Ein störender Nachbar. Eine nicht zu beseitigende Leiche. Das Monster in jedem von uns. In Patrícia Melos neuem Krimi entwickelt ein häusliches Drama apokalyptische Dimensionen.
In São Paulo fühlt sich ein Biologielehrer gestört von seinem Nachbarn. Permanent dringen Geräusche durch die Decke, zu jeder Uhrzeit, sei es, weil Ygor Upsilon kocht, herumläuft oder Besuch hat. Immer stärker steigert sich der Erzähler in eine unkontrollierbar werdende Wut. Er beginnt, den Nachbarn zu verfolgen, bricht bei ihm ein und findet sich plötzlich mit seiner Leiche wieder. Verschanzt in der Wohnung stellt er sich die Frage: Was tun mit dem grausigen Beweisstück – und was tun mit dem eigenen Leben?
Eigenwillig und besonders ist dieser vergleichsweise kurze Kriminalroman. Dennoch geht er möglicherweise sehr nahe, weil man durchaus mit der Hauptperson mitfühlen kann, erzählt der Mann, ein Biologielehrer ...
Eigenwillig und besonders ist dieser vergleichsweise kurze Kriminalroman. Dennoch geht er möglicherweise sehr nahe, weil man durchaus mit der Hauptperson mitfühlen kann, erzählt der Mann, ein Biologielehrer aus São Paulo, durchgehend aus seiner Perspektive. Somit ist auch der Titel gewissermaßen aus der Egoperspektive verfasst, denn trotz aller Alltagsprobleme in Beruf und Beziehung ist der größte Feind des Protagonisten derjenige, der über ihm wohnt.
Aus einem kleinen Ärgernis wird ein kleiner Streit und aus einem kleinen Streit ein großer und dann kommt eins zum anderen… wie eine private Version des Schmetterlingseffekts. Patrícia Melo lässt den Leser tief in die langsam anwachsende Verzweiflung des namenlosen Protagonisten. So wie seine Familie und später viele andere über ihn urteilen, kann sich auch der Leser eine Meinung bilden, eine bessere sogar, weil er vieles über ihn, den Lehrer, erfährt, das anderen Charakteren möglicherweise verborgen bleibt.
Das Ende erscheint ebenfalls etwas ungewöhnlich, fügt sich aber damit doch irgendwie in das Gesamtbild des Krimis. Interessantes Detail: Im Original bezieht sich der Titel des Buches sehr wohl auf die namenlose Hauptperson, im Deutschen jedoch, wie erwähnt, nicht.
Ein Biologielehrer hat ein Problem. Sein Nachbar über ihn ist zu laut. Er kann kaum noch schlafen, denn ständig wird gestampft und gepoltert. Und so geraten die beiden in einen Nachbarschaftsstreit, der ...
Ein Biologielehrer hat ein Problem. Sein Nachbar über ihn ist zu laut. Er kann kaum noch schlafen, denn ständig wird gestampft und gepoltert. Und so geraten die beiden in einen Nachbarschaftsstreit, der ganz böse endet.
Das Cover ist okay, aber ich mag irgendwie das Buch ohne Schutzumschlag etwas lieber. Ich mag das Orange und wie einprägsam der Name der Autorin da drauf steht.
Der Schreibstil ist wirklich sehr interessant, denn man erfährt die Dinge alle nur aus der Sicht des Lehrers. Es gibt kaum wörtliche Rede und so ist man hauptsächlich mit den Gedanken und Gefühlen einer Person beschäftigt.
Und ich muss ganz ehrlich sagen, ich weiß nicht wie ich zu diesem Charakter stehe. Auf der einen Seite verstehe ich ihn, wenn er im Detail beschreibt, wie ihn die Geräusche wütend machen und er keine Ruhe finden kann. Ich bin selber recht lärmempfindlich und kann es nachvollziehen, wenn ihn der Krach aus dem oberen Stockwerk zur Weißglut treibt. Außerdem hat er kein leichtes Leben, denn Lehrer haben es in Brasilien nicht einfach und momentan wird gestreikt, das heißt er bekommt kein Gehalt und muss um seine Existenz bangen.
Und genau da habe ich mich gefragt, ob der Nachbar von oben einfach eine Übertragung ist. Alles was gerade schief läuft wird auf diesen Menschen projiziert. Und unser Lehrer steigert sich in eine regelrechte Obsession ein, die ihn fast schon irre wirken lässt. Wenn er meint das sein Nachbar ihn mit den Augen geheime Botschaften übermittelt.
Er wirkt teilweise vollkommen der Welt entfremdet und trotzdem geht er sehr systematisch bei einigen Dingen vor, als wäre es nur ein Klacks und nicht der Rede wert einen Mord zu begehen.
Mir hat sehr gut gefallen, dass man viel über die Gesellschaft generell in Brasilien erfährt und wie die Autorin diese Missstände mit in ihrem kurzen Büchlein einfließen lässt.
Der Lehrer bleibt aber bei allem was er tut distanziert. Nicht nur für mich als Leser, sondern auch zu den anderen Menschen im Buch. Ich finde gut kann man das merken, weil er sich für die verschiedenen Personen die er trifft andere Namen überlegt, so muss er sich nicht mit ihnen speziell oder mit der Welt im Allgemeinen befassen.
Und genau das fand ich am Ende sehr interessant, denn da findet er dann doch irgendwie seinen Frieden, aber an einem ganz ungewöhnlichen Ort.
Mein Fazit: Das Buch hat viel Tiefgang und man muss trotz der dünne des Buches dran bleiben um der Handlung des Protagonisten zu folgen. Denn durch seine wirren Gedanken, die ihn manchmal recht psychotisch wirken lassen finde ich, ist er nicht immer leicht ihn zu verstehen. Gut fand ich das wir eine kritische Meinung der Gesellschaft gegenüber finden, aber nicht so gut hat mir gefallen, dass ich am Ende doch ein wenig ratlos blieb. Ich glaube ich habe einfach die ganzen Hintergründe nicht erfassen können. Trotzdem ist es ein interessantes Buch und für alle, die mal etwas zum Nachgrübeln lesen möchten sei dieses Buch empfohlen.
Ein 54-jährigen Biologielehrer, vom Job restlos überfordert und gestresst, empfindet die Geräusche aus der Wohnung seines neuen Nachbarn als absolut unzumutbar. Obwohl er den Nachbar bereits mehrfach zur ...
Ein 54-jährigen Biologielehrer, vom Job restlos überfordert und gestresst, empfindet die Geräusche aus der Wohnung seines neuen Nachbarn als absolut unzumutbar. Obwohl er den Nachbar bereits mehrfach zur Rede gestellt hat, ist dieser nicht dazu bereit etwas an seiner Lebensführung zu ändern. Im Gegenteil, der Mann macht sich zusätzlich noch über ihn lustig und provoziert ihn ungerührt weiter. Aber auch das Verhalten der Frau des Lehrers, die von seinen Nöten scheinbar unberührt bleibt, trägt keineswegs zur Verbesserung der Lage bei. Damit verschärft sich die Situation erheblich und es ist absehbar, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis es zur Eskalation kommt.
FAZIT
Eine sozialkritische Story, die sich als bissig sarkastische Parabel auf die Gesellschaft und ihre Verlogenheit erweist.