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Veröffentlicht am 25.03.2019

Parallelen zu einem Comic

Die Farben des Feuers
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finden sich aus meiner Sicht im vorliegenden Roman, in dem es im Prinzip um das Leben und Leiden der Madeleine Péricourt geht. Diese wird nach dem Tode ihres Vaters Marcel Alleinerbin einer großen, einflussreichen ...

finden sich aus meiner Sicht im vorliegenden Roman, in dem es im Prinzip um das Leben und Leiden der Madeleine Péricourt geht. Diese wird nach dem Tode ihres Vaters Marcel Alleinerbin einer großen, einflussreichen Bank. Doch widerfährt ihrer Familie am Tage von Marcels Beerdigung ein weiteres großes Unglück, das sie über längere Zeit dergestalt vereinnahmt, dass sie keinen Blick für die Geschicke der Bank hat.

Was für eine Gelegenheit für diejenigen, die sich beim Erben übergangen wurden, zur Tat zu schreiten und die Dinge zu ihren Gunsten zu wenden! Als Madeleine wieder bereit ist, am Leben teilzunehmen, ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen: ihr verschwenderischer Onkel Charles hat sich seinen Teil genommen, ihr ehemaliger Liebhaber, der bis dahin erfolglose Journalist André hat sich verabschiedet, nicht ohne dem Rädchen, das Madeleine zu seinen Gunsten gedreht hatte, noch einen kräftigen Schwung zu geben. Und der ehemalige Prokurist der Bank Gustave Joubert kann der inzwischen mittellosen Madeleine sogar ihr Elternhaus abkaufen. Dann gibt es noch den ein oder anderen mehr im weiteren Umfeld der Bediensteten und Mitarbeiter, der sich fleißig die Taschen gefüllt hat.

Wer jedoch davon ausgegangen ist, dass Madeleine sich in ihr Schicksal fügt, der hat sich geschnitten. Sie startet einen Rachefeldzug, der zunächst so subtil beginnt, dass niemand etwas merkt. Und dann - nun, lesen Sie selbst.

Oder auch nicht: denn nur, wer kein Problem hat mit langatmigen Schilderungen und einer an vielen Stellen ausgesprochen konstruierten Handlung, wird diesen Roman uneingeschränkt genießen können. Dazu kommen noch stellenweise so verdrehte Schilderungen, dass sie - nimmt man Faktoren wie Zeit und Raum in Acht - gar nicht stimmen können. Außerdem sind es stellenweise wahre Räuberpistolen, die sich der Autor so ausgedacht hat. Dazu passt auch das überdrehte Personal, das zeitweise so agiert, dass ich mich an Comic-Figuren erinnert fühlte. Es scheint Leser zu geben, die das wenig stört, mir jedoch hat es diesen Roman verleidet. Wobei er durchaus eindringlich und stellenweise süffig zu lesen ist, was mir half, am Ball zu bleiben. Zudem hatte ich bis zum Schluss die Hoffnung, dass die ein oder andere Wendung die Handlung so dreht, dass auch ich sie verstehen und mich voll und ganz hinter sie stellen kann. Leider war dies nicht der Fall, auch verlief der ein oder andere Erzählstrang, auf den ich noch gesetzt hatte, einfach im Sande. Und vor allem: das Drumherum, der historische Rahmen, die Atmosphäre fehlten komplett. Auf diese spannende Zeit - die 1920er und 30er Jahre - bezog sich der Autor nur punktuell.

Mein Fazit: Leider kein guter Start mit Pierre Lemaitre - ich werde wohl nicht mehr zu seinen Romanen greifen.

Veröffentlicht am 06.01.2019

Trendmix

Ein wirklich erstaunliches Ding
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Die Studentin April trifft eines Nachts mitten in New York auf eine geheimnisvolle Roboterskulptur - riesig und eindrucksvoll und irgendwie auch lustig. Rasch ruft sie ihren Kumpel Andy an, der das Ganze ...

Die Studentin April trifft eines Nachts mitten in New York auf eine geheimnisvolle Roboterskulptur - riesig und eindrucksvoll und irgendwie auch lustig. Rasch ruft sie ihren Kumpel Andy an, der das Ganze filmt, spricht ein paar markige Worte dazu, wobei sie dem "Ding" den Namen Carl gibt und stellt das Filmchen ins Netz.

Ab dann überschlagen sich die Ereignisse, April und Andy werden von den sozialen Medien und der Werbebranche überrollt und vor allem April gerät in einen Sog, der sie zeitweilig alles, was ihr bisher lieb und wichtig war, vergessen lässt.

Sie ist jetzt die Carl-Expertin, auf einen Schlag berühmt geworden. Das ist heutzutage ja keine Seltenheit in der digitalen (Parallelwelt), dort exisitieren Hirarchien, von denen der in anderen Sphären lebende Mensch - und damit meine ich nicht nur alle die älter sind als die sogenannte "Generation Youtube" - nicht die geringste Ahnung hat.

Und auch nicht haben will - jedenfalls in meinem Fall. Für mich war dieser Roman eine Bestätigung dafür, wie segensreich es sein kann, weder auf Instagram, noch auf Facebook, Twitter, Whats App und wie sie alle heißen, präsent zu sein. In diesem Roman wird klar und deutlich dargelegt, wie ausgeliefert man sein kann. Nur: ich und mit mir Millionen anderer wussten das bereits seit langem.

Ich hatte den Eindruck, dass hier ein moderner Trend nach dem anderen abgearbeitet wird - die meisten davon beziehen sich auf die digitale Welt, doch auch Bisexualität wird angesprochen.

"Angesprochen" oder "kurz berührt", das sind Begrifflichkeiten, in denen ich im Zusammenhang mit diesem Roman immer wieder denken muss, denn nichts wird gründlich abgearbeitet, sondern verharrt in einer Oberflächlichkeit, die ihresgleichen sucht. Ich bin froh, dass ich längst weiß, dass bei weitem nicht alle Vertreter dieser jungen Generation, der auch der Autor Hank Green angehört, nicht so denken und schreiben und auf der Suche nach ihnen muss man nicht weit gehen, sondern kann gleich bei dessen Bruder John Green beginnen, dessen Romane "Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken" und vor allem "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" ich wirklich gern gelesen habe.

Für mich ist dieser Roman Beispiel dafür, dass man nicht mit aller Kraft versuchen sollte, auf den Zug, auf dem Familienangehörige erfolgreich fahren, aufzuspringen. Oder aber ein ganz anderes Genre wählen sollte? Oder vielleicht sich einfach mehr Zeit nehmen. Man wird sehen, was die Zukunft in Bezug auf den Autor Hank Green bringt, wenngleich viel passieren muss, bis ich wieder ein von ihm verfasstes Buch in die Hand nehmen werde.

Als Vertreterin einer älteren Generation möchte ich mir erlauben, Hank Green einen Rat in Form eines altmodischen Sprichworts nämlich: "Schuster, bleib bei deinen Leisten". Was in seinem Falle bedeutet, in der digitalen Welt, wird er doch im Klappentext des Buchs als Youtube-Star ausgewiesen. Wohin sein Trendmix offensichtlich auch viel besser passt!

Veröffentlicht am 28.07.2018

Engländer wollen in einem französischen Dorf Fuß fassen

Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
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und geraten ins Zentrum des dörflichen Interessenkonflikts.

Lorna und Paul Webster erwerben im kleinen Pyrenäendorf Fogas eine abgewrackte Gaststätte mit angehängtem Hotel und planen dort einen neuen ...

und geraten ins Zentrum des dörflichen Interessenkonflikts.

Lorna und Paul Webster erwerben im kleinen Pyrenäendorf Fogas eine abgewrackte Gaststätte mit angehängtem Hotel und planen dort einen neuen Anfang - optimistisch und gut gelaunt, bis sie ins Kreuzfeuer der Dorfbewohner geraten und vor allem vom Bürgermeister Monsieur Papon, der bei der Neueröffnung der Auberge eigene Interessen verfolgt, angefeindet werden.

So weit, so gut - die Grundlagen für einen weiteren atmosphärischen Roman im dörflichen Frankreich sind gelegt, der Leser freut sich auf ein britisch-französisches Feuerwerk.

Aber... es passiert nichts, oder sagen wir, kaum was, da die Autorin versäumt bzw. nicht fähig ist, den Figuren Leben und Charakter und dem dörflichen Setting die erhoffte Atmosphäre einzuhauchen. Dazu eine unglückliche Wahl des deutschen Titels: Monsieur Papon spielt keineswegs eine so exponierte Rolle, wie man das aufgrund dessen erwarten würde - nein, das Dorf, seine alten und neuen Bewohner insgesamt, prägen diesen Roman. Und damit ist schon ein weiteres Problem benannt: es sind einfach viel zu viele "Mitspieler", die hier herumwuseln, der Leser verliert rasch die Übersicht.

Es ist schade, aber Julia Stagg hat es verpasst, dem literarischen Reigen zum Thema französische Dörfer ein weiteres Kleinod hinzuzufügen und das lässt sich nicht nur ihre Nationalität entschuldigen, haben doch ihre Landsleute Rose Tremain mit ihrem spannungsgeladenen Roman "Ein unausweichlicher Tag" und Martin Walker mit seiner wundervollen Krimireihe über den Dorfpolizisten Bruno Maßstäbe gesetzt, was die Beschreibung des Dorflebens in Frankreich durch Briten anbelangt.

Veröffentlicht am 28.07.2018

EinSCHNITT in ein Kinderleben

Schnitt
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Eine Zäsur in seinem bisherigen Leben erfährt der 11jährige Gabriel durch eine fürchterliche Entdeckung, die er im Keller des elterlichen Hauses macht. Es erfolgt ein nachhaltiger Einschnitt in sein Leben ...

Eine Zäsur in seinem bisherigen Leben erfährt der 11jährige Gabriel durch eine fürchterliche Entdeckung, die er im Keller des elterlichen Hauses macht. Es erfolgt ein nachhaltiger Einschnitt in sein Leben und in seine kindliche Seele, der alles bisher Dagewesene verändert - und das wahrlich nicht zum Vorteil. Seine Eltern werden am selben Abend ermordet - möglicherweise von ihm selbst. Gabriel wird von seinem kleinen Bruder David getrennt, kommt in eine psychatrische Klinik, später dann wird er rausgeholt von Juri, dem Inhaber eines Sicherheitsdienstes, der bis zu seiner Volljährigkeit seine Vormundschaft übernimmt und ihm Arbeit in der Firma verschafft, die er über Jahre ausübt.

Doch was hat Gabriel eigentlich gesehen? Er hat nicht den Hauch einer Erinnerung, auch nicht daran, was mit seinen Eltern geschah. Er wächst zu einem verhärteten Mann heran, erst die Journalistin Liz findet - wenn auch nur langsam - Zugang zu ihm. Sie erwarten ein gemeinsames, zunächst von Gabriel ungewolltes Kind... doch dann überschlagen sich die Ereignisse. Es finden Entführungen, Verhaftungen und Jagden durch das ganze Land statt.

Ein saftiger Thriller mit allem Drum und Dran? Nun, für mich leider nicht. Die Figuren sind zwar eindringlich, aber doch sehr bemüht gezeichnet. Der Autor hat aus meiner Sicht nicht die sprachliche Ausdruckskraft, die Vorgänge mitreißend zu schildern und flüchtet sich allzu oft in Schilderungen von Brutalität und Gefühlskälte, die - zumindest für mich - auch bei einem Psychothriller nicht in einem solchen Ausmaß vorhanden sein müssen. Überhaupt, zum Thema Psycho - ich finde, die Psyche sowohl der Romanfiguren als auch des Lesers wird in diesem Buch gar schmählich vernachlässigt - plakativ, ja fast roboterhaft agieren die Figuren, reiht sich Ereignis an Ereignis. Für Liebhaber des eher harten Psychothrillers mag es hier Neues geben - für mich war es leider kein Lesevergnügen.

Veröffentlicht am 28.07.2018

Um tausend Ecken gedacht

Alles aus Liebe
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hat offensichtlich die Autorin Liane Moriarty beim Schreiben dieses Romans. Bereits der Plot beinhaltet ein paar Elemente zu viel: Hypnosetherapeutin verliebt sich in Witwer mit achtjährigem Sohn, der ...

hat offensichtlich die Autorin Liane Moriarty beim Schreiben dieses Romans. Bereits der Plot beinhaltet ein paar Elemente zu viel: Hypnosetherapeutin verliebt sich in Witwer mit achtjährigem Sohn, der noch sehr an seiner verstorbenen Frau hängt und zudem von seiner Exfreundin gestalkt wird und zwar mehr oder weniger rund um die Uhr. Sie meinen, die Geschichte klingt nett, jedoch ein bisschen dick aufgetragen? Nun, dann lassen Sie die Finger von dieser wirklich gut geschriebenen Story, denn wieviel Abschweifungen, Figuren, Parallelhandlungen etc. es hier noch gibt - das können Sie sich nicht einmal in Ihren kühnsten Phantasien ausmalen.

Kurzum: ein nett geschriebenes Buch, das gekürzt um hundert Seiten ganz erträglich gewesen wäre. Gekürzt um 200 Seiten und etwa fünf größere Nebendarsteller weniger wäre es ein wirklich netter Roman geworden, richtig bombastisch gut hätte er um 300 Seiten gekürzt sein können, denn mehr gibt die Handlung eigentlich nicht her.
Fazit - umständlich bis zum "Geht nicht mehr" und - obwohl gut geschrieben - nur zu empfehlen für Leser mit einem schier endlosen Geduldsfaden.