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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.04.2019

Ein sehr wichtiges Buch zu einem Thema, das uns alle etwas angeht.

Der Welt nicht mehr verbunden
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„Du bist keine Maschine mit kaputten Komponenten. Du bist ein Tier, dessen Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Du brauchst eine Gemeinschaft. Du brauchst sinnvolle Werte, nicht die Schrottwerte, mit denen ...

„Du bist keine Maschine mit kaputten Komponenten. Du bist ein Tier, dessen Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Du brauchst eine Gemeinschaft. Du brauchst sinnvolle Werte, nicht die Schrottwerte, mit denen du dein Leben lang vollgestopft wurdest und die dir versichert haben, Glück entstehe durch Geld und den Kauf von Sachen. Du brauchst sinnvolle Arbeit. Du brauchst die Natur. Du brauchst das Gefühl, dass du in der Welt respektiert wirst. Du brauchst eine sichere Zukunft. Du brauchst Bezug zu all diesen Dingen. Du musst die Schamgefühle loslassen, die entstehen können, wenn man missbraucht worden ist.“

Jeder von uns hat jemanden im Bekanntenkreis, der an Depressionen leidet. Vielleicht sind es sogar wir selbst, aktuell oder in der Vergangenheit. Egal was die Verbindung zur Depression ist, jeder hat im Leben auf irgendeine Weise ein- oder mehrmals Kontakt mit dieser Krankheit.

Johann Hari war noch ein Teenager, als bei ihm eine Depression diagnostiziert wurde. Er bekam Antidepressiva und ihm wurde gesagt, es handle sich um ein Ungleichgewicht von Neurotransmittern im Gehirn. Jahrelang nahm er langsam immer höhere Dosen von Antidepressiva – jedoch ohne relevanten Effekt. In diesem Buch präsentiert Hari seine Recherchen zu dem Thema Depression und Angststörungen. Er ist um die Welt gereist, hat sich mit hunderten von Betroffenen und Ärzten und Psychologen unterhalten, und hat sich in die aktuelle Studienlage eingelesen. Dadurch hat er schließlich acht „Auslöser“ von Depressionen identifiziert. Die Auslöser sind schlüssig und man fragt sich, wieso dies neue Erkenntnisse sein sollen. Jedoch werden diese bisher von behandelnden Fachpersonen nicht unbedingt als solche beachtet. Häufig werden Patienten mit Depressionen einfach Antidepressiva verschrieben, ohne zu beachten, was eigentlich der Grund für die Episode war. Und, solange der Auslöser weiter besteht, ist die Tablette häufig nicht genug. Hari schlägt im Verlauf des Buches Lösungen für die jeweiligen Auslöser vor, die, wie er zugibt, jedoch nicht immer einfach umzusetzen sind. Dieses Buch ist ein Ansatz, damit wir als Gesellschaft endlich umdenken, und depressive Menschen besser unterstützen können. Ich kann Hari nicht bei all seinen Aussagen zustimmen. Teilweise ist das Buch schwer zu lesen, manche Punkte sind für meinen Geschmack ein bisschen zu ausführlich beschrieben. Dennoch ein außerordentlich wichtiges Buch, das JEDER lesen sollte, egal, ob er selbst betroffen ist oder nicht.

Veröffentlicht am 01.03.2019

Beeindruckende Autobiographie

Meine Stimme für das Leben
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2018 erhielt Dr. Denis Mukwege den Friedensnobelpreis. Bis zu diesem Buch hatte ich nicht von ihm gehört – und nun lässt mich das Buch sprachlos zurück. Denis Mukwege ist Gynäkologe und stammt aus dem ...

2018 erhielt Dr. Denis Mukwege den Friedensnobelpreis. Bis zu diesem Buch hatte ich nicht von ihm gehört – und nun lässt mich das Buch sprachlos zurück. Denis Mukwege ist Gynäkologe und stammt aus dem Kongo. Dort tritt er seit Jahren gegen die Gewalt gegen Frauen ein. Der Kongo ist ein Land reich an Bodenschätzen – einer der Wege, wie viele Herrscher zu persönlichem Reichtum gekommen sind. Die Bürger des Landes und deren Wohlergehen scheint zweitrangig. Das Land ist hart umkämpft, verschiedene Stämme und Milizen bekämpfen sich und versuchen, Überhand zu nehmen. Ein beliebter Weg der Kriegsführung ist die systematische Vergewaltigung von Frauen auf brutalste Art und Weise. Mukwege führt komplexe Operationen durch, um den Sexual-, Harn- und Verdauungstrakt von Frauen wiederherzustellen, die Opfer von Gewalt- und sexuellen Verbrechen geworden sind. Außerdem hilft er, die Geburtensterblichkeit mittels organisierter Geburten im Spital deutlich zu senken.

Das Buch ist leicht geschrieben, trotzdem aber alles andere als leichte Kost. Ich finde es sehr interessant, über Mukweges Kindheit und auch seine Eltern zu lesen. Alles was er erlebt hat, hat ihn zu dem Mann gemacht der er heute ist. Das Buch ist nicht chronologisch, was den Lesefluss etwas stört. Am Schluss fügen sich die Informationen trotzdem zu einem Bild zusammen, das sehr viel Sinn ergibt.

Mukweges Buch ist ein Weckruf für uns alle. Ein Weg für ihn, damit umzugehen, dass er vom Präsidenten seines Landes nicht gewürdigt wird, sondern Steine in den Weg gelegt bekommt, was bis zu Mordanschlägen reicht. Mukwege hatte als Kind den Traum, Menschen zu helfen. Diesen Traum hat er seit dem Ende seiner Ausbildung als Gynäkologe leidenschaftlich umgesetzt. Er hat ein Leben mit Geld, Stabilität und Sicherheit aufgegeben, um den Frauen seines Landes zu dienen. Selbst regelmäßige Morddrohungen und Anschläge auf sein Leben konnten ihn nicht aufhalten. Ein bemerkenswerter Mann, der zurecht mit dem Friedensnobelpreis 2018 geehrt wurde.

Veröffentlicht am 03.02.2019

Wunderschönes, liebevoll gestaltetes Kochbuch mit tollen Rezepten

Ofirs Küche
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Als erstes möchte ich sagen wie wunderschön das Buch gehalten ist. Ofir erzählt viele persönliche Geschichten über seine Heimat, seine Familie und das Kochen. Die Rezepte sind liebevoll gestaltet, komplett ...

Als erstes möchte ich sagen wie wunderschön das Buch gehalten ist. Ofir erzählt viele persönliche Geschichten über seine Heimat, seine Familie und das Kochen. Die Rezepte sind liebevoll gestaltet, komplett vegetarisch und teilweise vegan. Jedes Rezept hat ein Bild dazu, was ich hilfreich finde, weil ich mir sonst oft nicht vorstellen kann, wie die Speise auszusehen hat. Bisher habe ich erst einige wenige Rezepte ausprobiert, die jedoch alle gelungen sind. Die über 70 enthaltenen Rezepte beinhalten verschiedene Brote, Beilagen (Salate und Dips), geröstete Gemüsegerichte, Saucen, verschiedene Tahin-Variationen, Gerichte mit Eiern, Gerichte mit Gemüse, Suppen und Eintöpfe, Salate, sowie Desserts. Die meisten Gerichte sind einfach zuzubereiten. Die Zubereitung wird genau beschrieben. Lediglich bei manchen Zutaten hatte ich Mühe, sie zu bekommen. Fazit: ein wunderschön gestaltetes Kochbuch, ein Muss für jeden Vegetarier!

Veröffentlicht am 06.01.2019

A beautiful love story across time

Wie man die Zeit anhält
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Diese Rezension bezieht sich auf die englisch (Original-)Version, "How to stop time".


First off, I had heard quite a lot about this book beforehand. As the German version came out last year, it was quite ...

Diese Rezension bezieht sich auf die englisch (Original-)Version, "How to stop time".


First off, I had heard quite a lot about this book beforehand. As the German version came out last year, it was quite hyped all over the German part of Europe. I decided I did want to read it, but the original version. I had already read “How to stay alive” from Matt Haig which I quite enjoyed. It was, however, more of a biography and self-help book so I did not know what I was in for with a Matt Haig novel. Needless to say, I was amazed.
“If you saw me, you would probably think I was about forty, but you would be very wrong. I am old – old in the way that a tree, or a quahog clam, or a Renaissance painting is old.”
Tom Hazard has what the famous Doctor Jonathan Hutchinson called “anageria”, which basically means he ages a lot slower than other people. He was born in 1581, grew up in a small English town. With puberty, he started noticing that people did not react well to his “condition” of ageing slowly, and thus starts moving around frequently and also changing his identity. Still quite young, he meets the love of his life, Rose, in 1603. Due to his condition, he eventually must leave her. In the current time, he works as a history teaching in current day London. The story goes back and forth between current and the past, and Haig slowly tells us most of Toms life story.
“And she died and I lived and a hole opened up, dark and bottomless, and I fell down and kept falling for centuries.” (p.27).
This book is beautifully written. Some sentences were so beautiful that I had to write them down to be able to go back sometimes to reread them. Although this book is not on time travel, I would still describe it a bit like a time travelers story. It is well written with intricate details and lots of interesting facts. I loved the relationship with Rose, and how Tom eventually learned to cope with losing her many centuries later. A remarkable book which I will recommend to many of my friends! Thank you Matt Haig for once again writing such a touching book.

Veröffentlicht am 06.01.2019

Ein hervorragender Roman

Cyril Avery
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„Lange bevor wir herausfanden, dass er zwei Kinder mit zwei verschiedenen Frauen gezeugt hatte, einer in Drimoleague und einer in Clonakilty, stand Father James Monroe vor dem Altar der Kirche Unserer ...

„Lange bevor wir herausfanden, dass er zwei Kinder mit zwei verschiedenen Frauen gezeugt hatte, einer in Drimoleague und einer in Clonakilty, stand Father James Monroe vor dem Altar der Kirche Unserer Lieben Frau, Stern des Meeres, der Gemeinde Goleen in West Cork und brandmarkte meine Mutter als Hure.“

Dies war mein erstes Buch von John Boyne und ich muss sagen, es ist ein Meisterwerk. Der englische Titel, „The Heart's Invisible Furies“ passt viel besser finde ich, jedoch wäre es wohl schwer, diesen auf Deutsch zu übersetzen. So ist der Titel der Name unseres Protagonisten, Cyril Avery.

Cyril wird in den 1940er Jahren als uneheliches Kind in die erzkonservative irische Gesellschaft geboren. Seine Mutter gibt ihn zur Adoption frei, und er wird von einem exzentrischen Dubliner Ehepaar adoptiert. Wie er später sagt, hätte er es dort schlechter haben können, immerhin wurde er nie geschlagen und hatte stets genug zu Essen und ein Dach über dem Kopf. Dennoch sind seine Adoptiveltern nicht besonders warm oder herzlich, und auch nicht besonders involviert in seinem Leben, und lassen keine Chance aus, um zu betonen, dass er „nicht ein echter Avery“ sei. Früh merkt er, dass er homosexuell ist – und entwickelt schließlich Gefühle für seinen besten Kindheitsfreund. Doch in der ultrakonservativen irischen Gesellschaft ist Homosexualität verboten, er muss seine Gefühle verstecken und wird deshalb verfolgt. Nach vielen schlimmen Erfahrungen verlässt er schließlich Irland und geht nach Amsterdam, wo er Akzeptanz erlebt. Von dort geht er nach New York und Jahre später zurück nach Irland – stets auf der Suche nach dem Glück. Schön fand ich, dass er seine leibliche Mutter schlussendlich noch kennenlernt und das ganze ein versöhnliches Ende nimmt.

Boyne erzählt uns Cyrils gesamte Lebensgeschichte, von der Geburt, dem Aufwachsen in der Pflegefamilie, dann im Internat und schlussendlich in der großen weiten Welt, bevor er schließlich nach Irland zurück kommt und dort sein Glück findet. Das Buch ist wunderschön geschrieben. Trotz aller Tragik und vielen Todesfällen findet Boyne immer wieder Möglichkeiten, Sarkasmus und Humor in die Geschichte einzubauen, sodass er es schaffte, mich sowohl zum Lachen als auch zum Weinen zu Bringen. Die Geschichte ist ausgezeichnet erzählt, und ich wollte das Buch kaum weglegen. Ein hervorragender Roman, welchen ich gerne weiterempfehle.