Was für ein Gemetzel
Allgemein:
Markus Heitz schuf mit „Doors“ ein neues Leseerlebnis. 3 Bücher, die einer Serie gleichen, eine sogenannte Staffel bilden und unabhängig voneinander gelesen werden können. Der Knaur-Verlag ...
Allgemein:
Markus Heitz schuf mit „Doors“ ein neues Leseerlebnis. 3 Bücher, die einer Serie gleichen, eine sogenannte Staffel bilden und unabhängig voneinander gelesen werden können. Der Knaur-Verlag nahm sich dem außergewöhnlichen Projekt 2018 an und das mit Erfolg.
Der Beginn ist bei allen Büchern gleich: Die junge Millionärstochter Anna-Lena ist spurlos in den Katakomben der alten Familienvilla verschwunden. Ihr Vater schickt daher ein Spezial-Team aus, bestehend aus zwei Wissenschaftlern, zwei Freeclimbern, einem Personenschützer und einem Medium, um seine Tochter zu retten. Doch statt Anna-Lena findet das Team 5 Türen und hinter jeder könnte Anna-Lena sein. Welche Tür werden sie wählen?
„Doors – Kolonie (?)“ schickt das Team in den Winter 1944/1945, aber ein anderes 1944/1945 als man kennt. Denn Stauffenbergs Attentat auf Hitler ist geglückt, der Krieg längst vorbei und Leipzig steht unter der Besetzung der Amerikaner statt der Russen.
Mein Bild:
Trotz, dass ich die Einführung durch „Blutfeld“ schon kannte, habe ich das Buch von Anfang an gelesen und das war gut so. Denn mir fiel auf, wie viele kleine Details ich bereits vergessen hatte. Es fühlte sich irgendwie an, als entdeckte ich neue Dinge. Es war erneut furchtbar spannend und erneut hatte jedes Kapitel kleine Cliffhanger, die mich dazu zwangen weiter zu lesen. Das zieht sich übrigens durch das ganze Buch, nur zur Info für diejenigen, die abends gern „nur noch dieses eine Kapitel lesen“ wollen... Außerdem konnte ich nochmal über das erste Zusammentreffen des zusammengewürfelten, klischeebehafteten Teams lachen.
Ich mag Markus Heitz Schreibstil wirklich gern. Der Autor hat den Schalk im Nacken, macht sich über Klischees und Verschwörungstheorien lustig bzw. Gedanken ohne dass es lächerlich wirkt. Sein bildlicher Stil, ebenso wie die wohl bedachte Wortwahl ließen die Geschichte in verschiedenen Farben aufleuchten. Erst in der Gegenwart, wie der Leser sie kennt, dann düster und nasskalt mit Gänsehautfeeling in den Katakomben bis das Team durch die Tür geht und sich vor meinem inneren Auge ein Sepia-Ton auf die Situation vom parallelen 1944 legt. Es liest sich wie ein Film, auch wenn es merkwürdig klingt.
In „Kolonie“ zeigt Heitz dem Leser eine Antwort auf die Frage, was wäre, wenn Stauffenbergs Attentat geglückt wäre. Ich weiß nicht, wie viel der Autor recherchiert hat, aber so unlogisch kam mir das Szenario nicht vor. Der Krieg ist zu ende, klar, die Alliierten sind da, auch klar, politische Ziele ändern sich, macht ebenso Sinn. Diese ausgeklügelte Idee vor dem Hintergrund bekannter Orte, wie meiner Heimatstadt Leipzig, machten einen realitätsnahen Eindruck. Doch das wäre ja zu langweilig ohne Rebellion, Verschwörung, Intrigen und ganz viel Blut. Zuviel Blut für meinen Geschmack.
Ich kann mir nur vorstellen, dass der Autor zeigen wollte, wie kaltblütig es trotzdem zugegangen wäre und dass zu dieser Zeit so oder so keiner von Barmherzigkeit lebte. Dennoch war es mir zu trashy und vor allem, wie die Menschen gestorben sind! Entweder total banal oder absolut überraschend und grausam. Ich dachte „Blutfeld“ wäre schon recht heftig gewesen, aber „Kolonie“ schlägt das um Meilen.
Das war nicht die einzige Überraschung. Mir war bekannt, dass in jedem Buch ein oder mehrere Teammitglieder näher betrachtet werden. Ich denke nicht, dass ich den Personenschützer Spanger je leiden kann, aber dieser Band schaffte es zumindest, dass ich mir für den nervtötenden Proll etwas Verständnis abringen konnte. Dafür hat mich das Medium arg enttäuscht, denn sie machte mir hier einen garstigeren Eindruck als in „Blutfeld“. Sicherlich lag es daran, dass sie sich in einer anderen Situation befand, aber ich erkannte sie kaum wieder und das passte für mich nicht.
Generell fand ich es schade, dass der Plot so aufgebaut ist, dass das Team als solches nicht zur Geltung kommen kann. Eine Zusammenarbeit ist dementsprechend nicht möglich. Ich hatte den Eindruck, mehr mit Einzelkämpfern bzw. vielleicht noch Paaren zu tun zu haben. Ohne jegliche Zweifel kann ich sagen, dass mir „Blutfeld“ besser gefällt als „Kolonie“. Mal sehen, wie ich das 3. Buch im Bunde, „Dämmerung“, finden werde.
Fazit:
Ein fiktiver 1944/1945 im Winter fasziniert durch historisch bekannte Orte und Hochspannung. Allerdings wirken die Protagonisten teilweise wie sture Einzelkämpfer, denen der blutige Plot nicht bekommt.