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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.05.2019

Gute Seiten, schlechte Seiten...

Was uns erinnern lässt
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Ich hatte doch recht hohe Erwartungen an diesen Roman, und ich hatte damit gerechnet, dass die unterschiedlichen Früher-/Heute-Erzählstränge ähnlich feinsinnig verwoben sein würden wie beispielsweise zumeist ...

Ich hatte doch recht hohe Erwartungen an diesen Roman, und ich hatte damit gerechnet, dass die unterschiedlichen Früher-/Heute-Erzählstränge ähnlich feinsinnig verwoben sein würden wie beispielsweise zumeist auch in Romanen von Charlotte Roth, die ich gemeinhin sehr gerne lege. Ohnehin sagen mir Romane, in denen sich eine gegenwärtige Handlung mit einer vergangenen abwechselt, eigentlich sehr zu – letztlich tue ich mich mit der Bewertung von „Was uns erinnern lässt“ jedoch sehr schwer; meine Erwartungen sind weder total enttäuscht, noch vollauf erfüllt worden.

Der gegenwärtige Teil, der sich rund um Milla abspielte, hat mich dabei völlig ratlos zurückgelassen: Ich habe mit dieser Mittdreißigern nichts anfangen können, in deren kleinem Mikrokosmos es außer ihrem 14jährigen Sohn und ihr nichts zu geben schien, der es lediglich ein kleines „dududu!“ wert war, als ihr Sohn die Haushaltskasse zu Gunsten seiner Freundin plünderte und der selbst die Tatsache, dass ihr 14jähriges Kind sich in einer Beziehung mit einer zwanzigjährigen Erwachsenen befand, kaum ein Stirnrunzeln abrang. Für mich herrschte da eine ganz ungesunde Symbiose – und da kam es mir ganz seltsam vor, dass die eher einzelgängerischere und verschlossene Milla nach ihrem Kennenlernen auf Anhieb ganz dick mit Christine befreundet sein sollte, deren Familie sie zudem insgesamt auch eher mit offenen Armen willkommen hieß und bereitwillig ihre ganze Familienhistorie vor ihr ausbreitete, wobei ständig betont wurde, dass man gelehrt worden sei, besser gar keinem zu vertrauen. Irgendwie hat mich dieses ganze Szenario sehr unbehaglich fühlen lassen…

Jenen Teil, der sich in der Vergangenheit zutrug, also die direkt geschilderte Dresselsche Familiengeschichte, fand ich sehr viel interessanter; da die Familie allerdings in unmittelbarer Nähe der deutsch-deutschen Grenze und inmitten des Schutzstreifens lebte, war auch sie in einem eher beschränkten Mikrokosmos gefangen, lebte nicht „richtig“ in der DDR, aber eben doch auch nicht im Westen. Der Einblick, den man hier in den Alltag der DDR erhält, ist also auch eher beschränkt; mich erinnerten die Dressels sehr viel mehr an eine Familie, die halt sehr abgeschnitten irgendwo im Wald lebt. (Ich habe knapp 15 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands lediglich einen Kurzurlaub bei Freunden in und aus der ehemaligen DDR verbracht, die immer städtisch gelebt hatten, und als wir uns gegenseitig darüber austauschten, wie [unterschiedlich] wir aufgewachsen waren, und als sie mir zusammen mit weiteren ostdeutschen Bekannten diverse Stätten ihrer Vergangenheit zeigten: Das unterschied sich alles teils sehr drastisch von dem Leben in der DDR, das in „Was uns erinnern lässt“ in Bezug auf die Dressels geschildert wird, bei denen sämtliche Gefahren im Vergleich eher theoretisch und bis zur Zwangsenteignung eher bloße Drohungen sind. – Ich fand es übrigens auch sehr schade, dass der weitere Verbleib der Familie Dressel nach der Zwangsenteignung nicht weiter geschildert wird; nur vereinzelte Begebenheiten werden erwähnt, wie es ihnen bis zur Wiedervereinigung und überhaupt weiterhin ergangen ist; in diesem Buch folgt auf die Zwangsenteignung quasi direkt das Jetzt, 40 Jahre später.)
Vielleicht habe ich aufgrund des Settings aber auch einfach von vornherein zuviel „DDR-Schilderungen“ erwartet anstatt mich eher auf den Aspekt der „Familiensaga“ zu konzentrieren.

Wie gesagt: Insgesamt fand ich die Geschichte der Dressels, die hier bereits am Ende des Zweiten Weltkriegs einsetzt, definitiv interessanter als den Jetzt-Erzählstrang; Johanna und Marie Dressel habe ich als starke Frauenfiguren empfunden (die in meinen Augen zudem definitiv stärker als Christine oder eben Milla waren). Hätte der Roman nun nur die Vergangenheit der Familie Dressel umfasst, hätte ich ihn sicher echt gut gefunden, aber so in der Kombination hat mir letztlich irgendwie etwas gefehlt bzw. für mich passte Milla überhaupt nicht zu dieser Geschichte; da würde ich es sehr viel authentischer gefunden haben, hätten die Nachfahren der Dressels einfach ganz von sich aus nachzuforschen versucht bzw. jemanden damit beauftragt, herauszufinden, wie korrekt die Enteignung der Familie dereinst wirklich abgelaufen war. Denn die Figur der Milla hat für mich die Geschichte wirklich derart negativ beeinträchtigt, dass ich da alles in Allem leider nicht über mehr als eine mittlere Bewertung hinauskomme.


[Ein Rezensionsexemplar war mir, via #NetGalleyDE, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Veröffentlicht am 14.04.2019

Theatralischer als ein Theaterfestival!

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
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… ja, da wurden 1994 während des ersten Theaterfestivals von Orphea mehrere Menschen umgebracht und ja, da verschwindet eine Journalistin, die meint, dass damals der falsche Täter überführt worden war, ...

… ja, da wurden 1994 während des ersten Theaterfestivals von Orphea mehrere Menschen umgebracht und ja, da verschwindet eine Journalistin, die meint, dass damals der falsche Täter überführt worden war, kurz bevor das Theaterfestival sein 20. Jubiläum feiert – aber Theaterfestival damals, Theaterfestival heute: Darum muss doch nicht einfach jeder und alles in und um den Ort herum derart theatralisch sein, wie es in diesem Roman letztlich ist?!

Ich hatte mich so sehr auf diesen neuen Roman von Joël Dicker gefreut, zumal der Romananfang, der mir zunächst als Leseprobe vorgelegen hatte, wiederum für mich erfreulich im „französischen Stil“ erzählt war, dem in meinen Augen immer etwas so absolut Bezauberndes anhaftet. Doch jener Zauber verflog nach nur wenigen Kapiteln bereits: Plötzlich wurde in „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ sehr viel mehr geredet als dass eine Geschichte erzählt wurde. Sollte dieses Buch je verfilmt werden, hat der mit der Adaption betraute Drehbuchautor einen sehr leichten Job zu erledigen.
Es gab immer wieder Zeitenwechsel; ständig wurde vor Allem eben auf 1994 zurückgeblickt, ehe man doch wieder ins gegenwärtige 2014 schaltete. Auch die Perspektive wechselte ständig und das heißt, dass so manches Mal nach drei Absätzen eine andere Figur von einem anderen Ort aus sprach und tja, manchmal fungierten die Buchfiguren selbst als Erzähler und manchmal gab es wiederum einen neutralen Erzähler. Persönlich hatte ich zwar keinerlei Schwierigkeiten, in diesem Konglomerat die Übersicht zu behalten; somit blieben einem sämtliche Figuren allerdings aber eher unvertraut und die, welche man (besser) zu kennen glaubte, warteten später oftmals auch noch mit seltsamen Anekdoten und Lebensgeschichten auf. Hier schien es keinen ganz gewöhnlichen Durchschnittsmensch zu geben; ich will nicht zu viel vorwegnehmen und keinesfalls spoilern, darum nur so viel: Wer nicht aus sonsteinem Grund traumatisiert war, hatte offensichtlich einfach nur so einen Schuss weg – mir war schließlich relativ egal, was hinter den damaligen Morden steckte und was genau Stephanie Mailer widerfahren war; zum Schluss hin habe ich eher die Personen abgezählt, aus deren Leben bislang noch kein schmutziges Geheimnis an die Öffentlichkeit gelangt war. Für mich war da die Frage viel weniger: „Wer zeichnet für die Morde verantwortlich?“ als vielmehr: „Wer hat noch mehr Leichen im Keller, wieviele und was für welche?“

Mir war die Geschichte schließlich sehr an den damaligen Morden und Stephanie Mailers Verschwinden vorbeigeschrieben, dass es mich nicht verwundert haben würde, wäre am Ende alles offengeblieben, obschon es irgendwann auf eine absolut genretypische Auflösung zuzusteuern schien (und jene zum Schluss auch erreichte; die Identität des Täters wusste also nichtmals ansatzweise zu überraschen). Dabei wurde letztlich einmal mehr die „Genialität“ der Ermittelnden hervorgehoben, obschon sie meiner Meinung nach eher auf gut Glück im Dunkeln herumgestochert und lediglich Zufallstreffer gelandet hatten.

Persönlich sehe ich es vor Allem problematisch an, dass „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ sich sowohl in der Kurzbeschreibung als auch im Buchanfang noch viel zu sehr als der Krimi aufdrängt, welcher der Roman aber gar nicht ist: Vielmehr ist dies ein reichlich überzogenes, in den idyllischen Hamptons spielendes, Sozialdrama, das in meinen Augen aber auch als solches noch krass überzogen ist und grade darum teils bloß wie eine Persiflage auf typische Plots wirkt. Ich war da teils sehr verwirrt, ob ich Dicker nun noch als Autor ernsthafter Literatur oder doch bereits als Satiriker ansehen sollte. Während des letzten Buchdrittels habe ich wenn auch eher unbewusst sicherlich begonnen, „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ eben eher als Satire anzusehen und fand den Roman derart betrachtet zwar okay, aber ich hatte im Vorfeld eben definitiv etwas Anderes als eine überspannte Satire, prallgefüllt mit ebenso überzogenen Figuren, erwartet…

Wie gesagt: Als reichlich persiflierendes Sozialdrama geht das ganze Geschehen rund ums „Verschwinden der Stephanie Mailer“ für mich schon in Ordnung; ich werde sicherlich auch jedes weitere Buch Dickers gespannt erwarten, aber „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ war für mich nun zwar kein totaler Griff ins Klo, blieb in meinen Augen jedoch weit hinter den bisherigen Romanen Joël Dickers zurück. Sehr weit. Eine echte Empfehlung würde ich hierfür nicht guten Gewissens abgeben können; andererseits würde ich mich nicht gut dabei fühlen, konsequent von dieser Lektüre abzuraten. Man sollte meiner Meinung nach allerdings im Vorfeld besser ganz klar auf starke Übertreibungen und absolut erfüllte Klischees eingestellt sein!


[Ein Rezensionsexemplar war mir, via Vorablesen, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Veröffentlicht am 04.02.2019

Kein wirklich erstaunliches Ding!

Ein wirklich erstaunliches Ding
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„Ein wirklich erstaunliches Ding“ ist letztlich doch gar kein so erstaunliches Ding; insgesamt tue ich mich sogar ziemlich schwer mit der Bewertung dieses Dings, ähm, dieses Buchs: Ich fand’s nicht schlecht, ...

„Ein wirklich erstaunliches Ding“ ist letztlich doch gar kein so erstaunliches Ding; insgesamt tue ich mich sogar ziemlich schwer mit der Bewertung dieses Dings, ähm, dieses Buchs: Ich fand’s nicht schlecht, aber ich fand’s auch nicht gut. Es ist absolut okay, dass ich diesen Roman nun von der ersten bis zur letzten Seite kennengelernt habe, aber ich würde ihn nicht weiterverschenken wollen. Zum Einen wüsste ich nicht, wer aus meinem Umfeld sich an dieser Lektüre erfreuen könnte und zum Anderen wüsste ich auch gar nicht so recht, wer hier überhaupt die Zielgruppe sein könnte oder sollte. Nerdige Menschen Anfang bis Mitte Zwanzig, mit einem leichten, aber doch nicht zu ausgeprägtem Hang zu SciFi?! Ich weiß es nicht – was mir nach der Lektüre nun klar ist: Ich fand die Geschichte nun mittelprächtig, den Erzählstil auch völlig durchschnittlich… und alles in Allem ergibt sich für mich daraus eine Drei-Sterne-Wertung. Wenn auch nur knappe drei Sterne, denn ich werde den Inhalt sicher bereits bald weithin vergessen haben und würde eigentlich eher zu zwei bis zweieinhalb Sternen tendieren, aber runde großzügig auf, da sich die Geschichte noch leidlich flüssig lesen ließ. Nicht so, dass ich den Roman am Stück hätte lesen wollen; tatsächlich habe ich hier lediglich kapitelweise gelesen und mir allenfalls mal drei Kapitel hintereinander zu Gemüte geführt - abgesehen davon, dass ich neben dieser Lektüre nun noch vier andere Bücher, jene aber aufeinanderfolgend, gelesen habe -, denn die Geschichte hat mich absolut nicht derart brennend interessiert, dass ich mich ausschließlich auf sie hätte konzentrieren wollen. Aber ich habe „Ein wirklich erstaunliches Ding“ auch nicht einfach so abbrechen mögen; ein wenig neugierig, wohin sich die ganze story bewegt, war ich dann also doch.

Dabei fand ich das ganze Carl-Mysterium letztlich eher banal bis anstrengend; interessant fand ich lediglich die Rolle der „Influencerin“, in der sich April so völlig unvermittelt wiederfand, und ihre Art, mit dem plötzlichen Ruhm umzugehen; für mich trafen mit dem April-Strang und dem Carl-Plot da ein wenig auch zwei Inhalte zusammen, die mir nicht so recht zusammenpassend zu sein schienen. Nun gut, man mag argumentieren, dass April in diese ganze Chose ja auch eher zufällig hineingeraten ist und prinzipiell auch gar keine Befähigung zur Carl-Expertin hatte, zu der sie dann hochstilisiert wurde, dass dieser krasse Kontrast eben das widerspiegeln sollte, aber: Würde ich es so zu sehen versuchen, ist mir das Alles immer noch zu wenig authentisch und viel zu unfassbar gewesen. Für mich persönlich passte das einfach nicht. Ich hätte April lieber in einer simpel gestrickten „Plötzlich berühmt“-Geschichte gelesen, ebenso wie ich über Carl lieber in einem Roman, der sich ausschließlich auf das Rätsel bezüglich seines Hintergrunds konzentriert hätte, gelesen haben würden. Beides zusammen war mir nun halt zu sehr Mischmasch, in dem mir auch jegliche Versuche einer Sozialkritik (und April beäugt den Umgang der Öffentlichkeit mit ihr schließlich durchaus kritisch, und reflektiert auch ihre eigenen öffentlichen Auftritte), die in und an sich absolut schlüssig war, leider völlig unterzugehen schienen.

Was mir an diesem Roman absolut gar nicht gefallen hat, war das absolut unrunde Ende; das schien mir schon fast ein Bettelbrief an die ohnehin stets direkt angesprochenen Leser zu sein, doch bitte um eine Fortsetzung der Geschichte zu ersuchen, aber sorry, so unzufrieden ich mit dem Romanschluss auch sein mag, so uninteressiert bin ich ebenfalls daran, wie es hier von da an weitergehen könnte.


[Ein Rezensionsexemplar war mir, via vorablesen.de, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Veröffentlicht am 21.01.2019

Nach einem starken Anfang noch stärker abgefallen...

Jetzt gehörst du mir (Ein Marina-Esposito-Thriller 8)
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Beginnend ab Band 6 hätte ich die Brennan/Esposito-Reihe eigentlich links liegen lassen können: Seither machten mir die Bände schon keinen so rechten Spaß mehr, waren eher solide Durchschnittsware, aber ...

Beginnend ab Band 6 hätte ich die Brennan/Esposito-Reihe eigentlich links liegen lassen können: Seither machten mir die Bände schon keinen so rechten Spaß mehr, waren eher solide Durchschnittsware, aber in meinen Augen keine echten Knüller vonwegen „diese ganze Reihe ist der Burner; ein absolutes must read bei den Thrillern“.
„Jetzt gehörst du mir“ ist mit „ein packendes Finale“ gelabelt und mich lässt das ausgelesene Buch nur ratlos zurück: Soll das tatsächlich der Schluss der kompletten Reihe gewesen sein; ist das Finale nur auf den zuvor schon begonnenen Fiona-Welch-Strang bezogen und ach, Fiona Welch… die halte ich für einen äußerst seltsamen Reihenbestandteil; mal falsch, mal echt, dann doch noch eine Andere… ich dachte nun ständig: „Falles es noch einen weiteren Band der Reihe geben sollte, taucht in dem bestimmt prompt die Nächste auf, die behauptet, Fiona Welch zu sein.“ In „Jetzt gehörst du mir“ wird übrigens an meiner Stelle auch zurückgeblickt, Vergangenes neu hervorgeholt; generell sollte man die Reihe aber schon kennen, um tatsächlich durchblicken zu können und grade eingangs war ich sehr versucht, diesen Teil erst ruhen zu lassen und wenigstens die letzten zwei Bände nochmals zu lesen, um mich nahtloser in die jetzige Handlung einfinden zu können. (Generell würde ich das auch empfehlen!)

Die vorgebliche „Fiona Welch“ fand ich in dieser Geschichte irgendwie deplatziert; das habe ich in diesem Fall eher als Namedropping empfunden. Ansonsten fand ich die Hintergrundgeschichte der „Bösewichtin“ extrem interessant; deren Biografie fand ich sehr spannend, aber irgendwie blieb es mir nun völlig egal, ob man ihr das Handwerk würde legen können. Sie löste in mir nicht das Gefühl eines Feindes aus, sondern nur ganz oberflächlich das Gefühl, von einer leidlich Wahnsinnigen zu lesen – und das, obschon echt viel gefoltert und gemetzelt wird. Doch hatte ich einfach nicht den Eindruck, von einer kaltblütigen Serienkillerin zu lesen.
Die Ermittler müssen auch in diesem Band wieder ordentlich leiden und Federn lassen, aber es war mir echt noch nie bei einem Thriller/Krimi so gleichgültig, wie er letztlich ausginge. Zwischendurch dachte ich: „Zum Schluss wird womöglich das komplette Team tot sein, aber das ist dir dann auch wurscht.“ Die Geschichte hat mich nicht recht berührt und ich habe einfach nicht mitfiebern können, zumal fand ich die Handlung gen Ende sehr langgezogen. An den letzten 20% des eBooks habe ich soooo unfassbar lange gelesen; die ersten 80% hatte ich in der gleichen Zeitspanne durchschmökern können. Da wäre „Jetzt gehörst du mir“ für mich kurz vor Schluss tatsächlich noch zu einem Abbruchbuch geworden; eigentlich wollte ich schließlich nur wissen, wer überlebt, ob überhaupt irgendwer überlebt, und habe nur deswegen weitergelesen.

Wie gesagt: Den Ermittlern wurde mitunter sehr, sehr übel mitgespielt (und Profi und Berufserfahrung hin oder her: In manchen Fällen blieb es mir einmal mehr ein Rätsel, wieso nicht in eine traumatisierte Schockstarre verfallen wurde), es war alles sehr dramatisch, ein Hammer folgte auf den Nächsten… dass ich den endgültigen Schluss dann echt enttäuschend fand. Da verpuffte all die Dramatik, die ganze Action irgendwie plötzlich ins Nichts, dass ich nur hoffen kann, das „packende Finale“ soll nicht wirklich die komplette Brennan/Esposito-Reihe einstampfen, denn unwürdiger hätte man die Serie in jenem Fall kaum beenden können.
Insgesamt mag „Jetzt gehörst du mir“ ein netter Thriller gewesen sein; der große Wurf war er halt nicht und für mich nun halt eben nichts, was groß „internationaler Bestseller“ oder „eine der besten Thrillerreihen weltweit“ schreien würde. Simple Hausmannskost, mit der man sich mal mehr Mühe gegeben hat, weil die anspruchsvollen Schwiegereltern sich, „aber nur keine Umstände!“, selbst zum Essen eingeladen haben, aber nix, wofür es Gault-Millau-Punkte geben täte. Ein Roman für die ganz eingefleischten Fans der Reihe, den man aber als Reihe-nur-ganz-gerne-Haber nicht lesen muss. In meinen Augen war „Jetzt gehörst du mir“ da leider nicht mehr als reines Mittelmaß.

[Ein Rezensionsexemplar war mir, via #NetGalley, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Veröffentlicht am 05.11.2018

Ziemlich durchschnittliche Kriminellengeschichten

Gangsterblues
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Bevor das eBook als Rezi-Ex auf meinem Kindle Einzug hielt, war mir bereits eine Leseprobe bekannt, welche die erste enthaltene „Geschichte“ (das Buch besteht aus diversen Episoden aus Bauschs Berufsalltag ...

Bevor das eBook als Rezi-Ex auf meinem Kindle Einzug hielt, war mir bereits eine Leseprobe bekannt, welche die erste enthaltene „Geschichte“ (das Buch besteht aus diversen Episoden aus Bauschs Berufsalltag in der JVA, auf wahren Begebenheiten fußend, aber wohl immer leicht verfremdet) umfasste und theoretisch lässt sich der Eindruck, den ich dadurch vom Buch gewonnen hatte, für mich nun quasi auch weiter auf das Gesamtwerk übertragen.
Der große Aufmacher an diesem Buch war für mich nun definitiv der Autor, auch mir längst aus dem Kölner „Tatort“ bekannt (den ich auch grad deswegen schätze, weil die Rolle des Rechtsmediziners dort eben mit Joe Bausch mit einem echten Gefängnisarzt besetzt worden ist), der neben dem Münsteraner „Tatort“ der Einzige ist, den ich wirklich gerne sehe.

Die „harten Geschichten“ waren nun allesamt ganz interessant (wobei die erste Geschichte letztlich gar die war, die mich am Wenigsten ansprach); völlig Fachfremden und gänzlich Außenstehenden bietet sich hier ein Einblick in die „Vielfalt“ der Verurteilten, von mutmaßlich unschuldig bis hin zu absolut skrupellos. Alle Erzählungen sind völlig unterschiedlich; ich hatte nie den Eindruck, dass sich eine (Lebens)Geschichte wiederholen würde, und Bausch selbst beurteilt die Aussagen der Straftäter eher vorsichtig bis verhalten, in jedem Fall professionell distanziert. Teilweise lässt sich erahnen, was er über einen bestimmten Fall denkt, aber im Allgemeinen ist der „Gangsterblues“ doch sehr objektiv gehalten.
Für Menschen, die selbst mit diversen Straftätern zu tun haben/hatten, dürfte das Buch jedoch keine überraschenden Inhalte bieten, sondern vermutlich lediglich das beruhigende Gefühl, dass man nicht als Einziger von teils heftigen Biografien weiß. Ich habe, zunächst im Hauptberuf und später noch auf ehrenamtlicher Basis, lange mit schwerstabhängigen verurteilten Kriminellen zu tun gehabt, im Rahmen von deren Bewährungsauflagen: Irgendwie waren Bauschs in „Gangsterblues“ erzählten Geschichten vielfach auch für Jene absolut typisch und nun so beliebig, dass mir dauerhaft vermutlich keiner der im Buch nu thematisierten Straftäter mittelfristig im Gedächtnis bleiben wird.

Wobei: Wenn man sich bislang eher nur in einem Heile-Welt-Szenario aufgehalten hat, werden viele von Bauschs Erzählungen wiederum sehr heftig und unfassbar wirken (obschon ich mir ganz, ganz sicher bin, dass er dabei hier über die krassesten Fälle nicht ein einziges Wort verliert); ganz sensiblen und besonders empathischen Personen würde ich von der Lektüre vermutlich eher abraten, man sollte schon bereit sein, in etwas tiefere, menschliche Abgründe zu blicken und sich generell eben für die Geschichten von Kriminellen, bei denen es sich halt nicht unbedingt um den kleinen Ladendieb handelt, sondern die echt was auf dem Kerbholz haben, interessieren.


[Ein Rezensionsexemplar war mir, via #NetGalley, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]