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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.02.2019

Harry Hole ermittelt wieder und sorgt für Spannung

Durst
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Eine junge Anwältin wird nach einem Tinder-Date ermordet in ihrer Wohnung gefunden. Der Mörder ist brutal vorgegangen und scheint eine Vorliebe für das Blut seines Opfers zu hegen. Die Tatwaffe ist schnell ...

Eine junge Anwältin wird nach einem Tinder-Date ermordet in ihrer Wohnung gefunden. Der Mörder ist brutal vorgegangen und scheint eine Vorliebe für das Blut seines Opfers zu hegen. Die Tatwaffe ist schnell identifiziert und sorgt nach dem Auftauchen einer weiteren Leiche bei Polizeichef Mikael Bellmann für den Drang nach schnellen Ermittlungen. Die taffe Polizistin Katrine Bratt und ihr Team ermitteln. Doch zusätzlich beauftragt Bellmann ehemaligen Ermittler Harry Hole. Er hatte eine erfolgreiche Karriere, ist jedoch nach einem ungelösten Fall an die Polizeiakademie gewechselt und unterrichtet dort. Nun kehrt er für diesen Fall zurück und trägt zu den Ermittlungen dieser brutalen Morde bei.

Jo Nesbø weiß, wie ein Thriller funktioniert. Er baut von der ersten Seite an Spannung auf, sorgt mit vielen Charakteren und Erzählwechseln für Neugier und Verwirrung. Verwirrung, weil es so viele Ermittler gibt, über die im Laufe des Buches immer mehr Hintergrundinformationen folgen, und der Leser sie auch erst im Laufe des Geschehens in ein Beziehungsgefüge einsortieren kann. Zwischenzeitlich gibt es immer wieder Erzählpassagen aus Sicht des Mörders, dessen Gedanken und Vorgehen beschrieben wird. Gerade in diesen Situationen knisterte es nur vor (An-)Spannung beim Lesen.
Der Thriller ist brutal, spannend und lässt den Leser nur so durch die Kapitel fliegen.

Gerade im letzten Drittel nimmt das Buch erheblich an Spannung zu, nachdem der Fall vermeintlich geklärt ist und plötzlich neue Hinweise auftauchen. Es folgen überraschende Wendungen, die Ereignisse überschlagen sich und enden in einem rasanten Finale.
Die englische Übersetzung ist angenehm und flüssig zu lesen.

Bei "The Thirst" handelt es sich um meinen ersten Jo Nesbø und um meinen ersten Harry Hole, jedoch definitiv nicht um meinen letzten!

Veröffentlicht am 10.02.2019

Psychologisch absolut gut umgesetzt!

Wenn das Eis bricht
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In der Wohnung des Geschäftsmannes Jesper Orre wird eine Leiche gefunden: geköpft und brutal drapiert. Von Orre fehlt jede Spur. Das Ermittlerteam um Peter und Kriminalpsychologin Hanne befassen ...

In der Wohnung des Geschäftsmannes Jesper Orre wird eine Leiche gefunden: geköpft und brutal drapiert. Von Orre fehlt jede Spur. Das Ermittlerteam um Peter und Kriminalpsychologin Hanne befassen sich mit dem Fall, der einem ungelösten Mord zehn Jahre zuvor ähnelt. Neben den Mordermittlungen werden die beiden Ermittler mit ihrer gemeinsamen Vergangenheit konfrontiert, die einige Jahre zurückliegt und mit einem Bruch endete.

Der Psychothriller von Camilla Grebe grenzt sich von anderen Büchern dieses Genres ab, denn es wird nicht mit der Angst des Lesers gespielt. Es wird die Psyche der einzelnen Charaktere beleuchtet, die Abgründe, vor denen sie stehen, und die Angst, die ihre Entscheidungen beeinflusst.

"Wenn das Eis bricht" setzt sich aus drei Erzählsträngen zusammen. Peter und Hanne berichten jeweils über die laufenden Ermittlungen. Der Leser erhält Einblick in ihre Gedanken, die Last, die beide zu tragen haben, und wie sie mit dieser umgehen. Der dritte Erzählstrang wird rücklaufend erzählt - von zwei Monaten zuvor bis hin zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Er beschäftigt sich mit der Verkäuferin Emma, von der erst im Laufe des Buches deutlich wird, welche Rolle sie spielt.

Da die Psyche und die Vergangenheit der drei hauptsächlichen Charaktere wichtig für die Ermittlungen sind, erfolgen viele Rückblenden und Erinnerungen. Diese sind teilweise detailreich, fügen sich jedoch immer gut in die Kapitel ein. Da dem Leser die Hintergrundinformationen über jeden nur portionsweise offeriert werden, steigt die Spannung. Camilla Grebe setzt gekonnt einen Spannungsbogen, der sich über das gesamte Buch zieht und im letzten Viertel zum thrill wird und in einem packenden, überraschenden und rasanten Finale endet.
Der Schreibstil ist sehr flüssig, sodass sich die knapp 600 Seiten sehr schnell und angenehm lesen lassen - Inhalt und Form ergänzen sich hier gut und bilden einen spannenden Psychothriller!

Veröffentlicht am 10.02.2019

Rasanter Thriller besticht durch flüssigen Schreibstil

Cruelty: Ab jetzt kämpfst du allein
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Der 17-jährigen Gwendolyn wird der Boden unter den Füßen weggezogen. Ihre Mutter starb bereits zehn Jahre zuvor, nun kehrt ihr Vater nicht von seiner Geschäftsreise aus Paris zurück. Als Gwen diese Botschaft ...

Der 17-jährigen Gwendolyn wird der Boden unter den Füßen weggezogen. Ihre Mutter starb bereits zehn Jahre zuvor, nun kehrt ihr Vater nicht von seiner Geschäftsreise aus Paris zurück. Als Gwen diese Botschaft überbracht wird, erfährt sie, dass ihr Vater bei der CIA war. Als die Ermittlungen seitens der CIA eingestellt werden und es von ihrem Vater keine Spur gibt, muss das Mädchen eine Entscheidung treffen. Sie macht sich allein auf die gefährliche Suche nach ihrem Vater und begegnet dabei Kriminalität, Angst und Gewalt.


Scott Bergstrom gibt zunächst einen sehr guten Überblick über Gwendolyns Charakterzüge, ihr Umfeld, ihre Beziehungen zu anderen Menschen und ihren Alltag. Dabei beherrscht er einen sehr flüssigen und fesselnden Schreibstil, der parallel zur Spannung der Handlung an Geschwindigkeit aufnimmt.
Um ihren Vater zu finden muss Gwendolyn über sich selbst hinauswachsen, ihre Ängste überwinden und vor allem an Härte gewinnen. Diesen Weg vom Schulmädchen bis hin zur taffen, starken Frau, die Männer entwaffnen kann, beschreibt der Autor sehr anschaulich und nachvollziehbar. Der Leser kann sich so mit der Protagonistin verbunden fühlen, kennt ihre Gedanken und Gefühle und kann ihre getroffenen Entscheidungen und daraus resultierende Handlungen verstehen.

Von Kapitel zu Kapitel nimmt die Handlung an Fahrt auf. Mich konnte die Geschichte so sehr fesseln, dass ich das "Cruelty" nicht mehr aus der Hand legen wollte. Der sehr angenehm zu lesende Schreibstil unterstütze dies.
Nicht nur Gwen, sondern auch die Nebencharaktere sind anschaulich beschrieben und werden fügsam in die Handlung integriert, sodass sich ein großes (Menschen-)Puzzle aus vielen überschaubaren Einzelteilen ergibt.

"Cruelty" ist authentisch, spannend und so fesselnd, dass es sich zügig lesen lässt. Mich konnte es als Thriller-Liebhaber voll und ganz begeistern.

Veröffentlicht am 10.02.2019

Ein Schicksalszwilling zum Verlieben

Die Nächte, die Tage und das ganze Leben
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Fanni entdeckt mir ihren zwei Freundinnen auf dem Münchener Winter-Tollwood das Zelt einer Hellseherin und beschließt, diesen Schwindel aufzudecken. Daher schnappt sie sich kurzerhand den nächstbesten ...

Fanni entdeckt mir ihren zwei Freundinnen auf dem Münchener Winter-Tollwood das Zelt einer Hellseherin und beschließt, diesen Schwindel aufzudecken. Daher schnappt sie sich kurzerhand den nächstbesten Mann - der am Nachbartisch sitzt und über das vegane Essensangebot motzt - und gibt sich als dessen Freundin aus. Hellseherin Tanna Divina durchschaut diesen Plan und offenbart beiden, dass sie Schicksalszwillinge seien. Diese Nachricht ändert mit einem Schlag sowohl Fannis als auch Nats Leben, die nicht damit gerechnet hätten, füreinander bestimmt zu sein.

Barbara Leciejewski hat nicht nur eine authentische Thematik, sondern auch zwei glänzende Protagonisten ausgewählt. Beide sind auf ihre Art unglaublich liebenswürdig: die chaotische, turbulente Fanni, die ihr Herz auf der Zunge trägt; und der zurückhaltend-freche Nat, der für sein Leben gern Klavier spielt. Beide müssen sich mit der "frohen Botschaft" auseinandersetzen, ihr Gefühlsleben sortieren und die Harmonien und Disharmonien ihrer Ecken und Kanten kennenlernen. Diesen, streckenweise sehr holprigen, Weg begleitet der Leser. Nicht holprig ist hingegen Barbara Leciejewskis Schreibstil. Er ist flüssig, beschwingt, durch seine Leichtigkeit sehr angenehm zu lesen und passt sich der inhaltlichen Ebene an. Dies betrifft zum einen den Erzählstil, der von witzig über tragisch bis hin zu emotional berührend reicht, und das Erzähltempo. Passend zum Geschehen kann sich der Leser in der Erzählung treiben lassen und mitfühlen.

Auch wenn Fanni und Nat als Hauptakteure sehr viel Raum einnehmen, sind die Nebencharaktere nicht weniger lebendig. Sie besitzen ebenfalls ganz eigene Züge voller Charme, Humor und Wiedererkennungswert; und sind die gelungene Prise Salz und Pfeffer der Geschichte.

Mich hat "Die Nächte, die Tage und das ganze Leben" mit seinem lockeren, humoristischen und intensiven Schreibstil unterhalten, bewegt und mir wunderbare Lesestunden beschert!

Veröffentlicht am 10.02.2019

Ein intensiver Roman über die Verortung im Glauben und im Leben

Der Geruch des Paradieses
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Peri ist seit ihrer Kindheit zerrissen. Während ihre Mutter streng gläubig ist, ihr Vater mit Unglauben dagegen hält, wird ihr älterer Bruder wegen marxistischem Idealismus verhaftet und gefoltert. Ihr ...

Peri ist seit ihrer Kindheit zerrissen. Während ihre Mutter streng gläubig ist, ihr Vater mit Unglauben dagegen hält, wird ihr älterer Bruder wegen marxistischem Idealismus verhaftet und gefoltert. Ihr anderer Bruder wählt den nationalistischen Weg, heiratet, gründet eine Familie. Doch Peri sitzt zwischen den Stühlen, weiß nicht, wohin sie gehört, wem sie zustimmen soll. Auf der einen Seite steht der starke Glaube der Mutter und auf der anderen die kemalistischen Züge und die Offenheit ihres Vaters. Dieser unterstützt ihre Bildung so weit, dass er ihr ein Studium in Oxford ermöglicht.
Dort hält Peris Zerrissenheit an. Sie lernt die freiheitsliebende Shirin kennen und die gläubige Mona, die sich für das Kopftuch entschieden hat und sich für Feminismus engagiert. Um die Glaubensfrage für sich zu klären, nimmt Peri an Azurs Seminar "Gott" teil, in dem sämtliche Denkweisen und Ansichten verschiedener Studenten aufeinander prallen.

Peri, heute Mitte dreißig, Ehefrau und Mutter erblickt auf dem Weg zu einem Geschäftstreffen ihres Mannes ein Foto aus ihrer Studienzeit in Oxford und muss sich mit vergangenen Vorfällen auseinandersetzen.

Elif Shafak hat einen wunderbaren, intensiven Schreibstil, der durch bildhafte Vergleiche einen sehr poetischen Touch bekommt.
Der Leser bekommt Einblick in zwei Peris: die damalige Studentin und die erwachsene Frau, 14 Jahre nach ihrem Studium. Peri als Studentin ist offen, westlich orientiert, ist zielstrebig, will ihren Platz finden und Neues lernen. Die dreißigjährige Peri, die nun Ehefrau, Mutter und Hausfrau ist, lässt erahnen, dass bestimmte Ereignisse zu diesem Lebensstil geführt haben. Diese bekommt der Leser im Laufe des Romans offenbart.
Die Autorin verbindet die Erzählungen auf den zwei Zeitebenen sehr clever miteinander und bietet so stets die Möglichkeit, Parallelen zu ziehen zwischen der früheren und der gegenwärtigen Peri.

In "Der Geruch des Paradieses" spielen Glauben, Feminismus und Identitätsfindung eine wichtige Rolle. Elif Shafak beherrscht die Kunst, viele religiöse und politische Sichtweisen, philosophische Ansätze und Denkweisen zu präsentieren, ohne eine Wertung erfolgen zu lassen. So, wie Peri sich selbst in all diesen Dimensionen finden muss, kann oder muss sich auch der Leser positionieren.

Der Roman hat mich begeistert mit seiner Intensität, der Wortgewalt und den Schilderungen, die Peris Verhalten und ihre Charaktereigenschaften so nachvollziehbar machen.