Die Melancholie des hohen Nordens
Die Glocke im SeeFür diesen Roman sollte man sich etwas Zeit lassen. Es ist definitiv kein Buch, das man einfach so „wegschnurbsen“ kann. Schon am Anfang, als mit einer Legende aus dem Tal um Butangen in die Geschichte ...
Für diesen Roman sollte man sich etwas Zeit lassen. Es ist definitiv kein Buch, das man einfach so „wegschnurbsen“ kann. Schon am Anfang, als mit einer Legende aus dem Tal um Butangen in die Geschichte eingeführt wurde, wusste ich: dieses Buch ist „anders“. Und so war es dann auch.
Ich gebe zu, der Einstieg war für mich etwas zäh, ich musste mich an den Schreibstil des Autors gewöhnen und bin zunächst nicht ganz warm geworden damit. Aber als es dann in die eigentliche Story ging und die Hauptpersonen auftraten, wurde alles plötzlich verständlicher und greifbarer. Über die fast 500 Seiten mauserte sich das Buch sogar zu einem mitreißenden Pageturner.
Der Autor bleibt mit der Geschichte und seiner Erzählweise dem treu, was ich als typisch skandinavisch bezeichnen würde: ehrlich, manchmal etwas spröde und dann manchmal auch wieder sehr poetisch. Für mich fängt er diese immer mitschwingende Melancholie des hohen Nordens sehr gut ein. Die eiskalten Winter, die langen dunklen Nächte, aber auch die überbordende Freude, wenn im April der Frühling ins Tal zieht. Die Natur und das Leben mit der Natur spielen hier eine große Rolle und wer mehr darüber erfahren will, wie es im Norwegen des späten 19. Jahrhunderts zuging, wird hier fündig.
Besonders faszinierend fand ich die Geschichte und Mystik der norwegischen Stabkirchen, die hier auch ausführlich behandelt werden. Damit hatte ich mich bisher noch nie beschäftigt und so war der Roman für mich auch ein kleines Lehrbuch in Geschichte und Architektur. Und dass meine Wahlheimat Dresden eine große Rolle spielt, war das Schmankerl, das noch obendrauf kam.
Wer sich nicht vor der etwas schwermütigen Grundstimmung scheut, könnte mit diesem Buch eine kleine Leseperle entdecken.