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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.03.2020

Faszinierender Gin, schwacher Krimi

Der Gin des Lebens
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Dass „Der Gin des Lebens“ ein Buch für Gin-Liebhaber ist, sieht man auf den ersten Blick: Am Cover, am Titel, an den Exkursen zum Thema Gin, die extra auf grauen Seiten gedruckt sind und dadurch sofort ...

Dass „Der Gin des Lebens“ ein Buch für Gin-Liebhaber ist, sieht man auf den ersten Blick: Am Cover, am Titel, an den Exkursen zum Thema Gin, die extra auf grauen Seiten gedruckt sind und dadurch sofort erblättert werden können. Ich mag Gin, hatte mir aber noch nie über seine Aromen Gedanken gemacht (und keine Ahnung, dass diese „Botanicals“ heißen). Was für eine Kunst Gin-Herstellung sein kann, war mir völlig neu. Alles rund ums Thema fand ich super erklärt und spannend zu lesen. Dieses Buch feiert den Gin: Jedem Kapitel sind ein Zitat zum Thema Alkohol und die Illustration eines „Botanicals“ vorangestellt, hinten finden sich neben einem Glossar auch noch Gin-Rezepte.
Außerdem ist „Der Gin des Lebens“ mit viel Herz für den Handlungsort Plymouth geschrieben, der sehr pittoresk geschildert wird. Die Schauplätze sind in eine Karte eingetragen, die sich sowohl in der vorderen als auch in der hinteren Coverklappe verbirgt. Für die liebevolle Gestaltung würde ich diesem Buch fünf von fünf Punkten geben.

Für die Geschichte allerdings nicht. Ich hatte die Leseprobe gelesen und war auf einen Krimi gefasst, in dem mehr gemenschelt als ermittelt wird. Und es menschelte dann auch sehr: Da hätten wir Cathy, die in Plymouth ein gemütliches Bed & Breakfast betreibt, mit viel Herz, schrulligen, aber liebenswertesten Stammgästen und einem verwunschenen Garten. Und sie ist Single – wie Bene, ein Deutscher, der auf den Spuren seines verstorbenen Vaters nach Plymouth reist. Klingt fast ein bisschen nach Rosamunde Pilcher, trotz des erstochenen Obdachlosen in Cathys Garten. Die Rollen sind außerdem klar verteilt: Es gibt die Guten und die Bösen, mehrdimensional sind nur wenige Charaktere.
Die Handlung entwickelt sich dann komplett hanebüchen. Mir erschienen viele Stränge nicht ansatzweise zu Ende gedacht, die Figuren reagierten oft sehr unlogisch auf Ereignisse und das hat mir das Buch doch ziemlich verdorben. Zum Thema Gin war also alles super, der Krimi an sich jedoch sehr enttäuschend. Aber vielleicht war es auch mein Fehler, vielleicht hätte ich mir zur Lektüre einfach einen Dry Martini mixen sollen und dann alles gnädiger beurteilt?

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Geschichte
  • Figuren
Veröffentlicht am 23.08.2019

Vom schweren Ende und den skurrilen Anekdoten auf dem Weg dorthin

Otto
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Auf dem Buchrücken wird angekündigt, dass „Dana von Suffrin erzählt, was es für zwei Töchter bedeutet, wenn ein starrköpfiger jüdischer Patriarch mit siebenbürgischen Wurzeln zum Pflegefall wird.“ Und ...

Auf dem Buchrücken wird angekündigt, dass „Dana von Suffrin erzählt, was es für zwei Töchter bedeutet, wenn ein starrköpfiger jüdischer Patriarch mit siebenbürgischen Wurzeln zum Pflegefall wird.“ Und vielleicht rührt daher mein Problem mit diesem Buch: Ich dachte, dass es in diesem Roman um die Töchter gehen würde. Stattdessen ist „Otto“ eine Rückschau auf das bewegte Leben des gleichnamigen Patriarchen, aus der Sicht seiner Lieblingstochter Timna beschrieben. Timna und ihre Schwester Babi kümmern sich intensiv um den fast 80-Jährigen, der dem Tod zum Erstaunen aller Ärzte immer wieder von der Schippe springt. Zwischen Besuchen, Telefonaten mit den polnischen Pflegekräften und äußerst kurzen Einblicken in ihr Leben außerhalb der Sorge um ihren Vater lässt Timna die Familiengeschichte Revue passieren: Ottos Leben in Rumänien, Österreich, Israel und Deutschland, seine unglücklichen Ehen, der eher lieblose Umgang mit den Töchtern. Erzählt werden in lakonischem Tonfall, ohne große Emotionen vor allem skurrile Anekdoten, die eher willkürlich aneinandergereiht scheinen. Zwischen den Zeilen lässt sich herauslesen, dass Timna und Babi an ihrem Vater hängen und ihn so akzeptieren, wie er ist, mit allen Macken und Unzulänglichkeiten.

Beide Töchter haben jedoch auch Probleme, unterschiedlicher Art und unabhängig vom betreuungsintensiven Vater. Diese werden durchaus erwähnt, aber weder hergeleitet noch gelöst, und das hat mich gestört. Timna und Babi sind in diesem Roman nicht viel mehr als ihren Vater bis zum Ende begleitende Statisten, was insbesondere Ich-Erzählerin Timna nicht gerecht wird. Ich hätte ihre Geschichte gerne gehört, doch in „Otto“ wird nur Ottos geschildert. Relativ am Ende sagt er zu seiner Lieblingstochter: „Das Leben ist so schwer, wenn es aufhört, Timna, und so schön, wenn es anfängt.“ Der Fokus dieses Buches liegt klar auf dem schweren Ende. Auch wenn von Suffrin ihren „Otto“ sehr lebendig schildert und ich den Roman in einem Rutsch durchgelesen habe, war mir das zu wenig.

Ich habe dieses Buch als Rezensionsexemplar erhalten.

Veröffentlicht am 27.05.2019

Gnadenlos ausgereizt

Der Löwe büllt
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„Der Löwe büllt“ ist Tommy Jauds dritter Roman über Pauschalurlaub. Selbst wenn man von „Resturlaub“ und „Hummeldumm“ noch nie gehört hat, macht schon das Cover klar, dass dieses Buch ein unterhaltsames ...

„Der Löwe büllt“ ist Tommy Jauds dritter Roman über Pauschalurlaub. Selbst wenn man von „Resturlaub“ und „Hummeldumm“ noch nie gehört hat, macht schon das Cover klar, dass dieses Buch ein unterhaltsames ist: Man sieht das Gebiss des „büllenden“ Löwen und ansonsten viel orange. Ein Löwe im übertragenen Sinne wäre gerne Nico Schnös, 47 Jahre alter Controller und von seinem Chef in einen Zwangsurlaub entsendet, den er mit seiner Mutter Rosi antritt. Es geht in einen kanarischen Ferienclub, der beide vor Herausforderungen stellt: Für Rosi ist es der erste Urlaub seit dem Tod ihres Mannes und Nico soll in dieser gute Laune-Hölle zur Entspannung finden. Meldet sein Fitnesstracker keine sichtliche Beruhigung seines Pulsschlags, wird ihm gekündigt. Druck und drohende Arbeitslosigkeit sind der Entspannung allerdings ebenso wenig zuträglich wie ein Doppelzimmer mit seiner Mutter zu teilen und seine Frau auf Fortbildung mit ihrem attraktiven Kollegen zu wissen …

Sieht Jaud die Chance eines Gags am Horizont, haut er drauf – aber das ist wohl sein generelles Erfolgskonzept. Der cholerische Controller und seine betreuungsintensive Mutter lassen kein Klischee aus – das wurde mir beim Lesen etwas anstrengend. Glücklicherweise ist die Schilderung des Cluburlaubs von Rückblicken durchbrochen, sonst hätte ich sie nicht ertragen. Aber ganz manchmal schlägt Jaud auch leisere Töne an, und das gelingt ihm überraschend gut und verleiht „Der Löwe büllt“ tatsächlich den ein oder anderen anrührenden Lesemoment. Im Großen und Ganzen ist der Roman unterhaltsam und schnell weggelesen – mir war er nur viel zu überspitzt. Aber andererseits ist diese Überspitzung ja gerade Jauds Markenzeichen, ich sollte mich also vermutlich nicht beschweren. Und als Urlaubslektüre eignet sich „Der Löwe büllt“ sicher – vor allem für den Cluburlaub.

Veröffentlicht am 05.02.2019

Vielversprechender Buchbeginn, schwache Charaktere

Deine letzte Lüge
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In Clare Mackintoshs „Deine letzte Lüge“ hat die Mittzwanzigerin Anna bereits zu Beginn der Geschichte eine furchtbare Zeit hinter sich: Innerhalb von sieben Monaten hat sie beide Elternteile verloren. ...

In Clare Mackintoshs „Deine letzte Lüge“ hat die Mittzwanzigerin Anna bereits zu Beginn der Geschichte eine furchtbare Zeit hinter sich: Innerhalb von sieben Monaten hat sie beide Elternteile verloren. Unfassbar: Beide sind offenbar freiwillig aus dem Leben geschieden und haben sich vom Beachy Head, dem höchsten Kreidefelsen Großbritanniens, in den Tod gestürzt. Oder? Am ersten Todestag ihrer Mutter erhält Anna eine geschmacklose Klappkarte, die nur drei Wörter enthält: „Selbstmord? Von wegen.“ Für sie der ultimative Beweis, dass sich zumindest ihre Mutter nicht umgebracht hat. Und an dieser Stelle war ich dann auch schon zum ersten Mal leicht irritiert – da trauert jemand seit 19 Monaten und lässt sich dann von einer anonymen Postsendung in nullkommanix überzeugen, dass alles ganz anders war?
Natürlich muss Protagonistin Anna anfangen, Nachforschungen zu stellen, sonst wäre dieses Buch schon zuende gewesen, bevor es richtig angefangen hätte. Aber ihr Denken und Handeln erschien mir dabei längst nicht immer schlüssig dargestellt und das bleibt meiner Meinung nach eine sich durch das Buch ziehende Schwäche. Viele Charaktere verhalten sich – im Nachhinein meist grundlos – seltsam oder bleiben durchgängig sehr blass, als hätte die Autorin sie bewusst vernachlässigt, um sich mehr Optionen für die weitere Handlungsgestaltung offen zu halten. Eine Ausnahme bildet Murray, ein Polizist im Ruhestand, der als Zivilangestellter weiterhin auf einer Polizeiwache arbeitet und für den Annas Geschichte eine willkommene Ablenkung von der Sorge um seine Ehefrau ist, die unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leidet. Murray und auch seine Frau hat Mackintosh etwas achtsamer gestaltet, ihr Schicksal berührt, während mir Anna bald vor allem auf die Nerven ging.

Was mich an „Deine letzte Lüge“ zusätzlich gestört hat: Die Autorin versucht mehrmals, ihre Leser auf die falsche Fährte zu locken. Vollkommen legitim bei einem Thriller, könnte man einwenden, aber hier kam mir das Ganze sehr überkonstruiert vor. Zum Teil war die falsche Fährte so nachvollziehbar geschildert, dass die richtige Lösung kaum mithalten konnte. Auch die Auflösung überzeugte mich nicht komplett. Das Buch hat ein paar kaum vorhersehbare Twists, auf das Ende wäre ich von alleine sicher nicht gekommen. Aber über das öfters irritierende Verhalten der Figuren konnte mich das kaum hinwegtrösten. Die Grundidee des Psychothrillers versprach weitaus mehr, als die Autorin dann einlösen konnte. Rückblickend ist die Geschichte dann auch mehr Drama als Thriller und hat mich doch eher unzufrieden zurückgelassen
.
Ich habe dieses E-Book als Rezensionsexemplar bekommen und sage an dieser Stelle nochmal danke an die Lesejury, dass ich mitlesen dürfte!

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  • Cover
  • Spannung
  • Erzählstil
  • Figuren
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 25.07.2018

Zu kompliziert am Anfang und zu einfach am Ende

Nichts ist verziehen
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Dies ist schon der dritte „Schwedenkrimi“ um die Journalistin Magdalena Hansson. Ich habe die beiden Vorgänger nicht gelesen und konnte mir vermutlich deswegen auf manches keinen Reim machen. Die Hauptfigur ...

Dies ist schon der dritte „Schwedenkrimi“ um die Journalistin Magdalena Hansson. Ich habe die beiden Vorgänger nicht gelesen und konnte mir vermutlich deswegen auf manches keinen Reim machen. Die Hauptfigur blieb mir in ihrem Denken und Handeln zum Teil fremd, wenn ich sie aus früheren Büchern besser gekannt hätte, wäre dies vielleicht nicht der Fall gewesen.

Die Krimihandlung ist schnell angerissen: Besagte Magdalena geht lustlos zu ihrem 25-jährigen Abitreffen, das als Wiederholung eines legendären Übernachtungswochenendes während der Schulzeit in der Hütte eines ehemaligen Lehrers stattfindet, abgeschieden im Wald, in der Nähe eines Sees. Es sind ungefähr 15 der ehemaligen Mitschüler gekommen und nach der ersten Wiedersehensfreude zeigt sich, dass sich durchaus nicht alle sympathisch sind und es einige ungute Erinnerungen an die gemeinsame Schulzeit gibt. Der Abend schreitet fort, und schließlich wird eine Leiche gefunden. Und das ist erst der Anfang …

Autorin Ninni Schulman führt zu Beginn des Buches viele Figuren auf wenigen Seiten ein. Ein Klassentreffen mit 15 Leuten kam mir zunächst überschaubar vor, wenn aber erst mal alle Beteiligten mehr oder weniger ausführlich vorgestellt werden, ist es das nicht mehr. Tatsächlich wäre eine dem Krimi vorangestellte Übersicht der Protagonisten wohl hilfreich gewesen. Denn es hört nicht etwas bei den ehemaligen Klassenkameraden auf – auch Magdalenas Privatleben sowie das der im Mordfall ermittelnden Polizeibeamten spielt eine größere Rolle und so kommen neben ihnen noch deren Lebenspartner, Kinder, Kollegen etc. vor. Das hat das Ganze für mich doch sehr überladen – musste der unerfüllte Kinderwunsch der Frau des Polizeibeamten, dessen Schwester zufällig an dem Klassentreffen teilnahm, tatsächlich eine größere Rolle spielen? Und war dieser Zufall überhaupt nötig? Ich denke, dass der Verzicht auf einige Nebenschauplätze dem Krimi gutgetan und ihn etwas gestrafft hätte.

„Nichts ist verziehen“ ist stellenweise durchaus spannend. Allerdings steht und fällt ein Krimi für mich auch mit der Auflösung, und von dieser war ich dann doch enttäuscht. So kompliziert das Personengefüge aufgebaut wurde, so einfach hat es sich die Autorin meinem Empfinden nach am Ende gemacht. Und so werde ich die anderen Fälle um Journalistin Magdalena wohl nicht mehr lesen, auch wenn mich dieser zwischenzeitlich durchaus gefesselt hat.

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