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Veröffentlicht am 21.02.2019

Masken

Deine kalten Hände
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Ein zufälliger Theaterbesuch bringt die Schriftstellerin H. in den Besitz des Tagebuchs von Künstler Jang Unhyong. Dieser ist vor einiger Zeit spurlos verschwunden, zurück bleiben nur seine Skulpturen. ...

Ein zufälliger Theaterbesuch bringt die Schriftstellerin H. in den Besitz des Tagebuchs von Künstler Jang Unhyong. Dieser ist vor einiger Zeit spurlos verschwunden, zurück bleiben nur seine Skulpturen. In seinen Aufzeichnungen erfährt H. wie es zu seinem Verschwinden kam, und noch viel mehr über seine Kunst.

Han Kang blickt in diesem Roman mit der ihr ganz eigenen Sichtweise tief in die Köpfe ihrer Figuren. Unhyong hat eine recht seltsame Beziehung zu seinen Mitmenschen, einerseits offen was die Kunst angeht, andererseits auch verschlossen. Erst die junge Frau L., die die titelgebenden kalten und gleichzeitig wunderschönen Hände besitzt, während der Rest ihres Körpers nicht den gängigen Schönheitsidealen entspricht, erst diese junge Frau also, kann ihn etwas öffnen. L. ist eine interessante Figur, ihr Selbstbild und ihr Selbstvertrauen bzw. der Mangel daran nehmen großen Raum im Roman ein, viele ihrer Handlungen machen sehr betroffen und sind verstörend. Ihre Freundschaft mit Unhyong wird sehr gut dargestellt. Ebenso dessen Kunst, die Plastiken, Masken und Hohlräume, seine Faszination für Ls Hände. Erstaunlich eigentlich, doch die Autorin beschreibt diese Dinge in wenigen Worten trotzdem so genau, dass man sie vor Augen hat. Die Symbolik rund um Masken und Hüllen, hinter und in denen sich Menschen verstecken, wird auf immer neue Art und Weise in den Fokus gerückt. Sprachlich ist der Roman eigentlich eher kalt, trotzdem werden beim Leser viele Emotionen geweckt. Mir hat Han Kangs Roman gut gefallen, eine starke Symbolik und viele Einblicke in die Gefühlswelt der Gesellschaft.

Veröffentlicht am 19.02.2019

Der verlorene Sohn

Worauf wir hoffen
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Amar ist der jüngste Sprössling und einzige Sohn einer gläubigen schiitischen Familie. Seine Eltern sind einst aus Haiderabad nach Kalifornien ausgewandert, haben jedoch viele ihrer Traditionen mitgebracht ...

Amar ist der jüngste Sprössling und einzige Sohn einer gläubigen schiitischen Familie. Seine Eltern sind einst aus Haiderabad nach Kalifornien ausgewandert, haben jedoch viele ihrer Traditionen mitgebracht und so ist das Familienleben kein typisch amerikanisches. Während Amar relativ viele Freiheiten genießt, sind seine Schwestern Haida und Huda zu guten, gehorsamen Mädchen erzogen worden. Doch Amar kommt immer weniger mit der religiösen Strenge klar, rebelliert auf seine Weise.

Die Autorin gewährt uns mit ihrem Roman tiefe Einblicke in das Familienleben dieser Parallelgesellschaft. Zwar geht der Vater Rafik einer Arbeit nach, die Mutter Laila bleibt wie viele andere zu Hause um für die Familie zu sorgen. Gleichzeitig aber dürfen die Kinder ihre Freunde nur in der Schule sehen, der Hijab wird den Mädchen zwar nicht direkt aufgezwungen, gleichzeitig wird ihnen aber vermittelt, welch große Enttäuschung es für die Eltern wäre, trügen sie ihn nicht. Religion und Tradition wird in dieser Familie groß geschrieben, allerdings vergessen diese dabei, dass nicht jede Regel unbedingt Gutes für die eigene Familie bedeuten muss. Es war wirklich traurig mit anzusehen, wie Eltern, die ihre Kinder wirklich lieben, so völlig an deren Bedürfnissen und Neigungen vorbeierziehen können. Die „braven“ Töchter erfahren nur sehr selten spürbare Zuneigung, gleichzeitig aber sehr wohl Strenge und Härte. Der goldene Sohn kennt kaum Regeln, Fehlverhalten wird gerne mal schöngeredet. Klingt jetzt alles erst einmal recht einfach gestrickt und klischeebehaftet, ist aber so viel mehr. Die Autorin arbeitet noch die kleinsten Nuancen der familiären Beziehung heraus, lässt den Leser auch auf den letzten Seiten noch neue versteckte Charakterzüge entdecken. Das und die verschachtelte, auf mehreren Zeitebenen angelegte Erzählstruktur machen für mich den großen Reiz dieses Debütromans aus. Sicherlich lässt sich die Geschichte nicht einfach so weglesen, gerade der nichtlineare Aufbau braucht schon etwas Aufmerksamkeit. Auch braucht die Handlung etwas Anlaufzeit, doch die positiven Aspekte machen das wieder wett. Insgesamt mochte ich „Worauf wir hoffen“ sehr, eine Autorin, die man sich merken sollte.

Veröffentlicht am 21.01.2019

Underground Railroad

Underground Railroad
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„Das Sonderbare an Amerika war, dass Menschen Dinge waren.“
Cora wird als Sklavin auf einer Baumwollplantage ausgebeutet; nicht einmal familiärer Rückhalt ist ihr gegönnt, denn die Mutter floh als Cora ...

„Das Sonderbare an Amerika war, dass Menschen Dinge waren.“
Cora wird als Sklavin auf einer Baumwollplantage ausgebeutet; nicht einmal familiärer Rückhalt ist ihr gegönnt, denn die Mutter floh als Cora gerade 10 Jahre alt war. Die Willkür und Grausamkeit ihrer Herren ist kaum zu ertragen, doch eines Tages ergibt sich auch für Cora plötzlich die Möglichkeit zur Flucht. Zusammen mit Cäsar versucht sie mithilfe der Underground Railroad in den Norden zu gelangen, in die Freiheit.

Colson Whitehead wurde für seinen aufwühlenden Roman u.a. mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet, und ich kann schon verstehen warum. Das Drama um Coras und Cäsars Flucht steht beispielhaft für viele Sklaven, die den Mut (und die Möglichkeit) hatten um zu fliehen. Der Autor macht jedoch auch mehr als deutlich, dass Flucht nicht immer auch Freiheit bedeutete, Sklavenfänger, Widrigkeiten und der ganz alltägliche Rassismus machen den Sklaven das Leben mehr als schwer. Man fiebert natürlich mit den beiden mit, trotzdem bleibt dabei auch immer eine gewisse Distanz. Die meisten Kapitel handeln von Cora, es wird aber auch immer wieder kurz berichtet wie es Figuren ergangen ist, die ihren Weg kreuzten, was das Gesamtbild abrundet. Ich habe es dem Autor ein bisschen übel genommen, dass er den Begriff Railroad wörtlich genommen hat und Cora hauptsächlich auf unterirdischen Schienen auf die Reise schickt. Das macht ihre Reise sehr viel weniger gefährlich als sie in Wirklichkeit war, auch geheime Eisenbahnstationen mit Plüschsesseln und Gemälden an den Wänden fand ich mehr als unpassend. Zwar erlebt Cora auf ihrer Reise trotzdem genug brenzlige Situationen, trotzdem hätte ich mir eine etwas authentischere Herangehensweise gewünscht. Trotzdem hat der Roman natürlich seine starken Seiten, und beleuchtet ein wichtiges Kapitel der Geschichte.

Veröffentlicht am 18.01.2019

Frohes Hamoulimepp allerseits

Weihnachten auf der Lindwurmfeste
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Eigentlich gibt es ja kein Weihnachten bei den Lindwürmern. Aber andere Feste, darunter auch eines, welches unserem Weihnachten ähnelt. Und analog dazu gibt es natürlich auch Lindwürmer, die diesem dreitägigen ...

Eigentlich gibt es ja kein Weihnachten bei den Lindwürmern. Aber andere Feste, darunter auch eines, welches unserem Weihnachten ähnelt. Und analog dazu gibt es natürlich auch Lindwürmer, die diesem dreitägigen Feiertagsstress nichts abgewinnen können. Wie unser hochgeschätzter Hildegunst von Mythenmetz, der seinem alten Freund Kibitzer in einem Brief vom verhassten Hamoulimepp berichtet.

Zugegeben, mit den großen Zamonienromanen (Blaubär, Rumo, etc.) braucht man diese kurze Geschichte nicht vergleichen, doch das Orm scheint den Autor wiedergefunden zu haben. Ich mochte die kleine fantasievolle Geschichte, die mich oft zum Schmunzeln gebracht hat, und die zeigt, dass auch alle Weihnachts-… ähm ich meine natürlich Hamoulimepphasser doch irgendwo an den Traditionen hängen. Moers schmückt seinen Brief aus mit den ihm eigenen Ausschweifungen, Abschweifungen und Randdichtungen, was mir schon immer sehr gut gefallen hat. Natürlich ist auch dieses Buch wieder reichhaltig illustriert, wieder in Zusammenarbeit mit Lydia Rode. Bei „Insomnia und…“ habe ich mit dem neuen Stil der Zeichnungen gehadert, hier meine ich schon einen etwas vertrauteren Stil wieder zu finden. Auf jeden Fall ist Weihnachten auf der Lindwurmfeste eine schön gestaltete Ergänzung für die Zamoniensammlung und ein unterhaltsamer Vertröster bis zum nächsten „großen“ Roman.

Veröffentlicht am 14.01.2019

Zack, die Dritte

Das Blut der Hirsche
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Die Mittsommernacht wird sechs Jugendlichen zum Verhängnis; auf der kleinen Schäreninsel können am Tag der Party nur noch ihre Leichen gefunden werden, z.T. grausig zugerichtet. Während der Ermittlungen ...

Die Mittsommernacht wird sechs Jugendlichen zum Verhängnis; auf der kleinen Schäreninsel können am Tag der Party nur noch ihre Leichen gefunden werden, z.T. grausig zugerichtet. Während der Ermittlungen wird schnell klar, dass die Verletzungen selbstverschuldet sind. Zack Herry bewegt sich mit seinen Nachforschungen schnell in Gefilden, in die er nie wieder eintauchen wollte.

Noch im letzten Band war Zack auf dem besten Wege sich in seiner Drogensucht endgültig zu verlieren, jetzt scheint er endlich, endlich die Kurve gekriegt zu haben. Doch immer wieder holt ihn und damit auch den Leser seine Vergangenheit ein. Gerade als man meint, dass er eine Zukunft haben könnte. Leider sind gerade die Einblicke in Zacks Gefühlswelt den Autoren nicht ganz überzeugend gelungen, was besonders gegen Ende dieses Bandes doch sehr schade ist. Doch nicht nur Zacks Privatleben, sondern eben auch dieser ganz spezielle Mordfall sorgt für Spannung. Die Entwicklungen sind überraschend und wenig vorhersehbar, auch wenn ich die zwei vorherigen Bände noch ein bisschen mitreißender fand. Trotzdem fand ich diesen temporeichen Ausflug ins düstere Schweden wieder sehr gelungen. Man muss die Vorgänger übrigens nicht zwingend gelesen haben, um sich vom Autorenduo Kallentoft/Lutteman nach Stockholm entführen zu lassen ; )