Profilbild von schnaeppchenjaegerin

schnaeppchenjaegerin

Lesejury Star
offline

schnaeppchenjaegerin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit schnaeppchenjaegerin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.01.2019

Guter Auftakt einer Krimireihe - aus der Perspektive einer Gefängnisärztin mal etwas anderes

Verborgen
0

Eva Korell ist Allgemeinmedizinerin und gerade von Berlin nach München gezogen. Statt in einer Klinik arbeitet sie nun in der JVA Wiesheim als Gefängnisärztin. Schon während ihrer ersten Arbeitswoche trifft ...

Eva Korell ist Allgemeinmedizinerin und gerade von Berlin nach München gezogen. Statt in einer Klinik arbeitet sie nun in der JVA Wiesheim als Gefängnisärztin. Schon während ihrer ersten Arbeitswoche trifft sie zufällig auf eine verstörte Frau, der sie Erste Hilfe leistet und die sich später als die Ehefrau eines Insassen der JVA herausstellt. Die Frau, Nicole Arendt, wendet sich hilfesuchend an Eva, die sie jedoch zurückweist, um Privates nicht mit Beruflichem zu vermischen. Ihr Mann, Robert Arendt, hat seine Haftstrafe fast verbüßt und steht kurz vor der Entlassung. Er ist als gewalttätig bekannt und hat seine Frau in der Vergangenheit regelmäßig geschlagen. Als diese nach einem Wohnungsbrand verschwunden ist, ist unklar, ob sie aus Angst vor der Entlassung ihres Mannes untergetaucht ist, obwohl dieser sich einsichtig gezeigt hat un nun voller Sorge um seine Frau ist und ob sie durch die Brandstiftung versuchen wollte, etwas zu vertuschen.
Der Fall lässt Eva nicht los. Sie macht sich Vorwürfe, dass sie die verzweifelte Frau nicht angehört hat. Durch ihre Einmischungen und Parteinahme für die Inhaftierten macht sie sich in ihrem neuen Kollegenkreis dagegen zunehmend unbeliebter. Dabei entwickelt sie ein Interesse für den leitenden Ermittler Lars Brüggemann, hat jedoch mit den Dämonen ihrer Vergangenheit zu kämpfen.

"Verborgen" ist der erste Band einer neunen Reihe um die junge Gefängnisärztin Eva Korell. Eva ist eine etwas undurchsichtige, aber nicht unsympathische Protagonistin, deren Vergangenheit wie ein Schatten auf ihr liegt. Die Beziehung zu ihrem letzten Freund in Berlin ist zerbrochen, was sie allerdings nicht sonderlich mitgenommen hat. Sie hat offensichtlich Bindungsängste, auch wenn sie äußerlich einen toughen, selbstbewussten Eindruck auf andere macht.

Das Buch ist aus der Perspektive sowohl von Eva als auch von Nicole geschrieben, wobei der Schwerpunkt auf Evas Sichtweise liegt. Ich fand es interessant, einen Kriminalroman aus Sicht einer Gefängnisärztin zu lesen, das für mich im Vergleich zu den üblichen Romanen um oft problembehaftete Kriminalkommissare erfrischend anders war. Eva hat mit ganz anderen Schwierigkeiten zu kämpfen. Auf der einen Seite steht die Gesundheit und die Heilung ihrer Patienten für sie im Vordergrund, auf der anderen Seite handelt es sich um (Schwer-)verbrecher, die das Vertauen der noch unerfahrenen Gefängnisärztin ausnutzen könnten.

Der Kriminalfall entwickelt sich gemächlich, bleibt aber durch Wendungen und die unterschwelligen, subtilen Drohungen, die Eva erreichen, bis zum Ende spannend. Zu keinem Zeitpunkt übertrieben, wirkt der Fall authentisch und macht neugierig auf weitere Bände um die Gefängnisärztin, von denen ich mir mehr Einblicke in den Gefängnisalltag wünsche.

Veröffentlicht am 05.01.2019

Unterhaltsame Liebesgeschichte über zwei Menschen, die erst die Vergangenheit bezwingen müssen, um offen für die Liebe zu sein, stellenweise wirkte die Liebesgeschichte etwas konstruiert

Doch Liebe findet ihre Zeit
0

Antonia ist Inhaberin einer Verpackungsfirma in München und Kunstliebhaberin. Als sie zusammen mit ihrer Schwester Susanne bei einer Ausstellung des Künstlers Julian Markward ist, verliebt sie sich in ...

Antonia ist Inhaberin einer Verpackungsfirma in München und Kunstliebhaberin. Als sie zusammen mit ihrer Schwester Susanne bei einer Ausstellung des Künstlers Julian Markward ist, verliebt sie sich in eine seiner Skulpturen, die aus persönlichen Gründen allerdings unverkäuflich ist. Antonia möchte das nicht hinnehmen und nach einem Streitgespräch, das durch Julians Machoallüren provoziert wird, kann sie ihm einen Deal abringen: Er darf bis zu seinem Umzug in seine neues Apartment in der Einliegerwohnung in ihrer Villa wohnen und soll ihr als Gegenleistung als "Gesellschafter" dienen. Bei Vertragsbruch muss er ihr das Kunstwerk für 10.000 € überlassen.
Antonias Plan ist es, Julian das Leben bei ihr möglichst unerträglich zu machen, so dass er freiwillig aufgibt und sie die ersehnte Skulptur erhält.
Die beiden Streithähne stellen allerdings schon bald fest, dass der jeweils andere gar nicht so arrogant ist wie er bzw. sie vorgibt zu sein und dass sich hinter den Fassaden zwei verletzliche Seelen verbergen.

Antonia und Julian sind beide Mitte Dreißig, wirken aber durch den etwas kindischen Deal unreifer. Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel, das beschrieben wird und bei dem von Anbeginn vorhersehbar ist, wie die Kabbeleien zwischen den beiden enden werden.

Der Weg dorthin ist jedoch abwechslungsreich und unterhaltsam geschrieben. Komische Szenen wechseln sich mit tiefgründigeren Episoden ab und als Leser ist spürbar, dass sowohl Antonia als auch Julian schon schlimme Dinge erlebt haben, die ihr Leben prägen und die ihre etwas eigenwilligen Verhaltensweisen erklären.
Während bei Antonia offensichtlich ist, dass sie unter dem frühen Verlust ihrer Eltern als Sechsjährige zu leiden hatte und deshalb auch nicht gemeinsam mit ihrer Schwester aufwachsen konnte, bleibt Julians Vergangenheit und was ihn quält, länger im Verborgenen.
Dieser Aspekt und die zu erwartende Annäherung der beiden, die anfangs schier unmöglich erscheint, sorgen für Spannung und den nötigen Reiz, weiter zu lesen.
Der Schreibstil ist angenehm und flüssig, die Übergänge und Perspektivenwechsel sind fließend und lassen den Leser gleichermaßen Einblick in beide Protagonisten erhaschen.
Etwas ungewöhnlich fand ich dabei, dass der Roman in keine Kapitel untergliedert ist.

"Doch Liebe findet ihre Zeit" ist eine Liebesgeschichte, die unterhaltsam, stellenweise durch Antonias Spielchen etwas unglaubwürdig und albern ist und sie deshalb konstruiert wirken lässt. Ich fand ihr Verhalten für eine Geschäftsführerin eines mittelständischen Unternehmens übertrieben kindisch z.B. als sie Julian durch einen samstäglichen Einkauf im Supermarkt zu verärgern versuchte. Über diese Provokationen hinaus ist der Roman jedoch emotional und lebensnah geschrieben. Es geht um Kindheitstraumata und Ängste, die bewältigt werden müssen, um ein befreites Leben führen zu können, in dem auch die Liebe Platz hat.

Auch die Nebenhandlung über Antonias Onkel und seine Beziehung zu dem an Parkinson erkrankten Paul, die gemeinsam in ein Seniorenheim gezogen sind und nun voneinander Abschied nehmen müssen, fand ich originell und konnte dem Roman noch mehr Tiefe verleihen.

Veröffentlicht am 04.01.2019

Witzige, aber nie alberne Geschichte über einen jungen Mann, der ein unverbesserlicher Besserwisser ist, aber gleichzeitig nie erwachsen geworden ist

Klugscheißer Royale
0

Timo Seidel arbeitet seit dem Abitur in einem Callcenter in Köln und hatte bisher wenn Ehrgeiz, an dem Studentenjob etwas zu ändern, da auch seine Freundin Cleo sein Leben mitfinanziert hat.
Als er zurecht ...

Timo Seidel arbeitet seit dem Abitur in einem Callcenter in Köln und hatte bisher wenn Ehrgeiz, an dem Studentenjob etwas zu ändern, da auch seine Freundin Cleo sein Leben mitfinanziert hat.
Als er zurecht entlassen wird und ihn gleichzeitig seine Freundin verlässt, ist er gezwungen, endlich etwas an seinem bequemen Leben zu ändern. Mit viel Glück erhält er nach vorübergehender Arbeitslosigkeit eine befristete Anstellung als Englisch-Lehrer an einer Abendschule, da er als Halb-Amerikaner zweisprachig aufgewachsen ist.
Durch die Arbeit, die ihm überraschenderweise Spaß macht, entwickelt er sich auch charakterlich weiter und wird damit auch wieder attraktiver für Cleo.

Als "Klugscheißer Royale" bezeichnet sich Timo selbst und fühlt sich als Lehrer wie James Bond. Er ist sehr von sich überzeugt, auch wenn er objektiv in seinem Leben noch nicht viel erreicht hat.
Der Roman ist aus der Sicht Timos und erfrischend witzig geschrieben. Man kann den Klugscheißer nicht wirklich ernst nehmen, hinter dessen Schale sich doch ein sympathischer Charakter verbirgt, der Verantwortung für sich und andere übernehmen kann.
"Klugscheißer Royale" erzählt eine witzige, aber nie alberne Geschichte über einen jungen Mann, der ein unverbesserlicher Besserwisser ist, aber gleichzeitig nie wirklich erwachsen geworden ist. Im Verlauf des Romans lernt man aber noch eine andere Seite Timos kennen und er reift merklich über die wenigen Monate, die die Geschichte andauert.
Auch wenn Timos Arbeit als Lehrer als ungelernter Pädagoge erstaunlich problemlos vonstatten geht, bietet der Roman eine gute Unterhaltung, die nicht so banal ist, wie das Cover und der saloppe Klappentext vermuten lassen.
"Klugscheiße Royale" ist ein Roman, den sowohl Männer als auch Frauen lesen können und der sich auch ideal als Urlaubslektüre eignet.

Veröffentlicht am 27.12.2018

Tragische Familiengeschichte, eine Erzählung über Neid, Schuld und Rache

Der Verrat
0

Ariane, "Nane", wird nach 20 Jahren vorzeitig auf Bewährung aus der Haft entlassen und von ihrer Schwester Birgit aufgenommen. Eine Verkettung unglücklicher Umstände im Sommer 1998 führten letztlich zu ...

Ariane, "Nane", wird nach 20 Jahren vorzeitig auf Bewährung aus der Haft entlassen und von ihrer Schwester Birgit aufgenommen. Eine Verkettung unglücklicher Umstände im Sommer 1998 führten letztlich zu ihrer Verurteilung wegen Mordes.
Geplagt von Schuldgefühlen und Erinnerungslücken möchte sie mit ihrem ehemaligen Liebhaber Thomas von Manthey sprechen, der ihre Schwester Pia geheiratet hat und dessen Sohn Henning im Sommer 1998 bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Sie möchte wissen, was sie ihm in ihrem letzten Telefonat erzählt hat. Zu einem klärenden Gespräch kommt es nicht, da Thomas in seinen Weinbergen einen Herzinfarkt erleidet und ins Koma fällt.
Während dieser Zeit beginnen die handelnden Frauen des Romans - nicht nur die drei Schwestern, sondern auch Hennings Tochter Sonja und Pias Tochter Lissy - sich mit den Ereignissen der Vergangenheit zu beschäftigen.
Widersprüche treten in Bezug auf den Charakter Henning, der für Sonja immer nur der liebende Vater gewesen war, und im Hinblick auf den Verlauf des Abends, an dem dieser starb, auf.

Der Roman ist abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven geschrieben und gerade zu Beginn ist es schwierig, die Vielzahl an handelnden Personen zu durchdringen und die Verwandtschaftsverhältnisse zu durchschauen.
Dann aber steigt die Spannung kontinuierlich an und man fragt sich, wie viel Schuld Nane tatsächlich am Tod von Henning hat oder ob dieser verhindert hätte werden können.

"Der Verrat" ist eine tragische Familiengeschichte, eine Erzählung über Neid, Schuld und Rache. Die Mehrzahl der Frauen erscheint verbittert und boshaft, getrieben von Eifersucht und scheinen alle etwas zu verbergen zu haben. Dies beschäftigt sogar noch die nachfolgende Generation an Töchtern.

Auch wenn man als Leser keine Sympathien für einen Charakter entwickelt, ist man von der Handlung gepackt und verfolgt mit Spannung, wie die Ereignisse der Vergangenheit durch Rückblenden und gezielten Nachforschungen aufgedeckt werden.
Dabei sind vor allem die beiden rivalisierenden Schwestern Nane und Pia tragische Figuren, die geprägt von ihrer Erziehung und dem Glauben an einen Fluch der Weiblichkeit, nicht zu Liebe fähig sind.

Wie der Titel "Der Verrat" bereits suggeriert, ist nichts so, wie es zunächst erscheint. Nach der Entlassung Nanes aus der Haft, werden alle Beteiligten von den Fehlern der Vergangenheit überrollt, denn eine Schuld, insbesondere eine unverbüßte, währt ewig und lässt auch in diesem Fall die handelnden Akteure auch 20 Jahre später noch nicht los. Fast zu spät gelangt man zu der Erkenntnis, dass das Leben nicht von Hass bestimmt werden darf.

Veröffentlicht am 26.12.2018

Witzige, aber auch emotionale Geschichte über Familie und Freundschaft, weniger eine klassische Liebesgeschichte

Immer wieder du und ich
0

Charlie hat Kate schon als Kind im Alter von fünf Jahren eine Liebeserklärung gemacht und als Teenager haben sie die erste Liebe miteinander erlebt. Dann kam es zum Streit, einem unaufgeklärten Missverständnis, ...

Charlie hat Kate schon als Kind im Alter von fünf Jahren eine Liebeserklärung gemacht und als Teenager haben sie die erste Liebe miteinander erlebt. Dann kam es zum Streit, einem unaufgeklärten Missverständnis, und ihre Beziehung brach unkittbar auseinander. In Verbindung blieben sie aber schon unweigerlich dadurch, da Kates Cousine und beste Freundin Becca weniger später mit Charlie und Kate mit Beccas Exfreund Julian zusammenkommen. Der Partnertausch begleitet sie auf allen wichtigen Stationen des Lebens, von Hochzeiten, über Taufen und Geburtstagsfeiern bis hin zu Beerdigungen. Kate und Charlie sehen sich immer wieder, freunden sich platonisch an, klären aber das Missverständnis der Vergangenheit nicht auf, bis Kate durch einen Zufall die Wahrheit erfährt und sie in ihren Grundfesten erschüttert wird. Ist es nun - 20 Jahre später - zu spät für die Liebe?

"Immer wieder du und ich" ist nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern erzählt die Leben im Zeitraum von ungefähr 35 Jahren von vier Personen, die sich von Kindesbeinen an kennen, wobei die vernünftige Kate und die quirlige Becca im Fokus des Geschehens stehen. Man erlebt mit ihnen alle Höhen und Tiefen des Lebens mit, begleitet sie in Freude und Trauer.

Die Kapitel beginnen stets kreativ mit einer Einladung für ein Ereignis wie einem Kindergeburtstag oder einer Silvesterparty, bei denen sich die vier Protagonisten begegnen werden, da sie über ihre Liebe und Freundschaft hinaus auch familiär eng miteinander verbunden sind. Die einzelnen Stationen der Erzählung sind aus dem Leben gegriffen und wirken authentisch, auch die Charaktere sind mit ihre Ecken und Kanten interessant und individuell gezeichnet. Keine Person ist nur gut oder böse und kann den Leser immer wieder überraschen. So ist der Roman, mit dem man die vier auf weiten Abschnitten ihres Lebens begleitet, sehr lebendig und abwechslungsreich geschrieben.

Das Buch bietet deshalb auch viel mehr als eine klassische Liebesgeschichte zwischen Mann und Frau, da hier vor allem auch Familie und Freundschaft wesentliche Elemente der Erzählung sind. Im Gegensatz zu anderen Geschichten, die eine ähnliche Idee verfolgen, geht es hier nicht um Gefühle, die unterdrückt werden oder um den Kampf, eine Jugendliebe zurückzugewinnen. Kate und Charlie verlieren nie den Kontakt zueinander und sind sich ehrlich freundschaftlich verbunden, ohne mehr zu erwarten. Sie werden erwachsen, leben ihr Leben mit anderen Partnern, sammeln Erfahrungen und verlieben sich dann neu ineinander.

Mich hat der abwechslungsreiche, witzige, aber phasenweise auch emotionale Roman, der zeigt, wie das Leben so spielt, positiv überrascht. Wer sich allerdings eine leidenschaftliche Liebesgeschichte erhofft, in der die für einander vorbestimmten Protagonisten vom Schicksal gebeutelt einige Hürden bis zum Happy End überwinden müssen, könnte enttäuscht sein.