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Veröffentlicht am 05.02.2019

Sommer 1947

Der Hunger der Lebenden (Friederike Matthée ermittelt 2)
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Köln 1947, seit einem guten Jahr arbeitet Friederike Matthée nun bei der Weiblichen Polizei, die Arbeit, die sie anfangs nur als Verdienstmöglichkeit ergriffen hat, beginnt ihr zu gefallen. Auch wenn es ...

Köln 1947, seit einem guten Jahr arbeitet Friederike Matthée nun bei der Weiblichen Polizei, die Arbeit, die sie anfangs nur als Verdienstmöglichkeit ergriffen hat, beginnt ihr zu gefallen. Auch wenn es sich meist nur um Zeugenbefragung bei Kindern oder jungen Frauen handelt, seit Lieutenant Davies von der englischen Militärpolizei nicht mehr in Deutschland stationiert ist. Er hatte ihre Intuition durchaus geschätzt, und nicht nur das, Friederike hat gespürt, dass sie ihm nicht ganz gleichgültig ist, genau wie sie sich selbst zu ihm hingezogen fühlte. Doch es kam nie der versprochene Brief.
Nun wird sie erneut beruflich gefordert, im Bergischen Land wurde eine Hofbesitzerin ermordet, die Täterin wohl eine junge, renitente Frau. Vor ihrer Heirat war das Opfer ebenfalls bei der Polizei und auch als Wehrmachtshelferin tätig. Sie hat dafür gesorgt, dass „liederliche“ junge Mädchen in ein Erziehungslager in der Uckermark gebracht wurden. Auch die junge Frau, die nun mit einer Waffe in der Hand bei der Toten gefunden wurde, hat ihre Leidenszeit in diesem unmenschlichen Lager dem Opfer zu verdanken.
Dann wird Richard Davies wieder nach Köln geschickt, er soll ein Kriegsverbrechen aufklären und die Spuren kreuzen sich mit Friederikes Fall.
Der zweite Roman von Beate Sauer führt nahtlos weiter in der Kölner Nachkriegszeit. Das zweite Friedensjahr hat schon manche Erleichterung gebracht, aber es herrscht überall noch Not und Hunger. Auch wenn die ersten Baustellen an den Bombenlücken in den Straßen neuen Wohnraum versprechen, ist eine Hütte in einem Schrebergarten schon eine große Verbesserung für Friederike und ihre Mutter. Sehr authentisch ist diese Zeit des Aufbruchs und auch der Verunsicherung eingefangen. In diesem historischen Kriminalroman geht es um Schuld und die Aufarbeitung der Nazizeit, die schon in vielen Köpfen wieder verdrängt werden soll. Da auch Friederike ganz persönlich mit dieser Frage konfrontiert wird, muss auch sie sich der Vergangenheit stellen. Das gibt der Protagonistin noch mehr Profil und Charakter.
Es hat mir auch gefallen, wie die Anfänge der Weiblichen Polizei erzählt wird, da steckte die Gleichberechtigung noch sehr in den Kinderschuhen. Wenn Friederike dienstlich unterwegs ist und bei Befragungen sich von jedem Wachtmeister fragen lassen muss „Na, Fräulein, wo ist denn ihr Vorgesetzter“ wird die Wegstrecke deutlich, die inzwischen zurückgelegt wurde.
Ein spannender Krimi und noch darüber hinaus ein spannendes Zeitbild, das hat mir besonders gefallen. Eine gelungene Fortsetzung, die auch ohne Vorkenntnis gelesen werden kann.


Veröffentlicht am 30.01.2019

Tief unter der Erde

Letzter Stollen
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Am Ende jeder Grubenfahrt im Schaubergwerk zählt Frau Roither die Schutzanzüge. Verflixt, da fehlen zwei, ein wenig später fehlt dann nur noch einer, aber das macht sie stutzig, dass sie die Polizei ruft. ...

Am Ende jeder Grubenfahrt im Schaubergwerk zählt Frau Roither die Schutzanzüge. Verflixt, da fehlen zwei, ein wenig später fehlt dann nur noch einer, aber das macht sie stutzig, dass sie die Polizei ruft. Das bedeutet dass der Franz Gasperlmaier aus seiner Geburtstagsfeier zum 50igsten gerissen wird. Aber so schlimm ist das nicht, denn er steht eh nicht gern im Mittelpunkt und die Späßchen machen ihn nur verlegen. Denn der Inspektor ist so ganz vom alten Schlag, eher bedächtig und Neuheiten und allzu hohem Tempo eher abgeneigt. Aber Kollegin Manuela und die Chefin Frau Dr. Kohlross sind ja an seiner Seite, als dann tatsächlich ein Toter auftaucht.
Ein Salzbergwerk als Schauplatz eines Krimis war für mich neu und sehr interessant. Dutzlers Altaussee-Krimis sind gewürzt mit einem verschmitzten Humor und viel österreichischem Charme. Das ist auch seiner Hauptfigur, dem Franz Gasperlmaier zu verdanken. Ein ganz knorriger Charakter, dem die Einhaltung der Essenszeiten mindestens genauso wichtig ist, wie der Fortgang der Ermittlungen. Man muss ihn mögen, auch wenn seine Gedankengänge manchmal einige Zeit brauchen, bis er sie ausspricht. Meist sind dann Manuela oder die Kohlross schon weiter. Überhaupt die Frauen, die verunsichern ihn immer zutiefst, auch wenn er sie als Kolleginnen sehr schätzt.
Die Geschichte führt nicht nur tief in den Stollen, sie führt auch tief in die Vergangenheit und ganz zum Schluss überrascht der Autor die Leser mit einem ganz und gar unerwarteten Ende.
Ich mag den ganz eigenen Humor des Krimis und konnte mich bestens unterhalten. Da ich es liebe, wenn in Krimis auch die Region und ihre sprachliche Eigenheiten zum Zuge kommen können, bin ich hier auch auf meine Kosten gekommen.
Wer gern zum regionalen Kriminalroman mit viel Humor greift, wird hier bestens bedient.

Veröffentlicht am 21.01.2019

Ein Sommer am Atlantik

Die Sommer meines Lebens
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Die junge Ella verbringt 1938 ein zauberhaften Sommer auf der Ile de Ré bei einer französischen Freundin ihrer Mutter. Mit Sohn Christophe verbindet sie bald mehr als eine Freundschaft. Es scheint, sie ...

Die junge Ella verbringt 1938 ein zauberhaften Sommer auf der Ile de Ré bei einer französischen Freundin ihrer Mutter. Mit Sohn Christophe verbindet sie bald mehr als eine Freundschaft. Es scheint, sie hat die Liebe ihres Lebens gefunden. Doch schon ihren nächsten Sommerbesuch muss sie abbrechen. Der Krieg ist ausgebrochen und Christophe wird zur Armee eingezogen. Auch Ella meldet sich als Freiwillige zum Frauenhilfscorps der Army. Dann erhält sie eine schreckliche Nachricht aus Frankreich, die ihre Zukunftspläne zunichtemachen.
60 Jahre später bittet Ella ihre Enkelin Kendra ihre Erinnerungen aufzuschreiben. Ella ist am Ende ihres Lebens angekommen und spürt, wie sich ihre Erinnerungen allmählich auflösen. Sie möchte aber ihre Geschichte an ihre Kinder, vor allem an ihre Tochter, weitergeben. Für Kendra werden Ellas Geschichten auch zum Spiegel ihrer eigenen Situation. Ihre Ehe ist in einer Krise, ihr Mann und sie sind überfordert von den Problemen mit dem autistischen Sohn Finn. Ihre Liebe scheint verloren zu gehen, während sie versuchen, den Alltag zu bewältigen.
Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen. Die Erinnerungen von Ella führen nach Frankreich, berichten von unbeschwerten Sommerwochen und dem Zauber der ersten großen Liebe, über die bereits die dunklen Wolken der Kriegszeiten drohen. Ihre Erzählungen reichen bis ins Jahr 1970 und berichten von Hoffnung und zerplatzten Träumen, von Verzicht und neuem Glück. Dieser Zeitraum nimmt nicht nur den größten Teil des Romans ein, er ist auch der Teil, der mich am meisten gefesselt hat. Eine starke Frau, die am Ende ihres Lebens zurückblickt und ihr Schicksal Revue passieren lässt – das hat mich wirklich berührt und auch die historischen Details, die den Zweiten Weltkrieg aus der Sicht Englands und Frankreichs erzählen, fand ich sehr interessant.
Die Szenen vom Sommer auf der Atlantikinsel sind zauberhaft erzählt, Wind und Sonne, der Duft der Gräser und Kräuter, das wirkt lebendig und erzeugt farbige Bilder in meiner Vorstellung und nimmt mich mit auf die Insel.
Dagegen wirkt Kendra und ihr Familienproblem fast ein bisschen blass. Obwohl sehr sympathisch geschildert und ihr Nöte greifbar sind, ist eindeutig Ella die prägnanter gezeichnete Figur.
Ein warmherziger Roman, der obwohl manche traurige Szene enthält, einen optimistischen Ausblick auf das Leben hat. Ich habe mich davon wirklich anrühren lassen und bin auf Stunden die in Geschichte eingetaucht.

Veröffentlicht am 18.01.2019

Alter Fall - neu aufgerollt

Tödliches Pilsum. Ostfrieslandkrimi
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Faber, der noch recht neue Leiter des Kriminaldienstes in Emden, hat eine harte Nuss zu knacken. Zufällig wurde im Jade-Ems-Kanal ein Autowrack gefunden. Ein Fall für Faber, da das Auto einem seit fünf ...

Faber, der noch recht neue Leiter des Kriminaldienstes in Emden, hat eine harte Nuss zu knacken. Zufällig wurde im Jade-Ems-Kanal ein Autowrack gefunden. Ein Fall für Faber, da das Auto einem seit fünf Jahren entführten Wissenschaftler gehörte, es gab eine hohe Lösegeldforderung, aber es kam nie zur Geldübergabe und die Entführer meldeten sich auch nie mehr.
Bald schon merken Faber und sein Team, dass damals mehr als schlampig ermittelt wurde. Hinweise wurden ignoriert, Zeugen nicht befragt und so verlief die Suche im Sand. Eine schlimme Belastung für Sander und seine Kollegin ist auch der Zustand von Frau Gerber. Nicht nur, dass sie seit Jahren im Ungewissen lebt, eine schwere Krebserkrankung hat sie gezeichnet und sie kann kaum noch für ihre Kinder sorgen. So liegt die Hauptlast auf dem 17jährigen Sohn Mark.
Ich finde die Idee der Handlung sehr gelungen. Ein alter Fall wird plötzlich wieder in den Blickpunkt geholt und bei der Befragung der früheren Zeugen ergeben sich ganz unterschiedliche neue Ansätze. Die Polizeiarbeit ist wohltuend ruhig und realistisch beschrieben, es sind eben auch viele kleine Spuren, denen man nachgehen muss. Aber auch dabei bleibt die Geschichte sehr spannend und als sich bei mir – verhältnismäßig früh – ein Verdacht einschlich, hatte mich der Krimi noch mehr gepackt.
Einige sehr witzige Figuren geben als Sidekicks dem Buch noch eine besondere Note. Allen voran der alte Knud, Vater von Polizeikollegin Rieke oder auch Tamme, dem der Spitzname Wikinger sehr gut passt.
Der Schreibstil ist angenehm zu lesen, sehr flüssig und Spannung und Humorvolles aus dem Privatleben wechseln sich ab. Die einzelnen Spuren werden geschickt ausgelegt und verführten mich sofort zum Kombinieren und Rätseln.
Etwas weniger „Liebesgedöns“ hätte mir noch besser gefallen, das war zwar recht nett als Nebenstrang, wurde mir gegen Ende dann doch zu viel. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
Ein toller Krimi von der Küste, den ich wirklich empfehlen kann.


Veröffentlicht am 11.01.2019

Nadel & Faden

Da machen wir´nen Flicken drauf
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In glücklicher Erwartung sitzt Moni an ihrem zwanzigsten Hochzeitstag im Lokal. Ihr Rolf scheint sich wieder einmal etwas zu verspäten. Aber die Seligkeit wird ihr in wenigen Minuten aus dem Gesicht gewischt. ...

In glücklicher Erwartung sitzt Moni an ihrem zwanzigsten Hochzeitstag im Lokal. Ihr Rolf scheint sich wieder einmal etwas zu verspäten. Aber die Seligkeit wird ihr in wenigen Minuten aus dem Gesicht gewischt. Ausgerechnet diesen Tag hat sich Rolf ausgesucht um ihr das Ehe-Aus zu verkünden. Er hat eine Andere. Nur 3-4 Jahre älter als die gemeinsame Tochter Emma und es eilt, da die Tussi – so wird sie fortan im Buch genannt – auch schon schwanger ist.
Moni flüchtet zur besten Freundin Ruth, einer bekannten Modedesignerin, die grade ihre neue Kollektion vorstellt. Dort gibt es zuerst reichlich Alkohol zur Ersten Hilfe und sofort einen Traummann, mit dem sie ihren Frust wegtanzt. Ach, wenn nicht nur der Morgen danach wäre….
Moni erfindet sich neu, sie macht den Motorradführerschein, ein Herzenswunsch seit Jugendzeiten. Sie startet auch beruflich durch, denn gleich nach Studium kam damals Rolf und kurz danach Emma, so dass sie nie ihren Beruf als Schneiderin und Modedesignerin ausgeübt hat. An ihrer Seite Ruth, die sie mit ihren pragmatischen Ratschlägen und tatkräftiger Hilfe aufrichtet. Und siehe da, an neuen Traummännern ist kein Mangel, aber was will Moni wirklich?
Herzschmerz und Liebeskummer, das Ende einer Ehe und ein Neustart ins Leben. Damit kann ich in einem Satz den Inhalt zusammenfassen. Eine sehr flott – man liest das Buch in einem Atemzug – geschriebene Geschichte mit Humor und viel Wortwitz und die mich wirklich bestens unterhalten hat. Allerdings sollte man nicht so sehr über Logik und Realität nachdenken, denn daran mangelt es in der Story. Es ist halt ein Märchen und das Happy End ist nicht nur unerwartet, es ist auch ein passender Schlusspunkt für Moni.
Der Autorin ist wirklich eine federleichte Geschichte gelungen, sie schreibt amüsant und frech und das Buch hat mir durchgehend Spaß gemacht, auch wenn es nicht lange nachhallt. Aber ab und zu darf es auch ein süßes Appetithäppchen sein und es hat noch nicht mal Kalorien.