Tolles Setting, überzeugende Charaktere und ein Mix aus Spannung und Gefühlen
Meine Meinung
Ich liebe dystopische Jugendromane. Mal mit Sci-Fi-, mal mit historischen Elementen, deshalb hat »Spiel der Macht« von Marie Rutkoski genau meinen Geschmack getroffen. Die Geschichte wird ...
Meine Meinung
Ich liebe dystopische Jugendromane. Mal mit Sci-Fi-, mal mit historischen Elementen, deshalb hat »Spiel der Macht« von Marie Rutkoski genau meinen Geschmack getroffen. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Kestrel und Arin erzählt. Beide Blickwickel werden in Form der dritten Person erzählt, weshalb ich anfänglich kurz Schwierigkeiten hatte, mich ganz auf die Charaktere einzulassen. Ich persönlich lese nämlich lieber Geschichten aus der Ich-Perspektive. Außerdem wechseln die Sichten hin und wieder sehr kurz hintereinander. Ein Absatz Kestrel, der nächste Arin und der darauf wieder aus Kestrels Perspektive. Auch davon bin ich nicht soo der Fan. Sichtwechsel an sich mag ich, aber eigentlich lieber von Kapitel zu Kapitel und dann auch mindestens ein bis zwei Seiten lang. Das ist eigentlich mein Minimum. Zum Glück gab es auch sehr viel längere Kapitel, weshalb »Spiel der Macht« mich auch völlig für sich einnehmen konnte.
Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und verständlich, aber man muss konzentriert lesen, weil er etwas anspruchsvoller ist. Ich fand das toll, weil es super zur Atmosphäre der Geschichte gepasst hat, die in mir konsequent ein mittelalterliches Feeling hervorgerufen hat. Gepflasterte Wege wie bei den Römern, kaum bis gar kein fließendes Wasser, kein Strom, keine Autos. Gereist wird in Kutschen und es gibt eine deutliche Hierarchie in der Gesellschaft. Sowohl das Land als auch die Königreiche sind fiktiv. Marie Rutkoski hat ihrer Fantasie da freien Lauf gelassen und ein tolles Setting kreiert, in das man sofort mit allen Sinnen abtaucht. Kein Sinn wird vergessen. Noch dazu gibt es in der Hardcover-Version vorne und hinten eine Karte der Königreiche. Und hätte das allein mich nicht schon überzeugt, hätte es spätestens die Handlung getan.
Marie Rutkoski schmeißt einen mitten ins Geschehen hinein und man lernt die Welt langsam durch Erzählungen und Gedanken der Protagonistin kennen. Ich persönlich liebe diese Vorgehensweise sehr viel mehr als wenn vorher, zum Beispiel im Prolog, die gröbsten Eckdaten in einem Text zusammengefasst werden. Man lernt die Welt nach und nach kennen, was allein schon für Spannung sorgt, und setzt Stück für Stück ein Bild zusammen.
Sobald man mit dem Lesen der Geschichte beginnt, merkt man schnell, in welche Richtung die Handlung steuern wird, was bei einer dystopischen Geschichte nicht weiter verwunderlich ist. Natürlich will die Sklavengesellschaft nicht länger Sklavengesellschaft bleiben und erhebt sich gegen den Adelsstand. Überraschend für mich war dann allerdings, wie schnell das Ganze passiert, sodass ich mich gefragt habe, worum sich der Rest von Band 1 wohl drehen wird. Aber auch da wurde ich nicht enttäuscht. Es bleibt spannend bis zum Schluss und Band 1 lässt einen mit einem meines Erachtens wirklich fiesen Cliffhanger zurück.
So viel zur Handlung. Aber auch die Charaktere habe ich schnell ins Herz geschlossen. Die Autorin hat sie mit sehr viel liebe zum Detail und tiefgründigen Gedanken ausgestattet. Kestrel wirkt am Anfang, ganz entsprechend ihres Standes, schon sehr abgehoben, aber je weiter die Geschichte voranschreitet, desto besser lernt man sie kennen und sieht, dass viel mehr hinter ihrer Fassade steckt. Sie ist klug, erfasst Zusammenhänge wahnsinnig schnell und weiß einfach, wie man pokert, was in dieser Gesellschaft absolut notwendig ist. Daher ist es nicht so leicht sie zu durchschauen. Gleiches gilt für Arin. Er ist ebenso scharfsinnig wie Kestrel, aber auch ihn kann man nicht so leicht durchschauen. Das ist sowieso etwas, was mir wahnsinnig gut an der gesamten Reihe gefallen hat.
Weil die beiden so scharfsinnig sind und Zusammenhänge gut erfassen können, merken sie schnell, wenn der andere etwas verheimlicht oder wenn einem etwas falsch überbracht wurde. Es gibt kaum Missverständnisse und wenn, dann werden sie schnell aufgeklärt. Die Handlung lebt durch andere Spannung und nicht durch unnötige Missverständnisse. Man saß als Leser nicht da und hat sich 200 Seiten lang die Haare gerauft, weil die Charaktere es nicht checken. Das war wirklich toll.
Und zusätzlich zu der ganzen Spannung kommt natürlich auch die Romantik nicht zu kurz. Sie überlagert die Handlung nicht, aber es gibt durchaus einige Gänsehautmomente zwischen den beiden, die mir wahnsinnig gut gefallen haben.
Fazit
Marie Rutkoskis Auftakt zur Die Schatten von Valoria-Reihe hat mich mich einer Menge Dinge überzeugt, sodass ich sofort weiterlesen musste. Erstens: Die Welt, in der sich alles abspielt, ist fantastisch. Wirklich ein gelungenes Worldbuilding. Zweitens bleibt die Spannung nie auf der Strecke, obwohl man schon relativ schnell weiß, wohin die Handlung führen wird. Und drittens gibt es neben der Spannung auch genau das richtige Maß an Romantik zwischen Arin und Kestrel, sodass man mit den beiden mitfiebern kann. Der Schreibstil ist flüssig, aber anspruchsvoll. Man muss sich beim Lesen also voll konzentrieren. Trotzdem hatte ich viel Spaß mit diesem Buch. Klare Leseempfehlung.