Beinahe ein Thriller
Gerade jetzt, wo sich das Leben der Polizistin Sarah Spielmann langsam wieder normalisiert und sie mit ihrem Freund Christian so etwas wie eine Beziehung eingeht, platzt diese scheinbar zusammenhanglose ...
Gerade jetzt, wo sich das Leben der Polizistin Sarah Spielmann langsam wieder normalisiert und sie mit ihrem Freund Christian so etwas wie eine Beziehung eingeht, platzt diese scheinbar zusammenhanglose Mordserie in ihr ohnehin nicht einfaches Leben.
Doch bei näherer Betrachtung gewinnt die Tarotkarte des „Luzifers“, die bei jeder der schrecklich zugerichteten Leichen zu finden ist, an Bedeutung. Denn Luzifer ist nicht ausschließlich der „gefallene Engel“ oder Teufelsfürst, sondern für einige Menschen ein Heilsbringer.
Bei Durchforstung des persönlichen Hintergrundes des jeweiligen Opfers stellt sich heraus, dass diese selbst keine Unschuldslämmer waren. Der eine fährt eine Frau über den Haufen, die danach ein Pflegefall ist, der andere verletzt einen Gegenspieler in einem Eishockey-Match so schwer, dass er im Wachkoma liegt und ein dritter ist ein abscheulicher jugendlicher Sexualstrafstäter, der es brillant versteht, seine Betreuer in der Wohngemeinschaft an der Nase herumzuführen.
Nimmt hier jemand, der die Gerichtsurteile für zu milde erachtet, die Bestrafung selbst in die Hände? Nur wer?
Welche Rolle spielt die Reporterin, die noch vor der Polizei am Tatort ist? Es scheint, als erhielte sie ihre Informationen direkt vom Mörder. Wird sie auch nur benutzt, um die Polizei schlecht dastehen zu lassen?
Je tiefer Spielmann und ihre Crew in die Fälle eindringen, desto öfter kreuzen sich die Wege mit einer alt eingesessenen Wiener Familie, die mit ihrer Stiftung bedürftigen Jugendlichen hilft.
Meine Meinung:
Auch in ihrem dritten Fall hat die Profilerin mit den tiefen Abgründen der Menschen zu tun. Der Autor versteht es, die Grauslichkeiten der menschlichen Seele zu offenbaren. Dass hier Jugendliche betroffen sind, die quasi ferngesteuert werden, macht den Krimi beinahe zu einem Thriller.
Diesmal wird eine Menge neuen Personals eingeführt: Zum einen die Reporterin, dann Christians Mutter und die Staatsanwältin. Alle drei wirken auf ihre jeweils eigene Art aufdringlich. Selbst Christians Mutter, die es gut mit ihrem Sohn und Sarah meint. Doch wie man weiß, ist „gut gemeint“ das Gegenteil von gut. Sie wirkt auf mich wie eine „Helikopter-Mutter“, die ihre Kinder umschwirren, nur dass der Sohn schon erwachen ist. Einfach mit einem Menage-Reindl in der Dienststelle von Sarah aufzutauchen und ihr selbst gekochte Speisen aufzudrängen? Na, ich weiß nicht. Ich würde mir das strikt verbitten.
Eine etwas undurchsichtige Rolle spielt auch die neue Staatsanwältin Anandita Devi. Sie wird einmal als „Anwältin“ und dann wieder als „Staatsanwältin“ bezeichnet. Das sind zwei völlig unterschiedliche Positionen im Rechtssystem.
Auch sonst gibt es kleinere Ungenauigkeiten wie zum Bespiel auf Seite 71: Hier wird von einer Heilsteinkette gesprochen, die bernsteinfarbene, blaue, schwarze und weiße Steine enthält. Sodalith und Lapislazuli sind dunkelblau, Chalzedon hellblau (oder als besondere Varietät rosa), der Topas bernsteinfarben. Keiner der genannten Steine ist schwarz oder weiß.
Der Schreibstil ist salopp und dem jugendlichen Milieu, in dem der Krimi spielt, angepasst.
Fazit:
Wer Krimis, die an der Grenze zum Thriller balancieren mag, ist hier gut bedient. Gerne gebe ich 4 Sterne.