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Veröffentlicht am 19.01.2019

Hundehäufchen auf dem Rasen

Erhebung
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Scott Carey ist Hohn und Spott gewohnt, ist er doch übergewichtig und damit die ideale Zielscheibe für andere, die ihre eigenen „Makel“ nicht sehen, die anderer aber immer ganz deutlich kennzeichnen möchten. ...

Scott Carey ist Hohn und Spott gewohnt, ist er doch übergewichtig und damit die ideale Zielscheibe für andere, die ihre eigenen „Makel“ nicht sehen, die anderer aber immer ganz deutlich kennzeichnen möchten. Seit einiger Zeit wiegt er aber immer weniger, obwohl sich seine Figur nicht ändert. Selbst wenn er extrem viel isst, sein Gewicht verringert sich und seine Figur bleibt unverändert. Nur den alten Doc Ellis weiht er ein. Dieser ist genauso ratlos, wie Scott selbst. Im vollen Bewusstsein, dass dieses Phänomen gegen sämtliche Logik und alle Wissenschaft ist, verweigert er Untersuchungen in Kliniken. Er möchte kein Versuchskaninchen sein. Ist doch absehbar, dass er seinem Ende entgegengeht. Die Zeit bis dahin möchte er nutzen – und kämpft im entzweiten Castle Rock gegen Unrecht und Vorurteile. Dabei gewinnt er ganz besondere Freunde und verändert mehr, als er je geahnt hätte.

King hat sich unter seinem Pseudonym „Richard Bachmann“ schon einmal mit Gewichtsverlust beschäftigt. „Der Fluch“ geht jedoch in eine völlig andere Richtung. „Erhebung“ ging mir sehr viel mehr unter die Haut, hat mich bewegt und berührt – wogegen „Der Fluch“ sehr viel gruseliger, erschreckender, mehr Horror ist.

Trotz des erstaunlichen Gewichtsverlustes ist nicht Scott der Mittelpunkt der Novelle. Um ihn herum geschehen Dinge, die er jetzt ganz anders wahrnimmt und die er verändern möchte. Das ist die eigentliche Story. Sie führt dem Leser vor Augen, wie lächerlich, kleinlich und unsinnig so manches Verhalten ist, das man, wenn man ehrlich ist, auch selbst schon an den Tag gelegt hat. Kaum eine der Figuren in der Geschichte kommt ohne einen Charakterzug aus, der unschön oder unfair ist. Wer mit Scott zu tun hat, beginnt, diese Züge abzulegen. Scott zu berühren ist allerdings nicht gut – das merkt und zeigt auch sein Kater. So ergibt sich daraus, dass wirklich jeder gern in Scotts Nähe ist, aber eben mit der Einschränkung, auf Berührung zu verzichten. Dabei wird erst bewusst, wie wichtig Berührungen sind, wie oft man sich berührt, ohne darüber nachzudenken.

Viele Momente und Szenen in der Geschichte sind „Puzzleteile“ aus seinen anderen Werken. Diese kleinen versteckten Dinge mag ich ganz besonders an seinen Büchern. Nicht alle sind einfach nur so eingestreut, einige haben auch eine Bedeutung. Ebenso verhält es sich mit Anspielungen auf das aktuelle, reale Weltgeschehen, die Politik, die Trends und Veränderungen. King ist dabei recht deutlich, nimmt kaum ein Blatt vor den Mund.

King zeigt mit „Erhebung“ überdeutlich, dass er mehr kann, als „nur“ Horror. Nicht ohne Grund laufen seine Bücher nur noch selten unter anderen Genres als „Roman“. Noch immer steckt in jedem seiner Bücher einiges an Mystischem, Unerklärbarem, Beängstigendem, auch erwischt er den Leser jedes Mal am Ende kalt. Doch ist er weit weg von seinen üblichen Monstern. Es macht Spaß, Kings Weiterentwicklung zu begleiten und mit ihm neue Möglichkeiten zu entdecken. King zeigt unter anderem, dass man auch in einer Novelle, also auf wenigen Seiten, ganz viel sagen kann. Oder anders ausgedrückt – das Ungesagte füllt hier hunderte von Seiten.

Auch wenn mir das Ende nicht so ganz gefallen hat – wieder einmal – hat mir die komplette Reise durch die Geschichte sehr gut gefallen. David Nathans Stimme passt sehr gut zu Scotts Geschichte. Und so gebe ich dem Hör/Buch trotz dem für mich nicht perfekten Ende fünf Sterne.

Veröffentlicht am 14.01.2019

Savoy oder doch lieber Dolomitenhütte?

Zimmer frei!
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Was für ein genialer kleiner Appetit-Anreger! Wer den üblichen Urlaub satt hat, wer etwas Ausgefallenes erleben möchte, der findet in diesem Bildband-Reiseführer jede Menge Anregungen für absolut und wirklich ...

Was für ein genialer kleiner Appetit-Anreger! Wer den üblichen Urlaub satt hat, wer etwas Ausgefallenes erleben möchte, der findet in diesem Bildband-Reiseführer jede Menge Anregungen für absolut und wirklich ausgefallene und verrückte Hotels! Die Umgebung ist dabei auch nicht übel, ganz klar, aber die Hotels bzw. die Zimmer, die haben es echt in sich.

Ob nun im Gefängnis, einer Betonröhre, im Triebwerk, in einer Bibliothek, in der Wüste, über Singapur, im Eishotel, im U-Boot oder einem der anderen unfassbar außergewöhnlichen Hotels, es geht immer noch verrückter! Zu jedem findet sich hier gleich die Preiskategorie (ein, zwei oder drei Dollarzeichen für „unschlagbar günstig“, „unschlagbare Träume“ und „purer Luxus“), auf einem Piktogramm die etwaige Lage und – so vorhanden – die Internetadresse. Ja, nicht alle der Hotels haben tatsächlich Internet!

Verena Tölle hat sie gesucht und gefunden und sucht noch immer nach neuen verrückten Urlaubsorten. Zu jedem liefert sie ein paar witzige Erklärungen und Beschreibungen, sodass man am liebsten sofort losreisen und eins nach dem anderen mit eigenen Augen sehen und sich ein Bett buchen möchte. Die Fotos sind traumhaft schön und machen Fernweh. Erstaunt stellt man fest, dass man möglicherweise einige Jahre zählt, aber für ein Abenteuer dieser Art wohl nie zu alt ist. Herrlich! Ein Buch, das mich so fröhlich stimmt und so viel Abenteuerlust in mir weckt, bekommt eindeutig fünf Sterne!

Veröffentlicht am 13.01.2019

Ungelöste Fälle

Die Welt ist böse!
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Julian Hannes ist auf YouTubbe unter dem Namen „Jarow“ bekannt. Dort schildert er Kriminalgeschichten und hat eine große Fan-Base. Eine Auswahl von sechs der dreizehn auch in seinem Buch geschilderten ...

Julian Hannes ist auf YouTubbe unter dem Namen „Jarow“ bekannt. Dort schildert er Kriminalgeschichten und hat eine große Fan-Base. Eine Auswahl von sechs der dreizehn auch in seinem Buch geschilderten Fälle hat er auf diesem Hörbuch selbst eingelesen.

Die Geschichten sind sehr spannend und enorm interessant. Der Mensch kommt mit offenen Enden nicht klar, deshalb sind diese Fälle besonders faszinierend. Man kommt nicht umhin, sich zu fragen, wie man diese Fälle doch noch lösen könnte. Fast immer hat man einfach das Gefühl, dass die Lösung zum Greifen nahe ist und es einfach nicht sein kann, dass niemand dahinterkommt.

Dass Julian Hannes sich diesem Thema so intensiv und inbrünstig annimmt, kann ich sehr gut verstehen, da ich ein großer Fan von Sendungen, wie „Medical Detectives“, „Autopsie“ oder „Anwälte der Toten“ bin. Das mag morbide klingen, aber mir gefällt es, wie Forensiker auch teils sehr alte Fälle lösen. Die Gründe, die zu einer Tat führen, ändern sie nicht, machen sie nicht ungeschehen, aber sie interessieren mich und ich habe immer das Gefühl, dass dies ein Teil der Gerechtigkeit ist. Bei den hier gesammelten Fällen fehlt dieser Gerechtigkeitsteil. Das macht sie extrem bewegend. Für mich zumindest. Als Bonus erzählt „Jarow“ noch ein gruseliges Ereignis aus seiner Kindheit, das ihn in der Jugend wieder einholte. Sehr spannend!

Die Stimme von Julian Hannes ist super angenehm und ich könnte ihn mir auch sehr gut für Sprecher von anderen Hörbüchern vorstellen. Ich habe ihm sehr gerne zugehört und seine Intonation gefällt mir absolut. Ich habe auch seinen Gedanken zu den Fällen sehr interessiert gelauscht. Vom einen oder anderen Fall hatte ich schon zuvor gehört oder gelesen und mir selbst so meine Gedanken gemacht. Ich denke, mit Julian Hannes über sie zu diskutieren, wäre wirklich bereichernd!

Ich werde auch künftig kein YouTube-Follower werden, selbst nicht bei einem so genialen Thema. Ich weiß, damit bin ich nicht zeitgemäß. Damit kann ich leben. Ich genieße Bücher und Hörbücher und wie man sieht, landen die wirklich guten Kanäle früher oder später eben auch in diesen Medien! Von mir bekommt „Die Welt ist Böse“ jedenfalls als Hörbuch fünf blankpolierte Sterne!

Veröffentlicht am 12.01.2019

Ein kleines Weihnachtswunder

Dafür ist man nie zu alt
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Pia ist 19 und fühlt sich viel zu alt, um mit ihrer Familie Weihnachten zu verbringen. Nur widerwillig fährt sie die sechs Stunden im Zug. Sie ist doch schon viel zu alt für solchen Kinderkram! Als sie ...

Pia ist 19 und fühlt sich viel zu alt, um mit ihrer Familie Weihnachten zu verbringen. Nur widerwillig fährt sie die sechs Stunden im Zug. Sie ist doch schon viel zu alt für solchen Kinderkram! Als sie dann noch feststellt, dass ihre Eltern Nic, den Feind (!) aus Kindertagen, eingeladen haben, hat sie noch weniger Lust dazu. Während ihre Eltern noch die letzten Besorgungen erledigen, soll Pia mit Nic und Feli den Baum schmücken.


Aus einer Kurzgeschichte wurde hier in Zusammenarbeit mit der Autorin eine Erzählung. Vanessa Eckart liest sie perfekt ein. Genau richtig nölig und frech und überheblich, aber immer noch sehr sympathisch. Wie eben eine 19jährige so sein kann, wenn sie davon überzeugt ist, als einzige richtig zu denken und zu handeln!

Die kleinen Wendungen sind teils vorhersehbar, teils arg konstruiert, aber dennoch ist die Geschichte insgesamt richtig schön, macht Laune und ist ideal geeignet, um sie jedes Jahr an Weihnachten bei den letzten Vorbereitungen noch mal zu hören. Knapp eineinhalb Stunden witzige, peppige, lustige und ein wenig ironische Minuten, die mich doch stellenweise auch arg an mich selbst erinnert haben, sind wie im Flug vergangen.

Der Unterschied zwischen der weihnachtsbegeisterten Feli, der 6jährigen Nesthäkchen-Schwester von Pia, und Pia selbst, die ein kleiner Grinch ist, könnte größer kaum sein und dennoch sind sie sich innig verbunden. Auch macht genau das viel vom Charme und Witz des Hörbuchs aus. Da zeigt die Kleine der Großen unbeirrt, wie schön das Leben und Winter und Schnee und Weihnachten sein können – und auch, dass Nic gar nicht so übel ist, wie Pia immer dachte. Die Kinderstreiche, die er ihr immer gespielt hatte, waren wohl doch keine Mordanschläge, wie sie immer dachte!

Ein Jugendbuch? Ein All-Age-Buch? Ein Buch für Erwachsene? Ich finde – Dafür ist man nie zu alt! Die Geschichte ist trotz ihrer Kürze sehr aussagekräftig und hat mir richtig gut gefallen – deshalb gebe ich auch gern die vollen fünf Sterne.

Veröffentlicht am 11.01.2019

Ein Team ist so stark, wie sein Zusammenhalt

Absolute Gewinner
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Luca ist ein Einzelgänger und liebt es, auf dem „Günni“, dem Basketballplatz seiner Schule, Moves zu üben und Bälle zu werfen. Als eines Tages der Hausmeister auf die Idee kommt, ihn und weitere Kids als ...

Luca ist ein Einzelgänger und liebt es, auf dem „Günni“, dem Basketballplatz seiner Schule, Moves zu üben und Bälle zu werfen. Als eines Tages der Hausmeister auf die Idee kommt, ihn und weitere Kids als Team zu trainieren und beim „Night Move“ mitzumachen, glaubt Luca, dass das eine verrückte Idee ist und niemals funktionieren kann. Aber er lässt sich auf das Abenteuer ein, da Jana auch im Team ist und er sie sehr mag. Kurz vor einem wichtigen Spiel verschwindet der Trainer und die Kids müssen, um weiterzukommen, eine Lösung finden. Doch dann kommt alles anders, als sie je gedacht hätten …

Wer weder Interesse noch auch nur ein klein wenig Ahnung von Basketball hat, wird über ein paar Begriffe stolpern und manche Stellen nicht so ganz verstehen, wenn es um Spielzüge und Taktiken geht. Doch ich vermute, damit tun sich Erwachsene wohl schwerer, als die eigentliche Zielgruppe der Leser zwischen 12 und 15 Jahren. Als Kind und Teenager habe ich auch viel Zeit auf dem Basketballplatz verbracht, aber seither sind so einige Jährchen ins Land gezogen. Trotzdem – das Buch hat mich problemlos zurückgebeamt und ich stand mit Luca, Jana, Heinrich und den anderen auf dem Platz.

Zu Beginn ist es eine leicht ironische Geschichte über das Teenager-Sein an einer Schule, mit all den Gedanken und Problemen, die man in dieser Zeit so hat. Hier plätschert es so vor sich hin. Nicht uninteressant, aber auch nicht besonders spannend. Das ändert sich dann aber, sobald die Kids auf dem Platz sind. Eine Handvoll Einzelgänger, die sich mehr oder weniger selbst als Außenseiter und Loser sehen, treffen aufeinander und erkennen, dass im Grunde alle ganz ähnliche Probleme haben. Sie wachsen immer mehr zusammen, respektieren aber auch Regeln und Abstände. Das ist nicht zuletzt ihrem Trainer zuzuschreiben, der, das merkt man recht schnell, eine besondere Rolle einnimmt. Wie besonders, kommt erst spät zum Tragen, dafür aber umso effektvoller.

Die Sprache, die Scheuring Luca, dem Ich-Erzähler, gibt, ist altersgemäß. Ich musste oft schmunzeln, wenn Einschübe kamen, wie „Sag ich jetzt mal so.“. Ich empfand nichts als extrem übertrieben, sondern alles recht realitätsnah. So geschrieben, dass die Zielgruppe Spaß daran hat, aber eben nicht hanebüchen.

Gut gelungen ist auch, wie der Autor die Kriege in und um Jugoslawien bzw. Kroatien, Serbien und Bosnien eingebaut und beschrieben hat. Hier wird den Kids gut und angepasst vor Augen geführt, was Kriege bedeuten und bewirken. Das recht kurz und knapp, aber auch ohne erhobenem Zeigefinger – die Kids kommen ganz allein drauf, was das heißt.

Ein klein wenig Krimi plus „Emil und die Detektive“ in modern kommen noch obendrauf. Es macht also wirklich riesig Spaß und wird nie langweilig. Der Wert von Freundschaft, Ehrlichkeit, Treue, Zusammenhalt kommt klar raus. Gefällt mir. Gefällt mir außerordentlich gut. Deshalb gibt das dann in Konsequenz auch fünf Sterne!