Der Chemo-Apfel
Der Welt nicht mehr verbundenEin interessanter und eindrucksvoller Ansatz zum Umgang mit Depressionen, zumal die Einführung in Vietnam quasi ein déja vu für mich war - ich war dort kurz vor dem Autor und mir ging es ähnlich ...
Ein interessanter und eindrucksvoller Ansatz zum Umgang mit Depressionen, zumal die Einführung in Vietnam quasi ein déja vu für mich war - ich war dort kurz vor dem Autor und mir ging es ähnlich schlecht. Nur habe ich gottseidank nicht zum Chemo-Apfel gegriffen. Was zeigt, dass kurzfristige Handlungen und/oder Gifte eine chronische Erkrankung verstärken oder auch erst "herauslocken" können.
Autor Johann Hari schreibt mutig und ehrlich über seine eigene Depression - eine Krankheit, die ihn seit seinem 18. Lebensjahr begleitet - wissentlich natürlich. Denn eine Depression wird oftmals nicht als Krankheit erkannt. Bei ihm schon und wie viele wurden auch ihm Antidepressiva als Gegenmittel verschrieben. Doch sie halfen auf die Dauer nichts, brachten keine langfristige Lösung. Aus meiner Sicht sind seine Einwände gegen diese Mittel ein wenig zu einseitig, denn es gibt sicher Fälle, in denen sie dringend erforderlich sind, in denen der Patient ohne sie größter Gefahr ausgesetzt wäre. Doch das ist bei einigen der Fall, bei anderen wieder nicht. Das hätte stärker betont werden sollen.
Hari hat im Zusammenhang mit seiner Recherche viel gesehen, viel beobachtet und es ist interessant, dass er in seinem Bericht immer wieder auf Deutschland zu sprechen kommt - offenbar sowohl ein Land, in dem es viele psychisch Kranke gibt, ebenso aber eines, in der diese Problematik besonders intensiv betrachtet wird.
Im Resultat kommt der Autor, ein Journalist, zum Schluss, dass Depressionen, die in vielen Fällen vererbt werden, vor allem durch die Änderung der Lebensumstände geheilt bzw. langfristig eingedämmt werden können. Nichts Neues aus meiner Sicht - wobei ich jemand bin, der sich immer wieder mit diesem Thema beschäftigt, beschäftigen muss. Dennoch sind seine Ausführungen wichtig, denn sie zeigen viele Aspekte auf, die der Leser im Auge behalten sollte. Doch das Wichtigste: Hari schreibt nicht als Fachmann, er schreibt als Betroffener und diesen Umstand sollte man sich während der Lektüre stets vor Augen halten. Dann ist das Buch auf jeden Fall ein Gewinn!