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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.02.2019

Herzzerreißend

Niemals ohne sie
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Was zunächst gut getarnt als tumultöser Schelmenroman sich präsentiert, entpuppt sich sehr schnell als Familientragödie. Die unendliche Weite Kanadas mit den reichen Bodenschätzen bildet den Hintergrund ...

Was zunächst gut getarnt als tumultöser Schelmenroman sich präsentiert, entpuppt sich sehr schnell als Familientragödie. Die unendliche Weite Kanadas mit den reichen Bodenschätzen bildet den Hintergrund für das Handlungsgerüst, und der Clan der Familie Cardenal zeichnet sich dadurch aus, dass jedes Mitglied, Vater und Mutter ebenso wie die einundzwanzig Kinder, über ein mehr als zugespitztes Charakterprofil verfügt. Raffiniert verschränkt die Autorin die Zeitebenen, die Gegenwart des Treffens bei der Erzsuchertagung in dem schäbigen Hotel, mit den unterschiedlichen Stadien der Kindheit, die sich zwangsläufig dadurch ergeben, dass bei dieser großen Kinderzahl sich die Verhältnisse, die Beziehungen der Geschwister kontinuierlich verschieben. Ebenso raffiniert, jedes Kapitel von einem anderen Familienmitglied berichten zu lassen und es dem Leser zu überlassen, die genaue Perspektive selbst zu entschlüsseln, da keine Überschrift den Namen des Sprechenden verrät. Erst im Laufe des Romans enthüllt sich die volle Wucht des Geschehens, aus Andeutungen wird die herzzerreißende Wahrheit, die jedes einzelne Familienmitglied zu einem Leben unter einer düsteren Wolke der Schuld und der Scham verurteilt.

Veröffentlicht am 30.01.2019

Gerundetes Leben

Fünf Tage im Mai
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Das kleine Mädchen, die junge Frau, die uns ihre Geschichte erzählt, erfährt in ihrem Leben ein großes Glück. Von klein auf hat sie ihren Tat‘ka an ihrer Seite, der für sie zum vertrautesten, zum geliebtesten ...

Das kleine Mädchen, die junge Frau, die uns ihre Geschichte erzählt, erfährt in ihrem Leben ein großes Glück. Von klein auf hat sie ihren Tat‘ka an ihrer Seite, der für sie zum vertrautesten, zum geliebtesten Menschen wird. Und bei ihrer letzten Begegnung gibt er ihr eine selbst - schmerzlich! - erworbene Erkenntnis mit auf den Weg, der ihr das Dasein unendlich erleichtern wird. Dieses kleine Büchlein, dieses literarische Debüt steckt so voller Weisheit, wenn es die Wirren des Erwachsenwerdens nachzeichnet. Die kleinen Begebenheiten ebenso wie die große Krise, an der die Erzählerin zu zerbrechen droht, künden von der unendlichen und bedingungslosen Liebe, die ein Alter einer ganz Jungen entgegenzubringen vermag. In gekonnter Konzentration verdichten sich die Welterfahrungen zweier Menschen, das gerundete Leben des Urgroßvaters und das noch in irrenden Schleifen fortschreitende Dasein des ‚Dirndls‘, in der Verkürzung auf die ‚Fünf Tage im Mai‘. Ein Weg ins Leben, ein Weg aus dem Leben, dem zu folgen sich gelohnt hat.

Veröffentlicht am 19.01.2019

Furioses Sittenbild

Die Farben des Feuers
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Dieser rasante Gesellschaftsroman weckt Erinnerungen an die großen französischen Erzähler des 19. Jahrhunderts. Eine moderne Comedie Humaine, ein furioses Sittenbild aus der Epoche zwischen den beiden ...

Dieser rasante Gesellschaftsroman weckt Erinnerungen an die großen französischen Erzähler des 19. Jahrhunderts. Eine moderne Comedie Humaine, ein furioses Sittenbild aus der Epoche zwischen den beiden Weltkriegen: Die Erbin einer Privatbank verliert ihren gesamten Besitz, wird sozial deklassiert und entwickelt einen ebenso rasenden wie zielgerichteten Hass auf die Menschen ihrer Umgebung, die an ihrer Misere schuld sind. Wie ein feinjustiertes Uhrwerk richtet ihre Rache diese Menschen zugrunde, die jeweils einen bestimmten Typus niedriger Gesinnung repräsentieren. Geschliffen formulierte Charakterdarstellungen, eine sich in immer irrsinnigeren Pirouetten beschleunigende Konstruktion der Handlung, die süffisante Ironie eines Sprachgebrauchs, der an die große französische Tradition erinnert - das sind die Merkmale dieses Romans, der dem Leser ungetrübtes Lektürevergnügen bietet.

Veröffentlicht am 25.11.2018

Guter Typ

Ofirs Küche
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Ein rundherum gelungenes Buch! Schon die Coverillustration sendet die richtigen Signale: kein HiTech-Labor, sondern eine rummelige Familien-Küche. Endlich mal jemand, der die Zubereitung einer Mahlzeit ...

Ein rundherum gelungenes Buch! Schon die Coverillustration sendet die richtigen Signale: kein HiTech-Labor, sondern eine rummelige Familien-Küche. Endlich mal jemand, der die Zubereitung einer Mahlzeit nicht als heilige Handlung zelebriert! Die Rezepte sind küchentechnisch einfach und absolut alltagstauglich. Es ist nicht notwendig, sich eine ganze Vorratskammer neuer Zutaten zuzulegen. Für die paar speziellen Dinge, die wirklich benötigt werden, nennt Ofir gleich die Geschäfte, die in jeder größeren Stadt aufzutreiben sind. Die youtube-Tracks haben genau das bewiesen, was er uns versprochen hat: in null Komma nix ist das Gericht fertig. Und seine nonchalante Art, uns im Vorwort seine Familiengeschichte und seine bisherige Biographie zu präsentieren, ist einfach atemberaubend! Die großartigen Fotografien voller Atmosphäre ergänzen den Band auf das trefflichste!

Veröffentlicht am 21.09.2018

Fromme Blasphemie

Befreit
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Die Zugehörigkeit zur Sekte der Mormonen muss ja gar nicht das Problem sein. Auch nicht die anfängliche Armut.
Aber wenn jedes Ereignis, jeder Unglücksfall, der eindeutig auf Beschränktheit zurückzuführen ...

Die Zugehörigkeit zur Sekte der Mormonen muss ja gar nicht das Problem sein. Auch nicht die anfängliche Armut.
Aber wenn jedes Ereignis, jeder Unglücksfall, der eindeutig auf Beschränktheit zurückzuführen ist, als Gottes Wille angesehen wird, dann wird deutlich, dass Eigenverantwortlichkeit in dieser Familie ein Fremdwort ist. Was Demut vor Gott sein soll, ist in Wirklichkeit der vollkommen hypertrophierte Machtwille des Vaters. Wer in unseren Tagen nach solch archaischen Prinzipien zu leben bereit ist, stellt seine umfassende Abhängigkeit unter Beweis.
Fassungslos verfolgt der Leser, unter welchen schweren Bedingungen die Protagonistin sich befreit - und um welchen Preis! So tief verinnerlicht die perpetuierte Manipulation, dass die konstante Introspektion zum vollkommenen Zusammenbruch führt. Zu zweifeln, dass man sich selbst trauen kann, das ist der größte Bankrott, sich daraus zu befreien der tapferste Sieg! Ein Buch, dass man nicht aus der Hand legt!