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Veröffentlicht am 01.02.2019

Gelungener Reihenauftakt mit einer interessanten Protagonistin

Vanitas - Schwarz wie Erde
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Carolin lebt in Wien und arbeitet in einer Gärtnerei auf dem Zentralfriedhof. Eine Tätigkeit, bei der sie Ruhe finden und sich zurückziehen kann. Denn obwohl ihr altes Ich offiziell für tot erklärt wurde, ...

Carolin lebt in Wien und arbeitet in einer Gärtnerei auf dem Zentralfriedhof. Eine Tätigkeit, bei der sie Ruhe finden und sich zurückziehen kann. Denn obwohl ihr altes Ich offiziell für tot erklärt wurde, hat sie immer noch Angst, gefunden zu werden. Kein Wunder also, dass sie versucht, dem Polizisten Robert aus dem Weg zu gehen, als dieser sie sprechen will. Er drängt sie dazu, erneut als Spitzel tätig zu werden. In München soll sie sich mit der Tochter eines Bauunternehmers anfreunden, denn auf den Baustellen der Konkurrenz kommt es vermehrt zu Unfällen. Hat hier jemand die Finger im Spiel? Mit einem unguten Gefühl zieht Carolin München und versucht, möglichst zügig an brauchbare Informationen zu gelangen, um zurück nach Wien zu dürfen. Wie weit kann sie gehen, ohne aufzufliegen oder von den falschen Leuten erkannt zu werden?

Ich war sehr gespannt auf den Beginn dieser neuen Thriller-Reihe von Ursula Poznanski, in welcher keine Polizisten in den Hauptrollen sind. Stattdessen lernt der Leser Carolin kennen, deren Leben vor allen von einem geprägt ist: Angst. Gleich zu Beginn erfährt man, dass sie einst anders hieß und mit Unterstützung der Polizei ihren Tod vorgetäuscht hat – inklusive Beerdigung und dem ganzen drum herum. Nur so hat ein Frankfurter Clan, in den sie als Polizeispitzel eingeschleust wurde, aufgehört, nach ihr zu suchen. Aber hat er das wirklich? Trotz neuer Identität weit weg von Frankfurt ist Carolin immer auf der Hut.

Carolins neue Arbeit in einem Blumenladen ist nach ihrem Geschmack. Sie hat dafür die Sprache der Blumen gelernt und kennt inzwischen die meisten Bedeutungen. Das kommt ihr auch beim Kontakt zur Polizei zugute, denn so kann sie mit dem für sie zuständigen Polizisten Robert kommunizieren, ohne dass es jemandem auffällt. Diese Idee hat mir sehr gut gefallen. Dass Robert in der Stadt ist, bedeutet für Carolin jedoch nichts Gutes. Sie soll als Spitzel in München eingesetzt werden. Nachdem ich schon einige Einblicke in ihre psychische Verfassung und Gefühlswelt erhalten hatte konnte ich gut verstehen, dass sich alles in ihr sträubt, den Auftrag auszuführen. Doch eine Wahl hat sie nicht.

In München angekommen läuft zunächst alles wie am Schnürchen. Carolins Nachbarin Tamara, mit der sie sich anfreunden soll, kommt proaktiv auf sie zu und legt eine große Offenheit an den Tag. Die beiden verbringen viel Zeit miteinander, sodass Carolin bald schon den Rest der Familie kennenlernt, der unter Verdacht steht, die Konkurrenz zu sabotieren. Während sie die einzelnen Familienmitglieder und auch die Erben der konkurrierenden Bauunternehmen besser kennenlernt, kommt es zu weiteren Vorfällen, ohne dass ihr etwas aufgefallen wäre. Doch sie will unbedingt brauchbare Informationen liefern und nach Wien zurückkehren. Also wird sie bald mutiger und beginnt auf eigene Faust, zu recherchieren. Zu spät merkt sie, dass sie sich auf gefährliches Terrain vorgewagt hat. Durch ihren engen Kontakt zu Tamaras Familie erhält sie gleichzeitig mehr Aufmerksamkeit, als ihr lieb wäre.

Das Buch schlägt ein ruhiges Tempo an und gibt dem Leser Zeit, die einzelnen Charaktere besser kennenzulernen. Dabei rätselt man, wer von ihnen etwas verbirgt und warum. Auch Carolin selbst erschließt sich dem Leser nur Stück für Stück, denn sie denkt nicht gern daran zurück, was in ihrem alten Leben in Frankfurt vorgefallen ist. Man erfährt zum Beispiel, dass sie mehrere große Narben hat, aber nicht, wie es dazu kam. Zwischen den Kapiteln wird der Leser Zeuge schrecklicher Taten, die jedoch keine allzu große Unruhe auslösen, da sie wie Unfälle aussehen. Die Situation spitzt sich eher schleichend zu und so realisiert man gemeinsam mit Carolin erst spät, wie tief sie schon in allem drin steckt. Es gibt einige gelungene Überraschungen, die Auflösung konnte mich jedoch nicht voll überzeugen. Auf den letzten Seiten wird klar, dass Carolins Geschichte noch nicht zu Ende erzählt ist. Ich freue mich schon darauf, mehr von ihr zu lesen!

In „Vanitas“ muss Carolin ihr sicheres Versteck in Wien verlassen, um sich in München als Polizeispitzel mit der Tochter eines Bauunternehmers anzufreunden und nach Hinweisen auf eine Verbrechensserie zu suchen. Die Autorin hat eine interessante Protagonistin geschaffen, die meine Vorfreude auf weitere Fälle weckt. Auch die Idee, mit ihrem Polizeikontakt über Blumen zu kommunizieren, fand ich gelungen. Phasenweise hätte ich mir noch mehr Tempo gewünscht. Insgesamt ein toller Reihen-Auftakt für alle Fans psychologischer Thriller!

Veröffentlicht am 20.01.2019

Eine Geschichte, die sich langsam entfaltet

Der Verrat
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Seit zwanzig Jahren lebt Pia von Manthey mit ihrem Mann Thomas auf dem Weingut Graven. Sie arbeitet dort als Restauratorin, während Thomas als Weinbauer den Familienbetrieb führt. Ihr geordnetes Leben ...

Seit zwanzig Jahren lebt Pia von Manthey mit ihrem Mann Thomas auf dem Weingut Graven. Sie arbeitet dort als Restauratorin, während Thomas als Weinbauer den Familienbetrieb führt. Ihr geordnetes Leben gerät völlig durcheinander, als Thomas einen Herzinfarkt erleidet und im Krankenhaus das Bewusstsein verliert. Ausgerechnet Pias Schwester Nane hat ihn im Prälatengarten gefunden. Nane, die Mörderin, die nach zwanzig Jahren gerade auf Bewährung freigelassen wurde. Während Birgit, die dritte Schwester, sich um Nane kümmert, macht Pia energisch klar, dass sich Nane von ihr und ihrer Familie fernhalten soll. Doch Nane will Thomas unbedingt sprechen und etwas klären, das sie seit Jahren nicht loslässt. Warum wehrt sich Pia so strikt gegen jeglichen Kontakt? Wie kann es für Graven weitergehen, wenn Thomas im Krankenhaus liegt? Und gibt es wirklich offene Fragen im Hinblick auf die Nacht vor zwanzig Jahren, in denen Nane zur Mörderin wurde?

Das Buch beginnt mit einem kurzen Prolog, in dem in einer Sommernacht im Jahr 1998 ein vom Weingut Graven kommendes Auto in die Tiefe stürzt. Danach springt das Buch in die Gegenwart und der Leser lernt die Schwestern Pia, Nane und Birgit kennen. Die drei sind sehr verschieden: Pia führt ein gehobenes Leben an der Seite ihres wohlhabenden Manns, während Birgit das Kunst- und Antiquitätengeschäft der Eltern über die Runden bringt und Nane nach zwanzig Jahren frisch aus dem Gefängnis entlassen wurde.

Schnell wird deutlich, dass zwischen Pia und Nane eine tiefe Kluft besteht. Nane sieht Pia als Konkurrentin, gegen die sie schon seit ihrer Kindheit rebelliert. Und Pia kann kaum glauben, dass Nane wirklich die Frechheit besitzt, auf dem Weingut aufzutauchen – vielleicht hat die Thomas nicht gerettet, indem sie den Notarzt gerufen hat, sondern ihn mit ihrem Auftauchen überhaupt erst zu Tode erschreckt? In der Nähe der Angehörigen ihres Opfers hat sie wirklich nichts zu suchen!

Langsam erhält der Leser erste Hinweise darauf, was vor zwanzig Jahren passiert ist und wen Nane umgebracht hat. Hier wird der Leser häppchenweise mit Informationen versorgt. Rückblenden ins Jahr 1998, die ähnlich viel Raum einnehmen wie die Handlung in der Gegenwart, nehmen den Leser mit in eine Zeit, in der das Verhältnis der drei Schwestern noch ein anderes war. Hier erfährt man viel darüber, welche Pläne sie damals hatten und wie sie darauf reagiert haben, dass manches anders kam als gedacht. Dabei holt die Geschichte weit aus und erzählt beispielsweise von Nanes Trennung von ihrem ersten Mann und Birgits verhängnisvoller Liebschaft.

Das Buch baut psychologische Spannung auf durch das schwierige Verhältnis der drei Schwestern, bei dem man sich fragt, was wirklich alles dahinter steckt. Aber auch andere Charaktere rücken zeitweise in den Fokus: Welche Rolle spielt Thomas? Wie weit wird Margot gehen, die seit ihrer Kindheit auf dem Weingut lebt und mit Pias Entscheidungen nicht einverstanden ist? Wird Pias Tochter in die Fußstapfen ihres Vaters treten? Und welche Informationen wird Thomas‘ Enkelin Sonja zusammentragen beim Versuch, ein Buch über ihren Vater zu schreiben?

Auf beiden Zeitschienen nähert man sich schließlich der verhängnisvollen Nacht, die alles verändert hat. Mir war das Tempo des Buches dabei zu ruhig. Das Offenlegen der einzelnen Puzzlestücke zog sich in die Länge und die Nebenhandlungen nehmen viel Raum ein und zögern die Auflösung hinaus. Schließlich offenbart sich ein komplexes Gefüge aus Verstrickungen, Fehlentscheidungen und Geheimnissen. Dabei war es für mich in Ordnung, dass mir kein einziger Charakter wirklich sympathisch wurde, denn die Geschichte lebt davon, dass niemand perfekt ist und sich anders hätte verhalten können. Wer Geschichten mag, die sich langsam entfalten und in denen stückweise neue Erkenntnisse gewonnen werden, für den ist diese Mischung aus Krimi und Familiendrama sicherlich interessant!

Veröffentlicht am 20.01.2019

Bringt ins Nachdenken über die Möglichkeiten grenzenloser Überwachung

NSA - Nationales Sicherheits-Amt
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Was wäre passiert, wenn die Digitalisierung schon deutlich früher stattgefunden hätte? In „NSA“ zeichnet Andreas Eschbach das Bild einer NS-Zeit, in der die Kommunikation bereits mithilfe von Komputern ...

Was wäre passiert, wenn die Digitalisierung schon deutlich früher stattgefunden hätte? In „NSA“ zeichnet Andreas Eschbach das Bild einer NS-Zeit, in der die Kommunikation bereits mithilfe von Komputern und tragbaren Telephonen funktioniert. Helene arbeitet in Weimar beim Nationalen Sicherheits-Amt als Programmstrickerin – so was ist reine Frauensache. Von den Analysen bekommt sie Anweisungen und erstellt Programme, um beispielsweise untergetauchte Juden anhand der durchschnittlich pro Haushalt gekauften Kalorienmenge zu finden. Dabei tut sie alles, damit ihr eigenes Geheimnis nicht auffliegt. Der Analyst Eugen Lettke nutzt die zugänglichen Informationen, um seine perversen Neigungen und Rachegelüste zu befriedigen. Der Roman zeichnet ein erschreckendes Bild, was mit nahtloser Überwachung möglich ist und zu welch fatalen Entwicklungen diese im Dritten Reich hätten führen können. Bei diesem Gedankenspiel wurde mir kein Charakter wirklich sympathisch und nach einer Weile begann die Geschichte, sich in die Länge zu ziehen. Zum Ende hin geht es schließlich ganz schnell. Der Autor führt sein Szenario konsequent zu Ende und gibt dem Leser Stoff zum Nachdenken über die Möglichkeiten und Gefahren der grenzenlosen Vernetzung und Überwachung.

Veröffentlicht am 20.01.2019

Schönes Jugendbuch für gemütliche Leseabende

Wolkenschloss
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In „Wolkenschloss“ von Kerstin Gier macht die siebzehnjährige Fanny ein Jahrespraktikum in einem noblen, aber in die Jahre gekommenen Hotel in den Bergen. Nach dem normalen Trubel der ersten Wochen geht ...

In „Wolkenschloss“ von Kerstin Gier macht die siebzehnjährige Fanny ein Jahrespraktikum in einem noblen, aber in die Jahre gekommenen Hotel in den Bergen. Nach dem normalen Trubel der ersten Wochen geht es in den Weihnachtsferien hoch her. Zahlreiche illustre Gäste reisen für den Silvesterball an und halten das Personal mit Sonderwünschen auf Trab. Dabei versucht Fanny, dem fiesen neunjährigen Don nicht auf den Leim zu gehen, den Zicken von der Hotelfachschule aus dem Weg zu gehen, die unter Liebeskummer leidende Amy aufzuheitern und herauszufinden, warum Tristan gerne die Fassade entlangklettert. Gemeinsam mit Ben, dem Lebenspraktikanten, dessen Vater einer der Hotelbesitzer ist, versucht sie herauszufinden, was eigentlich vor sich geht. Das Buch eignet sich perfekt zum Wegträumen in die verschneiten Berge und bietet eine süße, wenn auch nicht allzu ereignisreiche Story. Ich habe es genossen, Fanny zu begleiten, die sich durch die Höhen und Tiefen des Hotelalltages kämpft. Zum Ende hin wird es doch noch spannend und die Charaktere müssen beweisen, was in ihnen steckt. Ein schönes Jugendbuch für gemütliche Leseabende.

Veröffentlicht am 20.01.2019

Soll man Tilde Glauben schenken?

Ohne jeden Zweifel
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Der 29-jährige Daniel wohnt in London, seine Eltern sind vor einigen Monaten auf einen Hof in Schweden gezogen. Eines Tages erhält er einen Anruf von seinem Vater: Seine Mutter Tilde musste in eine psychiatrische ...

Der 29-jährige Daniel wohnt in London, seine Eltern sind vor einigen Monaten auf einen Hof in Schweden gezogen. Eines Tages erhält er einen Anruf von seinem Vater: Seine Mutter Tilde musste in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden. Bevor Daniel ins Flugzeug steigen kann, ist seine Mutter schon bei ihm in London eingetroffen. Daniel ist ihre letzte Hoffnung, denn sie weiß: Ihr Mann versucht mit anderen Bewohnern der Gegend, ein Verbrechen zu vertuschen. Mit Hilfe von Beweisstücken erzählt sie Daniel streng chronologisch ihre Geschichte. Wie wird Daniel darauf reagieren?

Das Buch beginnt mit einem längeren Kapitel, in dem Daniel von der Einweisung seiner Mutter erfährt und diese kurz darauf bei ihm in London eintrifft. Wie konnte sie so schnell die Klinik verlassen? Sie selbst ist überzeugt davon, gesund zu sein; ihr Mann der sie hat einweisen lassen ist ihrer Meinung nach Teil der Verschwörung. Gleichzeitig erhält Daniel aber auch Anrufe von seinem Vater, der ihn auf die Krankheit seiner Mutter hinweist und ihn warnt, dass sie auch gewalttätig werden könnte. Wem soll Daniel glauben? Ich konnte sein Dilemma nachvollziehen und war gespannt auf seine Reaktion.

Daniel beschließt zunächst, seiner Mutter die Chance zu geben, ihre Geschichte zu erzählen. Diese beharrt darauf, chronologisch vorgehen zu müssen, damit alles verständlich ist. Sie beginnt ihre Geschichte mit dem Umzug nach Schweden, und als Leser weiß man nicht, worauf ihre Erzählung überhaupt hinauslaufen soll. Ihre Geschichte wird immer wieder von Daniels kurzen Reaktionen auf das Berichtete unterbrochen. Für mich als Leserin war es interessant abzuwägen, ob das Erzählte tatsächlich der Wahrheit entspricht und ob die von Tilde vorgelegten Beweisstücke tatsächlich als solche angesehen werden können.

Tildes Erzählung wirkt zwar authentisch, war mir aber etwas zu ausschweifend. Nach 310 Seiten Erzählung folgen 90 Seiten Konsequenzen. Dieses Seitenverhältnis war mir zu unausgeglichen, den ersten Teil empfand ich als zu lang und den zweiten als zu kurz. Dennoch faszinierte mich das Verwirrspiel des Romans. Da Daniel noch nie selbst in Schweden war, kennen er und auch man selbst als Leser die beteiligten Personen nur so, wie Tilde sie schildert. Doch wie bösartig sind Chris, Håkan, Doktor Norling und der Bürgermeister wirklich? Diese Ungewissheit sorgt für eine beständige, untergründige Spannung. Die Beantwortung aller drängenden Fragen kommt im Verhältnis zu Tildes Geschichte wie gesagt etwas kurz, hat mich aber überraschen und überzeugen können.

„Ohne jeden Zweifel“ lebt von der Ungewissheit des Lesers, inwiefern das Erzählte der Wahrheit entspricht und welche Konsequenzen dies haben wird. Dies führt zu einer beständigen untergründigen Spannung während der eher ruhigen Geschichte. Wer psychologische Verwirrspiele mag und bei der Suche nach Wahrheit Hartnäckigkeit beweisen kann, ist bei diesem Buch richtig.