Dramatischer Beginn einer Familiensaga
Morgan`s HallDieser erste Band einer neuen Reihe, von der mir noch unbekannte Autorin Emilia Flynn, hat mich irgendwie zwiegespalten zurückgelassen, obwohl er mich wirklich fesseln konnte. Ein Roman, der mit kaum sympathischen ...
Dieser erste Band einer neuen Reihe, von der mir noch unbekannte Autorin Emilia Flynn, hat mich irgendwie zwiegespalten zurückgelassen, obwohl er mich wirklich fesseln konnte. Ein Roman, der mit kaum sympathischen Protagonisten und einer manchmal eher klischeehaften Handlung, bei der die zwischenmenschlichen Beziehungen im Vordergrund stehen.
John Morgan ist der Erbe einer großen Apfelplantage und Kelterei im Dorf Woodhall im Staat Washington. Die Morgans sind einer der größten Arbeitgeber der Gegend. Das kürzlich verstorbene Oberhaupt der Familie, Charles Morgan, seine Frau Josephine, sowie John und Violet, leben abgeschieden und sehr traditionell. Als Geschenk zum erfolgreichen Studienabschluss und vor der Übernahme des Familienbetriebes planen John und sein bester Freund Dickie eine kleine Europareise. Ihr letztes Ziel ist Wien. Es ist 1938 und als sie in der österreichischen Hauptstadt ankommen, marschiert gerade Hitler in die Alpenrepublik ein. Die beiden jungen Männer sind sich der gegenwärtigen Gefahr nicht wirklich bewusst. Ein Besuch in einer Bar verändert ihr beider Leben dennoch. Dort verdreht ihnen die Halbjüdin Isabelle den Kopf. Für den attraktiven Dickie ist sie nur eine seiner vielen Affären, doch John verliebt sich Hals über Kopf in die hübsche junge Frau. Die beiden Männer verhelfen Isabelle zur Flucht vor den Nazis, jedoch nimmt John Isabelle gegen ihren Willen auf Morgan Hall mit. Zuhause stellt er sie als seine Verlobte vor, doch ihr Herz schlägt für Johns Freund Dickie. Während Isabelle wartet, dass er sie abholt, wird die Hochzeit von John und ihr vorbereitet. Das Schicksal nimmt seinen Lauf....
Knapp zwanzig Jahre verfolgen wir das Leben auf Morgans Hall und ihren Familienmitgliedern. Durch die unterschiedlichen Erzählperspektiven hat die Autorin einen perfekten Einblick in die Gefühlswelt der Figuren geschaffen. Diese bleiben ab der Ankunft auf Morgan Hall sehr übersichtlich. Die vorallem düstere Stimmung und die komplexen Charaktere, die fast alle unsympathisch und undurchschaubar sind, wecken viele verschiedene Gefühle....sie polarisieren sehr.
Isabelle ist eine schwierige Person, die boshaft und hinterhältig agiert. Sie fühlt sich als Gefangene und ist unzufrieden und depressiv. John verwechselt hingegen Liebe mit Besitzanspruch und glaubt Isabelles Liebe kaufen zu können. Beide waren mir nicht sympathisch und noch weniger konnte ich ihre Handlungen verstehen. Dickie ist anfangs seine Karriere wichtiger, als seine Freundschaft zu John oder auch Isabelle, die auf ihn wartet. Alle drei Charaktere werden im Laufe der zwanzig Jahre von Schicksalschlägen heimgesucht.
Die Emotionen, die beim Lesen des Romans aufkommen, sind stark und auch von der Autorin so gewollt. Man durchlebt wirklich sehr viele verschiedenen Gefühlszustände in diesem ersten Band der Familiensaga. Oftmals war mir die Handlung zu viel an Drama.
Gefehlt hat mir die Darstellung des Alltages auf dem Landgut. Johns Wirken im Famlienbetrieb bleibt vollkommen nebensächlich. Ebenso hätte ich mir mehr historisches Ambiente gewünscht, welches nur am Beginn durch den Einmarsch Hitlers in Österreich und dem Umschwung in Europa, aufkam. Danach wurde nicht einnmal der Eintritt Amerikas in den Zweiten Weltkrieg erwähnt.
Wien wird von der Autorin gut beschrieben, jedoch passt die Sprache, die Emilia Flynn für mehr Lokalkolorit verwendet hat, nicht immer. Der Wiener Dialekt wird nicht hundertprozentig getroffen - fällt aber nur uns Ostösterreicher auf. Was mich aber gestört hat war, dass eine alte Frau, die in den 1950igern lebt, ein hypermoderner Jugendausdruck in den Mund gelegt wurde. Das passt so überhaupt nicht! Hier hat sich die Autorin wohl den falschen "Übersetzer" zu Hilfe geholt.
Die im Klappentext angesprochene Mystik, durch die flüsternden Stimmen, kommt erst ganz zum Schluss auf. Durch Indianer Phil und dem mysteriösen Grundstück unweit von Morgans Hall wird die düstere Atmosphäre noch verstärkt.
Ganz am Ende gibt es einen wirklich fiesen Cliffhanger, der einem die Wartezeit auf den zweiten Band viel zu lange erscheinen lässt...
Schreibstil:
Emilia Flynn hat es mit ihrer Familiensaga geschafft, dass man bei dieser Geschichte keinesfalls emotionslos bleiben kann. Der Erzählstil ist angenehm und lässt einem an der Geschichte kleben, obwohl man fast alle Charaktere am liebsten in den Wind schießen würde. Trotzdem kann man das Buch kaum aus der Hand legen.
Jedes Kapitel hat eine Überschrift, sowie Orts- und Datumsangabe.
Fazit:
Einerseits fesselnd und dramatisch, auf der anderen Seite haben mich die allesamt unsymapthischen Charaktere an den Rand der Verzweiflung gebracht. Es stehen eindeutig die zwischenmenschlichen Beziehungen im Vordergrund, wobei mir der historische Teil zu wenig war. Trotzdem möchte ich gerne weiterlesen und erfahren, wie es auf Morgans Hall weiter geht.