Im zweiten Band der „All In“ Diologie von Emma Scott müssen Jonahs Familie und Freunde lernen, mit seinem Tod klarzukommen, allen voran Kacey und Theo. Kacey wird alles zu viel und sie flüchtet nach New Orleans, wo sie ihre musikalische Karriere wieder aufnimmt und gleichzeitig ihre Trauer in Alkohol ertränkt. Theo bemüht sich unterdessen zu funktionieren und seine Trauer zu verdrängen, indem er sich für ein Studium, seine Arbeit und Familie abrackert. Ihm selbst hilft jedoch keiner und er wird immer mehr von Selbstzweifeln und Trauer von innen heraus zerfressen, bis er von Kaceys Problemen erfährt. Sofort lässt er alles stehen und liegen und eilt zu Hilfe, denn er möchte zumindest die Hälfte seines Versprechens an Jonah halten: er wird sich um Kacey kümmern. Ob er auch zu seiner Liebe zu ihr stehen kann, steht allerdings in den Sternen.
Nachdem mich der erste Band nicht sonderlich berühren konnte, war ich recht skeptisch, wie es in diesem Band wohl weitergehen würde, zumal sich der Verlauf dieser Geschichte bereits im ersten Teil angedeutet hatte. Und darin lag, denke ich, auch mein Problem mit dem ersten Teil: man spürte einfach irgendwie unterschwellig, dass eigentlich Kacey und Theo zusammengehören und daher fühlte sich die Liebe zwischen Jonah und Kacey für mich nie so richtig echt an.
In diesem Teil ist das jedoch anders, denn man spürt Theos Liebe von der ersten Seite an. Er hatte mich mit seiner unerschütterlichen Loyalität und Aufopferungsbereitschaft schon im ersten Teil fasziniert und hier hat er mein Herz sofort erobert. Bereits der Prolog ließ die Tränen bei mir nur so fließen und so ging es dann auch für viele Kapitel weiter. Theos Gedanken, Zweifel, Ängste und Sorgen wurden so gefühlvoll und authentisch geschildert, dass ich seinen Kummer richtig spüren konnte. Es hat mich berührt und selbst jetzt lässt mich die Geschichte noch nicht ganz los. Denn obwohl Theo scheinbar in allen Bereichen den Kürzeren gezogen hat und sich nun eher wie ein billiger Jonah-Ersatz fühlt, bleibt er nach außen hin stark und hilft allen, ohne an sich und seine Ziele zu denken. Da geht einem gleichzeitig das Herz auf und zieht sich vor Mitleid zusammen.
Auch mit Kacey bin ich in diesem Band warm geworden, da sie eine enorme Entwicklung durchmacht, wie ich finde, was mir sehr gut gefallen hat. Sie streift das unreife Gehabe ab und beginnt ein Leben als erwachsene, selbstbewusste junge Frau, die ihr Leben endlich auf die Reihe kriegen möchte. Das hat mir wirklich gut gefallen.
Weiterhin haben mich wieder die wunderbare Schreibweise und detaillierten Beschreibungen der Autorin fasziniert. Sie schafft es die künstlerischen Leidenschaften von Theo und Kacey so toll zu schildern, dass ich die Begeisterung spüren und alles vor mir sehen konnte. Ja, ich habe sogar ernsthaft über Tattoos nachgedacht, weil mich die Beschreibungen so fasziniert haben. Auch dass eins der Lieder, die Kacey geschrieben hat, in dem Buch veröffentlicht wurde, fand ich super. Auf so etwas hoffe ich in Musikerbüchern immer und selten wird es gemacht, hier schon, daher Daumen hoch!
Genauso toll waren auch die Beschreibungen von New Orleans, das mit seiner Voodoogeschichte und Farbenpracht vor meinen Augen richtig Gestalt angenommen und mich begeistert hat. In letzter Zeit habe ich zufälligerweise einige Bücher mit New Orleans als Schauplatz gelesen, doch keines hat es geschafft, mir die Stadt so nahe zu bringen wie dieses.
Der einzige Wermutstropfen des Buches war für mich die kleine Nebengeschichte/Drama im dritten und letzten Teil des Buches, die für mich irgendwie erzwungen und zu schnell abgehandelt wirkte. Auch den Sinn dahinter konnte ich nicht ganz so verstehen, was ich etwas schade finde.
Nichtsdestotrotz hat mich dieses Buch wirklich begeistert und beschäftigt mich auch jetzt nach dem Lesen noch. Es ist gefühlvoll geschrieben, zieht einen direkt in die Geschichte und entführt einen an andere Orte und zeigt auf glaubwürdige Weise wie unterschiedlich Menschen mit einem schweren Verlust umgehen und ihre Trauer überwinden. Trauer und Liebe, Schmerz und Freude waren sich in diesem Buch nie fern und gerade diese Mischung hat es in meinen Augen zu etwas ganz Besonderem gemacht.
„Wenn kleine Hoffnungsschimmer auftauchen, muss man an ihnen festhalten. Ihnen zulächeln. Was soll das Ganze sonst?“
Vielen Dank an Netgalley und den LXY Verlag für die Bereitstellung des Leseexemplars, was jedoch keinen Einfluss auf meine Meinung hat.