Ein starker Thriller!
Die Akte RosenrotFür mich war es das zweite Buch von der Autorin, und obwohl bereits "Gleis der Vergeltung" für mich das Nonplusultra im Thriller-Bereich war, konnte Astrid Korten mich erneut überraschen. Beeindruckend, ...
Für mich war es das zweite Buch von der Autorin, und obwohl bereits "Gleis der Vergeltung" für mich das Nonplusultra im Thriller-Bereich war, konnte Astrid Korten mich erneut überraschen. Beeindruckend, spannend und hochbrisant - mit diesen drei Worten würde ich "Die Akte Rosenrot" beschreiben. In jedem Satz stecken Herzblut, Fachwissen und Professionalität. Man merkt dem Plot an, dass hier äußerst gründlich recherchiert wurde.
Vor allem jedoch überzeugte mich der Thriller ob des Mutes, mit dem die Autorin hier ans Werk ging. Nicht jedem Autor gelingt es, ein brisantes und aktuelles Thema aufzugreifen und mit ungezügelter Ehrlichkeit in die Welt hinauszutragen. Geschickt werden falsche Fährten gelegt, Netze gesponnen und Abgründe aufgetan, in die man als Leser nicht nur reinstolpert, sondern tief hinabfällt. Ich war dermaßen gefangen in diesem Sog, dass mich das Buch noch nach dem Zuschlagen beschäftigte. Auch, weil ich aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen mit dem Subgenre Politthriller vor dem Lesen bereits negativ eingestellt war. Voreingenommen. Umso besser für mich, dass ich "Die Akte Rosenrot" lesen durfte. Dieses Buch ist eine Mischung aus Thriller, Psychothriller und Politthriller.
Mit Ibsen Bach bekommt der Plot einen außergewöhnlichen Protagonisten an die Seite gestellt. Ein verwundetes Lamm, vom Leben gezeichnet und mit einer faszinierenden Finsternis umhüllt. Er war mir auf Anhieb sympathisch und vermittelte Authentizität. Passend also, dass er als ermittelnde Figur die Geschichte vorantreibt. Ein Geheimnis, an das er sich zunächst nicht mehr erinnert, ließ mich aufhorchen. Ich liebe es, in den Sachen Anderer zu wühlen und das Schmutzige zu entlarven. Innerlich habe ich mich darauf eingestellt, von der Autorin auf Irrwege geführt zu werden, und so kam es dann auch. Stück für Stück arbeitet der Leser an diesem geschickt inszenierten Schiebepuzzle, bewegt hier ein Teilchen, dort eins, um dann letztendlich festzustellen, dass die Lösung eine ganz andere ist.
An dieser Stelle möchte ich einbringen, dass dieser Thriller Szenen enthält, die unmissverständlich, direkt und grausam sind. Damit ist zu rechnen, wenn man sich für ein solches Werk entscheidet. Mir gefiel es, wie kritisch, souverän und ehrlich Astrid Korten die Motive und Handlungen ihrer fein gezeichneten Figuren dem Leser nahebringt.
Mit Berlin und Moskau als Schauplätze bekommen wir ein spannendes Setting, und in einzelnen Handlungssträngen wird jeweils die Geschichte von Profiler Ibsen Bach und die der russischen Bloggerin Leonela Sorokin erzählt. Zwei einprägsame Charaktere, die differieren. Beide recherchieren in unterschiedlichen Fällen, die offenbar durch dasselbe Geheimnis miteinander verbunden sind.
Oft katapultiert die Autorin den Leser zurück in die Vergangenheit, die immer noch wichtig für die Protagonisten zu sein scheint und sie in der Gegenwart stark beeinflusst. Dabei wird zwischen der auktorialen (Außen)Perspektive und der Ich-Erzählung gewechselt, etwa wenn Ibsen Bach aus seiner Sicht erzählt. Und obwohl der Plot sich ob der Komplexität des Themas auf hohem Niveau bewegt, kann er dennoch mit überraschenden Wendungen und Spannungselementen aufwarten. Warum "dennoch"? Weil ich, wie eingangs erwähnt, die Erfahrung gemacht habe, dass vor allem sehr anspruchsvolle Lektüre ausreichend Spannungskurven vermissen lässt. Dies ist hier nicht der Fall. Ich fühlte mich zu jedem Zeitpunkt bestens unterhalten.
Persönliches Fazit: Ein beeindruckener Mix aus Thriller, Psychothriller und Politthriller, der mit gründlicher Recherche, einem temporeichen sowie intelligenten Plot und überzeugenden Charakteren punktet. Unbedingt lesen!
© Rezension, 2019, Julie