Psychothriller, in denen es um Kinder geht, ziehen mich seit jeher magisch an. Natürlich musste ich dann auch dieses Buch bei mir einziehen lassen, nachdem ich die Inhaltsangabe gelesen hatte.
In „Der Junge“ können wir den spannenden Roman der Autorin Alex Dahl lesen, die in London und Norwegen lebt. Es handelt sich hierbei um ihr Debüt, welches ihr auch gut gelungen ist.
Das Buch ist in drei Teilen unterteilt, die nicht näher erläutert werden. Im ersten Abschnitt folgen wir Cecilia, die versucht, ihren Alltag zu meistern. Sie ist Mutter zweier Töchter, arbeitet freiberuflich als Innenraumausstatterin „weil sie es möchte, nicht weil sie es muss“ und ist mit ihrer Jugendliebe Johan verheiratet, der sehr oft auf Geschäftsreisen im Ausland ist. Seit kurzem hat sie kein Au-Pair-Mädchen mehr und alles bleibt an ihr hängen. Sie ist erschöpft und überfordert, wie es vielen arbeitenden Müttern geht. Leider sind ihre Ansichten der Knackpunkt, warum man nicht mit ihr warm wird. Sie ist arrogant und meint, sie wäre allen überlegen. Aus diesem Grund mochte ich sie bis zur letzten Seite nicht. Schon nach kurzer Zeit wird klar, dass diese Frau Probleme mit sich selbst und ihrem Leben hat, was sich anhand ihres Tabletten- und Alkoholkonsums wiederspiegelt. Ihr ganzes Leben ist eine Fassade und diese beginnt ab dem Zeitpunkt zu bröckeln, als Tobias einen Schritt in ihr Haus macht.
Als Cecilia eine ihrer Töchter aus dem Schwimmunterricht abholt, wird sie von der Kassiererin darum gebeten, den kleinen Tobias mitzunehmen, weil er in ihrer Ecke wohnt und die Mutter ihn nicht abgeholt hat. Tobias kommt ihr seltsam vertraut vor, sie schiebt den Gedanken jedoch sofort von sich. Widerwillig nimmt sie Tobias mit und nachdem sie aber das völlig verlassene und leerstehende Haus entdeckt, in dem Tobias laut Angaben der Kassiererin zufolge auch wohnt, nimmt sie ihn kurzerhand mit nach Hause. Er möchte nicht, dass sie die Polizei ruft, denn seine Mutter käme am nächsten Tag sicher nach Hause zurück. Aus diesem Grund schläft er dann auch bei Cecilia im Gästezimmer und sie bringt ihn am nächsten Morgen zur Schule. Dumm nur, dass er gar nicht Schüler dort ist und Cecilia sich nun mit vielen Fragen diverser Behörden herumschlagen muss… Und dann wird auch noch Annika tot aufgefunden, die vermeintliche Mutter des Jungen…
Cecilia ist wie gesagt keine nette Frau. Egal was sie wem erzählt hat, nie war ich mir sicher, ob sie die Wahrheit sagt. Zum einen auf Grund ihres starken Alkohol- und Tablettenkonsums, zum anderen aber auch, weil sie selbst oft sagt, dass dieses und jenes gelogen war. So sagt sie etwas und im nächsten Moment gibt sie schon zu, dass es nicht stimmt. Ein absolutes Verwirrspiel, dass die gute Dame hier betrieben hat.
Wir folgen aber nicht nur Cecilia, sondern auch Tobias kommt zu Wort. So erfahren wir von dem Kind so allerhand über sein Leben, bevor er bei der Familie untergekommen ist. Das hat mich sehr erschüttert und tief berührt. Ich kann verstehen, warum er niemandem vertraut und deshalb lieber stumm bleiben möchte.
Einen großen Teil des Erzählens nimmt außerdem Annika ein. In Rückblenden in Form von Tagebucheinträgen erfahren wir ihre Sichtweise. Ihre Lebensgeschichte ist hart und ich hatte oft einen Kloß im Hals. Nichtsdestotrotz war ich auch auf sie wütend, da sie meiner Meinung nach den Großteil der Situation verursacht hat.
Diese drei Personen sind irgendwie miteinander verwoben und ich war mir nicht sicher, in welche Richtung das ganze gehen würde. Aber mit der Zeit führen die Enden zusammen, Schritt für Schritt. Am Ende des zweiten Abschnitts gab es dann den ersten und alles entscheidenden Plottwist, den ich aber von Anfang an so hab kommen sehen (mein erster Gedanke zur Inhaltsangabe). Ab dem dritten Abschnitt wurde es dadurch richtig spannend und ich habe das Buch nicht mehr aus der Hand gelegt, bis ich es ausgelesen hatte und wusste, was passiert war.
Der Schreibstil ist flüssig und man kann gar nicht so schnell schauen, da hat man die gut 400 Seiten schon durch. Ich war vollkommen im Bann der Erzählung und wollte wissen, was es mit dem Jungen auf sich hat. Das skandinavische Setting und die düstere Stimmung haben zu einer runden, stimmigen Sache beigetragen.
Das Ende und auch den Epilog fand ich sehr passend und würdig. Ich dachte schon, ein Punkt wäre vergessen worden. Nein, falsch gedacht: die Autorin hat sich dafür noch etwas einfallen lassen. Super gelöst!
Für mich war dieses Buch eine ziemliche Lesefreude. Da ich es aber in den ersten zwei Abschnitten nicht so spannend wie erwartet fand, gibt es einen Stern Abzug.
Ich kann das Buch jedem empfehlen, der gute Psychothriller mit einem düsteren Setting liebt!
Ich bedanke mich beim Bloggerportal und dem Goldmann Verlag für das Rezi-Exemplar und wünsche allen viel Spaß beim Entdecken dieses großartigen Debüts!