Der "Stein de Weisen" und die Frage nach dem Sinn des Lebens
Teufelsgold“Teufelsgold“ ist kein reißerischer oder blutiger Thriller wie es die Kennzeichnung auf dem Cover suggerieren könnte, sondern eher eine Mischung aus Wissenschafts- und Fantasy-Roman. Er ist weniger actionreich ...
“Teufelsgold“ ist kein reißerischer oder blutiger Thriller wie es die Kennzeichnung auf dem Cover suggerieren könnte, sondern eher eine Mischung aus Wissenschafts- und Fantasy-Roman. Er ist weniger actionreich als die bekannteren Bücher Eschbachs wie „Das Jesus-Video“ oder „Der Jesus-Deal“, aber wie vom Autor gewohnt sehr gut recherchiert und in seiner Aussage durchaus provokant.
In vielen Romanen Andreas Eschbachs werden auf die eine oder andere Art wissenschaftliche Utopien thematisiert, in diesem Fall geht es unter anderem um die Überwindung der Alterungsprozesse des menschlichen Körpers und die Erreichung ewigen Lebens. Aber daneben greift Eschbach auch ethische und gesellschaftliche Themen auf wie die Frage nach dem Sinn des Lebens und den Zielen, die wir uns in unserem Leben setzen. Aufhänger ist der Mythos um den „Stein der Weisen“, ein in der Literatur vielfältig erwähntes Phänomen, dessen Vielschichtigkeit auch in „Teufelsgold“ mit allen Facetten zum Tragen kommt. So wird ihm zum einen nachgesagt, man könne mit seiner Hilfe unedle Metalle zu Gold umwandeln und so zu unendlichem Reichtum gelangen. Zum anderen soll der Stein ein heilende und verjüngende Wirkung besitzen und wird so zum Sinnbild für das ewige Leben, noch weiter gehend soll er den Menschen dazu verhelfen können ein vollkommenes Selbst zu erreichen.
In Teufelsgold stehen verschiedene Charaktere für diese verschiedenen Ausrichtungen des Steins. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Hendrik Busske, dem durch Zufall während einer Seminarreise nach Zürich ein antiquares Buch in die Hände fällt, in dem eine im 14. Jahrhundert angesiedelte Anekdote um den „Stein der Weisen“ geschildert ist. Für Hendrik stellt die Begegnung mit dem Buch eine Art Meilenstein dar, da die Geschichte in ihm zum einen Begeisterung für das Thema Alchemie weckt, ihn zum anderen dazu antreibt die Ziele seines Lebens neu auszurichten, um zu mehr beruflichem und finanziellen Erfolg zu gelangen. Beim Verständnis der alchemistischen Hintergründe ist zunächst sein älterer Bruder Adalbert Ansprechpartner, der als Physiker im Genfer CERN arbeitet. Die Brüder haben kein besonders gutes Verhältnis, im Verlauf der Geschichte und der Suche nach dem Geheimnis des „Stein der Weisen“ ergibt sich jedoch ein engerer Austausch. Adalbert gibt sich zunächst skeptisch, anders als Hendrik liegt ihm nichts an materiellem Reichtum, jedoch ist er an der Verlängerung des Lebens interessiert und lässt sich schließlich ebenfalls von der Magie des Steins in den Bann ziehen, steht somit für diese Seite von dessen Wirkung.
Für das Streben nach Vollkommenheit steht eine Figur aus dem mittelalterlichen Teil der Geschichte, der Alchemist John Scoro. Im Laufe der Zeit wird Hendrik Busske mit verschiedenen Büchern um die Geschichte des Steins der Weisen und John Scoro konfrontiert. Diese Kapitel mit Ausschnitten aus der mittelalterlichen Erzählung ziehen sich durch den Roman und vermitteln gemeinsam mit geschickt eingebauten historischen Erläuterungen auch dem Leser nach und nach die Hintergründe um den „Stein der Weisen“ und dessen geschichtliche Bedeutung.
Ich habe beim Lesen viel gelernt und an einigen Stellen Anregungen gefunden, auch meine Lebenseinstellung zu hinterfragen. Insbesondere die geschichtlichen und philosophischen Exkurse haben mir sehr gefallen. Der Roman beginnt eher ruhig und mit einem langen Einführungsteil, wird dann jedoch zunehmend spannender und interessanter. Die Charaktere sind glaubhaft wenn auch nicht unbedingt sympathisch, die Geschichte ist rätselhaft und lässt viel Raum für Spekulationen. Ich habe schon viele Romane von Eschbach gelesen und weiß somit, dass er in seinen Geschichten ab und an die Grenzen der Naturgesetzte überschreitet. In diesem Fall ist er für meinen Geschmack am Ende etwas zu weit gegangen, als eher rationalem Menschen fällt es mir schwer, die Schilderungen im Schlussteil hinzunehmen, auch wenn sie für den Abschluss der Geschichte wichtig sind.
Insgesamt hat mich beim Lesen jedoch wieder einmal die Vielschichtigkeit des Romans begeistert, „Teufelsgold“ ist eine Geschichte, die mich noch länger in Gedanken beschäftigen wird.