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Veröffentlicht am 11.04.2019

Spannend bis zur letzten Zeile

Golden Cage. Trau ihm nicht. Trau niemandem. (Golden Cage 1)
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Faye und Jack gelten als Traumpaar. Gemeinsam mit einem Freund haben sie eines der erfolgreichsten Unternehmen Stockholms aufgebaut. Mit ihrer gemeinsamen Tochter Julienne zeigen sie sich als Vorbildfamilie ...

Faye und Jack gelten als Traumpaar. Gemeinsam mit einem Freund haben sie eines der erfolgreichsten Unternehmen Stockholms aufgebaut. Mit ihrer gemeinsamen Tochter Julienne zeigen sie sich als Vorbildfamilie unter den Reichen und Schönen der Gesellschaft.
Das wirkliche Leben von Faye spielt sich auf der Schattenseite ab. Sie ist abhängig, unselbstständig und depressiv. Sie wird von Jack betrogen, gedemütigt und letztendlich verlassen.
Obdachlos und mittellos muss sie sich ein neues Leben aufbauen.
Nach einem Ausflug mit ihrem Vater kann Faye ihre Tochter nicht mehr erreichen.

Hat Jack ihr jetzt auch noch Julienne genommen?


Eine Rezensentin wählte die Überschrift, „Kein typischer Läckberg“. Dem kann ich mich nur anschließen. Ich habe mehrere Läckberg Bücher gelesen, aber noch keines ihrer Bücher hat mich so gefesselt.

Mit einer der schrecklichsten Szenen, die sich eine Mutter vorstellen kann, beginnt der Thriller. Wenn man den Klappentext gelesen hat, ist man erst mal etwas verwirrt.

Unterbrochen von Rückblicken in Fayes Vergangenheit erleben wir die gegenwärtige Situation von Faye und ihre schwierige Beziehung zu ihrem Mann. Mir ging das demütige, lauernde und nach Lob heischende Verhalten von Faye schnell an die Nerven. Die Rückblenden geben nach und nach ein anderes Bild von Faye, so dass mir ihr jetziges Verhalten noch unverständlicher wurde.

Die einzelnen Charaktere werden erst im Laufe des Buches stark gezeichnet. Wir sehen sowohl bei Faye wie auch bei Jack beide Seiten ihrer Charaktere.

Der stetige Wechsel von Vergangenheit und Gegenwart lässt eine besondere Dynamik und Spannung entstehen, die nie nachlässt.

Ich traue mich nicht noch mehr preiszugeben, um den Lesern nicht die Spannung zu nehmen.

Das Buch hat mich nicht losgelassen. Ich habe selten so oft gegrübelt, wie das wohl alles zusammenhängt und sich entwickelt. Immer wieder hatte ich einen wagen Verdacht,
aber ......

Veröffentlicht am 03.04.2019

Thriller vom Feinsten

Blind
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Nathaniel Brenner, seit seinem elften Lebensjahr blind, wird während eines Video-Chats Ohrenzeuge eines Verbrechens. Er hört einen Schrei, Gepolter und dann die Stille der unterbrochenen Leitung. Er kennt ...

Nathaniel Brenner, seit seinem elften Lebensjahr blind, wird während eines Video-Chats Ohrenzeuge eines Verbrechens. Er hört einen Schrei, Gepolter und dann die Stille der unterbrochenen Leitung. Er kennt nur den Vornamen der jungen Frau, die ihm mittels der anonymen App „Be my Eye“ bei der Auswahl seiner Hemden helfen wollte.
Niemand glaubt ihm. Der Polizei wurde kein Verbrechen gemeldet. Niemand wird vermisst.
Die befreundete Journalistin Milla ist die Einzige, die ihm zuhört und ihm hilft, die Wahrheit herauszufinden. Nicht nur Nathaniel stürzt sich dabei blind ins Abenteuer. Beide ahnen nicht, dass sie die einzige Rettung sind und dass sie sich beeilen müssen.

„Ein Verbrechen ist geschehen. Du bist dir ganz sicher. Du bist der einzige Zeuge. Doch niemand glaubt dir“
Das Zitat vom Cover beschreibt eigentlich schon die ganze Tragik und Spannung dieses Thrillers.

Die Schweizer Autorin Christine Brand, mir bis heute leider nicht bekannt, veröffentlicht mit „Blind“ ihren ersten Roman bei Blanvalet.
Sie ist im Schweizer Emmental geboren und aufgewachsen. Bis Ende 2017 arbeitete sie als Redakteurin bei der „NZZ am Sonntag“. Zuvor war sie Reporterin beim Schweizer Fernsehen und Redakteurin bei der Berner Zeitung „Der Bund“, wo sie unter anderem Gerichtsreportagen verfasste.
Christine Brand hat fünf Kriminalromane, ein Buch mit wahren Kriminalgeschichten und einen Märchenband über den Mond publiziert.
Ich bin mir sicher, mit diesem Thriller hat sie sich eine große Leserschaft erobert.

Das Cover ist auffällig. Das große, wie mit weißer Farbe gemalte Wort „BLIND“ lädt zum zugreifen ein. Nimmt man das Buch in die Hand, ist es griffig durch seine raue Struktur an den Ecken. Im ersten Augenblick dachte ich an Blindenschrift, aber die unterschiedliche Struktur lässt mich das Buch einfach länger halten, so dass ich das Zitat von Sebastian Fitzek lesen kann.

Der Thriller, der als simpler Kriminalroman angekündigt wird, entpuppt sich als einer der besonderen Art. Wenig Blut, wenig Brutalität, aber dafür feinsinnige Seelenschau, unkonventionelle Ermittlungen und verblüffende Entwicklungen.

Nicht nur die Polizei hat immer wieder in die falsche Richtung ermittelt. Als mitdenkender und mitermittelnder Leser wird man mehrfach in die falsche Richtung geschickt. Bis auf ein nahezu absurdes Verbrechen, dessen Motiv sich mir nicht erschlossen hat, waren alle Wendungen und Schlussfolgerungen logisch nachvollziehbar.

Die Charaktere sind gut ausgearbeitet worden. Die Gefühle und Empfindungen insbesondere von Nathaniel und Carole sind sehr gut beleuchtet worden.
Vor einigen Jahren war ich in Hamburg in einer Führung durch „Dialog im Dunkeln“. Dadurch konnte ich den Beschreibungen gut folgen und nachspüren wie authentisch sie sind.

Das Buch konnte ich ungefähr nach einem Drittel nicht mehr aus der Hand legen. Ich finde es einfach brillant. Ich hatte immer den Eindruck, die Autorin weiß genau worüber sie schreibt.
Und das ist ein gutes Gefühl. Ich freue mich darauf, mehr von dieser Autorin zu lesen.

Veröffentlicht am 27.02.2019

Im Schatten der Macht

Rheinblick
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Deutschland im November 1972

Vor dem Hintergrundgrund des immensen Wahlsieges der SPD und der anschließenden Sprachlosigkeit des Kanzlers, bedingt durch eine Operation der Stimmbänder, wird ...

Deutschland im November 1972

Vor dem Hintergrundgrund des immensen Wahlsieges der SPD und der anschließenden Sprachlosigkeit des Kanzlers, bedingt durch eine Operation der Stimmbänder, wird neben den gewaltigen Positionskämpfe während der Koalitionsverhandlungen, die Geschichte dreier Frauen erzählt, deren Leben in dieser kurzen Zeitspanne entscheidende Veränderungen wiederfuhr.
Hilde Kessel, die Wirtin des Rheinblicks, erlebt jeden Mittag und Abend die politischen Diskussionen und Ränkespiele. Sonja Engel kämpft um einen Arbeitsplatz als Logopädin, indem sie um eine Behandlungsmethode für Brandt ringt. Die Provinzjournalistin Lotti Legrand kämpft um ihren Platz als ernstzunehmende Journalistin, die auch als Frau über Politik, Jugendheime und Mord recherchieren und berichten kann.


Und dann plötzlich, viel zu plötzlich war er dann zu Ende der Roman.

Ich habe es genossen, in dieser Zeit zu schwelgen. Frau Glaser hat es exzellent verstanden, den Leser in die siebziger Jahre zu versetzen. In dieser Zeit war ich in der Oberstufe eines Mädchengymnasiums in einer Kleinstadt am Niederrhein. Wir haben die turbulenten politischen Umschwünge im Unterricht beobachtet und verfolgt.

Die Darstellung der Ereignisse vermischt mit fiktiven Charakteren hat mich voll überzeugt.
Die Beschreibung Brandts und seinem Charisma ist treffend. Die Diskussionen an den Tischen und der Theke im Rheinblick kamen mir so bekannt vor als wäre es gestern gewesen und ich empfand sie authentisch. Genau darüber und mit diesen Argumenten wurde diskutiert unter Jugendlichen, Studenten genauso wie unter Politikern.

Die heftigen und teilweise zersetzenden Diskussionen innerhalb der Partei, die es ja heute immer noch gibt, um die Sprachlosigkeit des Kanzlers zu gruppieren, finde ich sehr interessant. Lässt es doch gleich den Gedanken aufkommen, ob ein starker, sprachgewandter Kanzler die Kämpfe um Posten und Pöstchen hätte verhindern können. Aber das gelingt heute ja auch keinem Parteivorsitzenden.

Warum gerade diese zwei Wochen im November 1972? Weil es der Anfang vom Ende Brandts Kanzlerschaft war? Ich hätte auch die Enttarnung des Agenten Guillaume und was um Brandt herum geschah in dieser Zeit, sehr interessant gefunden.

Das Buch hat mich mitgerissen und begeistert.
Nachdem es ein Buch über die 50er Jahre mit dem Hintergrund Konrad Adenauer, jetzt eins der 70er Jahre mit dem Hintergrund Willy Brandt gab, was wird wohl folgen, Schmidt, Kohl oder Schröder? Ich bin gespannt und freue mich drauf.

Veröffentlicht am 14.02.2019

Starkes Kind - starke Frau

BECOMING
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Wer mit 54 Jahren eine Autobiographie schreibt und diese sich zum Bestseller entwickelt muss viel sehr viel erlebt haben. Michelle Obama hat nicht nur viel erlebt. Sie hat mit einer enormen Kraft und Stärke, ...

Wer mit 54 Jahren eine Autobiographie schreibt und diese sich zum Bestseller entwickelt muss viel sehr viel erlebt haben. Michelle Obama hat nicht nur viel erlebt. Sie hat mit einer enormen Kraft und Stärke, die sie aus ihrer Kindheit zieht, ihr Leben immer wieder neu gestaltet, ja geradezu neu erfunden.

Erst einmal möchte ich festhalten, dass der Hörverlag in Katrin Fröhlich, die richtige bzw. passende Stimme und Sprecherin für die Buch gefunden hat. Sie hat das Buch so engagiert eingesprochen, dass ich zwischenzeitlich das Gefühl hatte, Michelle Obama persönlich sprechen zu hören.

Die Lebensgeschichte der Michelle Robinson Obama ist von Ehrgeiz, Arbeit und Zweifeln geprägt. Dass sie von ihren Selbstzweifeln und ihrer Unsicherheit als Kind, als Studentin und auch als First Lady erzählt macht sie sympathisch. Nur mit harter Arbeit, immensen sozialen Einsatz und persönlichen Verzicht kann man Veränderungen herbeiführen, so ihre Botschaft.

Sie beschreibt Ereignisse und Stationen ihrer Kindheit, ihr glückliches Familienleben, dass ihre Eltern sie nicht verbogen sondern stets gestärkt und unterstützt haben und dass sie ständig von Musik begleitet wurde.

Der Weg in „Weiße Haus“ war nicht gerade und sicher nicht vorgezeichnet, aber Michelle und Barack Obama haben ihn geschafft und viel erreicht.

Ihre Lebensgeschichte fand ich bis zum Ende ihrer Präsidentenzeit interessant und spannend. Die Zusammenfassung und mehr oder weniger Aufzählung ihrer Erfolge während Obamas Präsidentschaft empfand ich im letzten Kapitel überflüssig und störend.

Das Nachwort war wieder Mut machend für jeden, der etwas verändern will.
Außerdem macht Michelle Obama noch einmal deutlich, dass sie kein politisches Amt anstrebt, weil sie nach wie vor nichts von der Politik hält. Ihr Weg ist aber noch nicht zu Ende. Sie wird sich weiter entwickeln und nach vorne streben.

Veröffentlicht am 13.02.2019

Ist meine Wahrheit objektiv?

Das Echo der Wahrheit
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Elf Monate ist es her, dass der Psychiater James Cobb nach einem Vortrag in New York von dem Millionär Joshua Fleischer angesprochen wurde. Der Millionär bittet James Cobb um eine Hypnosebehandlung ...

Elf Monate ist es her, dass der Psychiater James Cobb nach einem Vortrag in New York von dem Millionär Joshua Fleischer angesprochen wurde. Der Millionär bittet James Cobb um eine Hypnosebehandlung um herauszufinden, was sich in einer bestimmten Nacht in einem Hotelzimmer in Paris vor rund vierzig Jahren ereignet hat.

Es folgen elf Monate der Suche nach Wahrheit, psychischer Entwicklung der einzelnen Beteiligten, verschiedener Wahrheiten der verschiedenen Personen und Cobbs eigenen Dämonen.


Ich bin total begeistert, welche Spannung und Dynamik diese Geschichte entwickelt hat. Ein an sich klarer Auftrag mit einer relativ einfachen Geschichte entwickelt sich Seite für Seite immer komplizierter. Viele verschiedene Wahrheiten, alle relativ logisch, bauen ein immer komplizierteres Geflecht auf. Zwischendurch wusste man gar nicht mehr, was man glauben sollte.

Neben der spannenden und aufregenden Geschichte, regt das Buch zum Nachdenken an. Obwohl ich schon öfters erlebt habe, dass mehrere Personen das gleiche Erlebnis aus der Vergangenheit unterschiedlich wiedergeben und erinnern, hätte ich nicht erwartet, dass es eine objektive Vergangenheitserinnerung gar nicht gibt. Das macht uns vielleicht etwas geduldiger gegenüber überraschende Erinnerungen der Eltern oder Partner.
In der Danksagung konnte ich lesen, welch hartes Stück Arbeit dieses Buch für den Autor war.

Ich kann nur sagen, gut, dass er sich Mühe gegeben hat, denn es ist ihm, meiner Meinung nach, richtig gut gelungen, einen spannenden, zum Nachdenken anregenden Roman zu schreiben, den man kaum aus der Hand legen konnte.

Ich hatte übrigens zwischendurch ganz andere Lösungsansätze bzw. Ideen. Der Autor ging andere Wege, zum Teil weil er den Fokus geändert hat und anderen Fragen nachgegangen ist.

Chapeau!