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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Als Marketing-Gag eine großartige Idee

Die Blutschule
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Die Firma von Marks und Simons Vater ist pleite gegangen. Nun bleibt der Familie nichts anderes übrig, als aus Berlin nach Brandenburg zu ziehen, wo der Vater das leerstehende Haus einer entfernten Verwandten ...

Die Firma von Marks und Simons Vater ist pleite gegangen. Nun bleibt der Familie nichts anderes übrig, als aus Berlin nach Brandenburg zu ziehen, wo der Vater das leerstehende Haus einer entfernten Verwandten geerbt hat. Hier hofft er, finanziell wieder auf die Füße zu kommen. Für die beiden Teenager-Söhne ist das natürlich keine verlockende Aussicht, aber ihnen bleibt keine Wahl und so wollen sie das Beste daraus machen, immerhin sind jetzt erstmal Sommerferien. Doch schon in den ersten Tagen im neuen Zuhause geschehen reichlich unangenehme Dinge. Nicht nur, dass ein verurteilter pädophiler Straftäter in der Nachbarschaft wohnt, auch die ortsansässige Jugendclique macht den Neuankömmlingen ziemlichen Ärger. Und dann beschließt ihr Vater ein Männerwochenende und der Horror fängt erst richtig an!

Ein Aufkleber auf dem Cover verrät es auch denen, die es nicht bereits durch Social Media Kanäle mitbekommen haben: Hinter Max Rhode steckt kein geringerer als Sebastian Fitzek. Das schürt natürlich die Erwartungen. Doch schnell wird klar, dass dieses gerade mal 250 Seiten dünne Buch kein klassischer Fitzek ist. Meiner Meinung nach soll es das auch gar nicht. Im Zusammenspiel mit dem nur wenig später erschienenen neuen Buch „Das Josuha-Profil“, dieses nun wieder unter dem Namen Sebastian Fitzek, scheint mir „Die Blutschule“ eher ein Marketing-Gag zu sein. Denn ein Max Rhode ist der Protagonist in „Das Joshua-Profil“ und auch ansonsten nimmt die Geschichte dort Bezug auf „Die Blutschule“. Eine interessante Idee, vor allem für diejenigen Leser, die beide Bücher lesen. Ich empfehle hierzu die Reihenfolge, also erst die Blutschule, dann das Joshua-Protokoll, einzuhalten. Andersherum ist es sicher auch möglich, aber man erfährt dann schon einiges vom Inhalt und einige Überraschungseffekte fallen wohl weg.

Leser, die wiederum nur die Blutschule lesen, dennoch aber eine ausgeklügelte und raffiniert-spannende Unterhaltung à la Fitzek erwarten, werden wohl eher enttäuscht sein. Die Handlung braucht zu lange, um wirklich in Fahrt zu kommen, dann geht es auf einmal Schlag auf Schlag und am Ende bleibt für meinen Geschmack zu viel unerklärt und somit der Spekulation überlassen. Am Anfang weniger, am Ende etwas mehr, dann hätte vielleicht eine runde Geschichte daraus werden können, so fühlte es sich für mich alles ziemlich abgehackt an. Aber, wie wir in „Das Joshua-Profil“ lesen können, ist Max Rhode ein größtenteils erfolgloser Schriftsteller – hat sich Sebastian Fitzek hier also extra Mühe gegeben, weniger gut zu schreiben? Das wäre ihm gelungen!

Mein Fazit: als Marketing-Gag eine großartige Idee, diese Verknüpfung der beiden Titel, als alleinstehende Geschichte allenfalls unteres Mittelmaß!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Du machst mich bezaubernd

All die verdammt perfekten Tage
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Violet Markey und Theodore Finch gehen auf dieselbe Schule und sind in derselben Stufe. Das ist aber auch schon alles, was sie verbindet. Violet gehört zur angesagten Clique, ist beliebt und angesehen. ...

Violet Markey und Theodore Finch gehen auf dieselbe Schule und sind in derselben Stufe. Das ist aber auch schon alles, was sie verbindet. Violet gehört zur angesagten Clique, ist beliebt und angesehen. Seit dem Unfalltod ihrer Schwester vor einem knappen Jahr ist sie ziemlich aus der Bahn geworfen, mogelt sich irgendwie aber durch. Theo, von den meisten nur bei seinem Nachnamen Finch gerufen, ist der Freak der Schule. Er fällt auf, er provoziert und sorgt immer wieder für Unruhe. Außerdem hat er merkwürdige Aussetzer, von denen aber anscheinend niemand weiß. Die beiden haben also nichts gemeinsam, bis sie sich eines Tages auf dem Glockenturm der Schule begegnen. Beide stehen auf der Mauer, nahe am Abgrund. Finch überredet Violet, von der Brüstung runterzuklettern, doch alle denken, es wäre umgekehrt gewesen, dass sie ihn gerettet hätte. Und vielleicht hat sie das auch? Aber auf jeden Fall verliebt sich Finch in Violets Lächeln und macht sich zur Aufgabe, sie aus ihrer Trauer herauszuholen. Für ein Schulprojekt sollen sie besondere Orte in ihrem Heimatstaat Indiana aufsuchen und darüber berichten. Für Violet und Theo beginnt eine ganz besondere Reise.

Es fällt mir schwer, das Buch zu beurteilen. Im ersten Drittel konnte es mich nicht wirklich fesseln. Die Idee, besondere Orte in der Umgebung aufzusuchen, die eigene Heimat besser kennenzulernen, hat mir gefallen. Man sollte viel öfter genauer hinschauen, um den Zauber im Alltäglichen nicht zu übersehen! Aber die beiden Protagonisten haben mich lange Zeit emotional kaum berührt. Beide haben ihre Probleme. Die von Violet sind offensichtlich, die von Finch nur teilweise und er bleibt somit lange Zeit ziemlich rätselhaft. Im Mittelteil hat mir das Buch dann besser gefallen, die Stimmung wirkte positiver. Gemeinsam entwickeln die beiden sich, zumindest Violet macht spürbare Fortschritte, geht wieder aus sich heraus und nimmt wieder mehr und aktiver am Leben teil. Dazu trägt Finch mit seinem Wesen und seinen Ideen einen großen Teil bei. Doch braucht er nicht auch Hilfe? Kann Violet ihm diese geben?
Gegen Ende kippte die Stimmung für mich dann wieder. Ich will hier nichts weiter verraten, aber es passiert etwas, das mir gar nicht gefallen hat und das mich wütend gemacht hat.

Insgesamt empfand ich das Buch als erschreckend düster und trostlos, auch wenn ich den Eindruck hatte, dass das nicht wirklich die Botschaft sein sollte, denn es gibt so viele schöne, hoffnungsvolle Szenen in der Geschichte, auch am Ende. Dennoch überwiegt für mich die Traurigkeit und es hat mich ziemlich runtergezogen.

Das Buch ist nicht explizit als Jugendbuch ausgewiesen, aber durch die jugendlichen Protagonisten spricht es sicher auch diese Zielgruppe an.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Schöne Idee, in der Umsetzung nicht ganz überzeugend

Die Magie der Namen
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Wir befinden uns in einer Welt, in der junge Menschen keine Namen haben. Sie werden durchnummeriert und bis zu ihrem Schulabschluss nur als Zahlen angeredet, erst dann erhalten sie einen Namen und damit ...

Wir befinden uns in einer Welt, in der junge Menschen keine Namen haben. Sie werden durchnummeriert und bis zu ihrem Schulabschluss nur als Zahlen angeredet, erst dann erhalten sie einen Namen und damit eine wirkliche Identität. Nummer 19 ist ein schmächtiger Junge, der es kaum erwarten kann, endlich seinen Namen zu erfahren. Denn bei der Namenszeremonie erfährt man nicht nur, wie man heißt und in welche Familie und Gilde man damit gehört, man verändert sich auch körperlich, wächst zum Beispiel oder wird kräftiger. Doch bei Nummer 19 geschieht nichts davon. Seine Gestalt ändert sich nicht und den Namen, den er erhält, hat noch nie jemand gehört. Das ist umso erstaunlicher, als die Namen eigentlich immer wieder vergeben werden – wie kann es da sein, dass niemand den Namen Tirasan Passario kennt?

Tirasan bleibt nichts anderes übrig, als sich für den Moment damit abzufinden. Nach der Zeremonie müssen alle neuen Namensträger zum Namensarchiv in die Hauptstadt reisen, um sich dort offiziell eintragen zu lassen. Also macht auch Tirasan sich auf den Weg. Zu seinem Glück muss er nicht alleine reisen, der junge Krieger Rustan schließt sich ihm an und bald kommen noch weitere Weggefährten hinzu. Die Reise wird abenteuerlich, aber das ist noch nicht gegen die Überraschungen, die die kleine Gruppe am Ziel erwarten!

Mit diesem Buch hat die Autorin 2015 den ersten #erzaehlesuns Wettbewerb des Piper Verlags gewonnen. Ein tolles Debut!

Die Welt und die ganze Idee mit den Namen gefiel mir sehr gut. Die Handlung beginnt erst recht gemächlich, schnell steigert sich dann aber das Tempo und die Spannung, so liest sich das Buch extrem schnell.
Es gab ein paar Dinge, die ich nicht ganz schlüssig oder zu wenig ausgearbeitet fand, aber am Ende löst sich doch alles ziemlich nachvollziehbar auf. Mein größter Kritikpunkt ist das Ende, die Lösung hier kam mir zu einfach vor und hat mich nicht so ganz begeistern können.

Insgesamt eine schöne Idee mit guter Umsetzung, bei der mir aber dennoch irgendwie ein bisschen etwas gefehlt hat!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Hohe Erwartungen - große Enttäuschung

Layers
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Dorian lebt als Obdachloser auf der Straße, seit er bei seinem Vater abgehauen ist. Der 17jährige ist nicht dumm und schlägt sich recht gut durch. Dennoch ist das Leben auf der Straße nicht immer einfach, ...

Dorian lebt als Obdachloser auf der Straße, seit er bei seinem Vater abgehauen ist. Der 17jährige ist nicht dumm und schlägt sich recht gut durch. Dennoch ist das Leben auf der Straße nicht immer einfach, vor allem wenn die Nächte kälter werden und die passenden Übernachtungsmöglichkeiten eher rar gesät sind. Da muss man sich auch mal um einen Platz streiten. Doch Dorians Entsetzen ist groß, als er eines morgens aufwacht und neben ihm die Leiche des jungen Mannes liegt, mit dem er erst am Vorabend Ärger hatte – und neben ihm Dorians Messer! Dorian kann sich an nichts erinnern, doch alles sieht so aus, als hätte er den anderen umgebracht. Dorian gerät in Panik, doch just in diesem Moment taucht ein junger Mann auf, der ihm Hilfe und Obdach verspricht. Er bringt ihn zu einer Villa, in der ein anscheinend ziemlich reicher Mann Jugendlichen Unterschlupf, Essen und Ausbildung bietet – und das praktisch ohne Gegenleistung, nur ein paar Flyer müssen sie dafür in der Stadt verteilen. Zuerst ist Dorian misstrauisch, hält dieses Angebot für zu schön, um wahr zu sein, doch nach und nach bröckelt sein Widerstand, was unter anderem auch an Stella liegt, in die er sich auf den ersten Blick verliebt. Doch dann geschehen Dinge, die sein Misstrauen wieder wecken und auf einmal findet er sich in einer Reihe von Ereignissen wieder, die er sich niemals hätte vorstellen können.

Ich habe schon einiges von Ursula Poznanski gelesen. Ihre Eleria-Trilogie mochte ich gerne, ihre Erwachsenen-Krimis konnten mich nicht ganz überzeugen, mein bisheriger Favorit aus ihrer Feder war das Jugendbuch "Erebos". Dementsprechend gespannt war ich auf diesen neuen Jugendthriller. Leider erfüllte „Layers“ meine Erwartungen überhaupt nicht. Abgesehen vom cool gemachten Äußeren war das Buch für mich leider eine Enttäuschung. Ich musste mich wirklich durchkämpfen, um das Buch überhaupt zu beenden. Dorian war mir nicht sonderlich sympathisch, das ist für mich allerdings kein Bewertungsgrund, meine Kritik bezieht sich mehr auf die Handlung. Die Geschichte beginnt noch recht spannend, flacht dann aber ab und wird immer zäher. Eine interessante Idee wird eingebracht, aus der man gerade in Zeiten von Cybertechnik, künstlicher Intelligenz und Überwachungsstaat so viel hätte machen können, aber das Potential wird nicht genutzt. Dass nicht alles bis ins letzte Detail logisch erklärbar ist, ist für mich in einem Jugendbuch mit SF-Elementen durchaus ok, aber Dorian rennt nur noch planlos durch die Stadt, vertraut mal diesem, mal jenem, macht Erfahrungen, lernt aber anscheinend kaum daraus, die Szenen wiederholen sich immer wieder und es wird immer langweiliger statt spannender. Die Nebenfiguren bleiben blass und austauschbar, die Liebesgeschichte ließ mich völlig kalt. Der als großer Showdown gedachte Schluss entlockte mir dann auch nur noch ein gelangweiltes Gähnen, denn dass alles ganz anders sein muss, als es auf den ersten Blick wirkt, war mir da schon lange klar – beziehungsweise hatte ich es gehofft, denn sonst hätte ich das Buch noch schlechter gefunden!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Zu viel Drama und Schicksalsschläge

Die dunklen Mauern von Willard State
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Die 17jährige Isabelle, genannt Izzy, hat schon viel durchgemacht im Leben. Vor 10 Jahren hat ihre Mutter ihren Vater im Schlaf erschossen und sitzt seitdem im Gefängnis. Izzy hat ihren Vater geliebt und ...

Die 17jährige Isabelle, genannt Izzy, hat schon viel durchgemacht im Leben. Vor 10 Jahren hat ihre Mutter ihren Vater im Schlaf erschossen und sitzt seitdem im Gefängnis. Izzy hat ihren Vater geliebt und verweigert den Kontakt zur Mutter, da sie sich deren Tat nur damit erklären kann, dass die Mutter wahnsinnig geworden sein muss. Nach dem Tod ihrer Großeltern kam Izzy von einer Pflegefamilie in die nächste. Nun ist es nur noch ein Jahr bis zu ihrer Volljährigkeit und sie ist fest entschlossen, dieses letzte Schuljahr unauffällig hinter sich zu bringen. Aber ihre neue Pflegemutter Peg ist Kuratorin eines Museums und fest entschlossen, ausgerechnet die Gebäude der alten Psychiatrie Willard State vor deren Abriss noch einmal genauer anzuschauen, wobei Izzy sie begleiten soll. In einem verlassenen Schuppen finden sie die Koffer von hunderten von Insassen, eine einmalige Gelegenheit, das Leben einiger früherer Patienten zu rekonstruieren. Insbesondere der Schrankkoffer einer jungen Frau namens Clara entpuppt sich als wahre Fundgrube und Claras Schicksal zieht Izzy mehr und mehr in seinen Bann.

Dies ist die Rahmenhandlung, die 1995 spielt. Das Willard State Projekt und die Koffer gibt es übrigens wirklich.
Parallel hierzu erzählt die Autorin die Geschichte der damals 18jährigen Clara im Jahr 1929. Clara verliebt sich unstandesgemäß in einen italienischen Einwanderer und als sie ihrem Vater den Gehorsam verweigert, wird sie in die Psychiatrie eingewiesen. Zu Beginn geht sie noch davon aus, dass er ihr nur eine Lektion erteilen will und ihr Aufenthalt nach wenigen Tagen wieder beendet sein wird, doch sie irrt sich und hat keinerlei Vorstellung, was für ein Martyrium auf sie zukommt.

Abwechselnd auf beiden Zeitebenen erzählt die Autorin die Geschichte. Claras Abschnitte sind schockierend und aus heutiger Sicht kaum vorstellbar. Doch damals herrschte natürlich eine völlig andere Meinung über Geisteskrankheiten, deren Definition und den Umgang mit den Kranken. Allerdings bleibt die Autorin doch sehr in Stereotypen verhaftet, die Bösen sind böse, die Guten gut, Zwischentöne gibt es nur bei einigen ganz wenigen Figuren. Dennoch fand ich Claras Schicksal sehr fesselnd, auch wenn ich nicht alles wirklich realistisch fand – die Behandlungsmethoden und der Umgang mit Patienten wurde wohl schon recherchiert und richtig beschrieben, die Autorin kratzt hier aber nur vorsichtig an der Oberfläche und schildert keine Details. Ich kann mir außerdem einfach nicht vorstellen, dass so ein Klinikleiter auch in Bezug auf andere Personen tun und lassen konnte, was er will.

Etwas zu sehr übertrieben waren mir aber vor allem die schweren Schickale in der Rahmenhandlung. Hier wäre weniger für mich mehr gewesen. Die Geschichte mit Izzys Eltern ist schlimm genug, da müsste nicht auch noch Mobbing in der Schule mit der Hintergrundgeschichte ihrer fiesen Klassenkameradin Shannon dazukommen. Ebenso fand ich am Ende die Entwicklung mit Izzys Mutter einfach zu viel, vor allem was das Timing angeht, inhaltlich hatte ich mir da schon gedacht, was damals wohl passiert ist.

Auch einige andere als Überraschung gedachte Enthüllungen am Ende waren mir zu viel Zufall und Kitsch und zu wenig Überraschung, das konnte man sich größtenteils schon längst denken und es war dann einfach zu passend, auch wenn ich grundsätzlich durchaus für schöne, versöhnliche Enden zu begeistern bin.