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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.01.2018

Roman, Zeitdokument, Mahnmal

Der Reisende
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Roman, Zeitdokument, Mahnmal
Der angesehene und wohlhabende jüdische Geschäftsmann Otto Silbermann wird in Folge der Novemberprogrome von 1938 aus seiner Wohnung vertrieben. Auf sich alleine gestellt versucht ...

Roman, Zeitdokument, Mahnmal
Der angesehene und wohlhabende jüdische Geschäftsmann Otto Silbermann wird in Folge der Novemberprogrome von 1938 aus seiner Wohnung vertrieben. Auf sich alleine gestellt versucht er einen Überlebensweg zu finden. Nachdem die Flucht ins Ausland nicht gelingt, sucht er Zuflucht in der Bahn und reist von nun an quer durch Deutschland. Dort trifft er auf die unterschiedlichsten Mitmenschen und ist einer zunehmenden Gefahr ausgesetzt.

Die Geschichte von Otto Silbermann hat mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen und zutiefst bewegt. Fassungslos habe ich (wieder einmal) gelesen wie auch zwischen Freunden, Nachbarn, Geschäftspartnern und sogar Verwandten nur noch eine Einteilung von Bedeutung war: Jude- Nicht Jude. Die Gleichgültigkeit, mit der die neue gesellschaftliche Ordnung nach den Novemberprogromen von den meisten hingenommen wurde, wird von Ulrich Alexander Boschwitz eindrücklich verdeutlicht. Der Autor hat auch die Verwandlung und Zerrissenheit von Silbermann hervorragend sprachlich umgesetzt. Ich fand es sehr spannend zu verfolgen wie er zwischen Aufgabe bzw. Selbstmordgedanken und einem starken Überlebenswillen geschwankt ist. Die zunehmende Gefahr, die ein ständiges Abwägen jeder Situation erforderlich machte, ist atmosphärisch gut zu spüren. Für mich ist es völlig unverständlich warum dieses Buch erst nach fast achtzig Jahren bei uns verlegt wurde. Dadurch das es bereits unmittelbar zur Zeit der Novemberprogrome geschrieben wurde und sich der Autor zu dem Zeitpunkt selber auf der Flucht befunden hat, ist es ein einzigartiges Zeitdokument. Es wird mir nachhaltig im Gedächtnis bleiben!

Fazit: Der Roman über das ausweglose Schicksal von Otto Silbermann ist zutiefst bewegend. Die Reise quer durch Deutschland und der schleichende Verlust des Verstandes ist zu jeder Zeit spannend und sprachlich hervorragend umgesetzt. Berücksichtigt man die Biographie des Autors liegt hier ein einmaliges Zeitdokument vor. Ich wünsche mir, dass dieser Roman für viele Leser ein Mahnmal wird für Menschlichkeit, Zivilcourage und Toleranz. Unbedingt Lesen!

Veröffentlicht am 07.01.2018

Ein grandioses Lesehighlight

Die goldene Stadt
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Ein grandioses Lesehighlight

„Die goldene Stadt“ von Sabrina Janesch erzählt die Geschichte des deutschen Pioniers August Berns, der als erster Entdecker der sagenumwobenen Inkastadt Machu Picchu gilt. ...

Ein grandioses Lesehighlight

„Die goldene Stadt“ von Sabrina Janesch erzählt die Geschichte des deutschen Pioniers August Berns, der als erster Entdecker der sagenumwobenen Inkastadt Machu Picchu gilt. Seit seiner Kindheit in der deutschen Provinz und einigen Jahren in Berlin verfolgt dieser den Traum, in Peru auf Entdeckungsreise zu gehen. Nach einer abenteuerlichen Überfahrt nach Südamerika folgen zunächst Jahre als Soldat in der Armee sowie als Ingenieur im peruanischen Eisenbahnbau. Nachdem er genügend Mittel zusammen hat, startet er seine abenteuerliche Expedition in die Anden…

Das Buch hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. August Berns ist für mich einer der beeindruckendsten Protagonisten, die ich je in einem Roman kennenlernen konnte. Seine phantasiereichen Tagträume und die Hartnäckigkeit, mit der er ein Leben lang an seiner Vision festgehalten hat, fand ich absolut faszinierend. Sabrina Janesch erzählt alle Lebensstationen (Kindheit in der Provinz, harte Arbeit in der Schmiede, Kriegsschlachten in Peru, langjährige Expeditionen im Dschungel…) so detailreich, dass ich stets ein ganz präzises Bild vor meinem inneren Auge hatte. Neben August Berns sind auch die weiteren Protagonisten hervorragend herausgearbeitet. Dabei fand ich insbesondere die enge, lebenslange Verbundenheit Berns´ zu seinem Expeditionspartner Harry Singer sehr bewegend.
Aufgrund seiner Thematik erinnert „Die goldene Stadt“ natürlich an „Die Vermessung der Welt“, hat mir aber sogar noch besser gefallen. Historisch gesehen war Berns sicherlich ein Hochstapler und Betrüger, für mich bleibt er ein absolut sympathisches Schlitzohr.

Fazit: „Die goldene Stadt“ ist ein mit Liebe zum Detail recherchierter und grandios erzählter Abenteuerroman. Mit Augusto Berns erlebt man einen starken, charismatischen, facettenreichen Protagonisten, der noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Das Buch macht Mut an seinen eigenen Träumen festzuhalten. Unbedingt lesen!!!

Veröffentlicht am 18.12.2018

Brutaler Krimi im Profikillermilieu

Die Plotter
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Raeseng wurde als Baby in einer Mülltonne ausgesetzt und wächst als Waise bei Old Racoon auf. Dieser ist Chef der Library of Dogs und für alle politisch beauftragten Morde in Korea verantwortlich. Auch ...


Raeseng wurde als Baby in einer Mülltonne ausgesetzt und wächst als Waise bei Old Racoon auf. Dieser ist Chef der Library of Dogs und für alle politisch beauftragten Morde in Korea verantwortlich. Auch Raeseng wird zum skrupellosen Profikiller ausgebildet. Als er eines Tages einen Auftrag nicht ordnungsgemäß ausführt gerät er selbst auf die Todesliste. Ein brutales Katz-und-Maus Spiel nimmt seinen Lauf…

Mit einem äußerst spannenden ersten Kapitel zieht Un Su Kim seine Leser direkt in ein ungewöhnliches Setting. Er beschreibt ein perfides System von Profikillern, das wie ein “normales“ Wirtschaftsunternehmen funktioniert; Auftragsmörder scheint ein gängiger Beruf zu sein. Im Laufe der Geschichte trifft man als Leser auf viele skurrile Personen, alle detailreich durch den Autor beschrieben. Trotz seines Berufes und seiner kaltblütigen Brutalität war mir Raeseng sympathisch.

Der mit viel Sarkasmus gespickte Sprachstil hat mir gut gefallen, dennoch kann der Spannungsbogen nicht die ganzen 360 Seiten aufrecht gehalten werden und das Buch plätschert im Mittelteil ein wenig vor sich hin. Im letzten Drittel nimmt die Geschichte dann noch einmal richtig an Fahrt auf bis zu einem stimmigen Ende.

Das blutige Cover und die Buchschnittgestaltung passen zum brutalen Inhalt. Kein Buch für Zartbesaitete. Trotz einiger Längen kann ich „“Die Plotter“ empfehlen.

Veröffentlicht am 06.04.2018

Aktueller Umweltkrimi in grandioser Naturkulisse

Das Eis
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Aktueller Umweltkrimi in grandioser Naturkulisse

Sean Cawson und Tom Harding sind seit ihrer Studienzeit befreundet. Beide verbindet ein unbändiger Entdeckergeist und die obsessive Faszination für die ...

Aktueller Umweltkrimi in grandioser Naturkulisse

Sean Cawson und Tom Harding sind seit ihrer Studienzeit befreundet. Beide verbindet ein unbändiger Entdeckergeist und die obsessive Faszination für die Arktis. Während eines gemeinsamen Aufenthalts auf Spitzbergen kommt Tom ums Leben. Seine Leiche wird Jahre später durch Zufall von Passagieren eines Kreuzfahrtschiffes entdeckt. Eine schwierige gerichtliche Aufarbeitung der Todesumstände beginnt…

Laline Paull gelingt mit ihrem Buch „Das Eis“ etwas großartiges : Sie hält der Gesellschaft bezüglich ihres Umwelt-/bzw. Klimaschädlichen Verhaltens den Spiegel vor, ohne dabei wie ein Moralapostel zu verurteilen. Geschickt verteilt sie die unterschiedlichen Verhaltensweisen auf ihre Protagonisten und beleuchtet so vielfältige Beweggründe die Arktis zu nutzen bzw. auszunutzen. Die Autorin verknüpft dazu unterschiedliche Zeitebenen, die immer klar erkennbar sind. Zwischen den Kapiteln finden sich Auszüge historischer Berichte zu Arktisexpeditionen. Diese bereichern das Buch und geben einen tiefen Einblick in die extremen Bedingungen der Polarregion. Neben den Themen Umwelt-/ Klimaschutz, Globalisierung, Korruption spielen auch Vertrauen, Verlässlichkeit und der Wert einer Freundschaft eine große Rolle. Nach einem rasanten Einstieg in das erste Kapitel überzeugt das Buch am Ende mit einer realistischen Auflösung. Lesenswert!

Fazit: „Das Eis“ ist ein hochaktueller Umweltkrimi vor imposanter Naturkulisse. Regt zum kritischen Hinterfragen und Umdenken an. Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 02.03.2018

Beklemmendes Zeitdokument

Ich bin das Mädchen aus Aleppo
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Bana Alabed wächst zunächst wohlbehütet und im Kreis einer großen Familie in Aleppo auf. Plötzlich bricht der Krieg über die Stadt und ihr Leben herein. Der Alltag wird zunehmend durch den Kampf ums Überleben ...

Bana Alabed wächst zunächst wohlbehütet und im Kreis einer großen Familie in Aleppo auf. Plötzlich bricht der Krieg über die Stadt und ihr Leben herein. Der Alltag wird zunehmend durch den Kampf ums Überleben bestimmt. Die Familie steht immer häufiger vor der schwierigen Entscheidung: Flucht oder Bleiben…

Die Rezension zu diesem Buch ist mir einigermaßen schwergefallen. Ich habe versucht alle Informationen, die in den verschiedenen Medien über Bana verbreitet werde, außer Acht zu lassen.
Grundsätzlich ist das Buch aus zwei Perspektiven geschrieben: Bana´s und die ihrer Mutter. Die Berichte der Mutter haben mich deutlich stärker emotional berührt und ich konnte einen großen Teil ihrer Gedanken und Ängste gut nachvollziehen. Die einzelnen Kapitel sind kurz und lassen sich sprachlich flüssig lesen. Dennoch musste ich das Buch einige Male zur Seite legen. All das Grauen, die Verletzungen und Verluste die die Familie erlebt, sind nur schwer zu ertragen. Die immer wieder aufkeimende Abwägung zwischen Flucht oder Bleiben beschäftigt mich seit dieser Lektüre nachhaltig. Bana und ihre Mutter konnten mir sehr gut klarmachen, welche Bedeutung der Begriff Heimat für sie hat. Der Text wir durch zahlreiche, teils sehr persönliche, Fotos der Familie Alabed ergänzt. Dies hat mir sehr gut gefallen und gibt dem Grauen des Krieges ein noch persönlicheres Gesicht. Auch wenn das Buch nur 200 Seiten hat, bekommt man einen tiefen Einblick in das Familienleben. Das letzte Drittel des Buches hätte für meinen Geschmack noch ein bischen ausführlicher sein können.

Fazit: „Ich bin das Mädchen aus Aleppo“ verdeutlicht auf eine sehr eindringliche, persönliche Art die Grauen des Krieges und die Auswirkungen auf den gesamten Alltag. Ein beklemmendes, schockierendes Zeitdokument und zugleich ein Mut machender Bericht über die Stärke von Familie und Zusammenhalt.

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