Fesselnder Eintritt in eine Hamburger Reederfamilie
Als Tochter eines Melkers stammt Sophie Brix aus eher ärmlichen Verhältnissen, doch durch eine glückliche Fügung lernt sie die Hamburger Reederstochter Anna Nieland kennen, die ihr eine gute Freundin wird ...
Als Tochter eines Melkers stammt Sophie Brix aus eher ärmlichen Verhältnissen, doch durch eine glückliche Fügung lernt sie die Hamburger Reederstochter Anna Nieland kennen, die ihr eine gute Freundin wird und sie 1912 als ihre Gesellschafterin nach Hamburg in den Nielandschen Haushalt holt. Sophie muss sich in der Großstadt Hamburg erst einmal zurechtfinden, ist sie doch eher ein Kind vom Land. Zudem gilt es, sich der Sympathie der Familie NIeland verdient zu machen, was Sophie aber schnell gelingt. Doch die Welt ist in Aufruhr, der erste Weltkrieg steht vor der Tür und mit ihm kommen schwierige Zeiten auf die Menschen zu, auch die Nielands werden nicht davon verschont, Sophies Bruder Willy dient auf einem Kriegsschiff. Als der Krieg immer länger zu dauern droht, will auch Sophie etwas dagegen unternehmen, sie krempelt die Ärmel hoch und heuert als Krankenschwester auf einem Lazarettschiff an…
Charlotte Jacobi ist mit ihrem Buch „Die Villa am Elbstrand“ eine wundervolle historische Familiensaga gelungen, die den Leser von Anfang an in den Bann schlägt. Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll, dabei plastisch und bildgewaltig, der Leser als unsichtbarer Statist hautnah an Sophies Seite verweilen und mit ihr so einige Schicksalsschläge durchleben, die sich prägend auf ihr Leben auswirken werden. Die Autorin hat den historischen Hintergrund akribisch recherchiert und sehr gekonnt mit ihrer Handlung verwoben. So lässt sie die Zeit vor und während des ersten Weltkrieges sehr gekonnt in ihrer Geschichte wiederaufleben und gibt dem Leser einen sehr detaillierten Einblick in diese recht grausame und entbehrungsreiche Zeit, die vor niemandem Halt macht und alle Gesellschaftsschichten trifft. Auch der Einblick sowohl in die betuchte Gesellschaft und in die der Bediensteten gibt dem Leser einen guten Eindruck von den damaligen Lebensumständen.
Den Charakteren wurden von der Autorin liebevoll Leben eingehaucht, sie besitzen Ecken und Kanten, die sie sehr realitätsnah und individuell wirken lassen, so dass der Leser sich ihnen schnell verbunden fühlt und mit ihnen fühlen kann. Sophie ist eine junge Frau aus einfachen Verhältnissen, die mit ihrer sympathischen und freundlichen Art schnell die Herzen ihrer Mitmenschen zu erobern weiß. Sie ist hilfsbereit und engagiert, packt mit an und wirkt auf ihre Art sehr mutig und stark. Die Art, wie sie sich auf das Leben einlässt, ringt dem Leser Respekt ab. Freundin Anna stammt aus einer wohlhabenden Familie, doch sie ist eine resolute Frau, die sich nicht auf ihrer Herkunft ausruhen möchte, sondern viel lieber im Familienunternehmen mitarbeiten will. Anna ist für ihre Zeit schon recht fortschrittlich und weiß genau, was sie will. Annas Großmutter ist der Familienvorstand und wirkt oftmals wie ein Drachen, doch sie bellt nur, beißt aber nicht, im Herzen ist sie ein lieber Mensch. Annas Bruder Willy ist ein netter Kerl, der ein gutes Verhältnis zu seiner Schwester pflegt. Auch die übrigen Protagonisten wissen mit ihrem Auftreten zu überzeugen.
„Die Villa am Elbstrand“ ist ein wunderbarer Schmöker, der alles in sich vereint, damit der Leser unvergessliche Lesestunden hat: historischer Hintergrund mit einer ansprechenden Familiensaga sowie Liebe und Krieg, spannend erzählt. Verdiente Leseempfehlung für eine echte Entdeckung!