Startet zunächst gemächlich, entwickelt sich dann aber zu einem wahren Pageturner
Der dunkle GartenToby Hennessys Leben verläuft in ganz normalen Bahnen und sollte er doch einmal in eine brenzlige Situation kommen, dann sorgen sein Charme und sein selbstbewusstes Auftreten dafür, dass er diese relativ ...
Toby Hennessys Leben verläuft in ganz normalen Bahnen und sollte er doch einmal in eine brenzlige Situation kommen, dann sorgen sein Charme und sein selbstbewusstes Auftreten dafür, dass er diese relativ unbeschadet übersteht. Toby weiß, dass das keine Selbstverständlichkeit ist und betrachtet sich deshalb als Glückskind. Doch eine Nacht ändert alles: Toby wird brutal in seiner Wohnung überfallen und überlebt nur knapp. Plötzlich ist alles anders. Er kann sich nicht mehr voll und ganz auf seinen Körper verlassen, seinen Erinnerungen ist nicht mehr zu trauen und sein Charme und sein selbstbewusstes Auftreten sind dahin. Toby muss wieder zu sich selbst finden und deshalb kommt das Angebot seiner Familie, ins Ivy House zu ziehen, gerade richtig. Das Haus gehört seinem Onkel Hugo und bei ihm haben Toby, sein Cousin Leon und seine Cousine Susanna jahrelang unbeschwerte Ferien verbracht. Hugo ist unheilbar an Krebs erkrankt und kann nicht mehr lange alleine im Haus zurechtkommen. Deshalb zieht Toby bei ihm ein, um sich um den Onkel zu kümmern. Doch eines Tages offenbart der alte Garten des Hauses ein schreckliches Geheimnis. Beim Spielen entdecken Susannas Kinder einen menschlichen Schädel. Wem gehört er und was ist damals passiert? Plötzlich ist nichts mehr so, wie es vorher war. Schon bald traut Toby niemandem mehr. Nicht einmal sich selbst, denn seine Erinnerungen sind noch immer nicht verlässlich....
Der Einstieg in die Handlung verläuft eher gemächlich. Hauptprotagonist Toby erzählt diese Geschichte in der Ich-Form. Dabei schweift er am Anfang oft ab und beschreibt seine Eindrücke detailliert. Man kann sich deshalb alles sehr gut vorstellen und Toby versteht es außerdem, die vielen Kleinigkeiten so interessant und teilweise auch äußerst humorvoll zu beschreiben, dass man seinen Ausführungen gerne folgt. Der Schreibstil ist flüssig, sehr angenehm lesbar und man hat beim Lesen außerdem das Gefühl, Toby direkt gegenüber zu sitzen und ihm zuzuhören. Obwohl er im ersten Drittel des Romans durchaus interessant berichtet, hofft man darauf, dass es bald vorangeht, denn zunächst tritt die Handlung etwas auf der Stelle. Das ändert sich allerdings schlagartig, als der geheimnisvolle Schädel im Garten gefunden wird. Denn damit kommen die Ereignisse in Bewegung und nehmen unaufhaltbar ihren Lauf.
Toby wirkt sehr sympathisch. Durch die verwendete Ich-Perspektive kann man in seine Gedanken und Gefühle eintauchen. Diese werden glaubhaft vermittelt, sodass man sich mühelos auf die geheimnisvolle Geschichte einlassen kann. Auch die anderen Familienmitglieder erwachen durch Tobys Schilderungen zum Leben. Allerdings ist man sich stets bewusst, dass Tobys Eindrücke nicht gerade verlässlich sind, denn er kann seinen Erinnerungen nicht trauen und scheint als Jugendlicher, außer sich selbst, nicht besonders viel von seiner Familie wahrgenommen zu haben. Doch gerade das macht nun den besonderer Reiz dieser Erzählung aus. Genau wie Toby selbst, weiß man nicht, wem man vertrauen soll und was damals passiert ist. Dadurch entsteht eine unterschwellig, angespannte Atmosphäre, die dafür sorgt, dass man in den Sog der Handlung gerät und sich dem Ganzen nicht mehr entziehen mag. Tana French offenbart nach und nach die dramatischen Ereignisse, die zum Auffinden des Schädels geführt haben. Dabei muss man sich bis zum Schluss auf einige überraschende Wendungen einstellen. Das sorgt dafür, dass man das Buch erst aus der Hand legen kann, wenn man am Ende angekommen ist.
Trotz der anfänglichen Längen, habe ich mich beim Lesen durchgehend gut unterhalten. Nach dem detaillierten und stellenweise etwas langatmigen Start, konnte ich mich kaum noch von der Handlung lösen, als diese Fahrt aufgenommen hatte. Gemeinsam mit Toby, habe ich gerätselt, was damals geschehen sein könnte und war von der Auflösung genauso überrascht wie er. Auf meiner persönlichen Bewertungsskala vergebe ich deshalb vier von fünf Sternchen und empfehle das Buch gerne weiter.