Zwei Lebenswege.
Ein zögerndes Blau„Zwei Lebenswege, einer bei Geburt vorgezeichnet, der andere tatsächlich beschritten.“ (S. 5)
Der Titel des Romans, der sich mir lange Zeit nicht erschloss, erklärt sich für mich aus folgender Textstelle:
„Doch ...
„Zwei Lebenswege, einer bei Geburt vorgezeichnet, der andere tatsächlich beschritten.“ (S. 5)
Der Titel des Romans, der sich mir lange Zeit nicht erschloss, erklärt sich für mich aus folgender Textstelle:
„Doch die Nacht wird wieder ihre schwarzen Röcke heben [...] und in der Ferne erhascht das suchende Auge ein erstes zögerndes Blau.“ (S. 140)
Inhalt und meine Meinung:
In den Wirren eines Krieges wird der Junge Leon im wahrsten Sinne des Wortes seiner Familie aus den Armen gerissen.
[ „Mit ihren müden Händen umklammerte Lea Kapries zwei kleine Kinderhände. Sie hatte drei Söhne und zwei Hände, eine verhängnisvolle Ungleichung. Leon war außen. Er hielt sich an seinem älteren Bruder fest, als er in der Menge einen Stoß versetzt bekam, stolperte und ins Leere griff.“ (S. 16) ]
Das Mädchen Teres ist ebenfalls einsam gestrandet und heftet sich hilfesuchend an Leon. Gemeinsam und auf sich alleine gestellt, versuchen die beiden Kinder in einem fremden Land (mit einer fremden Sprache) Fuß zu fassen.
Die Autorin hat gemäß ihrer Vita Literarisches Schreiben studiert und bisher Gedichte veröffentlicht – ich finde dies merkt man diesem Roman an – im positiven Sinne.
Sehr beeindruckend fand ich Leons Betrachtungen über Sprache, die sich quasi entweder in Mauerritzen zurückziehe oder sich ungewollt über einen ergießen würde.
„Da war diese unbändige Lust, die Sprache zum Leben zu erwecken, die Sätze explodieren und expandieren zu lassen.“ (S. 174)
Mit dichterischer Ausdruckskraft gelingt es der Autorin dem Leser die seelischen Verwundungen, die das Leben ohne Familie, ohne Geborgenheit, in den Protagonisten hinterlassen hat, nahe zu bringen und gibt so einen tiefen Einblick in deren Emotionen, die oftmals unausgesprochen oder unbewusst vorhanden ihre Seelen vergiftet haben.