Hat die Liebe eine Chance?
„...Danke, Maria, dass du mir in höchster Not Hilfe geschickt hast., aber musste es ausgerechnet der künftige Gemahl meiner Schwester sein? Manieren scheint er keine zu besitzen, doch ich nehme mal an, ...
„...Danke, Maria, dass du mir in höchster Not Hilfe geschickt hast., aber musste es ausgerechnet der künftige Gemahl meiner Schwester sein? Manieren scheint er keine zu besitzen, doch ich nehme mal an, er war der einzige, den du so schnell finden konntest...“
Wir schreiben das Jahr 1226. Die 17jährige Franka wird in wenigen Wochen in ein Kloster eintreten. Darauf wurde sie vorbereitet. Sie will nur noch die Hochzeit ihrer Schwester Melinda abwarten. Heute entschließt sie sich zu einem Ausritt in den Wald. Als sie vor einem Wildschwein flieht, kommt ihr ein Ritter zu Hilfe. Näheres steht im Eingangszitat.
Die Autorin hat einen abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Die Geschichte lässt sich flott lesen.
Franka ist eine selbstbewusste junge Dame. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund und sagt, was sie denkt. Für Putz und Tand hat sie nichts übrig. Sie ist es gewohnt, übersehen zu werden, sobald ein Mann ihrer Schwester begegnet.
Melinda wurde für die Hochzeit mit einem Ritter vorbereitet. Sie ist sich ihrer Schönheit bewusst. Dass andere Menschen auch Gefühle haben, kann sie nicht nachvollziehen. Sie liebt es, im Mittelpunkt zu stehen. Gegenüber ihrer Schwester äußert sie:
„...Jetzt sag mal ehrlich: welcher Mann wird schon dich heiraten wollen, wenn er mich haben kann?...“
Wulfgar, der junge Ritter, mag Frankas erfrischende und zupackende Art. Doch das Leben fragt nicht nach den Wünschen der Protagonisten.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Ab und an blitzt Frankas feiner Humor auf, so auch in dem folgenden Zitat:
„...Wisst Ihr, was ich am Klosterleben am meisten genießen werde? […] Nicht mehr mit Männern zusammen zu sein, die besser gucken können als denken....“
Sie äußert es gegenüber Anselm, Wulfgars Freund, der Melinda mit den Augen verschlingt.
Gut dargestellt wird das Leben im Kloster. Auch dort ist nicht alles eitel Sonnenschein. Missgunst, Neid und das Streben nach Posten wirken unterschwellig mit. Die Informationen über die Wirkung gewisser Pflanzen zeigen das Können der Nonnen.
Nach seiner Heirat entschließt sich Wulfgar, am Kreuzzug unter Ludwig von Thüringen teilzunehmen. An seiner Seite darf ich die Strapazen und Probleme der Kreuzfahrer erleben. Viele werden die Heimat nie wiedersehen. Gut dargestellt werden die politischen Verhältnisse. Dazu gehören auch die Spannungen zwischen Kaiser und Papst.
Zu den sprachlichen Höhepunkten gehören die fein ausgearbeiteten Dialoge. Sie passen sich gekonnt der jeweiligen Situation an. Heftig wird es, als Wulfgar seiner Frau Melinda die Meinung zu ihrem unprofessionellen Verhalten sagt. Bewegend dagegen ist das Gespräch von Wulfgar mit seiner Mutter Alvara. Sie hat von Anfang an geahnt, wem Wulfgars Herz wirklich gehört. Bei den Dialogen mit Isburga, der Äbtissin des Kloster, ist in jedem Wort ihre Menschenkenntnis spürbar.
Ein ausführliches Personenverzeichnis, die Übersetzung der Städte- und Flussnamen in die heutige Form und ein Glossar ergänzen das Buch.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Sie zeichnet sich durch einen hohen Spannungsbogen aus und hat Elemente eines historischen Krimis.