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Veröffentlicht am 25.09.2016

Der "Stein de Weisen" und die Frage nach dem Sinn des Lebens

Teufelsgold
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“Teufelsgold“ ist kein reißerischer oder blutiger Thriller wie es die Kennzeichnung auf dem Cover suggerieren könnte, sondern eher eine Mischung aus Wissenschafts- und Fantasy-Roman. Er ist weniger actionreich ...

“Teufelsgold“ ist kein reißerischer oder blutiger Thriller wie es die Kennzeichnung auf dem Cover suggerieren könnte, sondern eher eine Mischung aus Wissenschafts- und Fantasy-Roman. Er ist weniger actionreich als die bekannteren Bücher Eschbachs wie „Das Jesus-Video“ oder „Der Jesus-Deal“, aber wie vom Autor gewohnt sehr gut recherchiert und in seiner Aussage durchaus provokant.
In vielen Romanen Andreas Eschbachs werden auf die eine oder andere Art wissenschaftliche Utopien thematisiert, in diesem Fall geht es unter anderem um die Überwindung der Alterungsprozesse des menschlichen Körpers und die Erreichung ewigen Lebens. Aber daneben greift Eschbach auch ethische und gesellschaftliche Themen auf wie die Frage nach dem Sinn des Lebens und den Zielen, die wir uns in unserem Leben setzen. Aufhänger ist der Mythos um den „Stein der Weisen“, ein in der Literatur vielfältig erwähntes Phänomen, dessen Vielschichtigkeit auch in „Teufelsgold“ mit allen Facetten zum Tragen kommt. So wird ihm zum einen nachgesagt, man könne mit seiner Hilfe unedle Metalle zu Gold umwandeln und so zu unendlichem Reichtum gelangen. Zum anderen soll der Stein ein heilende und verjüngende Wirkung besitzen und wird so zum Sinnbild für das ewige Leben, noch weiter gehend soll er den Menschen dazu verhelfen können ein vollkommenes Selbst zu erreichen.
In Teufelsgold stehen verschiedene Charaktere für diese verschiedenen Ausrichtungen des Steins. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Hendrik Busske, dem durch Zufall während einer Seminarreise nach Zürich ein antiquares Buch in die Hände fällt, in dem eine im 14. Jahrhundert angesiedelte Anekdote um den „Stein der Weisen“ geschildert ist. Für Hendrik stellt die Begegnung mit dem Buch eine Art Meilenstein dar, da die Geschichte in ihm zum einen Begeisterung für das Thema Alchemie weckt, ihn zum anderen dazu antreibt die Ziele seines Lebens neu auszurichten, um zu mehr beruflichem und finanziellen Erfolg zu gelangen. Beim Verständnis der alchemistischen Hintergründe ist zunächst sein älterer Bruder Adalbert Ansprechpartner, der als Physiker im Genfer CERN arbeitet. Die Brüder haben kein besonders gutes Verhältnis, im Verlauf der Geschichte und der Suche nach dem Geheimnis des „Stein der Weisen“ ergibt sich jedoch ein engerer Austausch. Adalbert gibt sich zunächst skeptisch, anders als Hendrik liegt ihm nichts an materiellem Reichtum, jedoch ist er an der Verlängerung des Lebens interessiert und lässt sich schließlich ebenfalls von der Magie des Steins in den Bann ziehen, steht somit für diese Seite von dessen Wirkung.
Für das Streben nach Vollkommenheit steht eine Figur aus dem mittelalterlichen Teil der Geschichte, der Alchemist John Scoro. Im Laufe der Zeit wird Hendrik Busske mit verschiedenen Büchern um die Geschichte des Steins der Weisen und John Scoro konfrontiert. Diese Kapitel mit Ausschnitten aus der mittelalterlichen Erzählung ziehen sich durch den Roman und vermitteln gemeinsam mit geschickt eingebauten historischen Erläuterungen auch dem Leser nach und nach die Hintergründe um den „Stein der Weisen“ und dessen geschichtliche Bedeutung.
Ich habe beim Lesen viel gelernt und an einigen Stellen Anregungen gefunden, auch meine Lebenseinstellung zu hinterfragen. Insbesondere die geschichtlichen und philosophischen Exkurse haben mir sehr gefallen. Der Roman beginnt eher ruhig und mit einem langen Einführungsteil, wird dann jedoch zunehmend spannender und interessanter. Die Charaktere sind glaubhaft wenn auch nicht unbedingt sympathisch, die Geschichte ist rätselhaft und lässt viel Raum für Spekulationen. Ich habe schon viele Romane von Eschbach gelesen und weiß somit, dass er in seinen Geschichten ab und an die Grenzen der Naturgesetzte überschreitet. In diesem Fall ist er für meinen Geschmack am Ende etwas zu weit gegangen, als eher rationalem Menschen fällt es mir schwer, die Schilderungen im Schlussteil hinzunehmen, auch wenn sie für den Abschluss der Geschichte wichtig sind.
Insgesamt hat mich beim Lesen jedoch wieder einmal die Vielschichtigkeit des Romans begeistert, „Teufelsgold“ ist eine Geschichte, die mich noch länger in Gedanken beschäftigen wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Charaktere
  • Erzählstil
  • Spannung
  • Recherche
  • Cover
Veröffentlicht am 15.09.2016

eine tragische und berührende Geschichte über die Suche nach Liebe und dem Glück

Und damit fing es an
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„Und damit fing es an“ von Rose Tremain ist ein bewegender und anrührender Roman, der gerade aufgrund seiner schlichten aber pointierten Sprache ans Herz geht.
Der Roman erzählt aus dem Leben von Gustav ...

„Und damit fing es an“ von Rose Tremain ist ein bewegender und anrührender Roman, der gerade aufgrund seiner schlichten aber pointierten Sprache ans Herz geht.
Der Roman erzählt aus dem Leben von Gustav Perle, der kurz nach dem 2.Weltkireg in dem kleinen Ort Matzlingen in der Schweiz aufgewachsen ist. Er wächst allein mit seiner Mutter in ärmlichen Verhältnissen auf, sein Vater ist nur wenige Monate nach Gustavs Geburt gestorben. Gustavs Mutter ist mit den Umständen ihres Lebens überfordert, so dass Gustav früh auf sich selbst gestellt ist und erkennen muss, dass er in seinem Leben nicht viele Ansprüche stellen darf. Nur mit seinem Freund Anton und dessen wohlhabenden Familie, erlebt er Freude und Fürsorglichkeit. Die gemeinsamen Sonntage beim Eislaufen und Antons Vorspielen am Klavier gehören zu Gustavs besonderen Glcksmomenten. Seine Mutter steht dieser Freundschaft mit einer jüdischen Familie ablehnend gegenüber, da sie in dem Engagement Gustavs Vater für jüdische Flüchtlinge den Grund für dessen Tod und ihren sozialen Abstieg sieht.
Als Anton Matzlingen verlässt um Karriere zu machen, bricht für Gustav eine Welt zusammen. Erst spät bringen beide den Mut auf, sich aus den Zwängen der Konventionen zu lösen und zu ihrem eigenen Glück zu finden.
Der Roman ist in drei Abschnitte unterteilt. Der erste erzählt von Gustavs Kindheit und dem Beginn der Freundschaft mit Anton, es folgt eine Rückblende zu Jahren kurz vor seiner Geburt und dem Kennenlernen seiner Eltern. Der dritte Abschnitt spielt einige Jahre später, als Gustav und Anton sich mit Anfang fünfzig in ihren Leben bereits etabliert haben.
Die Schicksale Gustavs, seiner Eltern und auch Antons sind mir beim Lesen sehr nahe gegangen. Es ist nicht leicht zu ertragen, von Emilies Verbitterung zu lesen und von Gustavs verzweifelten Versuchen geliebt zu werden. Es ist teils deprimierend mitzuerleben, wie sie in den Zwängen die an sie gestellten Erwartungen zu erfüllen gefangen sind.
Man muss sich auf das Buch einlassen, um alle Nuancen aufnehmen zu können. Die Sprache wirkt an seine Protagonisten angepasst oft einfach, und dennoch steckt zwischen den Zeilen einiges an Kritik der Zwänge der Gesellschaft sowie der politischen Neutralität der Schweiz nach dem 2.Weltkrieg. Gustavs Geschichte regt zum Nachdenken an und geht dabei ans Herz.

Veröffentlicht am 15.09.2016

spannend, komplex und überraschend

Nachtblau stirbt die Erinnerung
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„Nachtblau stirbt die Erinnerung“ ist bereits der dritte Band um den Ermittler Frank Liebknecht. Das Cover fügt sich gut in die Reihe ein, und auch bei der Geschichte ist die Autorin Brigitte Pons ihrem ...

„Nachtblau stirbt die Erinnerung“ ist bereits der dritte Band um den Ermittler Frank Liebknecht. Das Cover fügt sich gut in die Reihe ein, und auch bei der Geschichte ist die Autorin Brigitte Pons ihrem Stil treu geblieben. Neben einem komplexen Fall mit einem interessanten und offenschtlich gut recherchierten Thema lockern kleine Geschichten um die Ermittlergruppe die Sache auf. Neben der Hauptfigur Frank Liebknecht wird diesmal auch seinem Kollegen Marcel Neidhardt eine größere Rolle eingeräumt.

Im Mittelpunkt des Buches steht aber natürlich wieder ein spannender Kriminalfall. Diesmal beginnt die Geschichte nicht mit einem Mordfall, sondern mit einem rätselhaften Fund auf dem Vielbrunner Friedhof. In einem fingierten Grab steckt ein Holzkreuz kopfüber im Boden, und darunter verbirgt sich ein Beutel mit 30 Münzen Ostmark. Während Frank Liebknecht rätselt, welche Symbolik dahinter stecken könnte, wird René Hübner nervös, als er von dem Fund erfährt. In der Sportgruppe, die er leitet, trainiert auch Pia Brenner, Tochter des Leiters der Kripo Erbach. Hübner bittet Peter Brenner um Hilfe, doch bevor sich die beiden treffen können, wird Brenner brutal niedergeschlagen.

Diese Tat erschüttert insbesondere die Kripo, die jedoch umso entschlossener der Sache auf den Grund gehen will. Ein Todesfall bringt weitere Unruhe und Verwirrung. Die Geschichte ist sehr vielschichtig aufgebaut, aus Rückblenden erfährt der Leser, dass es hier unter anderem um die Folgen des Dopingmissbrauchs in der ehemaligen DDR geht und die menschlichen Tragödien, die daraus entstanden sind. Wer ist Täter, wer ist Opfer, stellt sich im Verlauf die Frage.

Mir gefällt es, dass der Krimi so komplex aufgebaut ist und die Figuren sehr authentisch wirken. Die Personen sind nicht perfekt, sondern dürfen auch Fehler machen und sich entwickeln, wie beispielsweise David und Pia. Aber auch Frank und Marcel erleben einige Veränderungen und schein daran ein Stückweit zu wachsen.

Auch wenn ich dieses Buch gerade erst aus der Hand gelegt habe, freue ich mich schon auf ein Wiedersehen mit den Hauptpersonen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Roadtrip mit Alligator und Hahn

Albert muss nach Hause
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Homer Hickham hat viel Geduld mit seiner Frau Elsie, als ihr Alligator Albert ihn jedoch im Bad attackiert, stellt er sie vor ein Ultimatum: „Ich oder der Alligator.“ Da muss Elsie eine Weile überlegen, ...

Homer Hickham hat viel Geduld mit seiner Frau Elsie, als ihr Alligator Albert ihn jedoch im Bad attackiert, stellt er sie vor ein Ultimatum: „Ich oder der Alligator.“ Da muss Elsie eine Weile überlegen, denn sie hat sich in dem kleinen Bergwerksstädchen Coalwood nie so richtig wohl gefühlt. Doch schließlich entschließt sie sich, dass Albert in seiner Heimat in Orlando besser aufgehoben ist und sie ihn dorthin zurück bringen will. Eine solche Reise von West Virginia nach Florida ist in Amerika im Jahr 1935 keine Kleinigkeit. So lässt Homer sich von seinem Posten im Bergwerk beurlauben und macht sich mit Elsie und Albert in seinem Buick auf eine Art verspätete Hochzeitsreise, ein zugeflogener Hahn komplettiert die bunte Runde. Es beginnt ein Roadtrip der besonderen Art, auf dem Elsie und Homer einige abenteuerliche Erlebnisse widerfahren.

Es ist kein Zufall, dass einer der Hauptcharaktere den selben Namen trägt wie der Autor. Allerdings handelt es sich in der Geschichte um seine Eltern, die diese Reise zu Beginn ihrer Ehe unternommen haben, noch bevor Homer Junior und sein Bruder auf der Welt waren. Im Laufe der Jahre hat der Autor stückweise in Form kleiner Anekdoten erfahren, was seine Eltern auf der Reise erlebt, wen sie kennengelernt und was sie empfunden haben. Es bleibt offen, wieviel Wahrheit in der Geschichte steckt, und was die beiden an Ausschmückungen hinzu erdacht haben. Die Schilderungen sind spannend bis skurril, sie geben einen Einblick in die Geschichte Amerikas in den 30er Jahren, die damaligen Probleme der Menschen allgemein sowie Homers und Elsies im Besonderen. Die Reise ist viel mehr als sie zu Anfang scheint, sie dient nur am Rande dazu, Albert nach Hause zu bringen, sondern ist vielmehr auch ein Reise Homers und Elsies zu sich selbst.

Die Mischung aus Fiktion und Einstreuung historischer Ereignisse sowie bekannter Persönlichkeiten erinnert an die Bücher von Jonas Jonasson, erreicht aber nicht dessen selbstironischen Witz, vielleicht weil es sich aufgrund seines biografischen Anspruchs oftmals zu ernst nimmt.

Es ist schade, dass in dieser deutschen Ausgabe die im Anhang erwähnten Fotos nicht mit abgedruckt sind, da sie eine schöne Ergänzung bilden, um die Stimmung der Reise zu verdeutlichen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

eine interessante Geschichte, aber sehr sprunghaft und teilweise langatmig erzählt

Die Frau, die allen davonrannte
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Aganetha Smart ist stolze 104 Jahre alt, als sie in dem Altersheim, in dem sie seit einigen Jahren lebt, unerwarteten Besuch von zwei jungen Leuten bekommt, die sie zu einem Film über weibliche Athleten ...

Aganetha Smart ist stolze 104 Jahre alt, als sie in dem Altersheim, in dem sie seit einigen Jahren lebt, unerwarteten Besuch von zwei jungen Leuten bekommt, die sie zu einem Film über weibliche Athleten interviewen wollen. Im Alter von 20 Jahren hatte Agantha, eine kurzen Berühmtheit erreicht, als sie 1928 bei der Olympiade in Amsterdam für Kanada eine Goldmedaille in dem Lauf über 800m errungen hatte. Die jungen Leute entpuppen sich als entfernte Verwandte, und der gemeinsame Ausflug zu der Farm, auf der Aganetha aufgewachsen ist, lässt vielschichtige Erinnerungen an ihr Leben aufkommen.
Die Autorin lässt Aganetha die Ereignisse in der Ich-Perspektive erzählen, so dass die Schilderungen sehr intensiv und persönlich erscheinen, der Leser aber auch nur ihre Sicht der Dinge kennen lernt. Es passt zu der Rahmenhandlung, das kleine Stichworte und Schlüsselreize sehr unterschiedliche Episoden in ihr Gedächtnis zurück rufen, für den Leser ist es nicht immer einfach, den Zeitsprüngen zu folgen. Vieles gerät in Aganethas Erinnerungen durcheinander, und sie gibt selbst zu, dass sie nicht immer sicher ist, ob sich die Ereignisse genau so zugetragen haben oder sie sich einfach nur an dieser Version der Geschichte erinnern will.
Das Buch konnte nicht ganz meine Erwartungen wecken, vor einiger Zeit habe ich „ Als der Himmel uns gehörte“ von Charlotte Roth gelesen, der sich ebenfalls um die schwierigen Bedingungen einer Olympionikin zu Beginn des 20. Jahrhunderts dreht, und in dem mich die Geschichte der Hauptprotagonistin deutlich mehr berührt und gefesselt hat.
Das mag mit an Aganethas Verbitterung liegen, die in dem gesamten Roman deutlich zu spüren ist. Ich habe die Schilderungen zeitweise als ermüdend und langatmig empfunden und war mehrfach versucht, das Buch zur Seite zu legen. Wie weit die Tragik Aganethas Geschichte geht, erfährt der Leser erst ganz am Ende des Romans, hier schließt sich der Kreis und erst im Nachhinein versteht man als Leser ein Stückweit ihre Beweggründe.
Der Roman zeigt am Beispiel Aganethas auf, mit welchen Unbillen und Konventionen Frauen zu der damaligen zeit zu kämpfen hatten. Aufgrund der Schroffheit ihres Charakters konnte ich mit der Hauptfigur jedoch nicht wirklich warm werden.