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Venatrix

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Veröffentlicht am 15.12.2018

Eine faszinierende Familiengeschichte

Das verschollene Erbe der Wertheims
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Dieses Buch ist die spannende Familiengeschichte des Autors.

Einer seiner Vorfahren, der junge Joseph Wertheim bricht aus dem engen kurhessischen Städtchen Rotenburg bei Fulda nach Amerika auf, um dort ...

Dieses Buch ist die spannende Familiengeschichte des Autors.

Einer seiner Vorfahren, der junge Joseph Wertheim bricht aus dem engen kurhessischen Städtchen Rotenburg bei Fulda nach Amerika auf, um dort sein Glück zu machen. Joseph Wertheim ist ein begnadeter Mechaniker und findet beim Nähmaschinenhersteller Isaak Merrit Singer eine Anstellung. Der Tod seines Vaters ruft ihn in die Heimat zurück. Joseph schafft es, mit seinen „Wertheim-Nähmaschinen“ die führende Rolle auf dem Markt in Deutschland zu spielen. Die Weimarer Republik, Weltwirtschaftskrise sowie der aufkeimende Nationalsozialismus lassen Joseph nach anderen Absatzmärkten suchen. Man findet sie in Barcelona. Dort wird ein Zweitwerk errichtet. Doch auch Spanien wird von Unruhen geplagt, dennoch trotzt Josephs Sohn Robert, der seinen Namen den spanischen Gepflogenheiten anpasst und sich nun Roberto Vallin de Ballin nennt, den Widersachern.

Während in Deutschland die Vermögenswerte arisiert werden und zum größten Teil bis heute verschwunden sind, kann sich Robert mit seiner Nähmaschine, die hier „Rapidá“ heißt, durchschlagen.


Meine Meinung:

Autor Carlos Guilliard ist ein Nachfahre jenes Roberto de Vallin de Ballin und will nun Licht ins Dunkel seiner Familiengeschichte bringen.

Die Nähmaschinen-Wertheims sollten nicht mit der gleichnamigen Kaufhausdynastie, die aus Stralsund kommen und denen ähnlich übel mitgespielt wurde, verwechselt werden.

Der flüssige und bildhafte Schreibstil lässt die handelnden Personen mit all ihren Ecken und Kanten deutlich vor unserem geistigen Auge auferstehen.

Zwischen den historischen Ereignissen sind immer wieder die aktuellen Recherchen des Autors eingeblendet. Wie häufig bei der Aufarbeitung solcher Familiengeschichten, spielt der Zufall mitunter eine große Rolle.


Seine akribischen Recherchen lassen uns dieses Buch wie einen Krimi erscheinen, dabei ist es vorrangig eine großartige Sozial- und Familiengeschichte, die ihren Ausgang in den Gründerzeiten des 19. Jahrhunderts über das 20. Jahrhundert bis in die Gegenwart hat. Wieder einmal entdeckt der aufmerksame Leser, dass die ach so korrekte Schweiz in den diversen schmutzig dubiosen Geschäften während der NS-Zeit ihre Finger ganz tief stecken hat. Interessant wäre, wie viele „herrenlose“ Konten es hier noch gibt, bzw. wohin die Vermögen verschwunden sind.

Man kann Carlos Guillard nur wünschen, dass er, nicht zuletzt mithilfe der Leser, den Verbleib des verschollenen Wertheim-Erbes aufklären kann.

Fazit:

Eine faszinierende Familiengeschichte! Gerne gebe ich hier 5 Stern und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 13.12.2018

Ein vielschichtiger Krimi

Herbststurm
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Im nunmehr dritten Band der Kommissär-Reitmeyer-Serie wirken die Ereignisse der Vergangenheit nach. Der Krieg verloren, der Kaiser abgedankt und das Experiment der Räterepublik Geschichte. Was übrig bleibt, ...

Im nunmehr dritten Band der Kommissär-Reitmeyer-Serie wirken die Ereignisse der Vergangenheit nach. Der Krieg verloren, der Kaiser abgedankt und das Experiment der Räterepublik Geschichte. Was übrig bleibt, sind unterschiedliche Gruppen, die teilweise sehr militant auftreten. Die Saat des aufkeimenden Nationalsozialismus ist aufgegangen und viele Menschen, von denen es weder Reitmeyer noch Caroline, Reitmeyers Freundin, jemals vermutet haben, sind mit den Parolen des „Schreihalses“ einverstanden. So ist bei einem Hauskonzert die Musik von Mendelsohn verpönt.

Kommissär Sebastian Reitmeyer ist mit seinem aktuellen Fall, zwei junge Männer sind mit einer Nagant-Pistole erschossen worden, vollauf beschäftigt. Eine Nagant? Das deutet auf einen russischen Hintergrund hin, ist das ja eine Waffe der russischen Armee.

Doch nicht nur Reitmeyer hat mit Russen zu tun. Auch sein Mitarbeiter, der kluge Rattler trifft auf eine russisch-stämmigen Frau, Larissa. Rattler, aus dem Weltkrieg mit einem Lungenleiden zurückgekehrt, ist ein schmächtiger junger Mann, den die Frauen eher übersehen. Deswegen ist er von Larissa, die sich für ihn interessiert, fasziniert. Erst spät, fast zu spät, bemerkt er, dass er für Larissa nur Mittel zum Zweck ist.

Der dritte im Bunde ist Rechtsanwalt Sepp Leitner, der von einer Exilrussin den Auftrag erhält, deren verschwundene Tochter Anna zu finden. Die Suche nach Anne stellt sich schwieriger heraus als angenommen, denn die Frau ist glitschiger wie ein Aal und nicht zu fassen.

Lange tappen die drei im Dunklen und geraten beinahe zwischen die Fronten rivalisierender politischer Gruppen, die vor roher Gewalt nicht zurückschrecken.

Meine Meinung:

Angelika Felenda schafft es auch in ihrem dritten Krimi, die unheimliche Atmosphäre im München der 1920er darzustellen. Da sind zum einem die wohlhabenden Bürger, die nach wie vor in ihren Villen residieren und Hausmusik pflegen (wenn auch häufig ohne jüdische Komponisten) und zum anderen die desillusionierten Weltkriegsteilnehmer, die für eine politische Wende stehen. Dann führt uns die Autorin noch zu einer dritten Gruppe, die wohl die größte unter Münchens Bewohnern ist: Jene Menschen, die arbeits- und perspektivenlos mehrere prekäre Arbeitsverhältnisse eingehen müssen. Frauen, die aus Not ihren Körper verkaufen müssen und um halbwegs über die Runden zukommen, wie zum Beispiel die Tänzerin Susie.

Der historische Hintergrund ist wieder penibel recherchiert und die Charaktere gut ausgefeilt. Der Leser kann ihnen ihre Gefühle, Gedankengänge und Handlungen getrost abnehmen.
Die Leser werden durch falsche Spuren recht ordentlich in die Irre geführt. Interessant, dass man damals die „linke“ Gefahr höher eingeschätzt hat als jene von „rechts“. Der Leser erhält ein wenig Geschichtsunterricht, der subtil und unterschwellig in die Handlung eingebaut ist.

Die unterschiedlichen Handlungsstränge werden am Ende schlüssig zusammengeführt und die Auflösung ist elegant.

Fazit:

Wieder ein gelungener historischer Krimi aus der Feder von Angelika Felenda, dem ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 09.12.2018

Dieser Band lässt niemanden kalt

Marlow
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Dieser 7. Band der Gereon-Rath-Reihe führt uns ins Jahr 1935. Hitler hat die Macht an sich gerissen, die Repressalien Juden, Sozialisten und überhaupt Andersdenkenden gegenüber nehmen täglich zu.

Das ...

Dieser 7. Band der Gereon-Rath-Reihe führt uns ins Jahr 1935. Hitler hat die Macht an sich gerissen, die Repressalien Juden, Sozialisten und überhaupt Andersdenkenden gegenüber nehmen täglich zu.

Das Ehepaar Rath bekommt das deutlich zu spüren. Gereon ist de facto kaltgestellt, während ehemalige Kollegen Karriere machen. Charly muss ihren Traum von der Anwältin aufgeben, da Frauen – nach dem Willen der Partei – möglichst viele Kinder bekommen und den Haushalt schupfen sollen. Sie arbeitet tageweise als Detektivin und Anwaltsgehilfin für einen befreundeten Anwalt. Pflegesohn Fritz ist mehr in der Hitlerjugend als bei seiner Familie.
Soweit der Hintergrund, vor dem sich dieser Krimi abspielt.

Gereon darf nur mehr in Fällen ermitteln, die aussichtslos sind oder, die sonst niemand haben will. Als er bei einem Autounfall ermittelt, der zunächst wie ein tragisches Ereignis aussieht, wird ihm der Fall kurzfristig entzogen. Liegt es daran, dass der Fahrer an einem unheilbaren Gehirntumor litt? Oder doch eher an dem Kuvert mit dem brisanten Inhalt? Einem Dossier über Hermann Göring, der Nummer zwei Deutschlands. Soll Göring, dessen Morphium-Konsum durchaus bekannt ist, erpresst werden? Wenn ja von wem?

Obwohl Gereon wieder einmal versetzt wird, ermittelt dennoch heimlich weiter. Dabei kommt er Charlys persönlichem Trauma auf die Spur: Dem Tod ihres Vaters, der bei einer Gasexplosion ums Leben getötet worden ist. Auch diese Ermittlungen hat man damals recht bald zu den Akten gelegt, zumal Charlys Vater als korrupter Beamter denunziert worden ist. Gemeinsam mit seinem ehemaligen Kollege Böhm, der einst mit der Aufklärung der Explosion betraut war, versucht Gereon Licht ins Dunkel zu bringen und gerät in das Visier der rivalisierenden Geheimdienste.

Ein weiterer Handlungsstrang beschäftigt sich mit Unterweltboss Marlow, der seine Geschäfte in Richtung Legalität verschieben will und nun als SS-Gruppenführer ganz offiziell an Arisierungen beteiligt ist. Über ihn erfährt der geneigte Leser einiges aus seiner Vergangenheit, das bislang ein streng gehütetes Geheimnis war.

Und Johann Marlows chinesischer Leibwächter, Chauffeur und „Mädchen für alles“ taucht plötzlich bei Charly auf, um bei ihr juristische Hilfe zu suchen.

Meine Meinung:

Volker Kutscher ist wieder ein beklemmender Krimi gelungen, der die Machenschaften innerhalb des Polizeiapparates deutlich zeigt. Eine Säuberungsaktion nach der anderen entlässt unbequeme, andersdenkende Beamte und öffnet den regimetreuen Parteigenossen Tür und Tor. Man gibt vor, Kriminelle zu jagen, doch die größten Verbrecher sitzen an den Schalthebeln der Macht.

Als sehr verstörend habe ich die Szenen am Nürnberger Parteitag empfunden, als Gereon mitten in den Massen sich der Faszination des „Schreihalses“ kaum entziehen kann. Gleichzeitig gelingt es dem Autor, die Betroffenheit Gereons darüber, authentisch darzustellen.

Auch die Zweifel von Fritz bezüglich der Hitlerjugend sind sehr gut herausgearbeitet. Einerseits mag er die Raths, doch das Zusammengehörigkeitsgefühl in der HJ lassen sein geringes Selbstwertgefühl wachsen. Die rassistischen Aussagen verwirren ihn jedoch. Noch ist er sich nicht im Klaren, was das alles bedeuten soll. Zuerst scheint er sich zu freuen, in der Familie des HJ-Führers untergebracht zu werden, obwohl ihm jeder weitere Kontakt zu Charly und Gereon untersagt wird. Ich gehe davon aus, dass der ehemalige Straßenjunge Fritz in weiterer Folge einen Weg finden wird, diesen Befehl zu unterlaufen, mit vermutlich tragischen Konsequenzen.

Die Verflechtungen des braunen Sumpfes sind penibel recherchiert und so realistisch dargestellt, dass es einem kalt über den Rücken läuft. Die Frage, die sich auftut ist, wird sich Gereon den neuen Machthabern entgegenstellen oder sich beugen? Mit den entsprechenden Konsequenzen.

Fazit:

Der 7. Band der Serie, der niemanden kalt lässt. Hier gebe ich wohlverdiente 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 08.12.2018

Ein gelungener Auftakt einer Krimi-Reihe

Treibts zua!
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Eine rätselhafte Mordserie im Grenzgebiet von Bayern und Salzburg hält die Ermittler beidseits der Grenze auf Trab. Lilly Engel, die alleinerziehende Mutter von Kindergartenkind Laura und Volksschüler ...

Eine rätselhafte Mordserie im Grenzgebiet von Bayern und Salzburg hält die Ermittler beidseits der Grenze auf Trab. Lilly Engel, die alleinerziehende Mutter von Kindergartenkind Laura und Volksschüler Tobias ist die Ermittlerin auf bayrischer und der alleinstehende, etwas pedantische wirkende Siegmund Huber auf österreichischer Seite. Der erste Tote ist ein junger, obdachloser Rom. Diese Leiche wird nicht die einzige Leiche bleiben. Was hat es mit den Medaillons auf sich, die bei allen Toten gefunden werden? Keines gleicht dem anderen? Eine versteckte Botschaft? Welche Rolle spielen die Sagen, die man sowohl in Bayern als auch in Salzburg erzählt? Haben die wenigen Zeugen wirklich den Teufel gesehen?

Es dauert ein bisschen, bis der Groschen bei den Ermittlern beiderseits der Grenze fällt. Der Showdown spielt dann noch alle Stückerl. Die losen Enden werden elegant zusammengeführt.


Meine Meinung:

Ein toller Krimi, der zum großen Teil von den beiden sehr unterschiedlichen Ermittlern getragen wird. Lilly Engel, die fürsorglich, wenn auch ein wenig chaotische Mutter, die auch ihren Job gut machen möchte und leider nicht auf das Netzwerk von Großeltern oder Ehemann zurückgreifen kann. Denn der Ehemann ist ein Ex, der hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt ist. So bleibt ihr einmal nichts anderes übrig, als die kleine Laura zu einem Tatort mitzunehmen, weil auch der hilfsbereite Nachbar Ivo anderswertig verplant ist. Natürlich ein No-Go, wie der strenge Kollege Siegmund Huber bemerkt.
Ja der Huber! Der ist auch so ein Kapitel für sich. Eigentlich ist er ja Wiener und noch wissen wir Leser nicht, was ihn nach Salzburg verschlagen hat. Die Liebe, ein Dienstvergehen? Das werden wir hoffentlich in einer Fortsetzung erfahren. Siegmund ist geschieden, hat eine strenge ältere Schwester, die ihn und seine Geschwister erzogen hat, und hat so seine Marotten. Allerdings kocht er gerne und kann Lilly mit Tipps zum Pellkartoffelkochen aushelfen.
Zwischen den beiden ist ein leichtes Knistern zu verspüren, das ich gerne weiterentwickelt sehe. Die kleine Laura hat ja schon einen Verkuppelungsversuch gestartet. Wird Huber über seinen Schatten springen und seine machohafte Art ablegen?

Es gibt auch erheiterndes „Hilfspersonal“, das ziemlich schräg ist. Da ist zum einen die Wahrsagerin und Kosmetikstudiobesitzerin Annemarie, genannt Mary und zum anderen ein Hochschulprofessor, der sich mit Symbolen auszukennen glaubt und nicht ganz zufällig Robert heißt. Während Mary mit beiden Beinen im Leben steht, ist der gute Professor ein ziemlicher Schaumschläger.

Der Schreibstil ist angenehm zu lesen und lässt die Leser herrlich schmunzeln. Gut gefallen mir die regionalen Eigenheiten zwischen Bayern und Salzburg, die dann doch nicht so unterschiedlich sind.
Sehr elegant, weil subtil, wird auch die wechselvolle Geschichte der Grenzregion eingeflochten. Sei es durch die Schlacht am Walserfeld im Dezember 1800 als sich österreichische und französische Truppen feindlich gegenüberstanden oder die Erzählungen über Karl den Großen.

Fazit:

Ein gut gelungener Auftakt zu einer bayrisch-österreichischen Freundschaft, der ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung gebe.

Veröffentlicht am 30.11.2018

Köstliche Kekse fürs ganze Jahr

Kekse – Lebkuchen – Teegebäck
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Rechtzeitig zum bevorstehenden Weihnachtsbackmarathon ist wieder ein wunderbares Kochbuch zum Thema Kekse und Lebkuchen im Servus-Verlag erschienen.

Die Aufmachung ist wieder professionell. Auf jeder ...

Rechtzeitig zum bevorstehenden Weihnachtsbackmarathon ist wieder ein wunderbares Kochbuch zum Thema Kekse und Lebkuchen im Servus-Verlag erschienen.

Die Aufmachung ist wieder professionell. Auf jeder Doppelseite finden sich links das Rezept und rechts das fertige, perfekt in Szene gesetzte Produkt. Apropos Rezept: Die Autorin hat die österreichischen Bezeichnungen beibehalten, die aber erklärt werden

Neben den Klassikern der Weihnachtsbäckerei wie Lebkuchen, Busserl und Vanillekipferl, finden sich die typisch burgenländische „Hochzeitskrapferl“ und salziges Klein(st)gebäck.

Meine Favoriten sind:

Auf Seite 70 die „Waldviertler Mohnstangerl“, die „Fensterglaskekse“ (S. 132) – hoffentlich bekommt die Autorin hier keine Zores mit einem monopolistischen SW-Konzern. Die Fenster-Kekse ähneln einem der bekanntesten Produkte.
Ausprobieren möchte ich noch die „Bunten Knusperstangen“ von S. 172. Hier wird der Teig mit Rote-Rüben-Saft, Karottensaft und Spinat gefärbt. Ob ich das auch so hübsch hinbekomme?

Fazit:

Traditionelle Kekse und witzige Neukreationen geben sich hier ein kulinarisches Rendezvous, dem ich gerne 5 Kekserln (=Sterne) gebe.