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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.12.2018

Sehr gut konstruiert

Muttertag (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 9)
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Zum Inhalt:
Der Tod eines älteren Mannes führt nach der Durchsuchung des Grundstücks zum Fund mehrerer Frauenleichen unter einem provisorischen Fundament. Die Opfer verschwanden bundesweit und vor vielen ...

Zum Inhalt:
Der Tod eines älteren Mannes führt nach der Durchsuchung des Grundstücks zum Fund mehrerer Frauenleichen unter einem provisorischen Fundament. Die Opfer verschwanden bundesweit und vor vielen Jahren. Es stellt sich heraus, dass ihr Todeszeitpunkt auf den Muttertag fiel, - dieses Datum scheint von tieferer Bedeutung für den Täter zu sein. Hat er möglicherweise etwas mit dem alten Mann zu tun, der gemeinsam mit seiner verschwundenen Frau über Jahre Pflegekinder aufgenommen hat?

Mein Eindruck:
Bei „Muttertag“ handelt es sich eindeutig um eines der besten Bücher von Nele Neuhaus um ihre Ermittler Pia Sander und Oliver von Bodenstein. Die Anzahl der Personen ist überschaubar und dank der Liste zu Beginn des Buches gut einzuordnen, die Schauplätze plastisch geschildert. Die Idee, die Gedanken des Täters jetzt und zum Zeitpunkt seiner Morde kursiv zu drucken, erleichtert zusätzlich die Lesbarkeit. Und so kann sich die Leserschaft wunderbar auf einen perfekt konstruierten Mordfall konzentrieren, der ein um das andere Mal auf eine falsche Fährte führt. Trotz massivster privater Verwicklungen der Beamten stören diese nicht als lästiges Beiwerk, sondern sorgen für zusätzliche Anspannung, - etwas, dass ein Autor erst einmal bei mit oft zu viel Privatgedöns belasteten Lesern leisten muss. Dass Neuhaus schreiben kann hat sie schon oft bewiesen, trotzdem ist es bewundernswert, wie sie es schafft, den Spannungsbogen über 550 Seiten straff zu halten und zu keiner Zeit zu langweilen oder unnötige Nebenkriegsschauplätze aufzubauen. In diesem Buch hat alles seinen Grund, jeder Nebensatz sitzt, jede Kleinigkeit sollte beachtet werden. Dann kann man als aufmerksamer Leser auf den Täter kommen, - und das ist (so finde ich) die größte Belohnung bei einem Whodunnit.

Mein Fazit:
Familiär, gut ausgeklügelt und zu jedem Zeitpunkt ein Genuss. In einem Wort: Perfekt!

Veröffentlicht am 25.11.2018

Unsterblich oder einfach tot?

Die Unsterblichen
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Zum Inhalt:
Vier Geschwister hören von einer Wahrsagerin, die imstande ist, jedem den Todestag vorherzusagen. Neugierig geworden, besuchen sie die Frau und diese nennt ihnen ihre Daten. Mit diesem Wissen ...

Zum Inhalt:
Vier Geschwister hören von einer Wahrsagerin, die imstande ist, jedem den Todestag vorherzusagen. Neugierig geworden, besuchen sie die Frau und diese nennt ihnen ihre Daten. Mit diesem Wissen ausgestattet leben Simon, Karla, Daniel und Varya ihr Leben, - mehr oder weniger glücklich, mehr oder weniger erfüllt. Bis zum Ende.

Mein Eindruck:
Was würdest du tun, wenn du das Datum deines Todes wüsstest? Leben auf Teufel komm heraus? Mit deinem Schicksal hadern, dich ihm ergeben oder dagegen ankämpfen? Vor dieser Frage stehen die vier Gold-Geschwister, nachdem sie eine Zigeunerin besucht haben, und alle vier finden eine eigene Antwort auf die Frage. Dafür hat die Autorin ihr Buch nach dem Prolog in vier Teile geteilt, welche sich mit der jeweils nächsten sterbenden Person beschäftigen und dieses fast ausschließlich. Denn bis auf Karla und Simon, die ersten Delinquenten, pflegen die vier – wenn überhaupt - nur noch losen Kontakt zueinander und so ist diese Konzentration folgerichtig. Man mag gar nicht glauben, dass die Autorin erst 28 ist, so viel Tiefe zeigen ihre Charaktere, so viel Unterschiedlichkeit billigt sie ihnen zu. Und bei allen kommt irgendwann der Punkt, an dem man sie als Leser schütteln möchte, weil man merkt, wie sie auf ihr Unheil zuwanken – und es stellt sich die Frage, ob „selbsterfüllende Prophezeiung“ nicht auch eine Antwort sein kann, die insbesondere bei Karlas Schicksal naheliegt.
Mein persönlicher Lieblingssatz – in diesem Buch findet sich tatsächlich einer – ist „So wie sie das beschreiben, hört es sich an, als könnten wir selbst entscheiden, ob wir leben oder überleben wollen.“ Denn genau das zeigt sich in der Geschichte – derjenige, der länger lebt, hat nicht unbedingt mehr Lebensqualität. Ganz im Gegenteil nimmt der Rausch der Lebendigkeit bei jedem weiteren Schicksal ab, bis er bei Varya fast ganz verschwindet.

Mein Fazit:
Jedes Leben kann erfüllt sein, selbst wenn es nur kurz dauert. Das ist ein sehr schöner Gedanke, der nachhallt.

Veröffentlicht am 11.11.2018

Sandwich

Das Heer des Weißen Drachen
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Zum Inhalt:
Der weiße Drache ist erwacht. Er sammelt ein Heer von Drachen und wandelt Menschen in Verderbte um: Innerlich wie äußerlich entstellt, nur noch ein fernes Abbild ihrer einstigen Menschlichkeit, ...

Zum Inhalt:
Der weiße Drache ist erwacht. Er sammelt ein Heer von Drachen und wandelt Menschen in Verderbte um: Innerlich wie äußerlich entstellt, nur noch ein fernes Abbild ihrer einstigen Menschlichkeit, jedoch mit dem Wissen eines Schwarms und der Fähigkeit, in Gedanken zu kommunizieren. Mit dieser Armee geht er gegen die verbliebenen „echten“ Menschen vor um sich die Erde untertan zu machen.

Mein Eindruck:
Das typische Sandwich-Buch einer Trilogie: Es beginnt für Leser ohne Vorkenntnisse des ersten Bandes verwirrend und endet mit einem überdimensionalen Cliffhanger. Aber wenn man den ersten Teil der Reihe „Das Erwachen des Feuers“ gelesen hat, ist „Das Heer des Weißen Drachen“ nur noch eines: Großartige Fantasy mit wenig Ehre aber dafür noch mehr Blut – auf dem Schlachtfeld und als Elixier für diejenigen Menschen, die blutgesegnet sind und den Lebenssaft der verschiedenen Drachen auf viele Arten nutzen können. Und auch wenn es für mein Dafürhalten ein wenig zu viel Kampfgetümmel gibt, nutzt Ryan seine Fantasie auch für geschmackvollere Dinge wie ein eigenes Kartenspiel (welches im Anhang sogar inklusive Regeln erklärt wird) und eine erschaffene Welt mit Gerätschaften, die aus dem Fundus eines Leonardo da Vincis anmuten. Und trotz der vielen Seiten liest man sich relativ schnell durch diesen Schmöker, den Ryan wählt für jedes seiner Kapitel einen Helden aus, dessen Sicht der Dinge und Gedanken den Inhalt bestimmen. Dabei findet auch bei einer Erzählung in der dritten Person eine große Identifikation mit der jeweiligen Figur statt, da nicht nur das Erlebte, sondern ebenfalls Gefühle thematisiert werden. Die Namen sind dabei teilweise gewöhnungsbedürftig, doch ein umfangreiches Glossar zum Schluss hilft der Leserschaft wenigstens in Teilen weiter. Nicht vollumfänglich, denn kurioserweise finden Personen Erwähnung, die nur auf einer Seite ins Geschehen eingreifen, während andere, die für die Geschichte wirklich wichtig sind, überhaupt nicht aufgeführt werden.
Der Schreibstil des Autors macht es leicht, sich seine Welt vorzustellen. Er schmückt aus, wo es notwendig ist, überlädt die Story trotzdem nicht. Die Anzahl der Charaktere ist dem Band (und der Trilogie) angemessen, die Hauptpersonen gut über die Schichten und die Welt verteilt – so erfährt man die Gedanken der Verderbten ebenso wie die der Agenten, der braven Soldaten und
der gewitzten Menschen aus der Unterschicht. Diese Vielschichtigkeit trägt die Geschichte und lässt einen verzweifelt nach dem Termin für den Abschluss in deutscher Übersetzung suchen.

Mein Fazit:
Ein Mittelstück, das Kenntnisse des ersten Teils benötigt. Aber mit diesem Wissen einfach nur super!

Veröffentlicht am 23.09.2018

Was für ein Finale!

Rache der Orphans
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Zum Inhalt:
Evan Smoak war Teil eines Projektes mit dem Namen „Orphan“, welches Waisenkinder rekrutierte, um sie zu Kampfmaschinen zu machen. Jetzt wird versucht, alle Orphans zu eliminieren und als ein ...

Zum Inhalt:
Evan Smoak war Teil eines Projektes mit dem Namen „Orphan“, welches Waisenkinder rekrutierte, um sie zu Kampfmaschinen zu machen. Jetzt wird versucht, alle Orphans zu eliminieren und als ein Angriff aus seinen Mentor verübt wird, nimmt Evan das sehr persönlich.

Mein Eindruck:
Dieses Buch ist der letzte Teil einer Trilogie, die sich mit Evan Smoak befasst. Man muss zwar nicht die beiden anderen Teile gelesen haben, um der Story folgen zu können, einige Zusammenhänge lassen sich aber leichter erschließen, wenn der Rest der Geschichte bekannt ist. Dumm wäre der Genuss der ersten Teile aber sowieso nicht, da auch diese keinerlei Wünsche offen lassen, - wenn man sich eine Story mit Rasanz, Spannung, einem einsamen Kämpfer für das Gute und einem ebenso brillanten Antagonisten erträumt. Im dritten Teil legt Hurwitz noch einmal einen Zahn zu, denn er lässt eine Saite in Evan erklingen, die dieser selber noch nicht kannte. Dazu bedient sich der Autor einiger „Eltern“/“Kind“-Konstellationen, die nicht nur viel Konfliktpotenzial bieten, sondern sehr oft zu Szenen mit tiefgründigen Humor führen, wenn der jüngere Part sich anders als erwartet verhält. Aber hauptsächlich besteht das Buch aus Action, Action und…. Action. Kampfszenen, Folterungen, viele Tote, Waffenschnickschnack und sonstiger Hightech inklusive. Trotzdem wird es nicht langweilig – selbst wenn einen das Gen für Männerspielzeuge fehlt. Denn Hurwitz benutzt kurze Kapitel mit Orts-, Personen- und Perspektivwechseln, nimmt dadurch Tempo heraus oder zieht es wieder an und man fliegt nur so durch die Seiten. Doch leider ist dieses Buch – und damit die Trilogie - irgendwann zu Ende… oder doch nicht? Ein kleines Türchen lässt sich der Autor offen.

Mein Fazit:
In einem Wort: Großartig

Veröffentlicht am 23.07.2018

Perfekt

Das Haus der Mädchen
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Zum Inhalt:

Leni vermisst ihre Zimmernachbarin, Freddy hat einen Mord beobachtet. Durch ihre jeweiligen Nachforschungen treffen sie aufeinander und geraten in Gefahr, denn das vermisste Mädchen war nicht ...

Zum Inhalt:

Leni vermisst ihre Zimmernachbarin, Freddy hat einen Mord beobachtet. Durch ihre jeweiligen Nachforschungen treffen sie aufeinander und geraten in Gefahr, denn das vermisste Mädchen war nicht das erste… und der Mörder hat Erfahrung…

Mein Eindruck:
So erzeugt man Freude bei der Leserschaft. Nicht nur ist die Geschichte gut durchdacht, die Personen liebevoll gezeichnet und das Setting interessant, zusätzlich baut der Autor an genau den richtigen Stellen Wendungen ein.
Aber der Reihe nach:
1.
Die Story
Abgesehen vom Hauptplot – verschwundene Mädchen werden von verschiedenen interessierten Parteien gesucht – bietet der Thriller viele Angriffspunkte der modernen Welt, ohne dass man sich als Leser in eine Denkrichtung motiviert oder manipuliert fühlt. Me too und fehlende Empathie werden zwar thematisiert, aber das erfolgt ohne erhobenen Zeigefinger eines moralinsauren Autors. In Zeiten von viel zu vielen Menschen, die meinen, die Weisheit der Welt mit den richtigen Löffeln gefressen zu haben und die diese Löffel jedem um die Ohren schlagen, der nicht genauso entrüstet brüllt, ist das eine wohltuende Art.

2.
Die Charaktere
Alle – Täter, Opfer, Polizisten und Beteiligte – haben ihr Päckchen zu tragen. Einige dieser Päckchen sind sogar ganz schön schwer. Trotzdem überheben sich die Figuren nicht daran und lassen vor allen Dingen den Lesern die Luft zum Atmen und die Freude an einer Krimihandlung, ohne komplett über das Leid der Welt in Tränen auszubrechen. Das macht die Figuren interessant und lesenswert und ihr Hintergrund ist zwar vielschichtig, aber nicht zum Gähnen politisch korrekt aufgesplittet.

3.
Die Schauplätze
Hamburg und dazu Hausboot, ein düsteres Verlies, eine Agentur, ein Fernsehset und ein exklusiver Club, - Herz, was begehrst du mehr?

Alles in allem eine gelungene Melange von allem, was das Krimiherz begehrt. Mit einem Schluss, der zu den differenzierten Charakteren passt.

Mein Fazit:
Eine absolute Leseempfehlung