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Der 12-jährige Théo ist ein stiller, aber guter Schüler. Dennoch glaubt seine Lehrerin Hélène besorgniserregende Veränderungen an ihm festzustellen. Doch keiner will das hören. Théos Eltern sind geschieden und mit sich selbst beschäftigt. Der Junge funktioniert und kümmert sich um die unglückliche Mutter und den vereinsamten Vater. In ihren Augen ist also so weit alles gut. Doch Théo trinkt heimlich, und nur sein Freund Mathis weiß davon. Der Alkohol wärmt und schützt ihn vor der Welt. Eines Tages wird ihn der Alkohol ganz aufsaugen, das weiß Théo. Doch wer sollte ihm helfen? Hélène, seine Lehrerin, würde es tun, doch wie soll das gehen, ohne dass er die Eltern verrät? Mathis beobachtet das alles voller Angst. Zu gerne würde er sich seiner Mutter anvertrauen, aber Théo ist sein einziger Freund. Und einen Freund verrät man nicht. Außerdem würde er damit auch seinem großen Bruder in den Rücken fallen, denn der besorgt den Alkohol für die Minderjährigen. Und er ist es auch, der das gefährliche Spiel in dem schneebedeckten Park vorschlägt, bei dem Théo bewusst den eigenen Tod in Kauf nimmt.
Meine Meinung
Zuallererst möchte ich den absolut großartigen und herausstechenden Schreibstil der Autorin hervorheben.
Die Story berührt.
Die Charaktere und ihre Geschichten sind sehr authentisch geschildert, man fiebert und leidet mit.
Loyalitäten wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, was zu einem insgesamt bedrückenden Gesamtbild zusammenwächst.
"Eines Tages möchte er gerne das Bewusstsein verlieren, völlig. Sich für ein paar Stunden oder für immer in das dicke Gewebe der Trunkenheit fallen, sich davon bedecken, begraben lassen, er weiß, dass so etwas vorkommt." (ZITAT)
Die Geschichte um den 12-jährigen Théo spitzt sich immer mehr zu. Er versucht seine Unsicherheit und seine emotionale Verlassenheit mit Alkohol zu kompensieren. Sein Freund Mathis steht zu ihm, aber dessen Mutter ahnt, wie auch die Lehrerin Hélène, dass die beiden Jungs auf einem gefährlichen Weg sind.
"Übrigens seltsam, dieses Gefühl einer Besänftigung, wenn schließlich das hervorkommt, was man nie sehen wollte, obwohl man wusste, dass es ganz in der Nähe vergraben war, dieses Gefühl von Erleichterung, wenn sich das Schlimmste bestätigt." (ZITAT)
De Vigan schafft es ein nahezu allgemeingültiges Gesellschaftsporträt zu beschreiben. Eltern und Lehrer, die mit ihren eigenen Unzulänglichkeiten kämpfen, ihre Traumata bearbeiten / verdrängen und auf der Suche nach sich selbst sind. Kinder, die der Überforderung ausgesetzt werden, die häufig als „frühe Eigenständigkeit“ gefeiert wird und die letztlich allein sind mit dem Umfeld und dem Scheitern ihrer Kernfamilie.
Das Cover ist schlicht, zugleich aber sehr passend. Durch die am Anfang beigefügten Interviews, erfährt man als Leser mehr von der Autorin, ihren Werken und Hintergründen. Großer Pluspunkt!
Absolute Leseempfehlung von mir. Ein Meisterwerk, das bleibt.