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Veröffentlicht am 15.09.2016

Wenn die Idylle zum Horror wird

Milchsblut
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Elvira lebt mit ihrer Familie, ihrem Vater, Mann und Sohn, recht zurückgezogen auf einem Bauernhof in einem kleinen abgeschiedenen Dorf in den Bergen. Ihr Leben verläuft ruhig und meist eher eintönig, ...

Elvira lebt mit ihrer Familie, ihrem Vater, Mann und Sohn, recht zurückgezogen auf einem Bauernhof in einem kleinen abgeschiedenen Dorf in den Bergen. Ihr Leben verläuft ruhig und meist eher eintönig, ein wenig Abwechslung bringen die Feriengäste, an die sie vermieten. Normalerweise haben sie nur im Sommer Gäste, doch dieses Jahr bringt ihnen der schöne Herbst noch einen späten Besucher, der die Ruhe und Idylle der Berge genießen will.

Doch dann geschieht eines Tages etwas Grauenvolles. Elvira will ihre Nachbarin besuchen, doch diese ist unerwarteter Weise nicht zu Hause. Sie sucht Resi bei deren Bruder und findet den alten Mann bestialisch ermordet vor. Wer tut so etwas und vor allem: warum?

Die wenigen Einwohner können sich keinen Reim auf die Ereignisse machen. Die Ermittlungen der Polizei verlaufen schleppend und es geschieht ein weiterer Mord!

Ein Wintereinbruch mit heftigem Schneefall und Stromausfall sorgt dafür, dass Elviras Hof von der Außenwelt abgeschnitten wird und sie auf sich allein gestellt sind. Sind sie damit sicher vor dem Mörder oder befindet er sich ganz in ihrer Nähe?

Das Buch beginnt mit einigen blutigen und schockierenden Szenen, lebt aber insgesamt eher von der düsteren Atmosphäre und unheimlichen Stimmung, die sich immer mehr ausbreitet.

Zu Beginn sind alle verdächtig und ich war mir auch lange unsicher, wen ich für den Mörder halten soll. Eine Theorie bezüglich Täter und Motiv hatte ich zwar irgendwann, die genauen Zusammenhänge erschließen sich aber erst gegen Ende und da gibt es noch die eine oder andere Überraschung, so dass die Spannung bis zum Schluss gehalten wird.

Die Beschreibungen des kleinen Dorfes, das wohl in vielen Berggegenden liegen könnte, und seiner Anwohner sind gut gelungen und wirken ziemlich authentisch. Elvira ist eine interessante Hauptfigur, ganz sicher keine klassische Heldin oder mutige Ermittlerin, sondern im Gegenteil eine introvertierte, unauffällige Frau, die sich in gewohnter Umgebung, mit immer gleichen Abläufen und möglichst wenig Menschen um sich herum am wohlsten fühlt. Ihre Art irritiert den Leser streckenweise, aber am Ende gibt es auch hierfür eine Erklärung. Diese psychologischen Aspekte im Kriminalroman haben mir gut gefallen.

Insgesamt konnte mich dieser Debutkrimi auf der ganzen Linie überzeugen und ich bin gespannt auf weitere Bücher der Autorin, die ich sofort lesen würde!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Mon amour

Die Frauen meiner Familie
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Elsa ist Ende 30, arbeitet als Kunsthistorikerin für eine Versicherung und führt ein relativ unspektakuläres Leben. Eines Tages landet ein Fall auf ihrem Schreibtisch, der sie persönlich betrifft. Ein ...

Elsa ist Ende 30, arbeitet als Kunsthistorikerin für eine Versicherung und führt ein relativ unspektakuläres Leben. Eines Tages landet ein Fall auf ihrem Schreibtisch, der sie persönlich betrifft. Ein Bild namens „Mon amour“ wurde als gestohlen gemeldet und nach einem Blick darauf erinnert sich Elsa daran, dass genau dieses Gemälde in der Wohnung ihrer Großeltern hing, als sie ein kleines Kind war. Sie dachte immer, dass die Frau auf dem expressionistischen Gemälde ihre eigene Urgroßmutter Anneli gewesen ist und dass es deswegen im Besitz ihrer Familie war. Doch was geschah mit dem Bild, als ihre Großeltern gestorben sind? Wie kam es zu dem Sammler und in die Galerie, wo es jetzt gestohlen wurde? Elsa nimmt diesen Auftrag sehr persönlich und macht sich auf die Suche, nicht nur nach dem Bild, sondern nach der Geschichte ihrer Familie.

Die Handlung wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Zum einen geht es um Elsa in der Gegenwart, wir begleiten sie bei ihren Nachforschungen, aber auch bei den privaten Veränderungen, die sich in ihrem Leben ergeben, als sie zum einen die eingefahrene Fernbeziehung zu ihrem Langzeit-Lover Hajo zu überdenken beginnt und sich zum anderen intensiv mit ihrer Familie, vor allem ihren Eltern auseinandersetzt.

Zum anderen spielt die Handlung in München vor dem Ersten Weltkrieg. Dort lernen wir die junge Anneli kennen, die in einem wohlhabenden und liberalen Elternhaus aufwächst.
Wunderbar wird die Atmosphäre der Stadt damals dargestellt, man fühlt sich als Leser regelrecht ins damalige München hineinversetzt, geht mit Anneli und ihren Freundinnen in die Cafés und Lokale der damaligen Zeit, begegnet den Künstlern des „Blauen Reiters“ und erlebt diese spannende Zeit vor dem großen Krieg.

Doch wo ist die Verbindung zwischen Anneli und dem Gemälde „Mon amour“? Wie ist es entstanden und was ist dann damit geschehen? In Anbetracht dessen, was man als heutiger Leser über den Umgang der Nazis mit expressionistischer und somit „entarteter“ Kunst weiß, kommen einem bald unheilvolle Gedanken. Elsa muss sich damit auseinandersetzen, dass es in ihrer Familie so einige Lügen und dunkle Flecken gibt und gegeben hat.

Mir haben beide Handlungsstränge gut gefallen, obwohl mir beide Frauen nicht wirklich ans Herz gewachsen sind. Meist mag ich in solchen Romanen die Vergangenheitshandlung mehr. Auch hier gefiel mir, wie schon geschrieben, die Darstellung des historischen Münchens besonders gut, aber dennoch empfand ich Elsa als interessanter und vielschichtiger als Anneli.

Insgesamt ergibt sich aber eine runde und in sich stimmige Geschichte, die mich sehr gefesselt hat. Am Ende geht es fast ein bisschen schnell und es wird auch nicht alles bis ins letzte Detail erklärt, ich mag das aber, so kann man sich als Leser selbst noch ein paar Gedanken machen und die Geschichte nach eigenem Belieben weiterspinnen oder enden lassen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wow! Rasanter Auftaktband!

Für König und Vaterland
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London, im Jahr 1815. Idris Hathaway, Marquess of Auden, und seine Freunde führen ein lustiges Leben, in den Augen vieler gelten sie als das “Liederliche Quartett”. Doch hinter diesem ersten Anschein verbergen ...

London, im Jahr 1815. Idris Hathaway, Marquess of Auden, und seine Freunde führen ein lustiges Leben, in den Augen vieler gelten sie als das “Liederliche Quartett”. Doch hinter diesem ersten Anschein verbergen die vier durchaus ernsthafte Aufgaben, arbeiten sie doch im Geheimen als Spione für den Innenminister.

Ich hatte gar keine Ahnung, worauf ich mich bei diesem Buch einlasse, Susanne Gerdom gehört jedoch zu den Autorinnen, von denen ich einfach alles lese.

Auf den ersten Seiten hatte ich noch etwas Probleme, in die Geschichte hineinzukommen. Ein ungewohntes Setting, viele Figuren, von denen zudem mehrere Titeln, Namen und Anreden haben, so dass man sich als Leser hier erst einmal einfinden und sortieren muss. Wenn das aber gelungen ist, entwickelt sich ein spannendes und rasantes Lesevergnügen voller Überraschungen. Denn es handelt sich hier nicht um einen reinen historischen Roman, wie man auf den ersten Seiten noch glauben könnte, sondern vielmehr um eine komplexe Fantasy-Geschichte, in deren Verlauf alle möglichen Wesen und Kreaturen auftauchen.

Relativ schnell wird klar, dass Idris ein Wechselbalg ist, ein Kind der Feen bzw. Sidhe, das im Austausch gegen ein Menschenkind in dieser Welt zurückgelassen wurde. Doch um Idris‘ Herkunft ranken sich noch so einige Geheimnisse, die erst im Laufe der Handlung teilweise aufgeklärt werden. Und auch seine Freunde sind mehr als es auf den ersten Blick scheint.
Und dann ist da noch der Attentäter, der auf Idris angesetzt wurde und ihm nachdem dem Leben trachtet.
Und das merkwürdige Verhalten seines Bruders.
Und die Verlobte dieses Bruders.
Und die geheimnisvolle Isobel.
Und die Verschwörung gegen den König.
Und der drohende Krieg gegen Frankreich.
Und vieles mehr…

Wie man sieht, handelt es sich um eine äußerst vielschichtige Handlung. Zu viel für ein Buch? Ja, denn es handelt sich um den Auftaktband einer fünfteiligen Reihe, in deren weiterem Verlauf jeweils ein Buch einer weiteren Hauptfigur gewidmet sein wird, die Rahmenhandlung sich aber über alle hinweg fortsetzt. Noch steht leider kein Erscheinungstermin für den nächsten Teil fest, ich kann nur hoffen, dass es nicht zu lange dauern wird, denn ich bin absolut begeistert!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Fesselndes und einfühlsames Buch über eine furchtbare Katastrophe

Sturm im Paradies
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Rebecca ist Rettungssanitäterin und eines Tages mit dabei, als ihr Team die Opfer eines Autounfalls rettet. Eigentlich ein Einsatz wie immer, doch für den Amerikaner Marty bedeutet die Rettung den Beginn ...

Rebecca ist Rettungssanitäterin und eines Tages mit dabei, als ihr Team die Opfer eines Autounfalls rettet. Eigentlich ein Einsatz wie immer, doch für den Amerikaner Marty bedeutet die Rettung den Beginn seines zweiten Lebens. Er macht seiner Freundin einen Heiratsantrag und ist fest entschlossen, seinen Rettern immer dankbar zu sein! Daher lädt er sie alle erst zu seiner Verlobungsfeier, und dann sogar Hochzeit nach Thailand ein. Da sich Rebeccas Freundin, die an dem Einsatz beteiligten Notärztin, in einen Freund von Marty verliebt hat und nicht alleine nach Thailand fliegen will, entschließt sich auch Rebecca, das großzügige Angebot anzunehmen und die Reise mit einem längst überfälligen Urlaub zu verbinden. Auf der Verlobungsfeier hat sie außerdem Martys besten Freund Lukas kennengelernt, der sich auf den ersten Blick in sie verliebt hat. Doch Rebecca ist zurückhaltend. Sie ist in einer großen, chaotischen Familie aufgewachsen und als einzige unter ihren Geschwistern noch Single und kinderlos. Sie ist nicht auf der Suche nach einer Beziehung und misstraut Männern grundsätzlich. Lukas merkt schnell, dass er Geduld und Hartnäckigkeit brauchen wird, um an sein Ziel zu kommen. Doch er ist bereit, um Rebecca zu kämpfen und die Idylle am thailändischen Strand scheint ihm hierfür eine gute Kulisse zu sein.

Als Leser hat man den Figuren einiges an Wissen voraus. Es gibt Tage in den letzten Jahrzehnten, an die erinnern sich sicher fast alle, die alt genug waren. Der Fall der Mauer, der 11. September oder eben auch der zweite Weihnachtsfeiertag 2004, als die Welt das Wort Tsunami lernte.

Dementsprechend zuckt man beim Lesen zusammen, als Marty seine Hochzeitspläne für den 25.12.2004 am Strand von Khao Lak bekanntgibt.
Aber auch wenn man weiß, was passieren wird, ist das Buch keinen Moment langweilig, im Gegenteil, die Spannung baut sich immer weiter auf, je näher das Datum rückt. Manchmal vergisst man über der sich langsam entwickelnden wunderschönen Romanze zwischen Lukas und Rebecca aber auch beinahe das drohende Unheil.
Dennoch ist einem immer im Hinterkopf, dass all die liebenswerten und reizenden Nebenfiguren, deren Bekanntschaft Rebecca in Thailand macht, unmöglich alle überleben können. Doch wer wird es schaffen und von wem heißt es Abschiednehmen?

Obwohl Thailand weit weg und 2004 bereits lange her ist, hatte ich beim Lesen des Buches die Bilder von damals wieder lebhaft vor Augen. Wahrscheinlich kann niemand, der nicht selbst dabei war, wirklich nachvollziehen, was sich damals abgespielt hat, aber die Beschreibungen der Autorin lesen sich äußerst glaubwürdig und authentisch. Mehr als einmal lief mir beim Lesen ein kalter Schauder den Rücken hinunter.

Nachdem Elisabeth Büchle Anfang des Jahres bereits unter dem Pseudonym Noa C. Walker einen zeitgenössischen Roman veröffentlicht hat, beweist sie hier nun erneut, dass sie nicht nur im historischen Genre überzeugen kann.

Wie auch in ihren historischen Romanen spielt auch in diesem Buch der christliche Glaube eine wichtige Rolle und in einem zeitgenössischen Buch fällt es auch sicher mehr auf, wenn die Protagonisten beten und an Gott glauben, aber ich finde immer wieder, dass es der Autorin gut gelingt, dieses Thema unaufdringlich mit einzubetten.

Insgesamt ein fesselndes und einfühlsames Buch über eine furchtbare Katastrophe – aber auch über die vielen kleinen Wunder des Lebens!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Gute Unterhaltung mit Wissensvermittlung in perfekter Form kombiniert

Herrin des Nordens
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Haithabu, Handelsstadt der Wikinger, in der Mitte des 11. Jahrhunderts. Ingunn ist die Tochter der erfolgreichen und wohlhabenden Kaufmanns Sigmund und sein einziges Kind. Er bringt ihr alles bei, was ...

Haithabu, Handelsstadt der Wikinger, in der Mitte des 11. Jahrhunderts. Ingunn ist die Tochter der erfolgreichen und wohlhabenden Kaufmanns Sigmund und sein einziges Kind. Er bringt ihr alles bei, was er weiß, damit sie gemeinsam mit ihrem zukünftigen Ehemann die Geschäfte fortführen kann. Sigmund führt ein gastfreundliches Haus und beherbergt eines Tages zwei junge dänische Krieger. Ingunn verliebt sich in Torge, den jüngeren der beiden und sie geben sich ein Heiratsversprechen. Doch Torges Lebensweg führt ihn wieder nach England, wo er die nächsten Jahre verbringen wird. Jon, der ältere Bruder, kehrt zuerst nach Dänemark zurück und tritt in die Dienste des dänischen Königs Sven. Immer wieder kommt er auch nach Haithabu und begegnet dort Ingunn. Bei ihren Begegnungen sprühen meist die Funken, aber man merkt, dass sich zwischen den beiden etwas entwickelt.

Das Buch umfasst mehr als 700 Seiten, doch beim Lesen kam es mir gar nicht so dick vor, denn die Seiten verfliegen nur so. Die Autorin gibt ihrer Handlung und den Figuren zu Beginn viel Raum, so entwickelt sich die Geschichte anfangs etwas langsam, aber gibt so auch Gelegenheit, die Personen kennenzulernen und sich mit einem Teil der Historie auseinanderzusetzen, von dem zumindest ich bisher nur sehr wenig wusste. Im weiteren Verlauf nimmt die Handlung dann immer mehr Tempo und Spannung auf.

Wir erleben mit Ingunn und ihrer Familie die Geschichte der berühmten Wikingersiedlung Haithabu mit, die Schicksalsschläge, die Stadt und Bewohner einstecken müssen, sowie ihren langsamen und schließlich endgültigen Niedergang.

Zwischendurch taucht immer wieder Munin auf, Odins Rabe, und berichtet aus seiner Vogelperspektive über die Ereignisse. Diese leicht mystischen Einschübe passten für mich wunderbar in die Geschichte

Die Figuren sind gut ausgearbeitet und dementsprechend interessant sowie glaubwürdig. Insbesondere die Protagonistin Ingunn ist mir im Laufe der Geschichte wirklich ans Herz gewachsen, denn wir erleben ihre Entwicklung vom eher oberflächlichen jungen Mädchen bis hin zur starken erwachsenen Frau mit.
Die Kombination von fiktiven Charakteren mit belegten historischen Persönlichkeiten ist meiner Meinung nach sehr gut gelungen.

Eine wichtige Rolle spielt die Ausbreitung des Christentums und die damit einhergehende Verdrängung der alten nordischen Götter und des Glaubens an sie sowie die Konflikte, die sich hieraus ergeben.

Insgesamt für mich ein wunderbarer historischer Schmöker, der gute Unterhaltung mit Wissensvermittlung in perfekter Form kombiniert!