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Veröffentlicht am 01.03.2019

Düstere, ungesunde Liebesgeschichte über Eifersucht, Rache und Obsession, umgeben von den atmosphärischen norwegischen Fjorden

The Hurting
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Nell und ihre Schwester Harper wurden früh von ihrer Mutter verlassen. Nell war noch so klein, dass sie keine Erinnerung an sie hat. Sie ist inzwischen ein Teenager und lebt zusammen mit ihrer Schwester ...

Nell und ihre Schwester Harper wurden früh von ihrer Mutter verlassen. Nell war noch so klein, dass sie keine Erinnerung an sie hat. Sie ist inzwischen ein Teenager und lebt zusammen mit ihrer Schwester und ihrem Vater in Norwegen. Sie sind von England hergezogen, in der Hoffnung eine bessere Therapie für Harper zu bekommen, die an Krebs erkrankt ist.
Nell träumt von einer Karriere als Songwriterin und möchte sich deshalb an einer Schule in Manchester bewerben. Ihr strenger Vater, der zudem ein massives Alkoholproblem hat, lässt dies nicht zu. Nell muss sich stattdessen um ihre wehleidige Schwester kümmern, die eifersüchtig auf Nells Gesundheit ist. Nell lebt in einem permanenten Zwiespalt aus Sorge um ihre Schwester, einem schlechten Gewissen und dem Bewusstsein, dass sie immer nur die zweite Geige in der Familie spielen wird.
Auf ihrer Flucht nach Manchester begegnet sie Lukas, einem wilden, mysteriösen Jungen, der bei Wölfen aufgewachsen ist. Sie fasst Vertrauen zu ihm und verliebt sich. Blind vor Liebe sieht sie nicht, was für ein gemeines Spiel er mit ihr treibt.

"The Hurting" ist eine moderne Fassung von Emily Brontës "Sturmhöhe". Lukas ist ein Findelkind, dem das Erbe eines Öl-Tycoons in Aussicht steht und der alles dafür tut, die Wölfe in der Wildnis Norwegens zu schützen, nachdem das Rudel, bei dem er aufgewachsen ist, getötet wurde. Warum er auf Nell stößt und zu welcher Tat er sie benutzt, entwickelt sich zu einem packenden Psychothriller. Das düstere und kalte Norwegen passt dabei perfekt zu der Geschichte, die durch Drehungen und Wendungen und die zunächst unergründliche, rätselhafte Art von Lukas Spannung erzeugt. Nell erkennt dabei viel zu spät, welche Intrige Lukas gesponnen hat und welche Gefahr ihr droht und kämpft am Ende nicht nur um das nackte Überleben, sondern auch gegen ihre romantischen Gefühle, die sie nach wie vor für Lukas hegt. Umso faszinierender ist zu lesen, wie sie auf sich allein gestellt im Kampf gegen die Natur über sich hinauswächst.
Der Roman erzählt eine düstere, ungesunde Liebesgeschichte über Eifersucht, Rache und Obsession, umgeben von den atmosphärischen norwegischen Fjorden, bei der die Grenzen zwischen Liebe und Wahnsinn verschwimmen und ein Familiengeheimnis gelüftet wird.

Veröffentlicht am 09.02.2019

Fesselnder Roman mit geheimnisvoller Atmosphäre über grenzenlose Mutterliebe, Trauerbewältigung und ein lange gehütetes Familiengeheimnis

Brombeerwinter
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Im Mai 2010 kommt es in Seattle mit einem Schneesturm zu einem ungewöhnlichen Naturereignis. Journalistin Claire Aldrige soll für die Zeitung "Seattle Herald" eine Story daraus machen, nachdem sich dieses ...

Im Mai 2010 kommt es in Seattle mit einem Schneesturm zu einem ungewöhnlichen Naturereignis. Journalistin Claire Aldrige soll für die Zeitung "Seattle Herald" eine Story daraus machen, nachdem sich dieses Phänomen bereits vor über 80 Jahren schon einmal in der Stadt ereignet hat. Zunächst ist Claire wenig angetan von dieser Idee, findet dann jedoch heraus, dass am ersten Tag des Schneesturms 1933 ein dreijähriger Junge verschwunden ist.
Vor fast genau einem Jahr hat Claire ihr ungeborenes Kind durch einen Unfall verloren und ist von dem Schicksal des Jungen Daniel und der Mutter Vera Ray besonders ergriffen. Sie möchte herausfinden, was 1933 tatsächlich geschehen ist und was es mit dem Verschwinden des Jungen auf sich hat, der laut Einschätzung der Polizei davongelaufen ist.

Als "Brombeerwinter" bezeichnen die Menschen im Süd- und Mittelwesten Nordamerikas einen Kälteeinbruch, der im späten Frühling auftritt, wenn die Brombeeren blühen.

Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen, 2010 und 1933, und erzählt die Geschichte von zwei Frauen, die auf unterschiedliche Art und Weise mit dem Verlust eines Kindes umgehen müssen, während es ungewöhnlich spät in Seattle schneit.

Vera Ray ist alleinerziehende Mutter und stammt aus armen Verhältnissen. Sie arbeitet als Dienstmädchen im Hotel Olympic und muss während einer Spätschicht ihren Sohn Daniel allein zu Hause lassen. Als sie nach der Arbeit nach Hause kommt, ist er verschwunden und sie findet nur noch seinen Teddy im Schnee. Dreijährige Kinder laufen nicht so einfach weg, weshalb sie vermutet, dass Daniel noch am Leben ist und entführt wurde.

Claire, die selbst noch voller Trauer um den Verlust ihres eigenen Kindes ist, weshalb auch ihre Ehe im letzten Jahr arg gelitten hat, stellt Nachforschungen an und spricht mit Zeitzeugen. Tatsächlich kommt sie bald dem Leben von Vera Ray und dem Verschwinden Daniels auf die Spur, die sie überraschend in die Vergangenheit zur Familie ihres Mannes führt.

Der Roman ist emotional und dramatisch, aber vor allem spannend und schlüssig erzählt, Der Wechsel aus Gegenwart und Vergangenheit, jeweils aus der Perspektive von Claire bzw. Vera macht es leicht, sich in die Situationen beider Frauen einzufühlen und die Verknüpfung beider Zeitebenen ist der Autorin dabei perfekt gelungen.
Gebannt verfolgt man, wie Claire das Geheimnis um Daniel lüftet, das 77 Jahre im Verborgenen geblieben ist, und während ihrer Recherche den Verlust ihres eigenen Kindes verarbeitet.

"Brombeerwinter" ist ein empathisch geschriebener, fesselnder Roman, der eine geheimnisvolle Atmosphäre verbreitet. Es ist eine leicht zu lesende Geschichte um die grenzenlose Mutterliebe, um Trauerbewältigung und ein lange gehütetes Familiengeheimnis.

Veröffentlicht am 08.02.2019

Tragikomisches Porträt über ein Dorf in der Provinz

Was man von hier aus sehen kann
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Der Roman handelt in einem beschaulichen kleinen Dorf im Westerwald und ist aus der Perspektive der zehnjährigen Luise geschrieben. Ihre Mutter ist Inhaberin des Blumengeschäftes und nimmt sich kaum Zeit ...

Der Roman handelt in einem beschaulichen kleinen Dorf im Westerwald und ist aus der Perspektive der zehnjährigen Luise geschrieben. Ihre Mutter ist Inhaberin des Blumengeschäftes und nimmt sich kaum Zeit für ihre Tochter. Der Vater ist Arzt, geht aber selbst begeistert zur Psychoanalyse und träumt davon, "die Welt hereinzulassen". Luise verbringt ihre Freizeit deshalb am liebsten zusammen mit ihrem besten Freund Martin und bei ihrer Großmutter Selma. Diese hat angeblich die Fähigkeit, den Tod vorherzusehen, wenn sie von einem Okapi träumt.
Als es wieder einmal soweit ist, wird jeder Dorfbewohner nervös und hofft, dass der Traum nicht ihm galt. 29 Stunden nach Selmas Traum kommt es zu einem tragischen Todesfall, der das Leben der Bewohner erschüttert.

12 Jahre später hat Luise, die nicht viel weiter als in die nächste Kreisstadt gezogen ist, die Möglichkeit, "die Welt hereinzulassen", indem sie sich in einen buddhistischen Mönch verleibt, der in einem Kloster in Japan lebt.

"Was man von hier aus sehen kann" ist ein unheimlich charmanter Roman über eine etwas eigenwillige Dorfgemeinschaft in der Provinz, der wunderbar originell, phantasievoll, aber nicht realitätsfern, amüsant und tragisch zugleich geschrieben ist.

Jeder Charakter des Buches ist etwas ganz Besonderes und macht diese skurrile, aber warmherzige Dorfgemeinschaft zu einer Familie für Luise. Hier wird ein Dorf und seine Bewohner mit ihrem Aberglauben und unausgesprochenen Zweifeln liebevoll aufs Korn genommen, ohne ins Lächerliche abzudriften. Es ist ein Roman über Freundschaft, Zusammenhalt und Familie, über Liebe und Träume von der weiten Welt, aber auch über Tod und Trauer.

Ich konnte die tragikomische Geschichte kaum aus der Hand legen, wollte aber gleichzeitig nicht, dass das Büchlein so schnell zu Ende geht. Besonders der unvergleichlich metaphorische Erzählstil, die herrliche abwegigen Gedankengänge der Charaktere und der trockene Humor der Autorin haben es mir angetan. Es ist ein Buch zum Lachen und Mitfühlen, das nachdenklich über das Leben macht und trotz der gefürchteten Todesträume ein überaus positives Gefühl hinterlässt.

"Was man von hier aus sehen kann" ist sowohl in Bezug auf die Geschichte, die einem Dorfporträt gleicht, aber vor allem hinsichtlich des lebendigen und kreativen Schreibstils der Autorin ein erfrischend anderer Roman mit Lieblingsbuchstatus.

Veröffentlicht am 02.02.2019

Trotz aller Dramatik und der tragischen Liebesgeschichte ein Mutmacher und Roman der Hoffnung schenkt

Die Antwort auf Vielleicht
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Adam ist Taxifahrer für ein Taxiunternehmen, das überwiegend Fahrten für kranke Menschen von und zum Klinikum oder zu Arztpraxen unternimmt. Adam fährt vorwiegend Krebspatienten, die er zur Strahlentherapie ...

Adam ist Taxifahrer für ein Taxiunternehmen, das überwiegend Fahrten für kranke Menschen von und zum Klinikum oder zu Arztpraxen unternimmt. Adam fährt vorwiegend Krebspatienten, die er zur Strahlentherapie in die Bremer Uniklinik bringt. Als er die junge Mutter Jessi kennenlernt, die an einer besonders hartnäckigen Form des Krebses erkrankt ist, bringt sie ihn zum Nachdenken über sein eigenes Leben. Er ist Mitte 20, wohnt bei seiner knapp 90-jährigen Oma, die ihn aufgezogen hat und träumt davon, den höchsten Gipfel der Welt, den Chimborazo in Ecuador zu besteigen, ist aber bisher kaum aus Bremen herausgekommen.
In den Gesprächen mit Jessi, die sich schon bald nicht mehr nur auf die Taxifahrten beschränken, verliebt er sich in sie und zeigt ihr, wie schön das Leben sein kann.
"Die Antwort auf vielleicht" beruht auf den eigenen Erfahrungen des Autors als Taxifahrer und ist deshalb sehr authentisch zu lesen. Das Buch handelt von Krankheit, Tod und der Endlichkeit des Lebens und ist damit keine leichte Kost. Es ist sehr berührend und traurig geschrieben, gleichzeitig durch die abenteuerlichen Erlebnisse aber nicht beklemmend zu lesen. Ganz behutsam wird sich an das leidvolle Thema Tod herangetastet, was durch die sanfte Art Adams unterstrichen wird. Gerade durch die wichtigen Nebencharaktere wie Adams leicht verwirrte Großmutter und Jessis freche Freundin Vero wird die Stimmung aufgelockert und die grundsätzlich traurige Geschichte mit humorvollen Abschnitten untermalt.

"Die Antwort auf vielleicht" ist nicht nur ein Roman über eine lebensgefährliche Krankheit, sondern auch eine Geschichte über die persönliche Weiterentwicklung eines jungen Mannes, der bisher auf der Stelle getreten ist und aus Bequemlichkeit nicht viel aus seinem Leben gemacht hat. Durch Jessi, die unerbittlich um ihr Leben und gegen den Krebs kämpft, wird auch Adam mutiger, Entscheidungen zu treffen. Sie helfen sich letztlich gegenseitig dabei, die Chance zu ergreifen, sich ihren Traum zu erfüllen.
Trotz aller Dramatik und der tragischen Liebesgeschichte schenkt der Roman Hoffnung und ist ein Mutmacher, im Hier und Jetzt zu leben und jeden einzelnen schönen Moment zu genießen.

Veröffentlicht am 30.01.2019

Melancholischer, atmosphärischer Roman über eine Frau, die sich nach einem Schicksalsschlag in einen kleinen Fischerort zurückgezogen hat

Nächte, in denen Sturm aufzieht
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Die Engländerin Liza ist 32 Jahre alt und wohnt seit sechs Jahren zusammen mit ihrer elfjährigen Tochter Hannah bei ihrer Tante Kathleen in dem Küstenort Silver Bay, wo diese ein kleines Hotel führt. In ...

Die Engländerin Liza ist 32 Jahre alt und wohnt seit sechs Jahren zusammen mit ihrer elfjährigen Tochter Hannah bei ihrer Tante Kathleen in dem Küstenort Silver Bay, wo diese ein kleines Hotel führt. In den kleinen Ort, drei Stunden von Sydney entfernt, verschlägt es nur wenige Touristen, insbesondere die, die die Einsamkeit suchen oder mit den Walfängern aufs Meer fahren möchten, um Wale und Delfine zu beobachten. Auch Liza arbeitet dort als Skipper und hat eine besondere Intuition dafür, wann Wale in die Nähe der Küste kommen.

Der Engländer Mike Dormer reist nach Silver Bay, aber nicht als Tourist, sondern aus geschäftlichen Gründen. Er soll sich den Ort ansehen, um das Projekt für einen Hotelbau voranzutreiben. Als er die einfachen Menschen in dem beschaulichen Fischerort und insbesondere die Frauen der Frühstückspension näher kennenlernt sowie selbst die Begeisterung spürt, wenn sich die Wale zeigen, deren Lebensraum zunehmend bedroht wird, bekommt er Skrupel.

"Nächte, in denen Sturm aufzieht" ist ein Roman, den die Bestseller-Autorin Jojo Moyes bereits 2007 veröffentlicht hat und der erst jetzt in Deutschland erschienen ist.
Es ist ein eher ruhiger Roman mit einer melancholischen Grundstimmung, die von Anbeginn spürbar ist, die aber perfekt zu dem verschlafenen Fischerort Silver Bay passt, an dem die Zeit ein bisschen still zu stehen scheint. Durch die Beschreibung des einfachen, aber zufriedenen Lebens der Einwohner, die sich ganz dem Meer und seinen Bewohnern verschrieben haben, fühlt man sich bildlich an diesen Rand der Welt zurückversetzt.

Die Verknüpfung der Themen Ökologie, Tier- und Umweltschutz mit den Schicksalen der Frauen, vor allem des Lebens von Liza, deren Vergangenheit gemächlich aufgedeckt wird, ist sehr gut gelungen.

Alle Charaktere - vom kauzigen Walbeobachter, über die gute Seele Kathleen bis zum zunächst etwas steifen Finanzexperten Mike - sind individuell, aber dabei sehr authentisch gezeichnet.
Es ist interessant zu lesen, wie sich jeder einzelne im Verlauf des Romans weiterentwickelt und wie sich die ganz unterschiedlichen Figuren einander annähern.

Auch wenn die Romane, die Jojo Moyes vor "Ein ganzes halbes Jahr" geschrieben hat, oft kritisiert werden, hat mir diese ruhige Geschichte um Liza, die sich wegen eines Schicksalsschlags nach Australien, an einen Ort, an dem sie gleichzeitig befreit, aber dennoch gefangen ist, zurückgezogen hat, wieder gut gefallen. Ich mochte die melancholische Atmosphäre von Silver Bay und den ambitionierten Kampf für das Wohlergehen der Tiere.
Die Rolle von Mike ist zwar sehr vorhersehbar, aber dennoch bleibt es durch zahlreiche Wendungen spannend, wie sich die Situation vor Ort in Australien letztlich entwickelt, so dass mich "Nächte, in denen Sturm aufzieht" bis zum Schluss fesseln konnte.