Platzhalter für Profilbild

Marakkaram

Lesejury Star
offline

Marakkaram ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Marakkaram über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.03.2019

Ein Kater mit einer Mission

Eine Samtpfote zum Verlieben
0

"Er landete auf etwas, das perfekt war, um es Jamie mitzubringen. Mit anregenden Düften gesättigt, verströmte es unter anderem den Geruch nach Einsamkeit. Jamie würde sofort wissen, dass es von einem ...

"Er landete auf etwas, das perfekt war, um es Jamie mitzubringen. Mit anregenden Düften gesättigt, verströmte es unter anderem den Geruch nach Einsamkeit. Jamie würde sofort wissen, dass es von einem Menschen stammte, der wie sie auf der Suche nach einem Gefährten war."

Ein Jahr Auszeit in einem gemütlichen Stadtteil von Los Angeles, ein Jahr ohne Männer, in dem Jamie für sich herausfinden will, was ihr Spaß macht und wie es beruflich für sie weitergehen soll.
Doch ihr Kater MacGyver hat da ganz andere Pläne. Er merkt, dass sein Frauchen, wie so viele Menschen heutzutage, einen Geruch von Einsamkeit verströmt und beschliesst ihr einen Gefährten zu suchen.
Dumm nur, dass Jamie keine Katzennase hat und mit seinen in nächtlichen Raubzügen erbeuteten Schätzen, so gar nichts anzufangen weiß....

Ein herrlich romantischer Wohlfühlroman über einen Kater und seine Mission die Menschen in seinem Umfeld zusammenzubringen und glücklich zu machen.

Letzteres ist Melinda Metz mit MacGyver und Co. bei mir vollends gelungen. Ich habe seine Streifzüge und Gedankengänge genossen. Die Autorin lässt ihre Geschichte zwar größtenteils von Jamie erzählen, aber der pfiffige Kater kommt auch immer wieder in kurzen eigenen Kapiteln zu Wort und das ist sehr amüsant - ohne drüber oder kitschig zu sein.

Die Charaktere sind sympathisch und sehr authentisch, Jamie und David sind wie aus dem Leben gegriffen und die Nachbarn herrlich kleinstadtmässig eigenbrötlerisch, neugierig und ein wenig skurril und auch hier erkennt man die Eigenschaften seiner Nächsten (vielleicht etwas überzogen) wieder.

Von diesem Charme lebt der Roman.
Melinda Metz beschreibt Menschen und auch die Umgebung sehr bildhaft und lebendig. Man hat das Gefühl Storybook Court genau zu kennen.
Die romantische Liebesgeschichte hat am Ende mehr Tiefe als erwartet und bleibt trotzdem immer federleicht und sehr unterhaltsam. Die richtig tiefen Emotionen bleiben dadurch zwar aus, aber es muss ja auch nicht immer Drama sein.

Fazit: Ein wunderschöner Roman für ein paar entspannte Lesestunden, der sich leicht liest und dessen Hauptakteur sich auch nicht Katzenliebhabern ins Herz schleichen wird.

Veröffentlicht am 11.02.2019

Anleitung zum achtsamen Lauschen

Vom Glück einen Vogel am Gesang zu erkennen
0

>>Wer sich die Mühe macht, sich von Amselmusik nicht nur berieseln zu lassen, sondern genau zuzuhören, der wird feststellen, dass sie deutlich komplexer und auch komplizierter ist, als es zunächst den ...

>>Wer sich die Mühe macht, sich von Amselmusik nicht nur berieseln zu lassen, sondern genau zuzuhören, der wird feststellen, dass sie deutlich komplexer und auch komplizierter ist, als es zunächst den Anschein haben mag. Das Ende jedes Verses besteht aus einer raschen, stakkatoartigen Abfolge von Tönen - schnarrend, quietschend und höchst anspruchsvoll.>>

Eins vorweg, dies ist kein Buch in dem einem Vogelstimmen lautschriftlich vorgeträllert werden, zumindest sehr selten - vielmehr schafft es Simon Barnes, dass man selber aufmerksamer durch die Natur geht, sich Zeit nimmt Vögel zu beobachten und so mit seinen Hilfestellungen ihr zwitschern zuordnen kann.

Was mir während des Lesens immer wieder aufgefallen ist, man nimmt ihre Lieder als Hintergrundmusik täglich wahr, nimmt sich aber selten die Zeit um richtig zuzuhören. Es ist wirklich eine Frage der Achtsamkeit, denn ganz oft sitzt eine Amsel auf meinem Balkongeländer, also müsste ich ihren Gesang doch blind erkennen, oder. Kann ich aber nicht, weil ich erst jetzt anfange bewusst zu lauschen.
Aber keine Angst, der Autor nimmt einen dabei an die Hand und startet ganz geschickt im Winter, wo nur wenige Vögel zu hören sind.

Das Buch ist untergliedert in: erster Winter, erster Frühling, erstes Jahr und zweiter Frühling. Die Kapitel darin sind recht kurz und bieten eine gute Mischung zwischen Vorstellung der Vögel, zu denen der Autor immer viel Wissenswertes und vor allem nützliche und interessante Eigenheiten beisteuert, und allgemeine Kapitel wie Entstehung, Luftzirkulation im Körper, Gedichte über Lerchen, das Zuhören usw. Das lockert schön auf.

Was mich auch sehr positiv überrascht hat, Simon Barnes beschränkt sich nicht nur auf die heimischen Singvögel, sondern beschreibt genauso Watt-, Süsswasser-, Greifvögel, Gänse etc. Ich war selber verblüfft, wie viele Vögel ich dann doch bereits an ihren Liedern oder Rufen kannte.

Kommen wir noch kurz zur Aufmachung des Buches, denn die ist einfach traumhaft. Die Kapitel werden größtenteils von farbigen, filigranen Zeichnungen begleitet, wie es sich schon am Rotkehlchen auf dem Cover zeigt. Wunderschön! Jede für sich ein Blickfang zum Innehalten.

Fazit: "Vom Glück ein Vogel am Gesang zu erkennen" ist ein Kleinod und lehrt uns in erster Linie Achtsamkeit. Vögel einfach mal zu beobachten und zu belauschen, denn Vogelstimmen kann nur erkennen, wer zuhört und mit offenen Ohren durch Wald und Wiesen geht. Es ist kein klassisches Vogelstimmen-Erkennungs-Buch, aber mir hat es mehr gebracht, als wenn ich mir CDs mit Vogelgesang anhöre, die ich bei mir im Umfeld immer nur schwer zuordnen kann.

Veröffentlicht am 11.02.2019

Eine starke mutige Frau, die ihren Weg geht

Allee unserer Träume
0

>>Je länger sie allerdings der aufgeregten Eitelkeit um sich herum zuhörte, umso lächerlicher kamen diese Männer ihr plötzlich vor. Als wäre keiner von ihnen in der Lage, weiter zu planen als bis zu den ...

>>Je länger sie allerdings der aufgeregten Eitelkeit um sich herum zuhörte, umso lächerlicher kamen diese Männer ihr plötzlich vor. Als wäre keiner von ihnen in der Lage, weiter zu planen als bis zu den einzelnen Bauten, mit denen jeder sich sein persönliches Denkmal setzen wollte.>>

In "Allee unserer Träume" verknüpft das Autorenduo Ulrike Gerold und Wolfram Hänel geschickt historische Begebenheiten mit ihrer Handlung.

Die Geschichte spielt auf zwei Ebenen, einmal der Zeitraum um 1940 und dann ab 1950 bis in die Gegenwart, wobei der erste Strang irgendwann in den zweiten übergeht. Ich fand die jeweiligen Wechsel sehr harmonisch und passend, so bekommt man immer wieder einen Einblick in Ilse`s Vorgeschichte. Ilse, die Hauptprota, die als Kind schon die Bauzeichnungen ihres Vaters vollendet hat und später mutig die Chance ergreift an der baulichen Gestaltung und Entstehung der Karl-Marx-Allee in Berlin mitzuwirken. Doch das hat seinen Preis....

Der Schreibstil der beiden Autoren ist bildhaft und sehr angenehm. Auf der anderen Seite aber auch relativ sachlich und distanziert. Man kommt an die Charaktere nur in seltenen Momenten richtig ran, die sind dann dafür aber umso eindrücklicher. Schon irgendwie passend zu der Generation um die es hier geht.

Der Roman gibt einen interessanten Einblick in den Beginn der DDR, das Gefühl der Trennung vom Westen, auch ohne Mauer, die andere Denkweise.
Es ist ein schönes Porträt der 50-iger Jahre und man ist quasi bei der Entstehung der Karl-Marx-Allee und vor allem der Idee, die dahinter steckte, live dabei - leider auch bei ihrem Verfall.

Fazit: "Allee unserer Träume" ist ein spannender und interessanter historischer Roman und hat mir so manche neue Einblicke gebracht. Und obwohl der Roman schon über 500 Seiten hat, wäre ich so manches Mal gerne noch tiefer eingetaucht.

Veröffentlicht am 22.11.2018

bezaubernd leichte Romanze - trotz sehr ernster Themen

Dein Bild für immer
0

>>Sophie liebte dieses Bild von ihm, seit sie damals auf den Auslöser ihrer Kamera gedrückt hatte, denn es zeigte Maximilian nicht, wie er war, sondern wie er sein konnte. Es zeigte nicht den glatten, ...

>>Sophie liebte dieses Bild von ihm, seit sie damals auf den Auslöser ihrer Kamera gedrückt hatte, denn es zeigte Maximilian nicht, wie er war, sondern wie er sein konnte. Es zeigte nicht den glatten, strategischen Anwalt im blütenweißen Hemd, sondern den spontanen ausgelassenen Mann, der, einfach weil er Lust dazu hatte, ins neun Grad kalte Meer rannte.>>

Es sollte ihre Hochzeitsreise werden, eine Überraschung, heimlich von ihrem Verlobten geplant. Doch jetzt ist Maximilian tot und die Reise nicht stornierbar. Nach langem Zögern beschliesst Sophie alleine nach Bali zu fliegen, ein Bündel Fotos von Maximilian im Gepäck.
Doch schon im Flugzeug der erste Schock, sein Platz wurde neu vergeben und neben ihr sitzt jetzt ein Fotograf, Niklas, der ihr mit seiner betont lässigen Art unheimlich auf die Nerven geht.

Was sie noch nicht ahnt, ihre Wege werden sich erneut kreuzen....

~ ~ ~ *

Julia Hanel ist ein wirklich sehr leichtfüssiger auf seine Art bezaubernder Roman gelungen, der sich nichtsdestotrotz mit ernsten Themen wie Verlust, Trauer und Existenzängsten auseinandersetzt. Aber, und das muss man dann auch so hinnehmen, der die Problematiken zwar anschneidet, aber dann auch oftmals abbricht, um im nächsten Kapitel mit einem kleinen Zeitspung weiterzumachen. Mir hat das nach einer kurzen Eingewöhnung sehr gut gefallen.

"Dein Bild für immer" ist in erster Linie eine schöne Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen, die einen großen Verlust zu verarbeiten haben. Romantischer Titel und verspieltes Cover sind Programm.

Der Schreibstil ist flussig und herrlich bildhaft, was den Leser hautnah mit auf die Reise durch Bali nimmt. Er kommt ohne große Dramatik aus, dennoch sind die Emotionen greifbar. Ich habe mit Sophie und Niklas mitgelebt, gelitten und geliebt. Sie sind so sympathisch und direkt aus dem Leben gegriffen, mit all ihren Fehlern, Schwächen und Macken, aber einem Herz aus Gold - wie die beste Freundin halt.

Fazit: Eine bezaubernde Romanze, emotional ohne rührselig zu sein und mit ganz viel Bali-Flair.

Veröffentlicht am 28.03.2018

Eine Geschichte über das Leben und die Liebe

Nach dem Winter
0

Ich wurde Ruths Liebhaber, weil ich überzeugt davon war, in Sachen Liebe behindert zu sein.

Claudio hat nach einem tragischen Verlust, seiner Heimatstadt Havannah den Rücken gekehrt und arbeitet seit ...

Ich wurde Ruths Liebhaber, weil ich überzeugt davon war, in Sachen Liebe behindert zu sein.

Claudio hat nach einem tragischen Verlust, seiner Heimatstadt Havannah den Rücken gekehrt und arbeitet seit einigen Jahren als Lektor in New York. Er ist ein ruhiger, kontrollierter, egozentrischer Mensch, der sehr zurückgezogen lebt.

Cecilia hat ihre Kindheit in Mexiko verbracht und studiert seit ein paar Monaten in Paris. Der Umgang mit Menschen fällt ihr aus unerklärlichen Gründen sehr schwer, dafür hat sie umsomehr ein Faible für ruhige Friedhöfe.

Als die beiden sich über gemeinsame Freunde begegnen, sind sie voneinander angetan und obwohl beide jeweils in einer Art Beziehung stecken, schreiben sie einander und Cecilia beschliessst nach New York zu fliegen um Claudio zu besuchen....

~ ~ *

Die mexikanische Journalistin Guadalupe Nettel legt mit ihrem Debut "Nach dem Winter" einen sehr ruhigen, fast schon melancholischen und trotzdem auf seine Art sperrigen Roman vor.

Nach einem großartigen Einstieg hätte es für mich im Mittelteil ein paar Seiten weniger gebraucht. Gefühlt tritt die Geschichte ein wenig auf der Stelle, was mit Sicherheit auch so beabsichtigt ist und zum Leben von Claudio und Cecilia dazugehört.

Trotzdem hat mich der Roman unheimlich berührt. Zwei Menschen, die in sich gefangen sind, die von einer Beziehung jenseits einer Zweckgemeinschaft träumen, aber gar nicht mehr in der Lage sind aus sich herauszukommen, nicht mehr die Kraft haben über ihre Schatten zu springen und den Mut noch einmal etwas zu riskieren. Und eigentlich auch gar nicht mehr wissen, wie man mit einem Partner umgeht.

Guadalupe Nettel hat hier sehr interessante Charaktere ins Leben gerufen, an deren Gedanken und Gefühlen man gerne teilnimmt. Ihr Schreibstil ist sehr klar, die Sprache berührend, fast schon poetisch und immer mit einem Hauch von Melancholie und Traurigkeit. Dennoch ist es kein trauriges Buch. Es geht vielmehr um Sehnsüchte, Einsamkeit, die Anonymität der Großstädte und das Leben an sich.

"Nach dem Winter" ist kein Roman, den man einfach so wegliest und auch keine romantische Liebesgeschichte. Er ist sperrig, hallt lange nach und lässt einen nachdenklich zurück.

Fazit: 4,5 Sterne für eine Geschichte unserer Zeit. Ich würde mich freuen bald mehr von Guadalupe Nettel zu lesen.