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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.01.2019

Ein interessanter Einblick

Kaiser, Krieger, Heldinnen
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1918 ist der Erste Weltkrieg verloren, die österr.-ungarische Monarchie Geschichte, der Kaiser samt Familie auf dem Weg ins Exil, abertausende von Ex-Soldaten kommen in die Heimat zurück und finden eine ...

1918 ist der Erste Weltkrieg verloren, die österr.-ungarische Monarchie Geschichte, der Kaiser samt Familie auf dem Weg ins Exil, abertausende von Ex-Soldaten kommen in die Heimat zurück und finden eine veränderte Welt vor. Die Frauen, die zuvor noch an Kinder, Küche und Kirche gebunden waren, haben sich großteils ihrer Fesseln entledigt. Sie fordern, wie unverschämt, gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit, das allgemeine Wahlrecht und möchten ihre Errungenschaften, die sie während der Abwesenheit der Männer erreicht haben, nicht wieder hergeben. Obwohl nichts so ist wie vorher, werden die Frauen, die zuvor 12 und mehr Stunden in den Fabriken geschuftet haben, um ihre Kinder durchzubringen, wieder an den Herd zurückgedrängt.
Apropos Fabriksarbeit: Die männliche Gesellschaft findet, dass die Frauen zu schwach seien, um zu studieren. Für Schwerstarbeit in den Fabriken und anschließende Hausarbeit, sind die Frauen nicht zu zart.

Bettina Balaka zeigt die Situation der Frauen nach dem Ersten Weltkrieg auf. Trotz des ernsten Themas lässt sich das Buch gut lesen. Immer wieder kann auch geschmunzelt werden. Manchmal ist Kopfschütteln angebracht und häufig ein zustimmendes Nicken.

Was sich unter dem heutige Begriff „Gender Gap“ versteckt, ist nicht anderes als die Forderung von damals „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“.

Veröffentlicht am 16.01.2019

Very british

Miss Daisy und der Mord unter dem Mistelzweig
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Auf dem Anwesen von Lord Westmoor versammelt sich, in Abwesenheit des eigentlichen Hausherren, dessen Familie zu beinahe gemütlichen Weihnachtsfeiern. Mit dabei Daisy Fletcher mit ihrem Mann Alex, Ermittler ...

Auf dem Anwesen von Lord Westmoor versammelt sich, in Abwesenheit des eigentlichen Hausherren, dessen Familie zu beinahe gemütlichen Weihnachtsfeiern. Mit dabei Daisy Fletcher mit ihrem Mann Alex, Ermittler beim Scotland Yard, deren Tochter Bettina und die ewig nörgelnde adelige Mutter Daisys, Lady Dalrymple. Die hat sich auch nach vielen Jahren nicht mit der unstandesgemäßen Gattenwahl ihrer Tochter abgefunden und äußerst dies auch bei jeder Gelegenheit. Allerdings sie verschweigt zu Beginn, dass Alex Polizist ist.

Ein weiterer Gast ist ein Geistlicher, der durch seine Engstirnigkeit auffällt und mit einem Messer im Rücken tot aufgefunden wird. Aufgrund des schlechten Wetters und des einsam gelegenen Anwesens, übernimmt Alex Fletcher die ersten Ermittlungen. Nun ist es Lady Dalrymple recht, einen Ermittler als Schwiegersohn zu haben.

Doch warum musste der Geistliche sterben? Cui bono? – fragt sich auch Alex, der letztendlich einen offiziellen Ermittlungsauftrag erhält. Alex erhält Unterstützung nicht nur von Daisy, sondern auch von Tochter Bettina und ihrem Spielkameraden Derek. Die beiden Kinder nutzen das geheimnisumwitterte Anwesen für ihre fantasievollen Detektivspiele und fördern ein paar wichtige Beweisstücke zu Tage.

Meine Meinung:

„Miss Daisy und der Mord unter dem Mistelzweig“ ist für mich der erste Krimi einer längeren Reihe von ruhigen Krimis im Stil von Agatha Christie. Carola Dunn entführt ihre Leser in das England von 1928. Standesdünkel und Etikette bestimmen das Leben der Upper Class, auch wenn sie kaum mehr das nötige Geld für ihre Aufwendungen auftreiben können.

Dieser „closed-room“-Krimi legt viel Wert auf feine Zwischentöne. So gibt es mehrere Personen, die einige Vorteile davon hätten, wenn der Vikar am Leben geblieben wäre. Anderen passt dessen Tod perfekt in den Kram. Alex muss sich durch die vielen großen und kleinen Geheimnisse dieser Familie durcharbeiten. Dabei ist ihm Daisy eine unschätzbare Hilfe, weil sie als adelige Tochter mit dessen Konventionen bestens vertraut ist.

Für mich, die sich in solchem Klüngel nicht so gut auskennt, hätten einige Szenen ruhig kürzer ausfallen können. Nervig sind die beiden Schwestern Norville, jede auf ihre Art.

Der Krimi lässt sich leicht und locker lesen. Die Hochnäsigkeit von Lady Dalrymple zaubert mehrmals ein Grinsen in mein Gesicht.
Die Auflösung ist schlüssig.

Fazit:

Ein netter, britischer Krimi für zwischendurch. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 28.12.2018

Lass dich nicht unterkriegen

Die Frauen vom Savignyplatz
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Joan Weng entführt uns nach Berlin, in die 1920er Jahre, die für die meisten gar nicht so golden sind, wie man uns häufig weismachen will.

Dem Klappentext nach hätte ich einen flotten Einstieg in das ...

Joan Weng entführt uns nach Berlin, in die 1920er Jahre, die für die meisten gar nicht so golden sind, wie man uns häufig weismachen will.

Dem Klappentext nach hätte ich einen flotten Einstieg in das Leben als Buchhändlerin erwartet. Doch zuerst muss Vicky, die Metzgerstochter, noch ein paar Hürden in Form eines notorisch fremd gehenden Ehemanns und vier (bald fünf) Kindern überwinden.
Endlich, 1925 gelingt es Vicky ihren Traum vom eigenen Buchladen und einer Leihbibliothek zu verwirklichen. Immer an ihrer Seite ist Freundin Lisbeth und ihr, als Kriegsinvalide zurückgekehrter Bruder Bambi. Bei Bambi ist manchmal nicht klar, ob er, der als psychisch krank gilt, nicht doch eher den Durchblick hat, als die anderen.
Vicky muss sich gegen alle möglichen Vorurteile kämpfen. Sei es, dass Ehemänner ihre Frauen zwingen, ihren Leihausweis zurückzugeben oder sei es, dass sie Besuch von der Sittenpolizei erhält, weil man sie verdächtigt, pornografische Bücher zu verbreiten. Auch der aufkommende Nationalsozialismus, der Frauen eine andere Rolle als die einer Geschäftsfrau aufoktroyiert, wird thematisiert.

Meine Meinung:

Wie wir es von Joan Weng gewohnt sind, lässt sie uns tief in das Berlin dieser Zeit eintauchen. Sie nennt die Konventionen, die ihre Protagonisten unterworfen sind deutlich beim Namen. Unverheiratet schwanger? Geht gar nicht – es muss sofort geheiratet werden, möglichst reich. Vom Ehemann verlassen? Schnell eine Scheidung durchziehen und eine möglichst wohlhabenden Witwer heiraten. Wieder hält sich nicht Vicky an das, was die Eltern von ihr erwarten.
Schön finde ich, dass es Vicky gelingt, ihr Vorhaben umzusetzen. Doch wie wird es in der NS-Zeit weitergehen? Ob wir hier eine Fortsetzung lesen werden?

Der Schreibstil ist flott und leicht zu lesen. Mir hat der historische Roman recht gut gefallen. Ein bisschen Meckern muss ich wegen Vickys Unentschlossenheit bezüglich ihres Mannes Willi und der (für meinen Geschmack) etwas zu lange Beginn. Aber, das ist Jammern auf hohen Niveau.

Fazit:

Eine schöne Story für Fans von historischen Romanen, die in Berlin spielen. Gerne gebe ich 4 Sterne.

Veröffentlicht am 28.12.2018

Auftakt einer neuen Familien-Saga

Jahre aus Seide
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Dieses Buch ist der Beginn einer Trilogie rund um Ruth Meyer und basiert auf der wahren Geschichte einer Krefelder Familie.

Das Buch beginnt 1926: Karl Meyer, Handlungsreisender in Sachen Schuhe, ist ...

Dieses Buch ist der Beginn einer Trilogie rund um Ruth Meyer und basiert auf der wahren Geschichte einer Krefelder Familie.

Das Buch beginnt 1926: Karl Meyer, Handlungsreisender in Sachen Schuhe, ist zu einigem Wohlstand gekommen, der es ihm ermöglicht, für seine Familie ein Haus zu bauen. Die Töchter Ruth und Ilse gedeihen. Man beschäftigt ein Kindermädchen, Leni, und Frau Jansen, eine Köchin. Obwohl die Familie Meyer jüdischer Herkunft ist, spielt Religion nur eine untergeordnete Rolle. Erst als die Nazis die Herrschaft übernehmen, wird das Judentum ein Thema.
Wie so viele jüdische Familien fühlen sich die Meyers als Deutsche und wollen ihre Heimat nicht verlassen. Man diskutiert innerhalb der Familie, überlegt Auswege und verwirft sie wieder. Auch in der jüdischen Gemeinschaft ist wenig Rat zu erhalten. Sollen die Meyers auswandern? Wenn ja wohin? Palästina ist für den kurzsichtigen Karl Meyer keine Option. Oder wenigstens nur die Töchter in Sicherheit bringen? So verstreichen wertvolle Wochen und Monate.

Meine Meinung:

Wieder eine tolle Familien-Saga aus der Feder von Ulrike Renk. Der Beginn mag auf einige langatmig wirken, weil wenig Aufregendes passiert. Wir bekommen Einblick in das großbürgerliche Leben: Haus, Garten, Auto samt Chauffeur und Dienstboten. Ein behütetes Leben für Ruth und ihre Schwester.
Wir erleben das Spannungsfeld zwischen (streng) Gläubigen und säkularen Juden. Die einen sind der Tradition so stark verbunden, dass ein Weihnachtsbaum als ungehörig empfunden wird. Die anderen machen einige Sitten und Gebräuche Deutschlands passend – sie assimilieren sich. Was aber dann, nach Inkrafttreten der Nürnberger Rassegesetze, völlig wertlos ist.
Sehr detailliert ist der Konflikt um das Auswandern beschrieben. Leider geht hier wertvolle Zeit verloren, sodass es vermutlich für die Eltern Meyer zu spät sein wird. Nachdem Ruths Geschichte als Vorlage dient, ist ihr die Flucht geglückt. Doch um welchen Preis?
Das Nachwort ist sehr aufschlussreich, da es die Fakten und Fiktion aufschlüsselt.

Fazit:

Der fesselnde Beginn einer Familien-Saga. Gerne gebe ich 4 Sterne.

Veröffentlicht am 20.12.2018

Eine gelungene Biografie

Napoleon
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Über Napoleon sind schon meterweise Bücher geschrieben worden. Teils mit mehr oder weniger gutem Erfolg. Das Schwierige die Persönlichkeit dieses Mannes zu erfassen, liegt daran, dass er selbst unermüdlich ...

Über Napoleon sind schon meterweise Bücher geschrieben worden. Teils mit mehr oder weniger gutem Erfolg. Das Schwierige die Persönlichkeit dieses Mannes zu erfassen, liegt daran, dass er selbst unermüdlich an seinem Nimbus der Unfehlbarkeit herumdoktert. Die Bulletins über geschlagene Schlachten haben mit der tatsächlichen Wirklichkeit wenig zu tun. Gedruckt wird nur, was Napoleon erhöht. Die Zensur ist ähnlich rigide wie weiland unter den Bourbonen.

Doch wie gelingt es dem mehr oder weniger mittellosen Zweitgeborenen eines alten korsischen Adelsgeschlechtes die Karriereleiter derart hoch zu klettern?

Johannes Willms versucht in seiner Napoleon-Biografie den Menschen hinter dem Mythos zu ergründen. Das gelingt auf weite Strecken. Was mir persönlich ein wenig fehlt, sind die zahlreichen Liebschaften und Affären, die der Kaiser der Franzosen zeitlebens gehabt hat. Maria Walewska zum Beispiel, hat ihm immerhin einen Sohn geboren.
Gut gelungen hingegen ist die Darstellung der Zeit und der Umstände. Willmes hat „dem Volk aufs Maul geschaut“. Geschickt nutzt er die zahlreich erhaltene Korrespondenz Napoleons mit seinen Zeitgenossen. Hierin ist nicht immer Schmeichelhaftes über den „kleinen“ Korsen zu lesen. Apropos „klein“ – die Körpergröße Napoleons ist in der Literatur immer wieder Thema. Napoleon ist mit 1,68m ziemlich durchschnittlich. Da er sich immer mit großen Soldaten umgibt, wirkt er kleiner. Außerdem können auch seine Gegner auf dem Klavier der Propaganda spielen. Auch die unterschiedlichen Längenmaße können zu dieser gezielten Fehlinterpretation führen.

Spätestens 1804 ist klar, dass Napoleon die Ideale der Republik verraten hat.
„Ich hatte immer schon die Absicht, die Revolution mittels der Errichtung der Erblichkeit zu beenden.“ (Napoleon an Joseph, S. 368)

Napoleons Herrschaft stützt sich auf die Grande Armée. Ohne seine Soldaten ist er nichts. Allerdings, je mehr Kriege er führt um seine Machtgelüste zu befriedigen, desto größer sind die Anstrengungen der Soldaten. Viele Männer stammen aus den annektierten ehemaligen deutschen Fürstentümern und verstehen überhaupt nicht, warum sie z. B. nach Russland ziehen sollen.
Häufig macht er aus kleinen Ereignissen richtig große Erfolge. Die Propaganda ist sein eigentliches Metier. Wie kein zweiter versteht Napoleon es, die Siege seiner Generäle als die seinen auszugeben. Damit vergrault er einige, wie z. B. Bernadotte, der ihn verlassen wird und als Begründer des schwedischen Königshauses sein Gegner sein wird.

In der Verbannung auf St. Helena strickt Napoleon munter weiter an seinem Mythos. Gleichzeitig wirkt er weinerlich und nervt seine Bewacher mit dauernden Beschwerden über Kost und Unterbringung.

Fazit:

Eine gut lesbare Biografie, die sich nicht mit endlosen militärischen Operationen aufhält. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.