Unglaublich spannend!
Tiefe StilleMaria, Anfang/Mitte Fünfzig, ist nach dem Tod ihres despotischen Mannes nun recht wohlhabend und erfolgreiches Mitglied eines Krimiclubs. Als Landesmeisterin hat sie mit zwei ihr unbekannten Männern die ...
Maria, Anfang/Mitte Fünfzig, ist nach dem Tod ihres despotischen Mannes nun recht wohlhabend und erfolgreiches Mitglied eines Krimiclubs. Als Landesmeisterin hat sie mit zwei ihr unbekannten Männern die Teilnahme an einer dreiwöchigen Krimirallye in Oberbayern gewonnen. Am Flughafen München trifft sie bereits den 17 jährigen Leon, mit dem sie zu ihrer Hütte auf dem Land fahren soll. Leon stellt sich als Abiturient und Hacker auf Bewährung heraus und ihre Hütte als Ruine, so daß sie behelfsmäßig in einem Stall schlafen. Auf der Suche nach Kaffee, finden sie morgens eine Leiche in einem Heuschober, sichern die Spuren und kurze Zeit später brennt der Schuppen und die Leiche ist weg. Ihr drittes Teammitglied, daß erst einen Tag später zu ihnen stößt, ist Maria sehr suspekt, sie misstraut ihm zutiefst. Dennoch suchen sie gemeinsam eine andere Unterkunft, in der über die Pfingstferien, völlig ausgebuchten Gegend.
Kommissar Lukas Zierlinger, war ein aufstrebender Stern bei der Kripo München, bis er bei einem Einsatz so stark traumatisiert wurde, daß Kollegen, mit seinem Ausscheiden aus dem Dienst rechneten. Nach einem Jahr Pause, versucht er den Wiedereinstieg auf dem oberbayrischen Land. Sein Vorgänger hat ihm riesigen Aktenstapel hinterlassen, da er sich in die Aufklärung eines Drogenrings verbissen hat, deren Sitz er in einer heruntergekommenen Saftfabrik vermutet. Noch ehe er alle Akten durchgelesen hat, wird eine unidentifizierte Leiche gefunden. Die verschwundene Leiche aus dem Heuschober, die Laien, finden sich mitten in einem echten Fall wieder.
Zu Beginn dreht sich alles um die sympathische Maria, die entschlossen ist, nach dem Tod ihres tyrannischen Ehemannes, ihr Leben zu genießen. Die Akribie mit der sie die vermeintlichen Spuren noch vor dem Frühstück sichert, lässt schmunzeln, die Offenheit, mit der sie auf den sehr viel jüngeren Leon zu geht, erobert sofort das Leserherz, ebenso wie Leon selbst. Eigentlich ein tolles Team, bis der dritte im Bunde, Christoph dazu stößt, der irgendwie nicht so recht dazu passen mag und die traute Runde stört.
Lukas Zierlinger wird immer noch von Flashbacks geplagt und versucht so gut es geht sich erst mal auf der neuen Dienststelle, mit den neuen Kollegen (mit einem vorbildlich hohen Frauenanteil) zurecht zu finden. Da er als einziger Erfahrung mit Mordfällen hat, ist das gemütliche Kennenlernen bald vorbei und der Fokus der Handlung verschiebt sich nun von den Hobbydetektiven zu den Profis. Obwohl die Spannung relativ früh beginnt, mit dem Auffinden der Leiche in dem windschiefen Schuppen, werden die Personen dennoch plastisch ausgearbeitet. Dieser Fund ist erst einmal ein Grund sich zu wundern, doch dann geht es eigentlich Schlag auf Schlag. Die scheinbar so friedliche Gegend, hatte in den letzten Jahren einige vermisste Frauen aufzuweisen und schon bald fehlt auch von Maria und Leon jede Spur. Auf diese Art und Weise gelingt es der Autorin immer wieder Höhepunkte und Spannungsbögen zu setzen, die eigentlich gar nicht mehr abebben wollen. Die Ermittlungen führen in die Tiefen eines vor Jahrzehnten stillgelegten Bergwerkes, dessen Enge geradezu klaustrophobisch die Spannung schürt. Susanne Rößner beschreibt die Sitution unter Tage so plastisch, das der Atem automatisch flacher geht, um das Einatmen des Kohlenstaubes zu vermeiden.
Nachdem gerade spektakuläre Rettungsaktionen in Schachten, Höhlen und nach Mineneinstürzen durch die Medien gingen, ist dieser Fall unglaublich aktuell und die Bilder von den unterirdischen Gängen aus den Nachrichten sofort vor dem inneren Auge präsent. Sehr gut gefällt mir, mit wie viel Respekt die Autorin die Dorfbewohner und insbesondere auch die Alten beschreibt, die ohne den Stress und die Hektik der Jugend, aufmerksam ihre Umwelt beobachten. Sie gibt nicht der leichten Versuchung nach, die Provinzler der Lächerlichkeit preis zu geben, auch nicht bei den Ermittlern, die ja normalerweise nur Einbrecher und Versicherungsbetrüger stellen. Eindrücklich schildert sie die Sehnsüchte der alten Bergmänner, nach Jahrzehnten noch einmal in ihre Grube ein zu fahren und sich dem Berg zu stellen, der den täglichen Kampf um Leben und Tod bedeutete. Eine Hassliebe, die für den Leser, dem schon die Schilderung der Suche in der beklemmenden Enge der Stollen, in der absoluten Schwärze einen Schauer über den Rücken zu jagen mag, fremd aber fesselnd ist.
Ein außergewöhnlich spannender Krimi, den man auch auf als Thriller bezeichnen könnte, dessen Liebe zu den Persönlichkeiten, das Grauen jedoch etwas abzumildern vermag. Eine wirkliche Stärke dieses geschickt aufgebauten Falles.