Profilbild von AngelaK

AngelaK

Lesejury Profi
offline

AngelaK ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit AngelaK über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.12.2018

Wo hört Realität auf? Wo fängt Fiktion an?

Tardigrada / WIedervereinigungen
0

Bei „Wiedervereinigungen“ handelt es sich nach „Das Bärtierchen“ und „Die fetten Jahre“ um den Abschluß der Tardigrada-Triologie. Obwohl ich die ersten beiden Bücher (noch) nicht gelesen habe, bin ich ...

Bei „Wiedervereinigungen“ handelt es sich nach „Das Bärtierchen“ und „Die fetten Jahre“ um den Abschluß der Tardigrada-Triologie. Obwohl ich die ersten beiden Bücher (noch) nicht gelesen habe, bin ich ohne Schwierigkeiten mit der Geschichte zurecht gekommen.

Der Autor erzählt eine unglaublich spannende Geschichte, die drei Generationen der Münchner Familie Rubinstein betrifft. Der Opa Ludwig war Arzt, der Vater Herbert ist Staatsanwalt, dessen Sohn Philipp studiert Medizin. Die Familie kommt durch verschiedene Ereignisse einfach nicht zur Ruhe.

In der Schweiz lebt der alternde und im Rollsitz sitzende Anwalt Mehringer, der treuhänderisch ein Vermögen verwaltet, dessen Erbin spurlos verschwunden ist. Aufgrund seines krankhaften Denkens plant er eine Destabilisierung der Gesellschaft, und so organisiert er 1980 Bombenattentate in Bologna, München (Oktoberfest) und Paris. Nach der Wiedervereinigung ist Ostdeutschland im Umbruch. Die Gelegenheit ist günstig, und er findet in dem ehemaligen Stasi-Agenten Göring einen Verbündeten. Dieser plant nun dort mit einem Skinhead einige Aktionen. Dadurch gerät Gudrun, die Halbschwester von Herbert, in Bedrängnis. Sie war als Terroristin in die DDR abgetaucht und braucht nun Hilfe.

Die realen Bombenattentate waren in der Geschichte nicht nur Kulisse sondern als Teil des wirren Denkens des alternden Anwalts Mehringer Bestandteil der Geschichte. Wo hört Realität auf? Wo fängt Fiktion an? An einer Stelle war ich so verunsichert, daß ich die realen Ereignisse tatsächlich noch mal googeln mußte. Mich hat aber diese fließende Grenze sehr fasziniert.

Mein Fazit:
Das Buch bekommt von mir eine klare Leseempfehlung. Die verschiedenen Handlungsstränge laufen mit sehr viel Spannung am turbulenten Ende zusammen. Mir ist es schwer gefallen, das Buch zwischendrin mal aus der Hand zu legen. Die zwei vorangegangenen Bände stehen nun auf meiner Wunschliste. Und ich hoffe, von dem Autor noch mehr lesen zu dürfen.

Veröffentlicht am 25.12.2018

Schwierige Ermittlungsarbeit in der Besatzungszeit Islands

Graue Nächte
1

Dies ist der dritte Band, in dem das Ermittlerteam Flovent und Thorson gemeinsam versuchen, Mordfälle aufzuklären. Es ist in sich geschlossen und kann daher ohne Vorkenntnis der vorherigen Bände „Der Reisende“ ...

Dies ist der dritte Band, in dem das Ermittlerteam Flovent und Thorson gemeinsam versuchen, Mordfälle aufzuklären. Es ist in sich geschlossen und kann daher ohne Vorkenntnis der vorherigen Bände „Der Reisende“ und „Schattenwege“ gelesen werden.

1943 findet man unmittelbar hintereinander zwei Leichen, die eine übelst zugerichtet hinter einer Kneipe, wo viele Soldaten der Besatzer verkehren. Die andere Leiche wird in einer Bucht gefunden, wobei es sich augenscheinlich um einen Selbstmord handelt. Außerdem wird zur gleichen Zeit eine Frau als vermisst gemeldet.

Der Roman spielt jedoch auf zwei Zeitebenen, was mir aber erst im Laufe des Lesen klar wurde.
Zwei Jahre vorher fährt ein Schiff von Petsamo nach Island, um die in Dänemark lebenden Isländer nach Hause zu holen. Dänemark stand unter Nazi-Einfluß. Es hatte sich dort auch eine Widerstandbewegung gebildet.
„Sie“ (in Schweden lebend), deren Name erst gegen Ende des Buches bekannt wird, wartete in Petsamo bei der Einschiffung auf ihren Verlobten Osvaldur, der in Dänemark lebte. Jedoch erschien er nicht, wie es ursprünglich verabredet war. Die Überfahrt nach Island verlief auch nicht reibungslos. Das Schiff wurde zu einem Zwischenstopp gezwungen. Anschließend fehlte plötzlich eine Person an Bord.

Einige Protagonisten dieser Zeitschiene findet man dann auf der Zeitebene der Morde wieder. Doch wie hängt nun alles zusammen? Leicht sind die Ermittlungen nicht, weil sich viele Personen in diesen Besatzungszeiten sehr wortkarg geben.

Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen. Durch viele Handlungsstränge und die zwei Zeitebenen war man ständig am Überlegen, wie sich die Geschichte weiter entwickelt und wie letztlich alles zusammen hängen könnte. Ich fand dies sehr spannend.
Die geschichtlichen Hintergründe zu Island in Kriegszeiten waren mir vollkommen neu, so daß das Buch auch hier für mich sehr interessant war. Das karge Leben zu dieser Zeit hat mich sehr berührt. Ich habe aber schmunzeln müssen, als ich las, wozu man eine Kaffeeverpackung noch gebrauchen konnte. Not macht erfinderisch.

Mein Fazit:
Das Buch bekommt von mir eine klare Leseempfehlung. Durch die Handlungsstränge und die zwei Zeitebenen ist es zwar anspruchsvoll zu lesen, aber es macht das Buch gerade deswegen spannend. Nebenbei erfährt man einiges an Geschichte von Island. Außerdem gefällt mir der Schreibstil Indridasons, weil er die Stimmung und das karge Leben auf der Insel sehr eindrucksvoll einfangen konnte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Atmosphäre
  • Geschichte
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.12.2018

Gran Canaria von seiner abgrundtiefen Seite

Du bist mein Besitz
0

Die ersten zwei Bände der Gran-Canaria-Triologie habe ich leider nicht gelesen, was sich aber nachholen läßt. Das Buch ist in sich geschlossen, so daß mir hier nichts an Infos gefehlt hat.

Jenni macht ...

Die ersten zwei Bände der Gran-Canaria-Triologie habe ich leider nicht gelesen, was sich aber nachholen läßt. Das Buch ist in sich geschlossen, so daß mir hier nichts an Infos gefehlt hat.

Jenni macht eine grauenhafte Entdeckung, als sie nachts in den Straßen von Playa del Ingles auf dem Weg nach Hause ist. Auf der Straße liegt eine Frau, der die Kehle durchgeschnitten wurde, daneben kniet ein Mann, der ein Messer in der Hand hält.

Dies ist die Anfangsszene des Buches. Und Jenni wird in die nachfolgende Handlung mehr reingezogen als ihr lieb ist. Kurz darauf gibt eine zweite Leiche. Das Touristenparadies Playa del Ingles zeigt sich von einer abgrundtiefen Seite, wie es kaum für möglich gehalten hätte.

Die Autorin erzählt eine packende Geschichte, die so real sein könnte. Andererseits ist es erschreckend, wozu die im Buch agierenden Personen fähig sind. Spannung pur. Ich habe das Buch nur ungern aus der Hand gelegt. Es würde mich freuen, wenn es weitere Fälle mit den Ermittlern Sarah und Carlos geben würde.

Ich kann das Buch jedem Thriller-Liebhaber empfehlen.

Veröffentlicht am 07.12.2018

Hat die Justiz geirrt?

Der Münchner Parkhausmord
0

Am 16.05.2006 wurde Charlotte Böhringer tot in ihrer Penthouse-Wohnung oberhalb der Parkgarage in der Münchner Baaderstrasse aufgefunden. Tatzeugen gab es nicht. Jedoch geriet Bence Toth, ihr Lieblingsneffe, ...

Am 16.05.2006 wurde Charlotte Böhringer tot in ihrer Penthouse-Wohnung oberhalb der Parkgarage in der Münchner Baaderstrasse aufgefunden. Tatzeugen gab es nicht. Jedoch geriet Bence Toth, ihr Lieblingsneffe, sehr schnell in den Fokus der Ermittler. Der nachfolgende Prozess hat über München hinaus sehr viel Aufsehen erregt. Bence Toth wurde aufgrund einer schlüssigen Indizienkette wegen Mordes zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt. Es wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Er selbst bestreitet bis heute die Tat. Familie und Freunde stehen immer noch hinter ihm und versuchen, die Indizienkette zu brechen.

Der Autor hat in diesem Sachbuch die relevanten Begebenheiten vor und nach der Tat sowie die Indizien beleuchtet. Man kann verfolgen, wie das Gericht einzelne Punkte bewertet. Ebenso kann man lesen, wie die Verteidigung die gleichen Indizien anders zu bewerten versucht. Der Autor hat sich hier selbst ein Urteil gebildet, lässt aber durch die objektive Sichtweise auf die Indizienkette durchaus eigene Schlüsse des Lesers zu.

Durch die Vielzahl der Indizien und deren Gewichtung spricht die Wahrscheinlichkeit gegen Bence Toth. Es bleibt eine geringe Wahrscheinlichkeit, daß er doch nicht der Mörder ist. Es ist fraglich, ob sich jemals zweifelsfrei klären läßt, wer Charlotte Böhringer umgebracht hat.

Ich habe den Autor gerne bei der Reise durch die Tiefen und Untiefen der Ermittlungsarbeit und dem nachfolgenden Prozeßgeschehen begleitet.

Wer sich speziell für diesen Fall oder mögliche Justizirrtümer interessiert, wird dieses Buch mögen.

Veröffentlicht am 07.11.2018

Packender Nordfriesen-Krimi

Sörensen fängt Feuer
0

„Sörensen fängt Feuer“ ist der zweite Fall des ursprünglich aus Hamburg stammenden Kriminalkomissars in Katenbüll und kann ohne Vorkenntnis des ersten Buches gelesen werden.

Der erste Fall „Sörensen ...

„Sörensen fängt Feuer“ ist der zweite Fall des ursprünglich aus Hamburg stammenden Kriminalkomissars in Katenbüll und kann ohne Vorkenntnis des ersten Buches gelesen werden.

Der erste Fall „Sörensen hat Angst“, ein Missbrauchsskandal, hat die Gemeinde nachhaltig erschüttert. Die Nachwirkungen sind auch im zweiten Fall immer wieder präsent. Die Bewohner und auch die Bürgermeisterin von Katenbüll reagieren äußerst empfindlich, als es zu einem neuerlichen Kriminalfall kommt. Man fürchtet, daß der Ortsname nur noch mit Negativ-Presse in Erinnerung bleibt.

Kurz vor Weihnachten findet Ole Kellinghusen nachts Jette an einer Landstrasse: blind und nur mit einem Nachthemd bekleidet. Ihren Nachnamen weiß sie nicht. Bei ersten Ermittlungen stoßen Sörensen und seine Kollegin auf eine Leiche, die allem Anschein nach Jettes Vater ist. War es womöglich Jette, die ihren Vater umgebracht hat?

Schnell wird klar, daß Jettes Vater einer Sekte angehörte. Warum hat ihr Vater sie im Keller gefangen gehalten?

Sörensen hat sein Hamburger Leben noch nicht wirklich hinter sich lassen können. In Katenbüll ist er aber auch nach drei Monaten noch nicht wirklich angekommen, war er doch gleich mit den Ermittlungen zu seinem ersten Fall beschäftigt. Seine größte Baustelle, die Angststörung, macht ihm immer noch zu schaffen. Ob es wirklich klug ist, während den Ermittlungen zu dem zweiten Fall die Dosierung seiner Tabletten zu reduzieren, muß sich zeigen.

Trotz des ernsten Themas schafft es der Autor, daß man bei etlichen Dialogen, u.a. mit Sörensens Kollegin Jennifer Holstenbek, unweigerlich schmunzeln muß.

Bereits ab den ersten Seiten war ich von der Handlung gefangen, und es ist mir immer schwerer gefallen, das Buch aus der Hand zu legen. Bis zum Schluß gab es immer wieder unerwartete und spannende Wendungen.

Wenn Sörensen mal wieder in Katenbüll ermitteln muss (was die Bürgermeisterin wahrscheinlich an den Rand eines Nervenzusammenbruchs bringen würde ), das Buch steht dann auf alle Fälle auf meiner Wunschliste.