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Veröffentlicht am 02.02.2019

Federleicht und tiefgründig

Agathe
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Ein nicht nur physisch gealterter Psychiater, der sich von seiner Umwelt abgekapselt hat, findet mit kleinen Schritten ins Leben zurück. Und dies durch eine Klientin, die er eigentlich gar nicht mehr annehmen ...

Ein nicht nur physisch gealterter Psychiater, der sich von seiner Umwelt abgekapselt hat, findet mit kleinen Schritten ins Leben zurück. Und dies durch eine Klientin, die er eigentlich gar nicht mehr annehmen wollte, weil er kurz vor seiner Pension steht. Sie, Agathe, die der Meinung ist, nur er könne ihr noch helfen, ist es, die den Mann zum Nachdenken bringt. Er ist lebensmüde, genervt von den Problemen seiner Klienten und er hat vergessen, warum er mal diesen Beruf ergriffen hat. Und auch seine Sekretärin, die letztendlich dafür verantwortlich ist, dass Agathe Termine erhält, und deren todkranker Mann haben Einfluss auf die Wandlung des Psychiaters.

Die Geschichte, die im Paris der 40er Jahre spielt, kommt leicht und luftig daher und ist gleichzeitig sehr tiefgründig und traurig. Dies wird für mich durch das zauberhafte Cover unterstützt. Sie regt zum Nachdenken an nicht nur darüber, wie es dazu kommen konnte, dass der Psychiater so ist, wie er ist, sondern auch über das eigene Leben.
Obwohl in der Geschichte im Grunde äußerlich nicht viel passiert, geht dennoch schleichend eine große innere Wandlung vor sich.
Agathe weckt jugendliche Gefühle in dem alternden Mann und man weiß bis zum Ende nicht, wie sich die Geschichte weiterentwickeln wird. Agathe selbst erscheint recht selbstbewusst, was bei ihrem biografischen Hintergrund eher verwundern könnte. Vom Vater begrapscht, was von der Mutter geduldet wurde, sollte man eigentlich davon ausgehen, dass sie ein sehr gestörtes Verhältnis zu Männern haben müsste. Das zu ihrem Mann Julien nennt sie selbst auch kompliziert. Stattdessen vermittelt Anne Cathrine Bomann eher das Gefühl, als wäre sie absichtlich geschickt worden, um den lebensmüden Psychiater zu altem Elan zu verhelfen. Er eröffnet ihr, dass sie wieder lernen muss, sich selbst zu sehen und bemerkt dadurch, dass er dies selbst verlernt hat. Indem er wieder lernt, sich selbst zu sehen, sehen ihn auch andere.
Auch die Sekretärin, Madame Surruge, trägt zu der Wandlung bei, indem sie den Psychiater mit ihrem totkranken Mann bekannt macht. Dieser konfrontiert ihn mit der Frage, wovor er Angst habe und der erschütternden Feststellung, dass er, der Psychiater, noch nie jemanden geliebt hat.
Es macht schon sehr traurig und nachdenklich, wenn man sich überlegt, wie wenig man manchmal von seinem Umfeld weiß. Dass man keine Ahnung hat, was den Nachbarn bewegt, dass man Vorurteile schafft, obwohl oder besser weil man den anderen gar nicht kennt, wie hier der taube Nachbar, der gar nicht so reagieren kann, wie der Psychiater es von ihm erwartet hätte. Eine Person, wie Madame Surruge, die seit Jahrzehnten für einen arbeitet und von der man im Grunde ebenso wenig weiß wie über den Nachbarn.

Obwohl man beim Lesen meint, es lese sich mal so schnell durch, stellt man bei genauerem Hinsehen im Nachhinein fest, dass unglaublich viel Potential in diesem kleinen unscheinbaren Buch steckt und dass Kleinigkeiten und ein wenig Umdenken Großes bewirken kann.
Unbedingt zu empfehlen!

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Veröffentlicht am 27.12.2018

Die dunkle Seite Islands

Graue Nächte
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Island im zweiten Weltkrieg.

Mehrere Leichen tauchen an verschiedenen Orten auf. Haben sie ein gemeinsames Schicksal?
Amerikanische Soldaten bringen das Leben der Einheimischen durcheinander. Aber welche ...

Island im zweiten Weltkrieg.

Mehrere Leichen tauchen an verschiedenen Orten auf. Haben sie ein gemeinsames Schicksal?
Amerikanische Soldaten bringen das Leben der Einheimischen durcheinander. Aber welche Rolle spielen sie genau?
Und um wen handelt es sich bei der geheimnisvollen Unbekannten?
Viele Fragen, denen Komissar Flóvent und sein Kollege Thorson gegenüberstehen.

Die Handlung des dritten Teils der Flóvent-Thorson-Reihe erstreckt sich über zwei verschiedene Zeitebenen und erlaubt einmal mehr viel Raum für Spekulationen.
Dabei lässt sich der Roman auch ohne Vorkenntnisse der beiden ersten Teile meines Erachtens problemlos lesen.

Der Autor entwirft ein Bild, das eine Seite dieses Landes und deren Menschen nicht nur in Zeiten des Krieges widerspiegelt - die Trostlosigkeit. Hier geht es nicht um das Verwunschene, um Feen und Trolle, sondern um die Realität, hartes Überleben und ein kleines bisschen Glück zu einem meist hohen Preis.
Auch Indriðasons Schreibstil erinnert an die Gegebenheiten des Landes – recht nüchtern und düster, gleichzeitig aber mit einem gewissen Feingefühl, wenn es um die Beschreibung seiner Charaktere geht. Obwohl diese nicht wirklich offenherzig und unbedingt sympathisch wirken, entwickelt man dennoch eine Art Mitgefühl für einige Personen.
Was das Nachvollziehen der Handlung einerseits etwas schwierig, gleichzeitig aber auch spannend macht, ist der Zeitsprung, den Indriðason eingebaut hat. So stellt man sich beispielsweise die Frage, ob es sich bei Manfreð wirklich um ein und dieselbe Person handelt.

Das Ende kam mir dann allerdings doch fast etwas zu schnell. So viel Zeit, wie auf einige Personen verwandt wurde, hätte ich mir auch für die übrigen Charaktere wie Kata und Ellý gewünscht. Dennoch kann ich sagen, dass es für mich Spannung bis zum Schluss war.

Die Gestaltung des Covers an und für sich gefällt mir gut und passt zur Serie, ist mir aber im Nachhinein farblich fast noch zu freundlich gestaltet. Nicht einmal die wilden Nächte im Piccadilly stellte ich mir beim Lesen in hellen oder schrillen Farben vor. Die Grundstimmung, die während der gesamten Romans auf mich wirkte, war durch ein dumpfes Graubraun charakterisiert. Somit macht der Titel des Buches für mich auch Sinn.

Indriðason schafft es wieder einmal, den Leser in ein perfekt gesponnenes Netz verschiedener Handlungsstränge zu verwickeln, welches erst in letzter Minute aufgelöst wird.

Alles in allem für mich ein gelungener Roman!

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Veröffentlicht am 04.04.2024

Achterbahnfahrt des Lebens

Schwestern in einem anderen Leben
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Rebeccas Leben ist eine nicht enden wollende Achterbahnfahrt. Als Jugendliche von gerade einmal sechzehn Jahren hätte sie sich das wohl nicht träumen lassen. Doch von einem Moment auf den anderen steht ...

Rebeccas Leben ist eine nicht enden wollende Achterbahnfahrt. Als Jugendliche von gerade einmal sechzehn Jahren hätte sie sich das wohl nicht träumen lassen. Doch von einem Moment auf den anderen steht ihr Leben Kopf und nichts ist mehr, wie es mal war - auch sie selbst nicht. Fast fünfzig Jahre später holt sie die Vergangenheit noch immer ein.
Ein sehr nachdenkliches Buch über die Geschichte einer mutigen Frau, die in ihrem Leben so einige Aufs und Abs erlebt und doch immer wieder auf die Füße fällt. Trotz allem fiel es mir gleichzeitig schwer, die Entscheidungen, die von ihr und ihrer Familie gefällt wurden, in Gänze nachvollziehen und mitleiden zu können. Schlimm allerdings, dass es solche Fälle aber tatsächlich zu geben scheint, wie die Autorin im Nachwort verrät. Besonders gut hat mir Rebeccas Schwester Miriam gefallen, die sich trotz aller Empathie ein gesundes Maß an Normalität in ihrem Leben bewahrt hat, sowie das Einbinden aktueller Geschehnisse, die einen zum Teil an die eigene Kindheit erinnert haben.
Das Cover hat mich sofort angesprochen, die Durchbrechung des Bildes durch die Schrift fand ich äußerst passend zur Geschichte. Schön fand ich die Perspektivwechsel, Zeitsprünge wurden gut gekennzeichnet, so dass man sich prima zurechtfinden Den Schreibstil und die Kapitellängen fand ich sehr angenehm.

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Veröffentlicht am 27.07.2022

Familienbande

Das Geheimnis hinter den Dünen
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Die Zwillinge Ruby und Elisa könnten verschiedener nicht sein. Während Elisa von Geburt an eher zart und vernünftig ist, lebt Ruby in den Tag hinein und kümmert sich nicht um die Zukunft. So hält sich ...

Die Zwillinge Ruby und Elisa könnten verschiedener nicht sein. Während Elisa von Geburt an eher zart und vernünftig ist, lebt Ruby in den Tag hinein und kümmert sich nicht um die Zukunft. So hält sich die Dauerstudentin mit Gelegenheitsjobs über Wasser, während Elisa sich eine Existenz als Galeristin aufgebaut hat, die ganz tief in sich drin davon träumt, auch ihre eigenen Bilder irgendwann gewinnbringend verkaufen zu können. Doch ein Schicksalsschlag will es anders und Elisa steht wieder ganz am Anfang. Am Geburtstag ihrer Großmutter finden sich die ungleichen Schwestern in deren Haus an der Nordsee ein, wo sie lange Zeit gelebt haben. Doch Elisas altes Zimmer ist verschlossen und ihre Großmutter schweigt sich darüber aus. Welches Geheimnis mag sich wohl hinter der Tür verbergen und was haben Gesas Ex-Mann und dessen Enkel damit zu tun?

Elisa träumt davon, als Malerin Geld zu verdienen und es macht sie traurig und sie wird von Selbstzweifeln gefressen, weil es einfach nicht klappen will. Dennoch ist sie mit ihrem Leben recht zufrieden, denn sie hat sich ein eigenes Geschäft aufgebaut. Dennoch läuft sie als graue Maus durch die Welt und ist so viel empfindsamer als ihre Schwester, der die große Klappe anscheinend mit in die Wiege gelegt wurde. Ruby ist das Partygirl, die alles leicht nimmt und die kein wirkliches Ziel vor den Augen hat. Doch dann lernt man von beiden Schwestern eine andere Seite kennen, denn vor allem Ruby hat mehr auf dem Herzen als sie zugeben möchte. Das macht sie im Laufe der Geschichte immer liebenswerter. Beide wuchsen nach dem Tod ihrer Eltern bei der Großmutter auf. Gesa selbst scheint mehr wie Ruby zu sein. Eine gestandene Frau, die weiß, was sie will. Dadurch wirkt sie manchmal für mich nicht unbedingt sympathisch, was sich aber wie bei Ruby im Laufe des Buches wandelt, sobald man hinter die Kulissen geblickt hat. Vor allem die Nebenfiguren mochte ich sehr gerne. Malte und die Inselbewohner habe ich sofort ins Herz geschlossen. Das Buch liest sich sehr flüssig und durch die verschiedenen Perspektiven wird es nochmal spannender. Bei dem wunderschönen Cover hätte ich zwar eher eine andere Hintergrundgeschichte erwartet, aber dennoch hatte ich viel Spaß beim Lesen und der Entwicklung der einzelnen Charaktere. Eine schöne Lektüre zum Abtauchen.

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Veröffentlicht am 25.12.2021

Bühne frei für Opa Bimmel und dessen Enkel

Das erste Buch Opa
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Eigentlich ist es ja eher das Buch von Florian Bimmel, der über das Zusammenleben mit seinem Opa Kurt schreibt. Nette kleine Kurzgeschichten, die vor schwarzem Humor nur so sprühen - und damit oft die ...

Eigentlich ist es ja eher das Buch von Florian Bimmel, der über das Zusammenleben mit seinem Opa Kurt schreibt. Nette kleine Kurzgeschichten, die vor schwarzem Humor nur so sprühen - und damit oft die niederen Instinkte der Leser ansprechen - wenn es zum Beispiel darum geht, nervige Verkehrsteilnehmer einfach von der Fahrbahn zu verbannen und das nicht mit höflichen Bitten. Einige Ideen werden wieder aufgegriffen und ziehen sich durch das Buch. Ich bin gespannt, was davon es auch in den zweiten Band schafft. Opa Kurt Bimmel ist ein richtiges Urgestein, der sich das Leben hinbiegt, wie es ihm am besten passt, während sein Enkel Florian, Journalist und Schreiber von Gebrauchsanleitungen, sich gefühlt mehr oder weniger durchs Leben schleppt und man sich manchmal fragt, wie er es überhaupt so weit geschafft hat - irgendwie ein bisschen verpeilt. Und obwohl beide dadurch ziemlich skurril wirken, sind sie dennoch auf ihre eigene Art liebenswert. Wer das Cover betrachtet, kann sich bereits ein gutes Bild von Opa Bimmel machen. Litsek entwirft hier einen Opa, der mich, wenn ich ihn gehabt hätte, wahrscheinlich in den Wahnsinn getrieben, den ich aber andererseits gerne selbst gehabt hätte. Auf jeden Fall ist er immer für Überraschungen gut und ich freue mich schon auf ein Wiedersehen mit den beiden Protagonisten.

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