Mächte über das Schicksal Österreichs und seiner Bevölkerung bestimmen.

Diese Personen sind alle nachvollziehbar und lebendig gezeichnet, sprechen teilweise sogar in authentischem Dialekt. Auf Grund der Vielzahl an Figuren und der relativ häufigen Schauplatzwechsel ist es aber manchmal dennoch schwierig, den Überblick zu behalten.

Auf nur 300 Seiten wird viel Inhalt untergebracht, werden eine Reihe interessanter Themen angesprochen. Ich hatte allerdings oft den Eindruck, richtiggehend durch die Handlung zu rasen, vieles geht einfach zu schnell.
Obwohl bzw gerade weil mir die grundsätzliche Konstruktion der Geschichte, der Spannungsaufbau etc gut gefallen, hätte ich mir gewünscht, dass die einzelnen Szenen ausführlicher ausgestaltet werden, damit man sich noch besser in das Geschehen hineinversetzen kann.

Außerdem wären genauere Informationen über den historischen Hintergrund sinnvoll gewesen. Oftmals werden nur ein paar Stichwörter eingeflochten, wobei die Autorin wohl voraussetzt, dass sämtliche Leser über detaillierte Kenntnisse der österreichischen Geschichte verfügen.

Für Leute, die sich mit der fesselnden Materie näher auseinander setzen wollen, ist dieses engagiert geschriebene Buch aber nichtsdestotrotz empfehlenswert.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Zwei unterschiedliche Geschichten

Teufelsmühle
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Mani Beckmann erzählt hier abwechselnd zwei Geschichten, die beide im westfälischen Dorf Ahlbeck angesiedelt sind – allerdings im Abstand von über drei Jahrhunderten.
Die eine Geschichte führt ins Jahr ...

Mani Beckmann erzählt hier abwechselnd zwei Geschichten, die beide im westfälischen Dorf Ahlbeck angesiedelt sind – allerdings im Abstand von über drei Jahrhunderten.
Die eine Geschichte führt ins Jahr 1535. Ein Mann namens Heinrich Vernholt taucht auf und kündigt an, dass er im Auftrag des Bischofs die seit einigen Jahren brachliegende Mühle instand setzen und wieder in Betrieb nehmen werde. Dabei soll ihn der frühere Müller Geert Vortkamp unterstützen. Dieser ist davon nicht allzu begeistert, sein zehnjähriger Sohn Ambros, ein aufgeweckter und neugieriger Bursche, nimmt die Anwesenheit des Fremden aber zum Anlass, ein bisschen herumzuschnüffeln und macht dabei interessante Entdeckungen. Irgendetwas an dem neuen Müller ist eigenartig, und auch sonst gehen im Dorf einige seltsame Dinge vor. Manches davon scheint mit den Täufern zu tun zu haben, einer religiösen Gemeinschaft, die vor kurzem im nahen Münster für Aufregung sorgte.
Die andere Geschichte spielt im Jahr 1876 und handelt von den Erlebnissen des Altertumsforschers Hermann Vortkamp, welche der Leser durch Briefe und Tagebuchaufzeichnungen mitverfolgen kann.
Hermann kommt nach Ahlbeck um steinzeitliche Gräber zu untersuchen. Dabei macht er rätselhafte Funde und stößt immer wieder auf die Jahrszahl 1535. Außerdem macht er die Bekanntschaft seines verschrobenen Großonkels Johann, vor allem aber der Lisbeth Gerwing, in die er sich sofort verliebt. Doch ihre Beziehung steht unter keinem guten Stern – nicht nur, dass Lisbeth verlobt ist, zwischen den Familien Vortkamp und Gerwing besteht auch eine jahrhundertealte Feindschaft.

Diese Ausgangslage ist sicherlich vielversprechend, das Lesevergnügen war aber doch eher durchwachsen.
Der Handlungsstrang um Ambros und die Mühle im Moor, die all ihren Betreibern Unglück zu bringen scheint, ist durchaus spannend. Sie birgt einige interessante Enthüllungen und es werden unerwartete Zusammenhänge offenbart. Der Erzählstil ist lebendig und dass die Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven geschildert werden (neben Ambros treten vor allem sein Vater und Maria, die Tochter des Schulzen, in Erscheinung) sorgt für eine gewisse Dynamik. Die Handlung ist vielschichtig, weshalb durchaus einige Konzentration nötig ist, um alle Aspekte zu erfassen, und wird zu einem insgesamt stimmigen Ende geführt.
Die Vorgänge des Jahres 1876 konnten mich allerdings weniger fesseln. Zwar gibt es immer wieder spannende Andeutungen und Hinweise, was vor 300 Jahren geschehen sein könnte (deren Auflösung sich dann allerdings oftmals als eher banal erweist), ein viel zu großer Schwerpunkt wird aber auf die Liebesbeziehung zwischen Hermann und Lisbeth gelegt. Hermanns ständige Schwärmereien werden bald langweilig und die Geschichte tritt über weite Strecken auf der Stelle. Erst die „Nachbetrachtungen“ am Ende sind wieder interessant, diese hätten etwas ausführlicher ausfallen können.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Stand aller Forschung ?

Die Tagebücher der Schöpfung
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Dieses Werk soll den „Stand der Forschung. Aller Forschung“ wiedergeben. So verspricht es zumindest die Produktbeschreibung der Amazon.de-Redaktion.
Diesen Anspruch kann ein nur knapp über 200 Seiten langes ...

Dieses Werk soll den „Stand der Forschung. Aller Forschung“ wiedergeben. So verspricht es zumindest die Produktbeschreibung der Amazon.de-Redaktion.
Diesen Anspruch kann ein nur knapp über 200 Seiten langes Buch allerdings nicht erfüllen, lesenswert ist es meiner Meinung nach aber allemal.

Stefan Klein wirft hier Schlaglichter auf die wichtigsten Fragestellungen der modernen Wissenschaft – vom Urknall über die Entstehung des Lebens und die Geheimnisse des Bewusstseins bis hin zu aktuellen Entwicklungen in der Gentechnik.
Ein großer Teil des Textes geht auf Berichte zurück, die der Autor in den Jahren 1996 – 1998 für den „Spiegel“ verfasst hat – und diese journalistische Herkunft ist auch nicht zu übersehen. So wird hier vor allem im Erzählstil geschrieben, Besuche an den Stätten der aktuellen Forschung und Gespräche mit den beteiligten Wissenschaftlern wechseln sich mit Zusammenfassungen diverser Veröffentlichungen und Anekdoten aus der Wissenschaftsgeschichte ab. Der Autor sieht seine Aufgabe wohl eher darin, Informationen zusammenzustellen, und weniger, selbst etwas beizutragen.
Dabei macht er seine Sache aber ganz gut. Es handelt sich bei diesem Buch um eine kurzweilige Lektüre, wobei die jeweiligen Themen allerdings eher oberflächlich behandelt werden.
Außerdem wirken viele Informationen bereits etwas veraltet, eine größere Überarbeitung im Zuge der Neuauflage 2009 wäre daher sinnvoll gewesen.