Beeindruckend und tiefgründig
„...Ein Kloß wächst mir im Hals. Wenn ich an Precious denke, sehe ich ihren alten Parka mit der Fellkapuze in der schwachen Brandung dümpeln, vom Salzwasser getränkt...“
Muriel will es wissen. Was ist ...
„...Ein Kloß wächst mir im Hals. Wenn ich an Precious denke, sehe ich ihren alten Parka mit der Fellkapuze in der schwachen Brandung dümpeln, vom Salzwasser getränkt...“
Muriel will es wissen. Was ist wirklich bei der Studienfahrt an die Ostsee passiert? Wird Constantin seine Schuld eingestehen?
Der Autor hat einen tiefgründigen Jugendroman geschrieben. Fünf Personen stehen scheinbar im Mittelpunkt. Doch in Wirklichkeit ist es Precious, um die sich alles dreht. Sie war als Flüchtling aus Nigeria in die Klasse gekommen und ist seit der Studienfahrt verschwunden.
Eigentlich glauben vier der Beteiligten, dass sie sich bei Muriel treffen, um einen Film für die Abiturfeier vorzubereiten. Keiner ahnt, was Muriel tatsächlich vorbereitet hat.
Die Personen werden sehr gut charakterisiert. Da sie abwechselnd zu Wort kommen, geschieht das nicht nur durch sie selbst, sondern auch durch andere.
Muriel war ähnlich wie Precious erst später in die Klasse gekommen. Sie hat sich um Pretious` Freundschaft bemüht. Die aber hat sie nicht an sich herangelassen. Dafür gibt es einen guten Grund, der in Precious` Erleben auf der Flucht liegt. Erst später erfahre ich, warum Muriel so ist, wie sie ist.
Ihr Gegenspieler ist Constantin. Der ist mit den begüterten Jungen der Klasse befreundet. Er hat bisher ohne viel Anstrengung erreicht, was er erreichen wollte. Doch ist er glücklich?
Ich möchte es bei den beiden Protagonisten belassen.
Jeder hatte andere Erlebnisse mit Precious. Özge, eine junge Türkin, die in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, fasst das so zusammen:
„...Als Precious noch unter uns war, schien sie manchmal fast unsichtbar. Doch seit ihrem Verschwinden ist sie allgegenwärtig. Wie ein dunkles Familiengeheimnis...“
Es macht betroffen, aus den Munde der Jugendlichen zu hören, wie sich Precious in Deutschland gefühlt hat. Am Aussagekräftigsten ist das Gespräch mit Daria:
„...Ich habe am Anfang gar nichts verstanden. Aufenthaltsstatus, Wohnheim, Bezugsbetreuer. Gute Worte, um mit Deutschlernen anzufangen. Oder das Wort Schichtwechsel. Du hast einen Erwachsenen getroffen, den du nett findest; du glaubst, du kannst ihn vertrauen. Plötzlich ist er weg und ein neuer ist da...“
Precious ist Christin. Sie hat ihre ganze Familie verloren. Trotzdem muss sie damit rechnen, zu ihrem 18. Geburtstag abgeschoben zu werden.
Das Buch erzählt eine sehr komplexe Geschichte. Junge Leute, die gerade dabei sind, ihren eigenen Weg ins Leben zu finden, werden mit einer jungen Frau konfrontiert, die alles verloren hat. Es werden Entscheidungen gefordert – und sie sind überfordert. Nur einer wächst über sich hinaus.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.