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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.02.2019

Wendepunkt

Frühling in Utrecht
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Klara verlässt Hals über Kopf Berlin und landet in Utrecht. Schon die Wahl des neuen Wohnorts ist eher zufällig. Wichtig ist ihr nur, dass es wenig Ähnlichkeit mit der Berliner Szene hat. Sie will neu ...

Klara verlässt Hals über Kopf Berlin und landet in Utrecht. Schon die Wahl des neuen Wohnorts ist eher zufällig. Wichtig ist ihr nur, dass es wenig Ähnlichkeit mit der Berliner Szene hat. Sie will neu anfangen, ein neues Land und eine neue Sprache, aber auch nicht ganz so fremd und exotisch, deshalb fiel die Wahl auf das Nachbarland.
Sie macht ihre ersten Schritte in einer neuen Sprache, notiert sich Gedankenfetzen in ihrem Dagboek. Sie flaniert und plaudert und nimmt den Leser mit in ihre neue Umgebung. Sie will keine Gedanken mehr an ihre zurückgelassene Beziehung in Berlin zulassen. Hauke, nur noch der Name an der gemeinsamen betriebenen Kneipe im Kiez. Die Liebe hat sich schon lange verflüchtigt, innerlich hat sie sich schon seit Jahren getrennt, nur für den letzten Schritt hat sie lange gebraucht. Vielleicht weil sie sich immer schon schwer tat mit Entscheidungen und Dinge zu Ende zu bringen.
Doch allmählich schleicht sich ein anderer Ton ein, sie vermeint Hauke zu sehen, Erinnerungen verfolgen sie und sie beginnt ihre Vergangenheit aufzuarbeiten. Ein Anstoß und eine Hilfe ist auch Thjis, ein junger Niederländer, der ihr gefällt und den sie bewundert, weil er genau weiß, was er will. Ein Wesenszug, der der Mitdreißigerin Klara in den vergangenen Jahren gefehlt hat, sie hat Unverbindlichkeit und mangelnde Entscheidungsfreudigkeit mit Freiheit verwechselt.
„Freiheit aushalten“ der Spruch, der auch an der Wand von Klaras Kneipe hing, ist eigentlich das Schlüsselwort. Klara muss es auf wirklich schmerzhafte Weise lernen, damit umzugehen und zu sich zu finden.
Mir hat der leichte, aber nie seichte, oder belanglose Ton gefallen, den Julia Trompeter für ihre Protagonistin findet. Die Sprache ist lebendig und bildhaft. Der Lernprozess, den Klara durchmacht, ist sicher vielen Lesern aus eigener Erfahrung bekannt. Es ist ein treffsicher geschildertes Bild einer Generation, die alle Möglichkeiten hat und der Schwierigkeit sich für die richtige zu entscheiden.
In vier Jahreszeiten hat Julia Trompeter ihren Roman gegliedert und als der Sommer endet, hat Klara ihren Weg gefunden. Wohin er führt, das wird dann eine andere Geschichte.

Veröffentlicht am 28.01.2019

Victor haut ab

Willkommen in der Provence
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Vivianne und Victor – ein Ehepaar seit mehr als 25 Jahren. Man hat sich gut eingerichtet in der Beziehung, auch wenn es so überhaupt nicht mehr prickelt. Berufliche Höhenflüge haben sich beiden zerschlagen, ...

Vivianne und Victor – ein Ehepaar seit mehr als 25 Jahren. Man hat sich gut eingerichtet in der Beziehung, auch wenn es so überhaupt nicht mehr prickelt. Berufliche Höhenflüge haben sich beiden zerschlagen, aber als Leiter einer Bank kann Victor seiner Frau ein komfortables Leben in Aix-en-Provence bieten, einschließlich opulenter Einkaufstouren bei Hermés und anderen Edelboutiquen.
Doch eines Tages, nach einem irritierenden Abschiedskuss, kommt Victor nicht mehr nach Hause. Schlimmer noch, Vivianne muss erfahren, dass das Konto leer ist und sie auf einem Berg Schulden sitzt. Ihre Freundin rät ihr, eine Airbnb-Pension aufzumachen um zumindest die Kreditzinsen bedienen zu können. Aber lange kann sie das Problem vor den anderen Freundinnen nicht geheim halten und siehe da – eine jede hat so ihr Geheimnis.
Das Buch ist unterhaltsam, locker geschrieben und punktet vor allem mit einer wunderschönen, lebendigen Landschaftsbeschreibung. Das ist die Provence, wie ich sie liebe und sie ersteht mir vor Augen, so farbig und bildhaft erzählt die Autorin davon.
Es gibt eine ganze Menge Turbulenzen in Viviannes neuem Leben und die mitunter skurrilen Gäste in ihrer neuen Pension bringen jede Menge Unterhaltung und Spaß in die Geschichte. Eigentlich sollte meine Sympathie ja bei der verlassenen Ehefrau sein, aber das wollte sich so ganz einstellen. Sie bleibt mir eigentlich zu blass und zu unentschieden. Sie braucht für jede Entscheidung erst mal einen Stups von außen. Auch bei den anderen Figuren ging es mir ähnlich. Felix wurde mir so überhaupt nicht lebendig, ich konnte wenig mit ihm anfangen. Die Probleme im Leben der Freundinnen nehmen immer mehr Raum ein und sind zwar amüsant, genau wie die Episoden der Pensiongäste, sie verlagern aber den Schwerpunkt von Vivianne weg.
Gut gefiel mir das offene Ende, genau wie im richtigen Leben brauchen wichtige Entscheidungen ihre Zeit und Vivianne muss sich erst einmal selbst finden. Insgesamt eine unterhaltsame Geschichte mit vielen guten Ideen, aber eben auch noch Luft nach oben.
Die

Veröffentlicht am 25.01.2019

Ein Fall für Britta Sander

Aachener Gangster
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Nach zwei spektakulären Erfolgen ist Britta Sander der Star in der Detektei Schniedewitz. Trotzdem ist sie überrascht, als Tom Hartwig in der Bürotür steht. Hartwig ist ein Schrank von einem Mann, überreich ...

Nach zwei spektakulären Erfolgen ist Britta Sander der Star in der Detektei Schniedewitz. Trotzdem ist sie überrascht, als Tom Hartwig in der Bürotür steht. Hartwig ist ein Schrank von einem Mann, überreich tätowiert und taucht gleich mit 4 Bodyguards im Schlepptau auf. Sein Fall ist delikat, sein väterlicher Freund und Mentor wurde auf grauenhafte Weise ermordet. Da der sich im Gangstermilieu bewegte, will Hartwig den Mörder finden ohne die Polizei einzuschalten.
Entgegen aller Vernunft und Warnungen nimmt Sander den Auftrag an und findet sich bald tief in die Machenschaften diverser Syndikate verwickelt. Hartwig selbst scheint seiner Vergangenheit abgeschwört zu haben und will nur noch legale Geschäfte als Kunst-und Antiquitätenhändler abwickeln. So ganz glaubt Sander das zwar nicht, aber tiefer will sie gar nicht bohren.
Der dritte Fall für Britta Sander beginnt mit einem Prolog, der einige Tage in der Zukunft angesiedelt ist. Das erhöht sofort die Spannung, denn es wird klar, dass die Sache nicht ungefährlich wird. Aber Britta ist abgebrüht und kann genauso gut austeilen, wie einstecken. Damit - und weil sie so völlig unbeeindruckt von Hartwigs Machtdemonstrationen bleibt - erwirbt sie sich bald seinen Respekt und sein Vertrauen.
Der Aachener Krimi punktet aber auch mit Humor. Nicht nur Sanders Gedanken – immer wieder kursiv eingestreut – sind lakonisch und witzig. Auch ihr Hund Sammy, das Kampfknäuel, trägt dazu bei. Das lockert den Krimi auf, genau wie die wohl bewusst gewählte Übertreibung der Figur Hartwigs und seiner Gegenspieler aus dem Gangstermilieu. So fährt Hartwig natürlich Maserati und seine 4 (!) Bodyguards in nagelneuen Range Rovers hinterher. Sein Haus ist eine Festung, für die es wohl nie eine Baugenehmigung gab. Und Hartwigs Kollege aus dem Milieu führt schon mal als Machtdemonstration einen Leoparden an der Leine spazieren.
Dadurch habe ich auch gar nicht allzu viel Realismus erwartet, obwohl ich mich schon fragte, wieso ein Mann wie Hartwig mit schier unerschöpflichen Ressourcen an Geldmittel und Verbindungen eine regionale Detektei beauftragen muss. Aber das hat meinen Lesespaß überhaupt nicht geschmälert, beeinträchtig wurde er von einem überstrapazierten Stilmittel: Tahar, ein Freund Brittas und ein Computergenie, darf nur mit französischem Akzent sprechen und das wird mit Sätzen wie „ist das einö Fragö?“ oder „mir kommön die wildestön Sachön zu Ohrön“ wiedergegeben. Das gefiel mir nicht und nervte zusehends.
Nichts desto trotz, der Aachen Krimi hat mir gut gefallen und ich bin auf die Vorgänger Bande neugierig geworden.

Veröffentlicht am 14.01.2019

Die kleine Meerjungfrau

Das kleine Café in Kopenhagen
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Für Kate kommt es grade knüppeldick. Ihr Lover und Kollege Josh hat nicht nur ihre Idee geklaut, er hat sich damit auch ihre Beförderung geschnappt. Für sie bleibt eine undankbare neue Aufgabe. Sie soll ...

Für Kate kommt es grade knüppeldick. Ihr Lover und Kollege Josh hat nicht nur ihre Idee geklaut, er hat sich damit auch ihre Beförderung geschnappt. Für sie bleibt eine undankbare neue Aufgabe. Sie soll eine Pressereise nach Kopenhagen organisieren. Sechs Journalisten soll das dänische Lebensgefühl nahegebracht werden um möglichst positive Reaktionen auf ein geplantes dänisches Kaufhaus in London zu bekommen. Der Journalist und Redakteur Ben Johnson sträubt sich, er hält eine solche Reise für unter seiner Würde und Hygge und skandinavischen Lifestyle für Humbug.
Aber es kommt, wie es kommen muss. In den fünf Tagen fliegen zwischen Kate und Ben die Fetzen, aber eine Faszination können beide nicht leugnen.
Wieder eine Interpretation des Themas „das kleine Café in….“. Dazu eine zauberhafte Location: Kopenhagen. Ein charmant geschriebenes Buch, das mich richtig neugierig auf Kopenhagen machte. Mit diesem Roman habe ich fast alle wichtigen Sehenswürdigkeiten kennengelernt, mit Leidenschaft legt die Autorin die Stadt den Lesern ans Herz. Und nicht nur das, auch das Lebensgefühl der Dänen, zusammengefasst im Schlagwort „Hygge“ trägt zum guten Gefühl beim Lesen bei. Dazu gibt es viel Witz und Situationskomik, wenn Kate erkennen muss, dass sechs Journalisten schwieriger zu hüten sind, als eine Horde Kindergartenkinder.
Die warmherzige Geschichte, natürlich mit reichlich Liebeswirren, macht einfach gute Laune. Wie sich zwei Sturköpfe zusammenfinden und Kate das Wichtige im Leben erkennt, hat die Autorin flott und auch routiniert erzählt. Das liest sich leicht und unterhaltsam. Der Plot ist nun nicht sonderlich neu, aber eine hübsche Variation des Themas und das Happy End hat mir gefallen.

Veröffentlicht am 04.12.2018

Tod beim Krippenspiel

Die Melodie des Mörders
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Kurz vor Weihnachten in einem kleinen mittelenglischen Dörfchen. Während der Pfarrer Jasper mit seinen Schäfchen das jährliche Krippenspiel probt, kommt auf der Empore der Organist Clifford zu Tode: erschlagen ...

Kurz vor Weihnachten in einem kleinen mittelenglischen Dörfchen. Während der Pfarrer Jasper mit seinen Schäfchen das jährliche Krippenspiel probt, kommt auf der Empore der Organist Clifford zu Tode: erschlagen mit einer Orgelpfeife! Kurz zuvor hatte er noch den Pfarrer um ein vertrauliches Gespräch wegen einer Tombola gebeten.
Da sich die örtliche Polizei, vertreten durch Inspector Hoffer noch nie mit Ruhm bekleckerte – Hoffer zeichnet sich durch vor allem durch Faul- und Dummheit , gepaart mit Überheblichkeit aus – bittet der Pfarrer seinen Freund, den Tanzlehrer Colin Duffot um Hilfe. Die beiden haben im letzten Jahr zusammen mit der Krankenschwester Norma bereits einige Fälle gelöst.
Schon bald weisen Spuren in die Vergangenheit, vor gut 20 Jahren bevölkerte eine kleine Künstlerkommune die abseits gelegene Gleech-Farm. Dort starb unter seltsamen Umständen die junge Bildhauerin Sunshine, was der junge Hoffer damals als eindeutigen Selbstmord abtat. Auch Clifford gehörte damals zu den Bewohnern, wie noch einige Andere aus dem Dorf, deren künstlerische Ambitionen sich in bürgerliche Berufe gewandelt haben.
Trotz Krippenspiel will bei diesem Krimi keine heitere Weihnachtsstimmung aufkommen. Der Fall ist recht düster. Natürlich gibt es immer wieder kleine Aktionen und Situationen die mich zum Schmunzeln brachten, so wie die kleinen Eifersuchtsanfälle von Colin, wenn seine sehr viel jüngere Freundin allabendlich im rosa Fähnchen das Haus verlässt. Auch die Eifersüchteleien um die größere Sprechrolle beim Krippenspiel haben mich amüsiert. Aber zu meiner Lieblingsfigur avancierte eindeutig Mady, eine kleine Streunerin, die Colin unbedingt als „Hilfsspionin“ unterstützen will.
Das Mordermittler-Trio ist mir schon aus früheren Fällen bekannt, allein die Zusammenstellung mit einem pensionierten Tanzlehrer, einem Pfarrer und einer Krankenschwester ist schon für kuriose Ergebnisse gut. Ein flüssig geschriebener „Landhaus“-Krimi, der wirklich flott und amüsant zu lesen ist, bei dem es aber nicht unbedingt sehr spannend zugeht.
Gut gefallen haben mir die Kapitelüberschriften, lauter Weihnachtsklassiker, die mich dann beim Lesen als Ohrwurm begleitet haben.