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Veröffentlicht am 06.02.2019

Macht Lust auf mehr! Tolles Buch!

Eisige Tage
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Ehrlich gesagt habe ich zunächst gar nicht viel erwartet. Ich habe mich allein auf die Inhaltsangabe verlassen und die hat mich bereits mit den ersten zwei Sätzen überzeugt: „Winter in Leipzig, die Stadt ...

Ehrlich gesagt habe ich zunächst gar nicht viel erwartet. Ich habe mich allein auf die Inhaltsangabe verlassen und die hat mich bereits mit den ersten zwei Sätzen überzeugt: „Winter in Leipzig, die Stadt erstarrt in Eiseskälte. In einem Auto am Elster-Saale-Kanal wird die steifgefrorene Leiche eines Anwalts gefunden.“ Den Rest der Inhaltsangabe habe ich schon wieder vergessen. Er ist nicht wichtig.

Wichtig ist: Das Buch ist gut. Der Fall ist vielschichtig, die Figuren sind vielschichtig, Alex Pohl schafft es, atmosphärisch dicht zu schreiben, ohne ausufernd zu werden – sowohl den Schreibstil als auch den Inhalt betreffend -, was ich als sehr angenehm empfunden habe.

Im Vordergrund steht das Ermittlerduo Seiler/Novic – beide mit einer nicht allzu erfreulichen Vergangenheit gesegnet, die sich den Leserinnen im Verlauf des Romans nach und nach eröffnet. Beide Hauptfiguren sind auf ihre Art sympathisch, so dass man deren Ermittlungsarbeit gerne folgt.

Und dann ist das noch der Fall, der Spuren bis nach Moskau zieht, und – sehr zum Leidwesen von Seiler und Novic – auch zur in Leipzig ansässigen Russenmafia führt. Das zieht nach sich, dass es auch etwas brutalere Szenen gibt, aber auch hier bleibt Pohl sich treu und suhlt sich nicht in unnötiger Gewalt, sondern deutet diese eher an – der Rest bleibt der Phantasie der Leser
innen überlassen (und die ist eh oft fieser als das, was Autoren oft niederschreiben).

Was Pohl hervorragend gelingt, ist das Herausarbeiten der Grautöne. Es gibt natürlich auch das reine Weiß und das reine Schwarz – aber vor allem gibt es viele Schattierungen, die gut herausgearbeitet wurden und so ein realistisches Gesamtbild ergeben. Mir hat außerdem die lakonische Art gefallen, mit der die Geschichte erzählt wird. Mich hat der Roman „gepackt“ in einer Art und Weise, die ich vorher nicht für möglich gehalten hätte.

Vor allem hat mir Spaß gemacht, dass ich nicht für dumm verkauft wurde. Pohl lässt lose Enden zu, traut den Leser*innen zu, dass sie selbst denken können. Nein, keine Sorge, man kommt natürlich genug erklärt, aber das alles in einem sehr angenehmen Maß.

Eigentlich bleibt mir nur noch eins zu schreiben: Wann kommt der zweite Fall für das Duo Seiler/Novic? Ich freue mich schon jetzt drauf!

Veröffentlicht am 20.01.2019

Tolles Debüt, sehr guter Kriminalfall

Hitze
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"Thriller" verkaufen sich offenbar so gut, dass selbst Romane wie Jane Harpers "Hitze" mit diesem Attribut versehen werden, auch wenn sie eher Kriminalromane - und in diesem Fall Kriminaldramen - sind. ...

"Thriller" verkaufen sich offenbar so gut, dass selbst Romane wie Jane Harpers "Hitze" mit diesem Attribut versehen werden, auch wenn sie eher Kriminalromane - und in diesem Fall Kriminaldramen - sind. Das ist schade, denn wer einen Thriller erwartet, wird von "Hitze" tendenziell eher enttäuscht sein. Dabei hat Jane Harpers Debüt das überhaupt nicht verdient, denn "Hitze" ist ein durch und durch gelungener (Kriminal-) Roman.

Hapers unaufgeregter, präziser Schreibstil passt hervorragend zu den Geschehnissen, die im fiktiven australischen Städtchen Kiewarra stattfinden: Aaron Falk reist nach 20 Jahren zurück in seine Heimatstadt, um an der Beerdigung seines ehemals besten Freunde Luke Hadler und dessen Familie beizuwohnen. Doch Lukes Eltern lässt der Tod ihres einzigen Kindes keine Ruhe und sie bitten Aaron, die Hintergründe der Familientragödie zu untersuchen. Schon bald vermengen sich Vergangenheit und Gegenwart.

"Hitze" in Kürze gerecht zu werden ist schwer, denn Harper hat ein wunderbar facettenreiches Buch geschrieben. Die Charaktere wirken durchweg realistisch, ebenso der Ort des Geschehens. Die Hitze, die Dürre ist ebenso spürbar wie die Kargheit, Tristheit und damit verbundene Härte des Lebens auf dem australischen Land. Das Leben ist dort alles andere romantisch. Geschickt verwebt Harper die dramatischen Erlebnisse aus Lukes und Aarons Kindheit/Jugend mit der Gegenwart und das Finale des Romans, die Aufklärung des Falls ist so dramatisch (und entwickelt echte Pageturner-Qualitäten) und gleichzeitig deprimierend, dass es auch dann noch nachwirkt, wenn das Buch längst beiseite gelegt wurde, auch wenn das Ende ein kleines bisschen konstruiert wirkt.

Ist die Konstruktion übertrieben? Verdirbt sie alles? Aus meiner Sicht nicht. Aus meiner Sicht ist am Ende alles durchaus nachvollziehbar, nur der Zufall ist zum Schluss doch etwas zu häufig freundlicher Helfer.

Alles in allem bin ich am Ende aber eine dankbare Leserin und froh, mir diesen Kriminalfall gegönnt zu haben. Vor allem bin ich gespannt, ob der zweite Roman von Jane Harper, der bereits erhältlich ist, ähnlich gut ist wie sein Vorgänger. Ich wünsche es mir sehr.

Veröffentlicht am 11.01.2019

Atmosphärisch dichter Thriller

Tattoo
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„Tattoo“ hat mich positiv überrascht. Dieser Thriller war ein reiner Verzweiflungskauf. Ich stand im Buchladen und wollte unbedingt ein Buch kaufen, fand aber keins, das mich angelacht hätte. Und der Text ...

„Tattoo“ hat mich positiv überrascht. Dieser Thriller war ein reiner Verzweiflungskauf. Ich stand im Buchladen und wollte unbedingt ein Buch kaufen, fand aber keins, das mich angelacht hätte. Und der Text auf dem Backcover ist dermaßen bescheuert, dass ich „Tattoo“ eigentlich hätte liegen lassen müssen. Jetzt, nachdem ich den Thriller gelesen habe, bin ich froh, dass ich ihn mir doch gegriffen habe.

Denn – und das hätte ich anhand der Inhaltsangabe nicht gedacht – „Tattoo“ ist angenehm unaufgeregt geschrieben. Auf ausufernde Gewaltdarstellungen wurde weitestgehend verzichtet und der Fokus liegt – selten genug heutzutage – auf den Ermittlungen. Faktisch ist „Tattoo“ mehr eine Detektivgeschichte als ein Thriller, aber der Roman ist spannend genug, um die Bezeichnung Thriller zu rechtfertigen. Sehr gut gefallen hat mir auch, dass im Verlauf der Geschichte nicht massenhaft weitere Menschen sterben müssen, sondern die Todesrate stabil bleibt. Und auch dass der Fokus nicht auf dem Dornenkiller (Augenrollen hier einsetzen) liegt, sondern auf den Ermittlern, hat mich sehr angesprochen. Vor allem aber ist „Tattoo“ atmosphärisch dicht, die ständige Bedrohung ist für den Leser die ganze Zeit spürbar.

Vor allem aber gefallen mir die Protagonisten, allen voran Ruth Lake, die eine Ruhe ausstrahlt, die sie mir durchweg sympathisch gemacht hat. Das machte es mir leicht, mich auf ihre Seite zu schlagen und mit ihr zu fiebern. Sie und ihr Kollege bzw. Vorgesetzter Greg Carver bilden ein tolles Duo, von dem ich gerne mehr lesen möchte. Kurz: Ich hoffe, dass „Tattoo“ den Auftakt einer Serie bildet.

Im Grunde genommen hat mich nur eine Sache gestört: nämlich dass der Killer im Finale auch dann noch seine Stimme verfremdet und eine Maske trägt, als er sicher ist, dass sein Opfer nicht entkommen kann. Da ist die Überraschung, wer der Täter ist, künstlich in die Länge gezogen worden.

Trotzdem: Alles in allem ist „Tattoo“ ein gelungener Thriller, der viele interessante Elemente bietet, die unterhaltsam und spannend sind.

Empfehlenswert.

Veröffentlicht am 06.01.2019

Gut für Einsteiger

Layla und das Biest, das sterben möchte 1
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Vorab: Ich habe noch nie einen Manga gelesen. Insofern wusste ich vorher nicht, was mich erwartet und ich kann auch nicht sagen, inwiefern meine Rezi aus Sicht eines "Experten" Sinn ergibt. Diese Rezi ...

Vorab: Ich habe noch nie einen Manga gelesen. Insofern wusste ich vorher nicht, was mich erwartet und ich kann auch nicht sagen, inwiefern meine Rezi aus Sicht eines "Experten" Sinn ergibt. Diese Rezi richtet sich also mehr oder weniger an Einsteiger wie mich und dürfte für Manga-Kenner wenig hilfreich sein. Aber nun will ich langsam zur Sache kommen:

"Layla und das Biest, das sterben möchte" hat mich positiv überrascht. Manga waren mir vorab nur dem Namen nach bekannt, gelesen hatte ich bisher keins. Insofern war die erste Überraschung für mich, dass es von hinten nach vorn und von rechts nach links gelesen wird. Noch mehr überraschte mich, wie schnell ich mich an die für mich ungewohnte Leserichtung gewöhnen konnte - nach wenigen Seiten war ich voll drin.

Was mich anfangs auch erstaunte: dass nur der Umschlag und die einführenden Seiten vor dem ersten Kapitel detailreich und in Farbe präsentiert werden, der Rest dagegen sind sehr schlicht gehaltene schwarz-weiße Zeichnungen. Mir persönlich hat das gefallen, weil es wenig Ablenkung gibt und so ein hohes Lesetempo gewährleistet ist - was momentan genau das Richtige für mich ist.

In diesem Fall waren die Zeichnungen allerdings teilweise so grob, dass es mir schwer fiel zu erkennen, welcher Charakter da gerade gezeigt wird. Ich bin gespannt, ob der Zeichenstil im zweiten Teil etwas feiner ausfallen wird. Insgesamt aber gefällt mir die Präsentation.

Wichtiger ist mir, dass mir die Protagonisten im Verlauf der Erzählung ans Herz gewachsen sind. Die Geschichte selbst bietet relativ wenig Neues. Im Kern ist es die Geschichte "Die Schöne und das Biest" in modernem und japanischem Gewand. Es gibt allerlei Klischees, die bedient werden. Trotzdem war dieses Buch für mich ein Erlebnis, was aber sicher darauf zurückzuführen ist, dass es mein erster Manga war.

Teil 1 verstehe ich als Einleitung zur Serie. Die Charaktere wurden eingeführt, ihr Verhältnis festgelegt, die Schurken stehen fest. Nun bin ich gespannt, wie es in Teil 2 weitergehen wird, der im Februar 2019 erscheinen wird! Das Buch habe ich bereits vorbestellt.

Veröffentlicht am 17.12.2018

Ergreifende Novelle ohne jedes Pathos - lesenswert

Wir und Es
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Es gibt sie manchmal, die Kleinode, die sich hinterrücks in den Kopf schleichen. "Wir und es" ist so ein Kleinod. Gerade einmal 103 umfasst das schmale Bändchen und doch wird es mich noch lange beschäftigen.

Larissa ...

Es gibt sie manchmal, die Kleinode, die sich hinterrücks in den Kopf schleichen. "Wir und es" ist so ein Kleinod. Gerade einmal 103 umfasst das schmale Bändchen und doch wird es mich noch lange beschäftigen.

Larissa Schwarz hat ein tolles Buch abgeliefert und ich bin ihr ausgesprochen dankbar, dass sie sich gegen jeden Kitsch und jede Rührseligkeit, jedes Aufblasen entschieden hat. Das macht dieses Buch so gut und herzzerreißend.

Ich persönlich mag keine Schmonzetten und dieses Büchlein ist zum Glück keine. Ich mag, dass Larissa Schwarz ihre Leser*innen als intelligente Wesen wahrnimmt, denen man nicht alles servieren muss. Die Geschichte hat Lücken, es gibt Zeitsprünge, der jeweilige Ich-Erzähler wechselt permanent und all das hat mir Spaß gemacht, weil ich mich nicht für dumm verkauft gefühlt habe.

Auch dass Larissa Schwarz ihrer Geschichte vertraut hat und sie nicht unnötig aufgeblasen hat, sie nicht unnötig romantisiert oder gar ins Schnulzige hat abdriften lassen, trägt zum positiven Eindruck bei.

Und dann ist da die Geschichte: Eigentlich sind es fünf Geschichten, denn fünf Freunde erzählen von sich. Und das ist spannender, als man zunächst annehmen mag. Denn wie sich die Wege kreuzen, wie sich deren Leben auseinander entwickelt und wie es doch immer wieder zu Überschneidungen kommen, wie die Realität sie einholt, diese grausame Realität, wie sich alles zusammenfügt, das ist wunderbar zu lesen.

Im letzten Drittel werden nicht nur den Ich-Erzählern (und speziell der Anwaltstochter), sondern auch uns die Augen geöffnet - und das ist herzzerreißend.

Und dann ist da das Ende und natürlich ist auch das frei von Rührseligkeit und ich danke Larissa Schwarz, dass sie das Buch und speziell das Ende genau so geschrieben hat, wie sie es geschrieben hat.

Am Ende ist das Buch zwar ein Plädoyer für mehr Toleranz und Offenheit "anderen" gegenüber, es ist aber auch ein Buch über Identität an sich, über die Entwicklung, die Menschen durchmachen.